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Tollwutimpfung

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

04.04.2022 | 02:12 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich hatte Ihnen vor Kurzem schon einmal eine Frage bzgl. einer Tollwutübertragung durch ein ziemlich abwegiges Szenario gestellt. Sie hatten meine Angststörung erkannt, wegen welcher ich mich nun auch in Therapie befinde. Leider hat sich das mit dem Thema Tollwut (durch Fledermäuse) bei mir in den letzten Tagen extrem hochgeschaukelt, sodass ich in sehr vielen Situationen ein Risiko vermute, bspw. wenn ich einen Tropfen auf meine rissigen Hände bekomme. Und das obwohl Sie ja schon an anderer Stelle ausdrücklich sagten, dass man dasurch eine Infektion praktisch ausschließen könne.

Ich weiß, dass Sie kein Therapeut sind und mir da nicht weiterhelfen können, also nun zu meiner Frage: ich würde mich gerne gegen Tollwut impfen lassen, da ich momentan keinen anderen (und halbwegs zügigen) Ausweg aus dieser extremen Tollwutangst sehe. Da ich nicht davon ausgehe, dass mein Hausarzt die Impfung vornehmen würde, da ja kein tatsächliches realitätsnahes Risiko zu erkennen ist, würde ich die Kosten zur Not auch selbst tragen. Wo könnte man das tun? Bei einem Reisemediziner?

Und meine Frage an Sie ist nun, ob Sie das für medizinisch vertretbar halten würden, sich quasi nur zur Beruhigung der Psyche impfen zu lassen? Ist mit Nebenwirkungen zu rechnen? Außerdem würde ich gerne wissen, ob es aus Ihrer Sicht überhaupt realistisch wäre, dass die Impfung dann auch schützen würde, wenn z.B. tatsächlich ein kleiner Tropfen infektiösen Speichels in eine Wunde gelangen WÜRDE (hypothetisch)? Bei einem "richtigen" Risikokontakt würde man sonst ja noch 2 Impfungen danach verabreichen. Dass es dazu keine Studien gibt, ist mir klar, ich würde nur gerne Ihre Einschätzung hören, ob auch ohne die 2 postexpositionellen Impfungen von einem Schutz gegen geringe Virenmengen auszugehen wäre? Mir würde die Impfung zur psychischen Beruhigung sonst nämlich natürlich nicht viel nützen, wenn ich dann ständig glauben würde, die 2 weiteren Impfungen erhalten zu müssen. 

Wie Sie merken, beschäftigt mich das Thema sehr und ich hoffe, dass die Therapie hilft. Für eine kurze Einschätzung, ob Sie das aus medizinischer Sicht insgesamt für vertretbar bzw. halbwegs logisch halten, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Vielen Dank im Voraus. 

Mit freundlichen Grüßen

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Experte-Leidel
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04.04.2022, 13:39 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag, 

wir sind uns im Klaren, dass man Angst nicht "wegimpfen" kann. Trotzdem kann man durch eine Tollwutimpfung möglicherweise, die Angst veringern, wobei aber die Gefahr besteht, dass die Angst sich anderweitig wieder meldet.

Ich würde Ihre Therapeutin oder Ihren Therapeuten da zu ihrer/seiner Meinung fragen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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04.04.2022, 14:41 Uhr
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Mein Therapeut sagte auch, dass damit natürlich nicht das ganze Problem verschwinden würde, aber dass man drüber nachdenken könnte  
Ich habe nun einen Termin für morgen für die Impfung ausgemacht. Drei kurze Fragen hätte ich noch:

1. In der letzten Woche habe ich sehr wenig gegessen, getrunken, geschlafen etc. weil es mir einfach nicht gut ging/geht. Muss ich dadurch mit Komplikationen durch die Impfung rechnen, weil mein Körper ja gerade sehr schwach ist?

2. Muss ich nach der Impfung etwas beachten (Sport, Alkohol etc.)?

3. Wenn dann eine PEP durchgeführt wird mit 5 Impfungen, müssen dann immer noch Immunglobuline dazu gegeben werden? Ich habe ja keine konkrete Verletzung durch ein Tier erlitten.

Danke.

Experte-Leidel
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04.04.2022, 21:25 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend,

ich hatte gedacht, dass Sie sich eine "normale" vorbeugende TW-Impfung geben lassen würden, für etwaige künftige Probleme. Aber Sie lassen sich ja offenbar eine PEP geben. Na ja, müssen Sie und der Arzt wissen.

Aber auf das Immunglobulin würde ich wohl verzichten.

zu 1. Nein, Mangel an Schlaf, Essen und Trinken führt nicht automatisch zu Komplikationen bei der Impfung.

zu 2. Es kommt auch hier auf die Dosis an. Leichtes Laufen schadet nichts, Marathon würde ich nicht machen. Radffahren ist ok, Tour de France sollte unterbleiben. Ähnlich ist es mit Alkohol: In geringem Maße ok, zu viel ist schädlich.

zu 3. Wie gesagt, das Immunglobulin würde ich weglassen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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04.04.2022, 23:32 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für die Auskunft!

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07.04.2022, 04:32 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich habe nun die normale vorbeugende Impfung erhalten und keine PEP. Also nach dem Schema 0-7-21. Damit hoffe ich dann diese Tollwutangst für die Zukunft loszuwerden. Die vergangen Situationen, wegen welcher ich mir Sorgen gemacht habe, waren ja eh sehr unwahrscheinlich und ich versuche diese zu vergessen. Bezüglich des Impfschutzes hätte ich noch kurze Fragen, wenn Sie gestatten.

1. Ab wann ist mit einem Schutz zu rechnen?

2. Wenn es zu einem Risikokontakt käme, würde man ja noch 2 zusätzliche Impfungen verabreichen. Ist das eine reine Vorsichtsmaßnahme, um auf Nummer sicher zu gehen oder wäre dies absolut notwendig?

3. Falls man theoretisch innerhalb des Impfschemas, also z.B. zwischen der ersten und zweiten Impfung, mit einer Wunde mit infektiösem Speichel in Berührung kommen würde, wäre dafür der Schutz ausreichend, weil der Antikörperspiegel ja innerhalb der typischen Inkubationszeit (1-3 Monate) eigentlich hoch genug steigen müsste?

4. Okay noch ein sehr konstruiertes Szenario, um dessen Einschätzung ich Sie bitten würde. Das Belecken von intakter Haut stellt ja keinen Risikokontakt dar. Wenn man sich jetzt kurz danach waschen oder desinfizieren würde, könnte man diesen dann nicht in Wunden/Schleimhäute einreiben und sich so infizieren oder würden die Viren inaktiviert werden, bevor diese eindringen könnten? 

Eine erneute Antwort würde mich sehr freuen. Ich hoffe, dass mich sobald ich den vollen Impfschutz habe, nicht mehr solche Fragen beschäftigen und ich endlich wieder einen freien Kopf für andere, schöne Dinge habe. Vielen Dank im Voraus!

Experte-Leidel
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07.04.2022, 10:55 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

zu 1.: Ab dem 7. Tag nach der dritten Impfung kann von einem schutz ausgegangen werden.

zu 2.: Das kommt darauf an, wie lange die Grundimmunisierung bzw. die letzte Auffrischung zurückliegt. Im Allgemeinen würde man wohl sicherheitshalber eine PEP durchführen.

zu 3.: Diese Konstellation ist so selten, dass es dafür keine geprüften und empfohlenen Vorgehensweisen gibt. Die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung würde hier eine Rolle spielen. Bei einer erheblichen Bissverletzung durch ein eindeutig tollwütiges Tier würde man möglicherweise anders vorgehen als bei dem von Ihnen gewählten Beispiel. 

zu 4.: Darüber liegen mir keine geprüften Empfehlungen vor.

Ich würde damit gerne diesen Austausch beenden. Ihnen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

 

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