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ISG Versteifung?

Kategorie: Knochen-Gelenke » Expertenrat Rückenschmerzen | Expertenfrage

13.09.2011 | 02:04 Uhr

Sehr geehrter Experte, ich habe starke ISG-Arthrose, Blockaden und Schmerzen seit ca. 15 Jahren und gelte als austherapiert. Daher wurde mir jetzt zu einer versteifenden Operation (Diana) nach dem Verfahren einer Distraktions-Interferenz-Arthrodese geraten. Welche Erfahrungen haben Sie damit?
Liebe Grüsse aus Wien,
Sushila

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Experte-Stehn
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15.09.2011, 06:18 Uhr
Antwort von Experte-Stehn

Sehr geehrte Sushila,

weder in meiner Zeit als operativ tätiger Arzt an mehreren Krankenhäusern, noch als niedergelassener Arzt in eigener Praxis, habe ich bisher auch nur einen einzigen Patienten erlebt, bei dem eine operative Versteifung des ISG durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse der bisher zur Verfügung stehenden OP-Methoden waren einfach zu schlecht, als dass man diese wirklich guten Gewissens hätte empfehlen können.
Für die OP nach dem erst einige Jahre alten DIANA-Verfahren liegen bisher weder ausreichend große Fallzahlen, noch aussagekräftige Untersuchungen über Langzeitergebnisse vor.
Also ist auch in diesem Fall ganz wichtig, dass die OP nur die allerletzte Behandlungsmöglichkeit sein darf!
Bevor zu einer solchen OP geraten werden kann, sollten daher unbedingt ALLE Möglichkeiten der konservativen Therapie (Krankengymnastik, manuelle Therapie, Versorgung mit stabilisierenden Orthesen, Infiltrationen in das Gelenk, Ausschaltung der ISG-Nerven durch Kälte-, oder Hitzesonden, Einspritzen eines narbenbildenden und damit das ISG festigenden Mittels u.a.) sorgfältig angewendet werden.
Sprechen Sie also lieber noch einmal mit Ihren behandelnden Ärzten über alle konservativen Möglichkeiten, bevor Sie sich wirklich operieren lassen.
Gute Besserung und viel Erfolg wünscht Ihnen Ihr
Dr. med. Frank Stehn

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16.09.2011, 12:36 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Stehn,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich gelte als austherapiert weil ich seit 15 Jahren chronische Schmerzen am linken ISG habe (bin 48 Jahre alt) und nichts von nahezu alledem, was Sie anführen, geholfen hat. Sogar Antidepressiva hat man mir mal empfohlen; ich habe sie ein Jahr lang genommmen, aber auch die haben die Schmerzen nicht verschwinden lassen (und depressiv bin ich trotz Schmerzen definitiv nicht). Was ich noch nicht versucht habe, ist: Ausschaltung der ISG-Nerven durch Kälte- oder Hitzesonden, Einspritzen eines narbenbildenden und damit das ISG festigenden Mittels. Können Sie mir dazu Näheres schildern?
Herzliche Grüsse
Sushila

Experte-Stehn
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18.09.2011, 08:39 Uhr
Antwort von Experte-Stehn

Sehr geehrte Sushila,
bei der Kryoläsion wird versucht, mit einer Kältesonde die Nervenfasern auszuschalten, die den Schmerz vermitteln. Eine solche Nervenausschaltung hält im besten Falle für etwa 6 Monate bis zu einem Jahr an und kann dann bei Bedarf wiederholt werden. In der schmerzfreien Zeit muss dann natürlich gezielt Krankengymnastik eingesetzt werden, um die jahrelang schmerzhaft verkümmerte Muskulatur zu reaktivieren. Sinnvoll kann das Verfahren vor allem sein, wenn vorher durch ein oder zwei Probeinfiltrationen mit einem lokalen Betäubungsmittel zumindest kurzfristig eine Besserung der Beschwerden erzielt werden kann.
Ganz ähnlich, nur eben mit einer Hitzesonde arbeitet die Radiofrequenztherapie. Beide Verfahren werden häufiger bei den Gelenken der Wirbelsäule angewendet, als bei dem Kreuz-Darmbein-Gelenk (ISG). Aber auch beim ISG ist das Verfahren durchaus erfolgreich anwendbar. Man muss sich natürlich trotzdem vor Augen führen, dass das ISG ein recht großes Gelenk ist und die Ausschaltung der schmerzleitenden Fasern allein aufgrund dieser Größe schwieriger ist, als bei den, im Vergleich, kleinen Gelenken der Wirbelsäule. Trotzdem halte ich den Versuch, gerade bei Ihrer Vorgeschichte und der ansonsten operativen Alternative, für gerechtfertigt.
Mit Injektionen mit z.B. einer hochprozentigen Glucoselösung löst man oft eine Art Narbenbildung aus. Wird eine solche Lösung z.B. an den Kapselbandapparat eines Gelenkes gespritzt, kann das dazu führen, dass das Gelenk durch die dann entstehende rigide Narbe straffer geführt wird.
Auch dieses Verfahren wird häufiger an anderen Gelenken als dem ISG durchgeführt, aber in Ihrem Falle halte ich auch einen solchen Versuch für gerechtfertigt.
Wenden Sie sich ggfs. an eine Schmerzklinik in Ihrer Gegend und fragen Sie nach den Erfahrungen der Ärzte mit diesen Methoden. Vielleicht lässt sich der operative Eingriff ja doch noch verhindern.

Ich wünsche Ihnen alles Gute dafür
Ihr Dr. med. Frank Stehn

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27.11.2011, 10:11 Uhr
Antwort

Hallo,
ich habe ähnliche Probleme. Bei mir fing es vor 5 Jahren an. Es ist eine von mehreren Spätfolgen eines Unfalls, der mich einseitig beschädigt hat. Diese enormen statischen Probleme haben nach 15 Jahren die ISG erfasst. Leider scheinen Ärzte diese ISG Problematik kaum zu kennen. Mir ist es bislang nicht gelungen, einen Arzt zu finden, der mir weiterhilft. Ich bin durch das Internet extrem gut informiert und bin frustriert, dass Ärzte nichts unternehmen. Schon seit Monaten suche ich einen Arzt, der diese Denervierung bei mir macht... Auch nach Monaten bleibt es bei einer blinden Injektion e Kortison-Schmerzmittel-Gemischs, das wirkungslos blieb. Das Klinikum Saarbrücken wimmelte mich mit den Worten ab, ich (44) sei zu jung für einen derartig gravierenden (!!!) Eingriff. Ausserdem hätte ich nichts am ISG, weil das Palpieren über dem ISG nicht schmerzhaft sei. Was soll man da noch sagen??? Mir half anfangs ein Beckengurt - aber nur unelastische. Ich muss ihn derart fest zuziehen, dass man es nicht aushält. Ich muss ihn tief verschnallen und er schneidet vorne in die Oberschenkel/Leiste. Immerhin wird so klar, dass es wirklich eine Instabilität ist. Diese Proliferationstherapie wurde durchgeführt. Ich weiß nicht, ob es einen Zusammenhang gibt, aber 4 Monate danach konnte ich einige Wochen schmerzfrei sitzen. Ansonsten sind die Schmerzen unerträglich. Ich liege fast nur noch. Vor kurzem war ich mit Bekannten im Kino - nach 1 h begann die Folter - ich begann, die Sekunden zu zählen. Ich wollte niemandem sagen, was mit mir los ist. Es war grausam. Ich rutschte von einer Po-Seite auf die Andere - ein weiteres typ. Zeichen für eine ISG-Problematik... Der ArztIch finde die Webseite des Herstellers dieses DIANA-Verfahrens für recht vertrauenserweckend. Mich irritiert, dass dort steht, der Eingriff sei revidierter... Dazu müsste man mehr wissen. So ein Eingriff sollte sehr gut abgewogen werden. Man sollte sicher sein, dass es das ISG ist - und sich auf Folgeprobleme in der LWS einstellen... Wenn ich das in Angriff nehme - noch bin ich auf der Suche nach einem Arzt, der mich denerviert - dann sicherlich nur nach dieser neuen Methode. Da ich darüber hinaus schon Probleme in der LWS (Arthrose) habe, die verhindern, dass ich längere Zeit stehen kann und man damit rechnen muss, dass eine ISG Versteifung zu einer schnelleren Fortschreiten der Arthrose in den Facettengelenken der LWS führt, zögere ich sehr - aber ein lebenswertes Leben habe ich schon lange nicht mehr... Dieses LWS Problem war schon einmal so schlimm, dass ich mich keine 5 Min. auf den Beinen halten konnte - jahrelang - mit 24 Jahren... Ohne ärztliche Hilfe - mitten im Studium... Mir ist das Vertrauen in diesen Berufsstand verständlicher Weise abhanden gekommen. Ich habe mir vorgenommen, mich selbst zu informieren, gezielt nach Ärzten zu suchen... Aber große Distanzen kann man als Sozialfall nicht bewältigen... Immerhin - ein akademischer - ich habe es irgendwie geschafft, mein Studium Jahre später zu beenden...
Bei ISG Problemen sollte man natürlich nicht vergessen, die Lage des Beckens zu untersuchen - Skoliosen bzw. nach Beinlängenunterschieden - (absoluter, relativer und funktioneller Art) suchen müsste - diese festzustellen, ist gar nicht so einfach... Leider ist das bei mir auch noch nie gemacht worden. So ist das eben - Ärzte haben zwar einen hippokratischen Eid geschworen - der lässt sich allerdings rechtlich nicht durchsetzen. Nur im Falle absoluter Lebensgefahr sind sie rechtlich verpflichtet, zu behandeln...
Es versöhnt mich aber ein bisschen, dass es einige wenige Ärzte gibt, die hier (relativ) uneigennützig weiterhelfen. Ich bin überrascht, einen Beitrag zu lesen, in dem sämtliche Behandlungsoptionen aufgezeigt werden!

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