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Tollwutinfektion in Myanmar möglich? (dringend!)

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

13.08.2018 | 18:59 Uhr

Guten Abend Herr Dr. Leidel,

ich befinde mich aktuell im Urlaub in Myanmar (gerade Mandalay). Ich habe eine kleine Wasserblase am kleinen Zeh, Sie befindest sich eher seitlich am kleinen Zeh, also nicht direkt an der Auftrittsfläche des Zehes. Die Wasserblase ist offen, d.h. Die Haut darüber ist weg, aber das darunter liegende Fleisch geht nicht besonders tief und ist auch nicht blutend. Entstanden ist die Blase im Schuhwerk durch längeres Gehen und schmerzte an dieser Stelle. Jedenfalls musste ich die Schuhe ausziehen, um ein weitläufiges Tempelareal zu besichtigen. Ich hatte kein Pflaster dabei und da die Wunde beim barfuß auftreten nicht geschmerzt hat, habe ich mir darüber auch keine Gedanken gemacht. 

Ich bin dann barfuß in eine klebrige Flüssigkeit mit diesem Fuß, an dem sich die Blase befindet, gestiegen. Das Klebrige war nicht richtig flüßig, sondern mehr klebrig und auch nicht viel. Ich habe es gemerkt und soweit ich es bemerkt habe, bin ich auch nicht direkt mit der Wunde, die sich ja nicht auf der Auftrittsfläche befindet und dem Klebrigen in Berührung gekommen, aber ganz sicher ausschließen könnte ich es auch nicht. Erst im Nachhinein, nachdem ich auch einige frei streunende Hunde und Katzen auf dem Areal gesehen habe, habe ich daran gedacht, ob das evtl. Speichel eines der Tiere dort gewesen sein könnte und meine dringende Frage ist, ob eine Tollwutansteckung auf dem von mir beschriebenen Weg môglich wäre, falls es sich um die Ausscheidung (Speichel) eines tollwütigen Tieres gehandelt hätte.

Geimpft bin ich nicht. Ich danke Ihnen vielmals um eine schnelle Antwort, da ich in Sorge bin, da die Erkrankung in Myanmar meines Wissens v.a. bei Hunden weit verbreitet ist.

Mit besten Grüßen 

Coco

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Experte-Leidel
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14.08.2018, 16:38 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Coco123,

Sie überfordern mich im fernen Deutschland etwas mit Ihrer Frage. ich habe keine Hinweise dafür gefunden, dass in der Gegend von Mandalay derzeit Tollwut augetreten ist, aber kann das natürlich auch nicht ausschließen. Vielleicht frage Sie im Hotel oder drgl.

Die Übertragung erfolgt in der Regel durch den Biss eines tollwütigen Tieres, kann aber (sehr viel seltener) auch einmal durch den direkten Kontakt von Speichel mit einer Wunde oder Schleimhaut erfolgen. 

Ich habe keine Ahnung, was das für eine klebrige Masse gewesen ist, zu der Sie Kontakt hatten. Ich kann mir allerdings nicht so recht vorstellen, dass es sich um ganz frischen Speichel eines tollwütigen Tieres gehandelt hat. Sie schreiben, dass Sie nicht bewusst mit Ihrer oberfächlichen, nicht blutenden Wunde damit in Berührung kamen.

Alles in allem halte ich eine Übertragungsgefahr für sehr unwahrscheinlich: kein Hinweis auf tollwütige Tiere in der Gegend, kein Hinweis, dass es wirklich Speichel und sogar Speichel eines solchen Tieres gewesen sein könnte, kein Hinweis, dass die Wunde damit in unmittelbare Berührung kam, kein Hinweis darauf, dass durch diese oberflächliche Wunde überhaupt eine Übertragung hätte möglich sein können.

Also ich käme nicht auf die Idee, dass ich mich infiziert haben könnte. Aber das ist meine subjektive Meinung aus der Ferne. Wenn Sie ganz sicher sein wollen, können Sie sich vorsorglich impfen lassen. Die Gabe von Antiserum (Immunglobulin), das in Myanmar wohl allenfalls schwer zu erhalten ist, wäre bei diesem vagen und unwahrscheinlichen oberflächlichen Kontakt auch nicht erforderlich.

Aber, wie gesagt, ich würde nichts unternehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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14.08.2018, 20:57 Uhr
Kommentar

Guten Abend Herr Dr. Leidel,

ich danke Ihnen für Ihre Antwort! Mir leuchtet das alles ein, was Sie schreiben. Dennoch würde mich noch interessieren, was Sie damit meinen, dass ich mich "vorsorglich impfen" lassen könnte, hingegen die Gabe eines Antiserums nicht nötig wäre? 

Was würde denn eine solche nachträgliche Impfung bewirken? Ich war der Annahme, dass eine nachträgliche Impfung nur möglich ist, wenn Sie innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums erfolgt (24 Stunden)?

Vielen Dank noch einmal für Ihre Mühe und mit besten Grüßen, 

Coco 

Experte-Leidel
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14.08.2018, 22:04 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Coco,

die postexpositionelle (nachträgliche) Prophylaxe sollte sobald wie möglich erfolgen. Aber eine Verzögerung ist natürlich weniger kritisch als der Verzicht auf diese Maßnahme. Bei Ihrer Situation ist die Wahrscheinlichkeit einer Infektion so gering, dass man auf die Gabe von Antiserum verzichten könnte, zumal es ohnehin in Myanmar nur schwierig zu erhalten sein dürfte.

Aber nochmal: Ich würde in Ihrer Situation nichts unternehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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16.08.2018, 17:32 Uhr
Kommentar

Guten Abend Herr Dr. Leidel,

ich bedanke mich noch einmal herzlich für Ihre Hilfe. Da ich dann trotzdem nicht 100 prozentig beruhigt war und ja eigentlich hier meinen Urlaub genießen möchte, bin ich gestern doch in eine Klinik gegangen, um mich von einem hiesigen Arzt noch einmal beraten zu lassen. Er hat wie Sie auch das Risiko als sehr gering eingeschätzt. Da ich aber einfach nicht ganz sicher sagen kann, ob meine Wunde mit der klebrigen Flüssigkeit in Berührung kam oder nicht und ich mir auch nicht sofort danach die Füße gewaschen habe bzw die Wunde desinfiziert habe, weil es dort gar keine richtige Möglichkeit gab die Füße zu waschen und ich ja auch erstmal überhaupt nicht daran gedacht hatte, sondern mir der Gedanke erst später kam, habe ich mich dann doch sicherer gefühlt die Impfung zu machen. (Der dortige Arzt meinte, dass man bei so einer kleinen Wunde das Risiko nochmal minimieren hätte können, wenn man sofort die Wunde ausgewaschen und gut desinfiziert hätte, auch wenn er insgesamt wie schon beschrieben die Möglichkeit einer Infektion als gering einschätzte). 

 Ich habe gestern in der Klinik die erste Impfung bekommen und muss jetzt vier weitere bekommen. Bei der letzten werde ich schon wieder in Deutschland sein. Die anderen 3 an verschiednen Orten hier im Land. Ich habe mich bereits informiert und der Impfstoff ist überall, wo ich dann sein werde, vorrätig.

Es waren ca. 46 Stunden zwischen der Berührung mit der Flüssigkeit und der Impfung. Der Arzt, wenn ich das richtig verstanden habe (er schien mir sehr kompetent, dennoch war sein Englisch nicht ganz so gut) meinte, dass bei so einer kleinen Wunde, die sich am Fuß befindet, eine Impfung auch noch nach 46 Stunden anschlagen würde, falls es sich tatsächlich im eine Infektion handeln würde. Würden auch Sie diese Meinung teilen?

Ein Antiserum habe ich nicht bekommen mit der gleichen Begründung, die Sie auch hatten. 

Der Impfstoff, den ich bekommen habe, nennt sich Verorab (inactivated, 0,5 ml) von Sanovi. Ich wiege 52kg - der Arzt hatte mich das gefragt, ich weiß aber nicht genau, ob das wichtig ist bzgl. des Impfstoffes. Der Arzt meinte, das wäre eine sehr gut verträgliche Impfung. Ich fühle mich auch gut. Ich hoffe natürlich nur, dass auch wirklich das verabreicht wurde, was auf der Verpackung stand und das auch bei den noch drei ausstehenden Impfungen der Fall sein wird. Ich gehe eigentlich davon aus, dass das passt, nur kam mir die Impfung gar nicht so teuer vor - 30 US Dollar. Im Internet habe ich in einem Forum gelesen, dass die Impfungen z.T. wohl viel teurer verkauft werden in Myanmar. Ich weiß nicht, ob Sie dazu irgendwelche Erfahrungen haben oder vielleicht noch einen Tipp, auf was man achten sollte bei Verabreichung der Impfungen?

Ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen im Voraus und mit besten Grüßen 

Coco

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16.08.2018, 19:29 Uhr
Kommentar

...mir fällt noch etwas ein, was ich gerne noch los werden würde. Es ist eine komische Situation in einem Land, in dem ich mich nicht richtig verständigen kann, in medizinischer Behandlung zu sein ohne alles zu verstehen. Darum würde ich Ihnen diese Frage noch stellen: ich habe einen Impfausweis vom Arzt mitbekommen mit dem Impfplan, den ich mir bzgl Reiseplanung wegen den Terminen gerade nochmals angesehen habe und dabei habe ich auf der Rückseite dieses Impfausweises eine Empfehlung zur Vorgehensweise bei einer Wunde mit Kontakt zu möglicherweise tollwütigem Tier gelesen auf Englisch. Dort steht, dass das sofortige Ausspülen und Desinfizieren der Wunde sehr wichtig ist, da nur so gewährleistet werden kann, dass der Virus sich nicht auf die Nervenenden setzt und somit die 14 Tage bis der Körper Antikörper nach Impfung entwickelt, überbrückt werden können.

Ich habe zwei Fragen dazu. Zum einen, was ist, wenn man die Wunde - in meinem Fall Blase - nicht ausgespült bzw desinfiziert hat? Bedeutet das dann, dass sich bei einer Infektion die Viren schon so vermehrt haben könnten, dass der Zeitraum bis zur Antikörperbildung evtl nicht überbrückt werden kann? Es war, wie schon erwähnt, eine kleine Wasserblase, zwar offen, aber nicht blutend.

Zum anderen, stimmt es bzw habe ich das richtig dem Text auf dem Impfpass entnommen, dass es 14 Tage dauert bis zur Antikörperbildung nach Impfung? Der Arzt hat nämlich von 7 Tagen gesprochen. 

Herzlichen Dank nochmal!

Mit besten Grüßen

Coco

Experte-Leidel
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17.08.2018, 15:46 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Coco,

zunächgst einmal gehe ich weiterhin davon aus, dass kein Infektionsrisiko bestanden hat. Dass Sie sich sicherheitshalber doch eine PEP haben geben lassen, ist natürlich in Ordnung. Es war mit hoher Wahrscheinlichkeit unnötig, schadet aber keinesfalls und gibt Ihnen mehr Sicherheit, die jedoch leider immer wieder ins Wanken kommt, wenn irgendetwas Sie beunruhigt und Sie ins grübeln kommen.

Es ist richtig, dass Wunden mit Viruskontakt (Bißwunden oder Wunden, die unmittelbar von einem infektiösen Tier beleckt wurden) ausgewaschen und nach Möglichkeit desinfiziert werden sollten. Nun hatten Sie das nicht getan, war ja uch - wie Sie schrieben - nicht möglich. Das lässt sich nun nicht mehr ändern. Da  ja wahrscheinlich kein Kontakt erfolgt ist, halte ich das nicht für erheblich.

Man unterscheidet verschieden Schweregrade der Exposition (des Kontakts). Wenn man Ihren überhaupt als einen solchen bezeichnen will, handelt es sich um eine Exposition von Grad II ("nicht blutende oberflächliche Kratzer oder Hautabschürfungen bzw. Lecken oder Knabbern an der nicht intakten Haut"). Da ist die Gabe von Antiserum nicht vorgesehen.

Das Verorab ist ein moderner Zellkulturimpfstoff, der mit den bei uns verwendeten durchaus vergleichbar ist. Zum Preis kann ich nichts sagen. Er scheint mir ok. Dass andernorts gelegentlich überhöhte Preise verlangt werden, halte ich für nicht ganz unwahrscheinlich.

Mit den Impfungen sollte man so bald wie möglich beginnen. Aber etwas verspätet ist natürlich besser, als gar nichts zu tun. Dabei weise ich nochmal darauf hin, dass ich in Ihrem Fall ohnehin kein Risiko sehe und die PEP als weitreichende Sicherheitsmaßnahme ansehe.

Wann die Virusvermehrung einsetzt unterliegt einer großen Bandbreite. Die Vermehrung beginnt in den Muskelzellen und erfolgt dann hauptsächlich in Zellen des Nervensystems. Meist ist die Inkubationszeit bei dieser Infektion eher relativ lang, um so länger, je weiter die Eintrittstelle der Viren vom Gehirn entfernt ist. Durch die mehrfache Impfstoffgabe wird eine möglichst schnelle Bildung von Antikörpern erreicht.

Ich möchte ihnen wirklich raten, jetzt nicht die ganze Zeit zu grübeln und Sorgenketten zu entwickeln. Andernfalls können sie Ihren Wunsch, den Urlaub in Myanmar zu genießen, kaum erfolgreich erfüllen. gehen Sie einfach davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin nichts passiert ist und dass im Übrigen gute und ausreichende Schutzmaßnahmen ergriffen wurden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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