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Zweitmeinung Serologie bei Fazialisparese

Kategorie: Neurologie » Expertenrat Neurologie | Expertenfrage

14.08.2020 | 21:16 Uhr

Ich wurde vom 06.08.–08.08. stationär im KH behandelt wegen einer (am selben Tag entwickelnden) Fazialisparese mit fehlendem Lidschluss, Geschmacksstörung und hängendem Mundwinkel. Bei der Anamnese keine Otalgie, Hyperakusis, andere neurologische Defizite oder vorangegangende Zeckenbisse etc. Die Behandlung bestand aus i.v. Prednisolon für zwei Tage, danach Entlassung mit einem 12-Tage-Schema Prednisolon oral, keine antivirale Behandlung. Bei der Entlassung war die Serologie noch ausstehend, man kontaktiere mich falls sich dort ein Infektfokus zeigt.

Bis heute, 14.08., kam kein Anruf. Um für die Folgebehandlung beim HNO die Befunde zu haben rief ich an um an die Serologie-Ergebnisse zu kommen. Diese wurden mir zugeschickt, siehe unten. Als Laie las sich das doch nicht ganz als "komplett negativ" und so ging ich damit noch direkt heute zum HNO. Die Ärztin war etwas überrascht / schockiert, dass diese Ergebnisse vier Tage lang herumlagen und nicht verfolgt wurden und schickte mich nach HNO-Untersuchung und Hörtest (beides OK) zurück in die Notaufnahme zur Neurologie.

Dort wurde mir nun erzählt, dass die Laborergebnisse nicht indikativ für weitere Maßnahmen seien, aber eine ausbleibende Verbesserung nach einer Woche sei ungewöhnlich, obwohl ich nirgendwo jemals gelesen habe dass mit einer Verbesserung innerhalb einer Woche realistisch zu rechnen wäre. Nun wurde ich wieder stationär aufgenommen und soll morgen eine Lumbalpunktion bekommen.

Da die Aussagen der Ärzte für mich sehr im Gegensatz stehen wäre eine Zweitmeinung, wie die Serologie zu werten ist, sehr hilfreich. Ich möchte niemandem etwas unterstellen und bin mir bewusst dass ich kein Mediziner bin, aber mich beschleicht dennoch das Gefühl, dass das KH hiermit versucht nicht zugeben zu müssen, dass diese Ergebnisse hätten verfolgt werden müssen und nun über die Lumbalpunktion Gesicht wahren wollen. Dass die Punktion selbst nicht schadet ist mir klar. Vielleicht irrte sich aber auch meine HNO-Ärztin?

 

Laborergebnisse:

* HSV 1/2-IgG-Ak >200 U/ml

* HSV 1/2-IgM-Ak 0.5 Index

Kommentar: Wahrscheinlich zurückliegende latente Infektion mit Herpes simples-Virus. Der vergleichsweise hohe IgG-Titer könnte jedoch auch auf eine sekundär reaktivierte Infektion hinweisen.

Bei entsprechendem klinischen Verdacht ggf. Erregerdirektnachweis mittels PCR aus Abstrich von Haut- oder Schleimhautläsion empfohlen.

VZV-IgM-Ak <0.1 Index

Kommentar: Wahrscheinlich zurückliegende / latente Infektion mit Varicella-Zoster-Virus. Immunität ist anzunehmen. Antikörper-Bestimmungen sind zur Rezidivdiagnostik jedoch oft unergiebig, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Immunkompetenz. Ggf. Direktnachweis mittels PCR aus Abstrich des Bläscheninhalts empfohlen.

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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16.08.2020, 18:10 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

Was Sie da beschreiben, ist ein alltägliches Problem der Medizin, man kann praktisch sagen, dass beide Seiten Recht haben.
Um was es hier geht, ist eine Art Nutzen-Risiko-Abwägung. Kurz gesagt: Der erste Befund macht eine akute Infektion mit Herpes-Simplex-Viren unwahrscheinlich. Darauf hat Ihr Krankenhaus gebaut und deswegen die wahrscheinlichere Diagnose, nämlich, dass kein Virus für die Symptomatik verantwortlich ist, gewählt und das Prednisolon verschrieben.
Ihre HNO-Ärztin hatte dann den weiteren Befund, dass bislang wohl kaum Besserung eingetreten sei. Deswegen soll ja jetzt die weitere Diagnostik erfolgen.
Das mag Ihnen spät vorkommen, ist aber insofern gerechtfertigt, dass anhand des Befundes eine antivirale Behandlung übereilt gewesen wäre.
Die Punktion ist deshalb sinnvoll, um nochmal ein Virus (welches auch immmer) direkt nachzuweisen.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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16.08.2020, 18:22 Uhr
Kommentar

Hallo,

vielen Dank für Ihre Einschätzung. Wenn sie mir noch eine Nachfrage erlauben, wie zeitkritisch ist das Ergebnis der Punktion zu sehen? Sie wurde gestern Abend durchgeführt (nachdem ich das KH darauf bringen musste dass kein Arzt wusste dass ich überhaupt hier bin, Fehler bei der Übergabe). Die Neurologin hat mir zugesichert das vorläufige Ergebnis nach zwei Stunden zu bekommen bzw erfragen zu können, doch das passierte nicht und wurde heute ebenfalls abgelehnt, da Sonntag. Daher liege ich nun drei(+) Tage im KH bevor ich jegliche Aussage dazu erhalte. Wäre die vorläufige Auswertung positiv, müsste dann direkt eine antivirale Behandlung eingeleitet werden oder wartet man die vollständige Auswertung ab?

Nach allem was ich dazu finde ist eine antivirale Therapie eigentlich innerhalb der ersten 3—7 Tage einzuleiten (wenn indiziert), bei mir sind es nun fast zwei Wochen und ich ärgere mich dass das vorläufige Ergebnis überhaupt nicht ausgewertet wird und ich in drei stationären Tagen nur ein einziges Arztgespräch erwirken kann.

Lifeline Gesundheitsteam
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21.08.2020, 02:01 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

das ist schon richtig, dass eine antivirale Therapie, wenn indiziert, möglichst zeitnah erfolgen sollte. Normalerweise melden sich aber Labore aktiv beim Arzt, wenn der Befund eine dringende Handlungsindikaiton bedeutet.
Hat sich aus dem Befund noch etwas ergeben?

Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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21.08.2020, 07:40 Uhr
Kommentar

Hallo,

nochmals vielen Dank für die Einschätzung. Der Liquorbefund war nun letztlich negativ, die Diagnose blieb also idiopathisch und zum Fortführen der Kortisonausschleichung kommt nun Logopädie hinzu. Nach zwei Wochen kann ich nun auch erstmalig kleine Bewegungen in der betroffenen Hälfte ausführen.

Ich zweifle mittlerweile nicht daran, dass das medizinisch vertretbar war (auch dank Ihnen), aber am Umgang mit Informationen bzw der Kommunikation im Krankenhaus, worüber ich letztlich auch eine Beschwerde an das Krankenhaus gerichtet habe. Ein stationärer Patient sollte nicht 48h betteln müssen um einen Arzt sehen zu können oder anderweitig irgendwelche Informationen zu erhalten.

 

Ich bedanke mich nochmals vielmals bei Ihnen. Ihre Antworten hier bedeuten mir in einer für mich schwierigen Zeit sehr viel.

Lifeline Gesundheitsteam
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26.08.2020, 20:56 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

das freut uns sehr, dass wir Ihnen helfen konnten und dass unsere Antwort auch tatsächlich Aufklärung schaffen konnte.
Ihren Ärger können wir aber trotzdem sehr gut verstehen und wir stimmen Ihnen zu, die Kommunikation zu den Patienten sollte in unseren heutigen Zeiten transparent und offen sein, außerdem regelmäßig. Leider können wir das nicht mit beeinflussen.
Wir freuen uns sehr zu lesen, dass es Ihnen etwas besser geht und drücken Ihnen die Daumen für eine gute Genesung.

Bei weiteren Fragen sind wir natürlich gerne wieder für Sie da - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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