Hallo, ich bin etwas verwirrt. Mir wurde gesagt, nach der Ausschälung der Prostata sei ich zeugungsunfähig, da sich der zur Befruchtung notwendige Teil des Ejakulats dann in die Blase ergieße und mit dem Urin abgehe. Nun wurde mir aber mitgeteilt, daß es zwar unwahrscheinlich, aber dennoch möglich sei, daß ich weiterhin zeugungsfähig wäre. Daß ich davon in Kenntnis gesetzt worden sei, müsse ich auch vor der OP unterschreiben. Was stimmt denn nun? Bin ich dann noch zeugungsfähig oder nicht? Und wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit, daß ich es bin? Müssen wir nach der OP noch verhüten?
Zeugungsunfähig nach Prostata-OP?
Kategorie: Männermedizin » Expertenrat Urologie | Expertenfrage
Antwort
Da beide Samenleiter, die die Samenzellen aus dem Bereich der Nebenhoden durch den Leistenkanal in die Harnröhre transportieren, in Höhe der Prostata in die Harnröhre einmünden, kann es durchaus sein, daß nach dem Ausschälen der Prostata, die Samenflüssigkeit nicht mehr auf dem normalen Weg aus der Harnröhre austritt: durch das trichterförmige Abhobeln des Prostatagewebes gelangt die Samenflüssigkeit bei der Ejakulation viel einfacher in die Harnblase (in diese Richtung wurde der Weg durch die Operation ja deutlich erweitert) als durch die gesamte Harnröhre nach außen. In nahezu 80%25 aller Fälle berichten Männer nach einer konventionellen Prostataoperation durch die Harnröhre davon, daß Sie beim Orgasmus keinen oder nur noch einen sehr geringen Samenerguß haben. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer sog. retrograden Ejakulation. Damit wird ausgedrückt, daß es zwar zu einem Orgasmus und einer Ausschüttung von Samenzellen in die Harnröhre kommt, der Samen wählt dann aber den einfacheren Weg rückwärts in die Harnblase. Die Samenflüssigkeit wird dann beim nächsten Wasserlassen mit ausgeschieden. Somit ist also in ca. 80%25 aller Fälle damit zu rechnen, daß Sie nach einem konventionellen Prostataeingriff wegen einer gutartigen Prostatavergrößerung dann auch zeugungsunfähig werden. Es gibt jedoch auch einzelne Fälle in denen es nicht zu einer retrograden Ejakulation kommt, so daß Sie unter diesen Umständen natürlich auch weiterhin verhüten müssen. Sollten Sie das nicht wollen, so wäre es eine ganz einfache Angelegenheit im Zusammenhang mit der Prostataoperation eine Sterilisation durch Unterbindung beider Samenleiter in Höhe des Hodensackes vorzunehmen. Einige Kliniken führen dies ohnehin routinemäßig (jedoch nicht ohne vorherige Aufklärung des Patienten!) durch, um auf diese Weise eine zweite Komplikationsmöglichkeit nach Prostataoperationen zu vermeiden: die Unterbindung der Samenleiter verhindert, daß bei der Operation oder durch die anshließende Katheterbehandlung eingeschwemmte Bakterien in den Nebenhoden eindringen können, was u.U. zu einer schweren Nebenhodenentzündung führen kann. Derartige Entzündungen sind sehr schmerzhaft und oft hartnäckig in ihrem Verlauf. Mit freundlichen Grueßen Dr. med. Chr. Seipp