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-EILT- Frage zur Carotis-OP

Kategorie: Neurologie » Expertenrat Schlaganfall | Expertenfrage

06.01.2010 | 03:58 Uhr

Sehr geehrter Herr Doktor,

1993 erlitt ich im Alter von 39 Jahren mehrere Kleinhirninfarkte mit Beteiligung der Territorien wahrscheinlich aller 3 Kleinhirnarterien (2 sogar unter Marcoumar).
Damals wurde eine symptomatische Vertebralisabgangsstenose re. diagnostiziert.
Nach eine Kontroll-Angio (6 Monate später) wurde eine Stenosezunahme dieser festgestellt.
Folgend wurde die AV dispositioniert d.h. in die ACC re. reimplantiert..
Seitdem hatte ich keine Ereignisse mehr und nehme z.Zt. 400 mg Aspirin protect ein (natürlich auch Lipidsenker, Blutdrucksenker)

Bei den halbjährlichen Kontrollen (Doppler / MR-Angio mit Kontrastmittel) wurde nun eine progrediente Stenose der ACI re. und auch li. festgestellt. Vor ca. 10 Jahren wurden z.B. re. ca. 40% diagnostiziert.
Im letzten Jahr beschrieb man den Zustand rechts mit ca. 60%, links ca. 50% Stenose (Plaque).
Bei erst kürzlicher Untersuchung (Doppler in UNI) wurden nun re. 70 ... 80%, li. ca. 60 % festgestellt und ich wurde zur Abklärung weiterer Procedere in die Gefäßchirurgie überwiesen.
Nun habe ich mir auf Anraten mehrere ärztliche Meinungen eingeholt und bin mit meinem Latein am Ende.
- Wie erwähnt bin ich seit 1994 asymptomatisch (außer ein paar alten feinmotorischen Störungen, ab und zu leichten Sprachproblemen unter Streß, Gefühl re. Bein Arm usw.).
... Zwei Gefäßchirurgen rieten mir von einer derzeitigen Carotis-TEA aufgrund des bestehenden Risikos und der momentanen Asymptomatik unbedingt ab.
... Die Gefäßchirurgie der UNI aber teilte mir mit, dass mein momentanes Risiko eines erneuten Schlaganfalles (aufgrund der 80%-igen Stenose re. und dazu auch der linksseitigen Stenose) jetzt bereits höher sei, als dass einer Operation.
Die OP sei in meinem Alter (55) eine Schlaganfallprophylaxe für meine doch noch längere Lebenserwartung..
Einen Termin zur Carotis-TEA habe ich schon in kommender Woche.
Nun weiß ich ganz und gar nicht mehr, was zu tun besser ist.
Natürlich habe ich panische Angst, dass bei dem hohen OP-Risiko wieder etwas passieren kann, habe aber seit jeher Angst und nach jeder Diagnose der Stenosezunahme um so mehr, dass ich wieder ein Ereignis mit evtl. Folgen bekommen könnte.

Bitte beraten Sie mich nochmals unverbindlich, was besser ist:
a. Abwarten, da momentan asymptomatisch
(ich weiß aber nicht, ob ich durch die zunehmende(n) Stenose(n) wieder ein Ereignis und wenn ja – vielleicht mit Folgem, wie bleibender Behinderung – bekomme). Habe auch Angst, da ich ja doch schon einige Areale vom Kleinhirn eingebüßt habe.
b. besser die OP als Schlaganfallprophylaxe trotz des Risikos.
Für eine schnelle (natürlich vollkommen unverbindliche) Antwort bin ich dankbar.
Vielen Dank für Ihre Mühe.

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08.01.2010, 06:29 Uhr
Antwort

Grüß Gott,

entschuldigen Sie, dass ich etwas verspätet antworte. Sie haben sehr genau den Verlauf geschildert und ich kann gut nachvollziehen, dass Sie in dieser Situation verunsichert sind.
Die allgemeine Übereinstimmung in unserem Fachgebiet ist, dass wir Patienten mit einer 80%-igen und höheren Carotisstenose zu einer Operation raten, zumal bei Ihnen auch auf der Gegenseite eine Verengung vorliegt. Andererseits muss man zugeben, dass es viele Menschen gibt, bei denen auch bei einer 90%-igen Stenose kein Schlaganfall auftritt und die damit gut leben können. Es ist ja nur eine statistische Wahrscheinlichkeit, dass die Operation besser ist als die rein medikamentöse Therapie. Damals ist ja die Gefäßoperation auch gut gelungen, warum sollte sie dieses mal schief gehen? Natürlich, eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Wenn Sie aber in eine Uniklinik gehen, wo mehrere 100 Carotisoperationen pro Jahr durchgeführt werden, sind Sie doch in guten Händen. Auf der anderen Seite sollten Sie sich kein schlechtes Gewissen machen, wenn Sie jetzt erstmal abwarten und in einem halben Jahr den Befund kontrollieren lassen. Sie schreiben nichts über die Risiken für die Gefäßverengung, wie hohe Fettwerte, hohes LDL und Zigarettenrauchen. Vielleicht gelingt es Ihnen einfach durch die Reduktion der Risikofaktoren, Ihren Zustand zu verbessern.
Sie merken, ich tendiere mehr in solchen Situationen zu einer Operation. Aber ich respektiere immer die Angst und Sorge eines Patienten und wenn es in diesem Moment nicht der richtige Moment ist, sich operieren zu lassen, wenn Sie das Gefühl haben, das passt jetzt nicht, dann sollten Sie es sein lassen.

Alles Gute

Dr. P. Frommelt

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08.01.2010, 09:37 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Doktor,
vielen Dank für Ihre Antwort - ich habe sehnsüchtig auf diese gewartet - und Sie haben mich in meiner Meinung zur OP-Anratung doch etwas bestärkt.
Zu Ihren Fragen
- natürlich rauche ich (seit 1993) nicht mehr, nehme für Blutdruck Votum 10mg u. Bisoprolol 5mg, auch Statine: alt Inegy jetzt Crestor gegen Blutfette (Wert gesamt 100 ... 150) u. ASS ca. 400 mg seit 1994.
Mein Gewicht habe ich seit einiger Zeit in Griff (vor 1993 ca. 89kg, danach von 63 kg aufwärts bis ca. 86 kg, jetzt ca. 75 kg bei 1,72 m), ... das Problem ist, dass ich einen Fettwert Lpa immer so zwischen 100 .. 160 mg/dl habe (30 wäre wohl das Maximum). Dieser sehr hohe Wert stellt natürlich für die progred. Arteriosklerose einen hohen Risikofaktor dar, scheint aber medikamentös nicht so stark beeinflusbar zu sein.

Wie bereits erwähnt, neigte ich ja bisher auch zu einer OP, da in mir die Angst vor einem neuen Ereignis weiterhin sehr tief sitzt. Verunsichert wurde ich erst durch Befragung mehrerer Fachärzte, welche mir abrieten (außer eben die UNI, welche mich laufend kontrollierte und die starke Progredienz mit jetzt 70-80% re. feststellte).
Im Internet fand ich lediglich 1 Schriftstück, aus welchem ich definitiv die OP als Vorzug zur Vorbeugung auch bei Asymptomatik herauslesen konnte und eine Beobachtung bis zum nächsten Ereignis (Ausgang ist ja fraglich) als nicht vertretbar beschreibt.
? Darf ich rechtlich den Link hier schreiben? Oder kann ich Ihnen den Link persönlich per Mail zukommen lassen?
Man kann sagen, dass von 10 Neurologen ca. 8...9 von der OP abraten.
Für Montag habe ich nun nochmals eine MR-Angio erwirkt, so kann man die Stenosen ggf. nochmals bildlich beurteilen. Der Radiologe (kenne ihn schon lang) wird mir dann bestimmt auch nochmals einen Rat geben können.
Die OP werde ich nun von diesem Ergebnis abhängig machen, tendiere aber eben eigentlich schon zur OP - denn ich halte die Angst und das ständige Warten und nur Beobachten bei permanenter Verschlechlechterung der Diagnosen nicht mehr aus.
Wenn Sie mir vielleicht gleich zum Wochenanfang nochmals schreiben möchten, würde ich mich sehr freuen.
Auf jeden Fall werde ich Sie über meine Entscheidung und dann, wenn möglich auch nach der OP informieren.
Viele liebe Grüße

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12.01.2010, 12:29 Uhr
Antwort

Grüß Gott,

Sie haben Recht, eine Unsicherheit oder eine Angst sind keine angenehmen Begleiter. Daher ist der Weg, zunächst eine Angio durchführen zu lassen, und danach sich zu entscheiden sehr gut. Ich drücke Ihnen den Daumen, dass, wie man hier in Bayern sagt, alles schön sauber geputzt ist, so dass das Blut wieder frei fließen kann.

Beste Grüße

Dr. P. Frommelt

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26.01.2010, 03:27 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Doktor,

zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen für Ihre gute Beratung und somit auch Entscheidungshilfe bedanken. Ihr Beistand war wirklich sehr von menschlichem Aspekt ausgehend und tat mir psychologisch wirklich gut.
Vielen Dank.
Also, ich hatte mir nochmals eine MR-Angio machen lassen und habe mir dann vom Hausarzt die Einweisung geholt.
Am nächsten Tag war ich schon in der Klinik.
Leider verschob sich die OP, bedingt durch Notfälle, um einige Tage, was man selbstverständlich akzeptiert.
Man versuchte mich zu überreden, die OP unter Lokalanästhesie durchführen zu lassen, aber das hätte ich nicht geschafft.
Das Problem war die damals reimplantierte Vertebralis in die carotis com. So konnte kein Shunt während der TEA gelegt werden.
Aber es verlief alles gut und ich bin so froh.
10 Uhr OP, 16 Uhr im Zimmer, 18 Uhr Abendbrot und herumgelaufen und 2,5 Tage danach wieder zuhause. Narbe (Naht intracutan) sieht jetzt schon gut aus.
Das ausgeschälte Teil habe ich in Alkohol vor mir stehen … ist schon irre, wie groß das ist.
Die UNI in HD hat wirklich gute Ärzte usw. und ich kann alles nur loben.
Vielleicht muß ich dann irgendwann auch die andere Seite machen lassen – da werde ich aber nicht mehr zögern und mir keine anderen Meinungen mehr einholen.
Nochmals danke
und viele liebe Grüße

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