Avatar

Amiodaron

Kategorie: Herz-Kreislauf » Forum Allgemeine Herz- und Kreislaufbeschwerden

21.05.2012 | 20:55 Uhr

Guten Abend alle da draußen,

nachdem ich über die letzten Jahre "nur" zwischen Hausarzt, Stadtklinik und Herzzentrum Bad Krozingen gependelt bin, hatte ich mich entschlossen, mal wieder einen am Wohnort niedergelassenen Kardiologen zu konsultieren. Das hab ich heut gemacht. Daraus resultiert auch heute meine Frage: Der Kardiologe (hat auch Erfahrung in Rhythmologie aus seiner Zeit als KH-Arzt) hat nach der Untersuchung keine anderen Diagnosen gestellt als ich sie schon kannte (organisch gesund). Was ihm aber offenbar massiv Sorgen gemacht hat war die Tatsache, dass ich nun schon 4 Jahre Amiodaron nehme. Mußte auch zugeben, dass ich noch nie zur Kontrolle beim Lungenfacharzt war und erst 1 mal beim Augenarzt und das ist auch schon wieder 2 Jahre her. Er meint, Amio absetzen, auf Betablocker umsteigen und schauen was passiert. Wenns wieder schlimmer würde, plädiert er für eine neue PVI (das wär dann die 5.!!). Die Kollegen im Herzzentrum wollen aber eher nicht abladieren, da sie meinen, das würde an der Situation wenig ändern und nur neue Narben schaffen, an denen sich wieder Tachys bilden können.

Bin jetzt bißchen verunsichert, hatte dann heut nachmittag gleich mal wieder ne kurze Episode. Ansonsten kommen die Tachys ca. 1-2 mal im Monat und dauern zwischen 2 und 5 Stunden bei Tempo 120-130. Letzten Samstag kams wieder mal kurz nach dem Schlafengehen. Hab dann versucht mich mit Lesen abzulenken (was ich eh immer mach vorm Einschlafen) und siehe da, ich muß mitsamt meiner Tachy eingeschlafen sein. Das gabs bisher noch nie und ich war dann auch bißchen stolz. Offenbar hab ich meine Psyche zwischenzeitlich ganz gut im Griff.

Was meint Ihr? Soll ich jetzt schnellstmöglich erst mal zum Lungenfacharzt und Augenarzt? Einerseits wär ich schon froh, wenn ich das Amiodaron nicht mehr nehmen müßte, andererseits sehen die Meister im Herzzentrum da überhaupt kein Problem. Es ist halt wie oft, 2 Ärzte 2 Meinungen.

Freu mich trotzdem über Rat.

Schönen Abend noch und liebe Grüße aus Baden-Baden

Helga H.

Helfen Sie mit Ihrer Bewertung: Ja, dieses Thema ist hilfreich!

6
Bisherige Antworten
Avatar
Beitrag melden
22.05.2012, 07:58 Uhr
Antwort
Hallo Helga,
also, ich kenne Leute, die nehmen schon seit über 10 Jahren Amiodaron und denen geht's prima (und die sind relativ jung, um die 40). Es ist zwar das nebenwirkungsreichste Antiarrhythmikum, aber auch eines der am besten erforschten. Und wenn man regelmäßig die Kontrollen macht, ist man eigentlich auf der sicheren Seite. Also ja, du musst unbedingt mal zum Lungenfacharzt und auch zum Augenarzt. Und dann regelmäßig zumindest einmal im Jahr. Ausserdem natürlich Kontrolle der Schilddrüsenwerte etc.
Nicht jede Nebenwirkung bemerkt man sofort. Bei mir hat die reguläre Lungenfunktionskontrolle nach nur knapp einem Jahr mit Amiodaron ergeben, dass meine Diffusionskapazität von 86% auf 48% gesunken war. Ich hatte keine Symptome, hätte die aber, so der Arzt, in wenigen Wochen oder Monaten mit Sicherheit massiv bekommen und dann wär's wahrscheinlich schon zu spät gewesen (irreversibler Lungenschaden). Ich musste das Amiodaron sofort absetzen.
Du bekommst Amiodaron ja nicht aus Spaß. Wenn ein Betablocker gereicht hätte, hätten die Ärzte im Herzzentrum dir sicher kein Amiodaron verordnet. Bei Vorhofflimmern beginnt man ja immer erstmal mit einem Betablocker; bringt der nichts, geht's weiter mit Flecainid/Propafenon; erst, wenn diese beiden Wirkstoffklassen versagen, kommt Amiodaron ins Spiel. Klar, man kann immer mal wieder versuchen, ob's auch mit einem Betablocker allein geht, aber wie gesagt, das wird schon einen Grund haben, warum du bei Amiodaron gelandet bist. Und ich glaube kaum, dass wenn du selbst unter Amiodaron noch kurze Episoden VHF hast, ein Betablocker ausreichen würde.
Wenn's dir mit dem Amiodaron gut geht und die ganzen Kontrollen in Ordnung sind, würde ich an deiner Stelle dabei bleiben. Und wenn du doch wechselst: Nach vier Jahren Amiodaron wird das noch sehr lange nachwirken und kann auch dann noch Nebenwirkungen haben, also weiterhin zu den Kontrollen gehen.
Liebe Grüße
Inga
Beitrag melden
23.05.2012, 20:25 Uhr
Kommentar
Liebe Inga,
erst mal ganz lieben Dank für deine ausführliche Antwort. Ja, man ist immer am Hadern. Nachdem ich jetzt bißchen drüber geschlafen habe, hat sich meine Aufregung auch gelegt. Es irritiert mich halt manchmal, warum ich jetzt, wo ich "nur" noch Sinus-Tachys habe und kein Vorhofflimmern mehr, trotzdem ein Antiarrythmikum nehme. Ich glaub, da hab ich irgendwas nicht ganz richtig verstanden. Ich interpretiere das so, dass das Unerwartete (paroxysmale) dieser Tachykardien die Arrythmie ist, gegen die ich das Amiodaron nehme. Kann das grad nicht besser ausdrücken, verstehst du vielleicht was ich meine?
Werd erst mal beim Amiodaron bleiben und schnellstmöglich Termine beim Lungenfacharzt und Augenarzt machen. Tröste mich bißchen damit, dass wenn was Ernsthaftes wäre, ich das in den vier Jahren bestimmt hätte merken müssen. Es bleibt eigentlich nur die Lichtempfindlichkeit, die manchmal schon arg nervt. Auch nach einer größeren Kochaktion am Abend glüh ich Stunden später immer noch.
Danke nochmal für deine Geduld
Wünsche Dir einen schönen Abend
H.Heß
Beitrag melden
23.05.2012, 20:44 Uhr
Kommentar
Hallo Helga,
ach so, du nimmst das wegen einer Sinustachy? Ich dachte wegen Vorhofflimmern. Hmmm... Also gegen eine Sinustachy ist Amiodaron tatsächlich ein ganz schöner Hammer. Kann mich jetzt nicht entsinnen, dass ich schon mal von jemandem gehört habe, der so ein starkes Antiarrhythmikum gegen Sinustachykardien nimmt. Kenne viele Sinustachypatienten, war lange selber eine. Ich glaube, dann würde ich an deiner Stelle noch mal im Herzzentrum nachhaken, ob du das richtig verstanden hast und da im Moment wirklich nichts anderes ist, außer eben den Sinustachykardien. Und wenn's nur Sinustachykardien sind, dann würde ich doch auch eher zum Betablocker oder zu Procoralan (Ivabradin) wechseln; letzteres ist ein Blocker, der ausschließlich auf den Sinusknoten wirkt, Betablocker hingegen wirken immer auch auf den Blutdruck usw.
Wie gesagt, Amiodaron kann irreversible Schäden anrichten und es kann durchaus sein, dass man manche Nebenwirkungen erst merkt, wenn eben schon solche nicht rückgängig zu machenden Schäden da sind. Deswegen sind die regelmäßigen Kontrollen super wichtig.
Die Lichtempfindlichkeit habe ich leider immer noch, zwei Jahre nach Absetzen des Amiodarons. Auch wenn ich am Lagerfeuer gesessen habe, glühe ich danach oft tagelang. Und neulich habe ich mir einen Sonnenbrand im Gesicht geholt - dabei schien die Sonne gar nicht so dolle - und glühte zwei Tage. Brauche wohl doch noch LSF 50.
Alles Gute
Inga
Beitrag melden
23.05.2012, 21:06 Uhr
Kommentar
Danke für die schnelle Antwort,
meine Flimmerkarriere begann schon vor 20 Jahren mit massivem VHF mit Frequenzen um 160/180. Zu der Zeit begann ich auch die Medikamentenliste "abzuarbeiten". Erst nur Betablocker, dann Sotalol, dann Flecainid, dann Cordichin, jedes hielt etwa 1-2 Jahre. Und nachdem das alles dann nicht mehr funktionierte und das VHF meine Lebensqualität doch sehr eingeschränkt hat, hab ich mich vor 4 Jahren zur PVI entschlossen, um eben um Amiodaron rumzukommen. Die PVI hat allerdings erst recht für Chaos im Herzen gesorgt, es folgte 2 Wochen später gleich die 2.PVI, die mir dann entgültig den Rest gegeben hatte. Ich war über 2 Monate hinweg immer wieder für mehr oder weniger Tage in der hiesigen Stadtklinik, bis man mich schließlich doch auf Amiodaron eingestellt hat. Und dabei ist es jetzt erst mal geblieben. Erst nach der mittlerweile 4.PVI vor fast genau einem Jahr hatten die Ärzte es geschafft, mich von dem üblen und angstmachenden Gestolpere zu befreien. Was nun eben geblieben ist, ist eine atriale Sinustachy und eben das Amiodaron.
Ich werd das nochmal mit den Ärzten im Herzzentrum besprechen und hören, was die meinen.
Liebe Gruesse
Helga
PS: ja - das mit dem Glühen kenn ich zur Genüge und offenbar brauchts keine direkte Sonneneinstrahlung, seis drum
ich halt dich auf dem Laufenden
Diskussionsverlauf
Stellen Sie selbst eine Frage!

...an andere Nutzer der Lifeline-Community oder unsere Experten

Stichwortsuche in Fragen und Antworten

Durchstöbern Sie anhand der für Sie interessanten Begriffe aus Gesundheit und Medizin die Beiträge und Foren in der Lifeline-Community.

Übersicht: Expertenrat