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Tollwutrisiko nach Katzenkratzer in Dubai

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

30.10.2018 | 09:55 Uhr

Sehr geehrtes Expertenteam, 

leider quälen mich jetzt seit einigen Wochen massive Ängste. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir eine Einschätzung geben könnten, ob diese Ängste begründet sind. Ich versuche verzweifelt, in ein normales Leben zurückzufinden. 

Am 05.09.18 bin ich in Dubai bei einem Restaurant am Wüstenrand von einer Katze gekratzt worden. Sie war sehr scheu, wirkte hungrig und ich habe ihr Futter hingelegt. Leider war sie so hungrig, dass sie mir das Futter aus der Hand geschlagen hat. Dies hat bei mir zu einem blutigen Kratzer am Daumen und einigen oberflächlichen Kratzern an den anderen Fingern der rechten Hand geführt. Ich habe mir danach die Hand mit Wasser und Seife ausgewaschen. Desinfizieren konnte ich allerdings die Hand erst ca. 3 Stunden später im Hotel. Nach meiner Rückkehr in Deutschland habe ich mich am 10.09.2018 erstmals beim Tropenmediziner gegen Tollwut impfen lassen (Impfstoff Rabipur). Gleichzeitig erfolgte eine Passivimmunisierung mit 2ml Berirab, wobei 0,3 ml in den Daumen und 1, 7 ml in den Oberarm injiziert worden sind. War dies am 5. Tag nach der Exposition vielleicht bereits zu spät? Die weiteren Tollwutimpfungen mit Rabipur erfolgten am 13.09.18, 17.09.18, 24.09.18 und 08.10.18. Nach der 2. Tollwutimpfung hatte ich gefragt, wann denn die Schutzwirkung der Impfung eintrete. Mir wurde gesagt, ich könne sicher sein, dass nichts nachkommt, wenn die letzte Impfung erfolgt sei. Aber es würde ohnehin nur ein geringes Risiko bestehen. Seitdem befinde ich mich im Ausnahmezustand und kämpfe mit schlimmen Panikattacken. Ich höre sehr in mich hinein und sehe in allen körperlichen Reaktionen Tollwutsymptome. Leider konnten mir insoweit auch die beruhigenden Worte der Ärzte bei den weiteren Impfungen nicht mehr helfen. Nach der 3. Impfung hatte ich eine stark weiß belegte Zunge und Schluckbeschwerden. Zwischenzeitlich hat sich dies gebessert, ist aber noch vorhandem. Ich kämpfe immer wieder mit Benommenheit, Zittern, Kribbeln und Taubheitsgefühle in beiden Händen, Kloßgefühle im Hals, Angst vorm Verschlucken, Übelkeit, Sodbrennen und Druckgefühl in der Brust. Könnten dies Tollwutsymptome sein?Um die belegte Zunge abzuklären, war ich zwischenzeitlich noch beim Hausarzt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Tollwuttiter bestimmt. Dieser lag nach der 4. Impfung bei 1, 754. Der Wert wurde vom Labor als positiv angegeben. Ist dies in Ordnung? Leider war dem Hausarzt bei der Befundmitteilung entfallen, dass ich gegen Tollwut geimpft worden bin. Er hat den Laborbefund daher wohl zunächst als Infektion interpretiert, so dass ich noch mehr in Panik geraten bin. Jetzt, 3 Wochen nach der letzten Impfung, geht es mir noch immer nicht gut und ich habe panische Angst, selbst zu erkranken und mein Umfeld anzustecken. Ich war bisher keine Angstpatientin und stand mit beiden Beinen fest im Leben. Dahin möchte ich gern zurückfinden. Wie wirksam ist die Postexponentielle Tollwutimpfung, wenn sie 5 Tage nach der Exposition durchgeführt wird? Können eventuelle Erreger, die sich bereits in meinem Körper befinden, hierdurch abgefangen werden? Ab wann kann ich wirklich sicher sein, dass nichts mehr nachkommt? Muss ich hierzu die Regelinkubationszeit abwarten? Zur Regelinkubationszeit von Tollwut gibt es unterschiedliche Angaben: Robert- Koch-Institut: 3-8 Wochen, Tropeninstitut: 20-70 Tagen, andere medizinische Quellen sprechen von bis zu 90 Tagen. Was ist denn als Maßstab anzunehmen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie meine Fragen beantworten könnten. Im Moment weiß ich leider nicht mehr weiter und bin ziemlich verzweifelt. Viele Grüße 

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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30.10.2018, 15:11 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Rettiv,

Sie brauchen sich nun wirklich überhaupt keine Sorgen zu machen. Die in Deutschland durchgeführte PEP war sicherheitshalber erfolgt, obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Infektion als eher gering eingeschätzt werden kann.

Die PEP erfolgte nach dem sog. "Essen-Schema", das als "Goldstandard" der postexpositionellen Prophylaxe eingeschätzt wird. Sie erfolgte nach allen Regeln der medizinischen Kunst, und, nein, sie wurde nicht zu spät begonnen und die passive Immunisierung erfolgte ebenfalls nicht zu spät und ebenfalls genau so, wie sie erfolgen soll.

Noch nie ist ein Mensch, der eine solche PEP erhalten hat, an der befürchteten Infektion zu Schaden gekommen.

Die Titerbestimmung durch den Hausarzt ergab einen sehr guten Schutz. Ab 0,5 I.E./ml wird von Schutz ausgegangen. Der bei Ihnen gemessene Wert von 1,75 I.E./ml ist also sehr gut.

Ihre Beschwerden sind keinesfalls frühe symptome der TW. Sie sind bei Ihnen möglicherweise auf die große, aber grundlose Angst zurückzuführen, wenn bei der Untersuchung durch den Hausarzt nicht eine andere Diagnose gestellt worden ist.

Die Inkubationszeit dieser Krankheit ist sehr variabel und kann von ca. 10 Tagen bis über ein Jahr dauern.

Sie brauchen nicht das Jahr zu warten, sondern können jetzt davon ausgehen, dass Sie nicht krank werden.

Also: Vergessen Sie die Tollwut

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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30.10.2018, 15:49 Uhr
Kommentar

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel, 

vielen Dank für Ihre ausführliche und informative Antwort! Sie haben mir sehr damit geholfen! Jetzt bin ich deutlich beruhigt und werde aufhören, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ich wünsche Ihnen alles Gute und einen schönen Nachmittag!

Mit freundlichen Grüßen 

Rettiv

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