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Schlaganfall durch Hirnbluten, künstliches Koma....

Kategorie: Neurologie » Expertenrat Schlaganfall | Expertenfrage

03.10.2006 | 04:47 Uhr

Sehr geehrter Herr Doktor Frommelt,

mein Schwiegervater (60 Jahre, sportlich aktiv, Bluthockdruckpatient sowie stark erkrankt an Rheuma) hat vergangene Woche einen Schlaganfall durch Hirnbluten erlitten. Da dieser sofort erkannt wurde, war er innerhalb einer Stunde in der Notaufnahme der Uniklinik vor Ort. Zur Zeit befindet er sich jetzt auf der neurologischen Intensivstation/stroke unit. Er wurde in der Notaufnahme in ein künstliches Koma gelegt, da sein Blutdruck rapide fiel. Zur Zeit wird er künstlich beatmet und künstlich ernährt. Gestern wurde ein Luftröhrenschnitt gemacht, auch, um die entstandene Lungenentzündung besser versorgen zu können. Intensivtechnisch sind die Ärzte mit seinem Zustand soweit zufrieden, bezeichnen ihn als stabil.

Das Klinikpersonal ist sehr nett und steht jederzeit für Fragen zur Verfügung. Wir machen uns im Moment allerdings sorgen, weil der am Wochenende zuständige Arzt noch sagte, der Zustand sei sehr, sehr ernst, aber er sprach auch immer davon, dass er im Rahmen des kritischen Zustandes soweit mit meinem Schwiegervater zufrieden sei, dass in der nächsten Woche die Narkosemittel (nach dem Luftröhrenschnitt und in Abhängigkeit von der Entwicklung der Lungenentzündung) reduziert würden, um ihn zurück zu holen. Es handele sich zwar um eine sehr große Blutung in der rechten Gehirnhälfte, aber es seien noch genug Kapazitäten übrig, verlorengegangene Fähigkeiten neu anzubahnen.

Heute war meine Schwiegermutter in der Klinik und freute sich schon, weil ein Pfleger ihr sagte, man habe bereits ein Kreislaufmittel um 10 mg reduziert - für sie ein gutes Zeichen. Der behandelnde Arzt stellte die Sache nun bei weitem kritischer da als sein Kollege. Er sagte, die Schädigung durch die Blutung sei so immens, dass kaum noch Kapazitäten vorhanden seien. Der Zustand sei mehr als kritisch, ob mein Schwiegervater so ohne weiteres zurückzuholen sei und ob bei ihm die Vitalfunktionen so wieder funktionieren würden sei mehr als fraglich, ganz zu schweigen von sonstigen Folgeschäden. Er sprach von mehrwöchigem künstlichem Koma.

Wir sind nun in großer Sorge. Meine Schwiegermutter war so getroffen, dass sie keine weiteren Fragen stellen konnte. Kann die unterschiedliche Darstellung an den unterschiedlichen Auffassungen der Ärzte liegen? Oder kann sich sein Zustand von gestern auf heute aufgrund des Luftröhrenschnittes so stark verschlechtern? Wie hoch sind die Chancen, nach einer anscheinend wirklich starken Blutung im rechten Gehirn aus dem künstlichen Koma wieder wach zu werden? In welchem Zeitraum wird das künstliche Koma unter diesen Umständen beendet und woran wird das fest gemacht?

Ich weiß, dass das sehr viele Fragen sind, was aber sicherlich an unserer großen Angst und Unsicherheit liegt. Auf jeden Fall vielen Dank für Ihre Antwort!!!!!!!!!!!!!!

Klaus

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04.10.2006, 05:23 Uhr
Antwort

Grüß Gott Klaus,
nach dem, was Sie geschrieben haben, befürchte ich, dass es richtig ist, sich auf die skeptischere Einschätzung des behandelnden Arztes einzustellen. Im weiteren Verlauf sind zu berücksichtigen die Größe der Blutung, eine mögliche Schwellung in der Umgebung der Blutung, eine Raumforderung der Blutung, Komplikationen von Seiten der Lunge, Reaktionen des Kreislaufes. In einer solch kritischen Phase kann sich der Zustand auch rasch innerhalb von einem zum anderen Tag ändern. Eine Hirnblutung kann auch Auswirkungen auf die Lungenfunktion haben.
Ich habe aus Ihrem Schreiben den Eindruck, dass die Ärzte offen mit Ihnen reden, was ja viel besser ist, als wenn sie Sie mit ein paar allgemeinen Bemerkungen abspeisen. Sie können, so habe ich den Eindruck, den behandelnden Ärzten voll vertrauen. Dennoch sollten Sie die Hoffnung nicht aufgeben. Wenn Sie Ihren Schwiegervater besuchen, sprechen Sie mit ihm, berühren Sie ihn. Oft nimmt das Gehirn unbewusst solche Zeichen von Zuneigung auf, ohne dass der Betreffende reagieren kann. Und vergessen Sie nicht, niemand von uns Ärzten ist wirklich imstande, mit Sicherheit den weiteren Verlauf vorauszusagen. Alles, was wir weitergeben, sind Erfahrungswerte, Einschätzungen.
Meine besten Wünsche begleiten Sie.

Mit besten Grüßen
Dr. Peter Frommelt

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