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Verdacht auf Herpes Meningitis / meningiale Reizung

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

27.03.2021 | 14:20 Uhr

Hallo!

Ich habe einige Fragen zum Thema Herpes Simplex / Herpes Meningitis. 

Zunächst für den Kontext:

Ich leider seit über 10 Jahren an wiederkehrenden schweren Herpesverläufen. Diese begannen mit Blasen an der linken Hand mit einer anschließenden Lymphangitis (von der Hand hoch zur Achselhöhle), und nach einigen Ausbrüchen dieser Art weiteten die Beschwerden sich aus auf auch die rechte Hand (ebenfalls Blasen an den Fingern). Ich war damit bereits 3 mal im Krankenhaus, erst beim zweiten Aufenthalt konnte es als Herpes Simplex identifiziert werden. Letztes Jahr entwickelte ich erstmalig begleitend einen Kopfschmerz, ein kribbeln vom Hals an hinten hoch bis nach oben zur Stirn (diese Entwicklung über mehrere Tage). Dieser trat auf, bevor ich mit der Behandlung durch Aciclovir begann. Ich behandelte letztes Jahr dann eine Woche mit 800mg und dann noch einige Tage mit 400mg, bis der Kopfschmerz wieder gänzlich verschwunden war. 

Vor ca 3 Wochen begann nun erneut ein Herpes Ausbruch. Die Kopschmerzen waren wieder dabei, ich behandelte wieder mit 800mg (400 hatten letztes mal auch bei meinen Armen nicht ausgereicht). Die Kopfschmerzen waren diesmal um einiges stärker als letzes Mal, die Entwicklung mit dem Kribbeln war die gleiche, aber sie fühlten sich diesmal an wie ein Helm aus Druck der um meinen Kopf geschnürt war, ich war nicht in der Lage zu lesen/ Fernzusehen/ mir Bilder anzuschauen. Manchmal konnte ich ein leichtes Hörbuch hören, aber ca drei Tage lang habe ich nichts machen können als zu versuchen die Augen zu schließen oder mal ein paar Schritte vor die Tür zu machen. Ich habe auch versucht, das Aciclovir einmal abzusetzen, als sich meine restlichen Beschwerden einigermaßen beruhigt hatten. Davon sind sie aber nur schlimmer geworden. Nach 7 Tagen habe das Aciclovir ganz abgesetzt. Die Kopfschmerzen waren noch immer da (nicht mehr so doll wie zwischenzeitlich aber noch immer stark) aber ich wollte nicht gegen den Rat meines Hausarztes hin Medikamente nehmen, zumal mein Körper zu dem Zeitpunkt insgesamt sehr geschwächt war. Ich nahm (ebenfalls auf Rat eines befreundeten Arztes hin) einige Tage lang Paracetamol gegen die Kopfschmerzen, spürte den Druck aber teilweise noch trotz der Einnahme von 2x500er Paracetamol und auch nach Absetzen waren die Kopfschmerzen noch da. Nach einigen Tagen wurden sie zum Glück von alleine weniger- mein Immunsystem hatte sich zu dem Punkt auch wieder etwas berappelt. Sie waren aber nicht ganz weg, und seit gestern werden sie nun wieder deutlich schlimmer. 

Auf Empfehlung meines Hausarztes war ich (zu dem Zeitpunkt als die Beschwerden gerade besser waren) bei einer Neurologin, die mir als erste und einzige Ärztin bisher bestätigt hat, dass sie sich gut vorstellen kann, dass es sich um eine meningiale Reizung durch Herpesviren handeln könnte. Die typischen Symptome wie Fieber oder Nackensteifheit fehlen schließlich. Sie hat quasi gesagt, dass sie davon ausgeht, dass die Viren nicht im zentralen Nervensystem sind, aber die Herpesviren über die Zervikalwurzeln oberflächlich die Hirnhaut reizen können (ich hoffe das war jetzt richtig wiedergegeben). 

Da meine Beschwerden jetzt wieder schlimmer werden, frage ich mich natürlich was ich tun soll. Sie hat mir für den nächsten Ausbruch (der ja erfahrungsgemäß leider kommen wird, auch wenn ich nochmal mehr versuchen werde, mein Immunsystem zu stärken und untersuchen zu lassen) eine Einweisung ins Krankenhaus mitgegeben, mit der Empfehlung eine Lumbalpunktion zu machen. 

Da meine Beschwerden gestern Abend wieder sehr stark waren, habe ich einen erneuten Versuch gewagt und bin zum ärztlichen Bereitschaftsdienst meines lokalen Krankenhauses gegangen. Trotz aller Arztberichte der vergangenen Herpesverläufe und der Einweisung meiner Neurologin, hat mir der zuständige Arzt mitgeteilt, dass er das Ganze für unwahrscheinlich hält und mir von einer Lumbalpunktion und Behandlung mit Medikamenten abgeraten. Dies ist keine neue Erfahrung, viele Ärzte (ich bin natuerlich ab und zu mal umgezogen in dem vergangenen Jahrzehnt) haben mir zu verstehen gegeben, dass sie die ganze Herpes-Geschichte für "ominös" / "höchst-zweifelhaft" halten, trotz offizieller Diagnose (die Hände betreffend).

Nun also zu meiner Frage - kennen Sie vielleicht jemanden, der sich besonders gut mit schweren / seltenen Herpesverläufen auskennt, besonders nun durch den aktuellen und akuten Anlass mit meningialer Reizung / Meningitis durch Herpesviren? 

Ich möchte natürlich nicht falsch medikamentieren und auch eine Lumbalpunktion ist ja kein leichter Eingriff. 

Es wäre außerdem natürlich toll bei der Schwere und Seltenheit der Erkrankung und dem Fakt, dass diese regelmäßig auftritt, in ärztlicher Behandlung bei jemandem zu sein, der sich gut damit auskennt.

Ich frage mich außerdem, ob man nun knapp über 3 Wochen nach Ausbruch und Behandlung mit Aciclovir überhaupt noch Herpesviren im Liquor feststellen könnte?
(
Wobei die Kopfschmerzen ja eben noch akut sind.)

Ich würde mich sehr über Rückmeldung freuen!

(Gerne hier als Antwort oder auch privat an [email protected] - übrigens auch falls dies jemand liest, der irgendwie ähnliche Erfahrungen gemacht hat.)

Vielen Dank! 

Herzliche Grüße,

Carla N

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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28.03.2021, 18:23 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag CarlaLani,

es tut mir leid, dass Sie auf Antwort warten mussten. Aber es war auch ein wirklich dicker Brocken, den  Sie mir da vor die Füße gestellt haben.

Ihre Krankengeschichte passt eigentlich nicht so richtig zu dem, was bei Herpesinfektionen normalerweise zu erwarten wäre. Es gibt - wie Sie sicher wissen - verschiedene Vertreter der Familie der Herpesviren. Die wichtigsten bzw. häufigsten sind "Herpes simplex Virus Typ 1 und Typ 2", das Windockenvieus, das Cytomegalievirus und das Epstein-Barr-Virus

Allen Herpesviren ist gemeinsam, dass sie nicht aus dem Körper verschwinden, sondern in bestimmten Zellen eine Art "Winterschlaf" halten, aus dem sie erneut Krankheitssymptome verursachen können.

In Ihrem Fall dürfte es sich wahrscheinlich, (aber nicht sicher) um HSV1 bzw HSV-2 handeln, Erneute Krankheitsschübe führen meist zu Bläschen an der Lippe oder auch im Unterleibbereich. Selten können auch Bläschen an den Fingern, vor allem am Nagelbett auftreten. Aber von einem massiven Befall mit Lymphangiitis habe ich in diesem Zusammenhang noch nie gehört.

Vor allem bei der Erstmanifestation einer HSV-Infektion kann es zu einer gefürchteten Herpesenzephalitis kommen. Eine Herpes-Meningitis ist im Verlauf von Rezidiven ebenfalls möglich. (Therapie: Aciclovir).

Also: Eine solche Manifestation, wie Sie sie schildern, habe ich im Zusammenhang mit einer Herpes-Neuinfektion oder einem Rezidiv noch nie erlebt.

Zwei mögliche Tips kann ich Ihnen geben:

1. Es gibt sog. Konsiliarlaboratorien. Das für Herpesviren ist an der Universität Freiburg

(https://www.uniklinik-freiburg.de/virologie/konsiliarlabor-fuer-hsv-1-2-und-vzv.html.

Da können Sie sich zwar nicht selbst hinwenden, aber Ihr Hausarzt/Hauaärztin oder einer der Fachärzte, die Sie behandelt haben, könnte das tun.

2. Es gibt im Internet eine Liste von Kliniken, die über besondere Erfahrung mit Herpesinfektionen verfügen:

https://klinikradar.de/herpes/kliniken/

Vielleicht kann Ihnen ja auch da geholfen werden. Sonst bin ich mit meinem Latein am Ende.

Ihnen alles Gute

Dr. Jan Leidel

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28.04.2021, 21:52 Uhr
Kommentar

Hallo Dr. Leidel, 

vielen, vielen Dank für die schnelle Antwort. 

Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, um Ihnen zu antworten.

Leider geht es mir immer noch nicht wirklich gut, aber ich möchte Ihnen dennoch endlich antworten.

Die Diagnose damals lautete, dass die Blase am Finger Herpes simplex I - Viren enthielt, das Syndrom nennt sich “Herpes Whitlow” und die Komplikation der Lymphangitis ist wohl eher selten? Für die Referenz hänge ich einen Link mit einem solchen Fallbeispiel an. 

Ich hoffe, dass ich nun mit einer Diagnostik in einer Immunambulanz sowie einem Termin bei einem auf Herpes spezialisierten Arzt Hilfe bekommen werde, um einer Verschlimmerung der Symptome und weiteren Ausbreitung des Virus entgegenstehen zu können.

In jedem Fall danke ich Ihnen für die von Ihnen bereitgestellten Links, die für mich hilfreich waren.

Danke auch für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen, 

Carla N.

 

Fallbeispiel: 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31752766/

https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/article-abstract/610520


29.04.2021 09:09 – Beitrag von der Redaktion bearbeitet.

Experte-Leidel
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29.04.2021, 11:58 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Carla,

danke, dass Sie sich nochmal gemeldet haben. So wird das ganze für uns beide "runder". Whitlow ist das englische Wort für "Nagelbettentzündung", die durchaus durch Herpes simplex-Viren hervorgerufen werden kann.

Die durch Herpesviren am Finger hervorgerufene Entzündung ist gar nicht so selten. Und auch die Lymphangitis passt gut in das Bild. Die neurologischen Symptome waren es, die mich etwas beunruhigten.

Nun hoffe ich, dass Sie bald die passende Hilfe erhalten und wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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