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Tollwutgefahr durch Hund aus dem Auslandstierschutz?

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

31.01.2021 | 10:43 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich wende mich wieder an Sie, weil ich mir unsicher bin im Hinblick auf eine mögliche Tollwutgefahr.

Wir haben seit Februar 2020 eine Hündin aus dem Auslandstierschutz (Bulgarien). Da sie schon alt ist, sind wir die Endpflegestelle und haben ihren Pass nicht bekommen. Dass eine TW-Impfung vorhanden ist, wurde uns mitgeteilt. Aber eigentlich wollten wir da schon länger mal drum bitten, dass wir den Pass bekommen, damit wir es genau wissen und wissen, wann nachgeimpft werden muss.

Grundsätzlich sehe ich keinen Grund, der Tierschutzorganisation hier nicht zu vertrauen. Nur jetzt ist heute morgen etwas passiert, das wahrscheinlich als Exposition gesehen werden muss. Ich habe eine kleine noch nicht ganz verheilte Wunde am Finger und heute morgen habe ich der Hündin ein Leckerli gegeben. Beim Schnappen nach dem Leckerli hat sie mit den Zähnen auch den Finger mit der Wunde berührt. Die Wunde blutet zwar nicht, aber die Haut ist nicht intakt.

Natürlich versuche ich jetzt, den Impfstatus herauszufinden, aber wahrscheinlich wird das erst morgen gelingen. Ich habe die Organisation natürlich nicht im Verdacht, Tiere, die ein Risiko darstellen würden, illegal nach Deutschland einzubringen. Aber ich bin eben nicht sicher, ob man davon ausgehen kann, dass ein tollwutverdächtiger Hund wirklich nicht nach Deutschland gelangen kann. Ich weiß auch nicht, ob sich nach einem Jahr nicht sowieso schon Symptome gezeigt hätten.

Ich mache mir beim Thema Tollwut immer ziemlich viele Sorgen - Sie haben mir hier auch schon mehrfach geholfen, und ich habe auch schon mit Therapeuten gesprochen. Was ich jetzt überlege ist, ob das Ereignis von heute morgen ein Grund ist, jetzt schnellstmöglich eine PEP zu beginnen. Andererseits kommt es mir übertrieben vor, jetzt ins Krankenhaus zu fahren - vor allem weil ich weiß, dass ich da zu übermäßiger Angst neige.

Vielleicht können Sie mir ja mit einem Rat helfen.

 

 

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Experte-Leidel
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31.01.2021, 16:44 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Ben_ru,

das Risiko einer Tollwutübertragung halte ich in Ihrem Fall für äußerst gering.

Zum einen müssen die Papiere über eine TW-Impfung beim Import nach Deutschland (eigentlich) vorgelegen haben. Zum anderen: Die Inkubationszeit der TW beträgt beim Hund im Allgemeinen 2 bis 10 Wochen! Die Krankheit hätte also (eigentlich) längst ausgebrochen sein müssen.

Der Kontakt, den Sie schildern, würde wahrscheinlich als Risikokontakt angesehen werden, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung der Hündin größer wäre. Es ist richtig, dass die postexpositionelle Prophylaxe (PEP) möglichst bald nach dem Risikokontakt durchgeführt werden sollte. Aber wenn - wie in ihrem Fall - gute Gründe vorliegen für die Annahme, dass die Hündin nicht wirklich infiziert ist und die genauere Abklärung kurzfristig möglich zu sein scheint, kann man mit der PEP etwas warten. Die Gabe von Antiserum kann bis maximal zum 7. Tag nach der Exposition noch erfolgen. Zwei oder 3 Tage kann man jedenfalls warten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

 

Experte-Leidel
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31.01.2021, 18:09 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Ben_ru,

ich habe nochmal über Ihre Frage nachgedacht und muss sagen, dass ich immer weniger annehme, dass Sie ein tatsächliches Risiko durch das Spielen mit Ihrem Hund eingegangen sind.

Falls Ihr Arzt und Sie sich entschließen würden, bei Ihnen eine PEP durchzuführen, würde das der Veterinärbehörde gemeldet werden müssen und zur Folge haben, dass Ihre Hündin getötet würde. Vielleicht ist das ja auch ein Aspekt bei Ihren Überlegungen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel 

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31.01.2021, 18:27 Uhr
Antwort

Guten Abend Herr Dr. Leidel,

ich danke Ihnen für Ihre Antwort und die Erklärungen. Ja, das spielt auch eine Rolle bei der Überlegung. Ich werde mich nach dem Impfstatus des Hundes erkundigen (auch, weil wir das sowieso wissen müssen). Ich hoffe (denke aber auch), dass der Schutz aktiv ist, und ich dann nichts weiter unternehmen muss.

Nochmals danke, dass Sie sogar an einem Sonntag so schnell geantwortet haben!

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!

mit freundlichen Grüßen

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11.02.2021, 18:01 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich habe jetzt noch weitere Fragen, und weiß, dass ich Gefahr laufe, Ihre Geduld zu strapazieren. Ich nehme mir fest vor, nicht zu einem User zu werden, der Sie regelmäßig mit der Hoffnung auf beruhigende Worte anschreibt. Ich denke, ich spreche auch morgen mit meinem Hausarzt über meine Sorgen. Wenn ich darf, würde ich Sie aber trotzdem gerne noch folgendes fragen:

Meiner Hündin geht es gut. Es hat sich aber herausgestellt, dass sie zwar bei der Verbringung nach Deutschland ordnungsgemäß geimpft war, aber dass die Impfung im Juni 2020 abgelaufen war. Gestern habe ich sie vom Tierarzt erneut impfen lassen. Ergibt sich aus dem Zeitraum, in dem kein aktiver Schutz vorhanden war, dass sie als tollwutverdächtig einzustufen wäre? Oder liege ich richtig, dass der Tierarzt bei Tollwutverdacht gar keine Impfung hätte durchführen dürfen, sondern den Verdachtsfall melden müsste? Eigentlich weiß ich, dass sie sich nicht angesteckt haben kann, weil Deutschland frei von Tollwut bei landlebenden Tieren ist, aber mir geht jetzt das unwahrscheinliche Szenario durch den Kopf, dass sie möglicherweise von einer Fledermaus gebissen worden sein könnte.

Meine andere Frage hängt damit zusammen, dass ich mich bisher bei meinen Hunden immer beruhigen konnte, wenn es ihnen nach 10 Tagen noch gut ging. Dann konnte ich das Thema vergessen, weil ein Hund, der infektiös ist, laut RKI nach 10 Tagen definitiv stirbt. Nun weiß ich aber nicht, ob dies auch der Fall wäre, wenn in diesen 10 Tagen eine Impfung gegeben würde. Ich frage mich, ob dann der Fall eintreten könnte, dass mein infizierter Hund, mich infiziert, selbst aber gesund bleibt. Es ist zwar eine tiermedizinische Frage, aber vielleicht wissen Sie das. Meine Überlegung ist, dass dies  eigentlich nicht sein kann, da - wie Sie hier schon geschrieben haben - der Speichel erst infektiös sein kann, wenn sich das Virus im Gehirn des Hundes vermehrt hat. Und dann würden auch Antikörper die Krankheit bei dem Hund nicht mehr aufhalten. Ist das richtig?

Wie gesagt, ich werde morgen mit meinem Hausarzt sprechen. Aber vielleicht haben sie ja Antworten, die mir da ein bisschen mehr Klarheit verschaffen.

 

Experte-Leidel
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11.02.2021, 21:19 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Ben_ru,

alles, was sie schreiben, spricht dafür, dass von Ihrer Hündin keinerlei TW-Gefahr ausgeht.

Dass eine Impfung für eine gewisse Zeit gilt, bedeutet ja nicht, dass das Immunsystem so organisiert ist, dass es dann abrupt den Hammer fallen lässt. Also muss der Hund natürlich nicht als Tollwutverdächtig angeshen werden. 

Dass Sie sie jetzt vom Tierarzt haben nachimpfen lassen, ist ok, in Deutschland aber eigentlich gar nicht so wichtig. Wie Sie selbst schon richtig sagten, ist Deutschland frei von Tollwut bei landlebenden Tieren. Aber es schadet natürlich auch nicht, zu impfen.

Sie haben ein völlig falsches Bild von Fledermäusen. Das sind scheue Tiere, die Menschen, Hunden und was da sonst so kreucht und fleucht, nach Möglichkeit aus dem Weg gehen. Die nachtaktiven Flattertiere beißen allenfalls, wenn sie sehr in die Enge getrieben werden. Sie suchen das Weite und gehen Auseinandersetzungen möglichst aus dem Weg.

Hunde haben hier keine Tollwut und infizieren deshalb auch ihre Halter nicht. Ich verstehe Ihre Angst nicht. Haben Sie etwas gegen den Hund? Und natürlich kann ein Hund einen Menschen nicht infizieren und selbst gesund bleiben..

Aber es ist sicher gut, wenn Sie sich das alles auch von Ihrem Arzt nochmal erklären lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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12.02.2021, 09:53 Uhr
Antwort

Guten morgen Herr Dr. Leidel,

vielen Dank für diese Erklärungen. Ich habe natürlich nichts gegen den Hund - wo diese Ängste herkommen, weiß ich auch nicht. Deshalb will ich mit meinem Hausarzt darüber sprechen, und vielleicht auch wieder einen Psychotherapeuten hinzuziehen.

So oder so bin ich Ihnen für Ihre Antworten sehr dankbar!

freundliche Grüße und schon mal ein schönes Wochenende

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