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Tollwutangst bei Fledermauskontakt

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

11.02.2019 | 13:25 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

vor ca. einer Woche bin ich morgens aufgewacht und hatte einen heftigen Juckreiz am Fußrücken. Hierbei habe ich eine Rötung und ein Punkt/Strich festgestellt. Blutig war es nicht. Jetzt habe ich gelesen das es unbemerkten Kontakt mit Fledermäusen geben kann. Mein Fenster war gekippt und der Rolladen nicht ganu unten.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit das eine Fledermaus in der Nacht in mein Zimmer geflogen gekommen ist und mich dann im Schlaf gekratzt oder gar gebissen hat? 

Ich wohne mitten in der Stadt in Karlsruhe (Baden-Württemberg). Fledermäuse habe ich bis dato noch nie gesehen bzw registriert. Derzeit müssten diese doch auch einen Winterschlaf abhalten oder?

Ps. Ich hatte 3 Tollwutimpfungen im Jahr 2016 und eine Auffrischungsimpfung im letzten Jahr (März).

Dennoch mache ich mich gerade total verrückt.

Was denken Sie?

Beste Grüße,

Marcel

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Experte-Leidel
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11.02.2019, 22:59 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Marcelito,

die Wahrscheinlichkeit, dass sie vor acht tagen einen Risikjokontakt mit einer fledermaus hatten, halte ich außerordentlich gering:

1. Fledermaus-Tollwut kommt in Süddeutschland sehr selten vor. Die meisten Erkrankungen bei Fledermäusen gibt es in der norddeutschen Tiefebene.

2. Tatsächlich befinden sich die meisten Fledermäuse zur Zeit noch in ihrer Winterruhe. Es ist auch ungewöhnlich, dass eine (kranke) Fledermaus mitten in der Stadt nachts in ein Zimmer fliegt, einen Schlafenden beißt und sich wieder verzieht. Fledermäuse beißen, wenn sie sich angegriffen fühlen.

3. Ein typischer Fledermausbiss besteht aus zwei kleinen roten Punkten im Abstand von etwa 4 Millimetern. Leider konnte ich die von Ihnen  geschickten Fotos nicht öffnen, weil ich mich zuerst noch mit Dropbox befassen muss, habe bislang damit keine Erfahrung. Juckreiz ist übrigens eher nicht typisch.

4. Sie können im Grunde wegen Ihrer Impfungen von einem guten Schutz ausgehen. Dennoch wird zur Sicherheit empfohlen, sich auch nach einer vollständigen Impfung wie bei Ihnen im Fall eines konkreten Verdachts auf Fledermausbiss (z. B. kranke Fledermaus flattert hilflos am Boden, Sie wollen ihr helfen und sie beißt zu) noch zwei Impfungen im Abstand von 3 Tagen geben zu lassen. Allerdings halte ich das in Ihrem Fall eigentlich nicht für erforderlich. Aber wenn Sie sich unsicher fühlen, sollten sie sich evtl. die beiden Spritzen geben lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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12.02.2019, 01:07 Uhr
Kommentar

Hallo Herr Dr. Leidel,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Mein logischer Verstand sagt mir selbst dass das Fledermausszenario eigentlich weit hergeholt ist, zumal ich selbst in meinen 5 Jahren in denen ich hier lebe eine Fledermaus zu Gesicht bekommen habe. 

Muss zugeben das ich schon immer Angst vor Krankheiten und besonders vor einer Tollwutinfektion hatte. Da steigert man sich selbst sehr schnell irgendwo herein und hält auch daran total überzeugend fest. 

Anbei habe ich ein Foto in diesen Link gepackt:

https://ibb.co/Gcnk7LW

Bemerkt habe ich eher eine Rötung...welche starken Juckreiz ausgelöst hat...ich habe dann wie wild gekratzt (insofern kann ich mir die Aufschürfung auch selbst zugefügt haben - weiss es aber nicht mehr).

Ist es eigentlich korrekt das eine Fledermauskontakt auch gefährlich sein kann wenn man von dieser gekratzt wird? Ich frage mich immer ob eine Übertragung nur wirklich dann stattfinden kann wenn man irgendwo auch eine blutige Wunde hat bzw ein blutigen Kratzer. 

Gilt es eigentlich auch als bewiesen, dass bereits geimpfte Personen dennoch Tollwut bekommen können (zb Biss im Niemandsland in Indien etc.), auch wenn sie keine 2 Nachimpfungen erhalten haben?

Beste Grüße,

Marcel

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12.02.2019, 01:08 Uhr
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*Keine Fledermaus sollte es natürlichn heissen

Experte-Leidel
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12.02.2019, 16:00 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Marcelito,

dieses Foto habe ich öffnen können. Es führt leider auch nicht zu einer wirklich eindeutigen Entscheidung. Ein Fledermausbiss kann ähnlich aussehen. Aber der Befund kann natürlich auch eine andere Ursache haben, z. B. Ihr juckreizbedingtes Kratzen.

Die typische Übertragung durch Fledermäuse erfolgt durch einen Biss. Aber auch bei einer Kratzverletzung kann eine Infektion nicht ausgeschlossen werden. Die Viren befinden sich im Speichel des Tieres.

Soweit ich weiß, hat es in den letzten 50 Jahren in Deutschland keinen Erkrankungs- bzw. Todesfall durch Fledermaus-Tollwut gegeben. Ein recht typischer Fall ereignete sich 2010 in der Eifel. Eine Frau fand eine lebende, aber flugunfähige Fledermaus am Boden und wollte ihr helfen. Dabei wurde sie gebissen. Tatsächlich starb das Tier an seiner Tollwutinfektion. Die Frau bekam eine PEP und erkrankte daher nicht.

Der Schutz, den eine vorbeugende Impfung bietet, lässt im Laufe der Zeit nach. Wann das kritisch wird, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Allerdings kann der Schutz durch Verabreichung zweier Impfungen nach einem Kontakt wieder rasch aufgefrischt werden.

Das Problem in Ihrem Fall ist, dass es nach meiner Ansicht unwahrscheinlich ist, dass Sie tatsächlich von einer Fledermaus gebissen wurden. Es ist weiter unwahrscheinlich, dass eine etwaige Fledermaus tatsächlich erkrankt war und Sie infiziert haben könnte. Es ist weiter unwahrscheinlich, dass bei Ihnen kein ausreichender Schutz mehr vorhanden ist. Aber unwahrscheinlich ist etwas anderes als Sicherheit. Ich möchte jedenfalls nicht die alleinige Verantwortung für Ihre Entscheidung übernehmen. Daher wäre mir wohler, wenn Sie z. B. Ihren Hausarzt ebenfalls fragen würden. Oder - Sie lassen sich noch zwei Spritzen geben im Abstand von drei Tagen (was wahrscheinlich unnötig wäre, aber sicher)

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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12.02.2019, 16:29 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr, Leidel,

leider muss ich es wohl darauf ankommen lassen weil ich für eine Nachimpfung keine Zeit mehr haben würde. Ich fliege morgen früh für drei Wochen nach Mexiko...somit könnte ich das mit den zwei Impfungen nicht mal mehr einhalten. 

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus das hier nichts in Punkto Fledermaus passiert ist, zumal ich in meinen ganzen 5 Jahren seit ich in der Innenstadt lebe noch nie sowas wie eine Fledermaus hier gesehen habe. 

Ich habe letztlich das Ganze auch nur bemerkt weil es so sehr gejuckt hat. Ich gehe jetzt mal nicht davon aus das dein Fledermausbiss oder ein Fledermauskratzer nach einem gerade zuvor gewesenen Kontakt Juckreiz auslöst. 

Desweiteren habe ich auch keine Fledermaus bei mir im Zimmer auffinden können und denke mal ich wäre von einem Kontakt mit einer Fledermaus wach geworden. 

Ich muss nur irgendwie versuchen das ich mich nicht weiter verrückt mache und das Ganze irgendwie aus meinem Kopf heraus bekomme.

Beste Grüße,

Marcel

Experte-Leidel
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12.02.2019, 16:41 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Hallo nochmal,

ich wünsche Ihnen eine gute Reise. Und denken Sie daran: nach einem Biss durch ein verdächtiges Tier (vor allem Hund) zwei Spritzen im Abstand von drei Tagen.

Mir tut es leid, dass ich möglicherweise Ihre Unsicherheit eher verstärkt habe. Aber  es gab so viel "sehr unwahrscheinlich" und zu wenig "ausgeschlossen".

Ich finde es nett, dass Sie sich verabschiedet haben. 

Also nochmal: Einen schönen und unbeschwerten Aufenthalt in Mexiko.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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12.02.2019, 16:42 Uhr
Antwort

https://ibb.co/2KqhR4N

so schaut es jetzt aus...ich wage mich zu erinnern das ich durch den Juckreis selbst die längliche Wunde erkratzt hab....der Punkt war schon da. 

Experte-Leidel
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12.02.2019, 16:45 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Auf diesem Foto sieht es nicht nach Fledermaus-Biss aus.

Alles Gute!

Dr. Leidel

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14.02.2019, 04:07 Uhr
Antwort

vielen Dank. Ich bin jetzt in Mexiko aber komme irgendwie nicht zur Ruhe da sich meine Gedanken non stop um die Tollwut drehen. Ich versuche die ganze Zeit ein Grund dafür zu finden warum mein Fuss beim Aufwachen so gejuckt hat und ich lande immer wieder bei dem nächtlichen Fledermausbesuch in meinem Zimmer.

Zeitgleich widerlege ich dies jedoch wieder, indem ich mir sage wie unwahrscheinlich ein Fledermauskontakt  war. Sprich Winterschlaf der Fledermäuse, keine Fledermaus gefunden, Fenster war gekippt u Rolladen weit unten usw.

Meine Mitbewohnerin hat zwar im Sommer hin u wieder welche im Hinterhof gesehen...aber wir hatten noch nie eine in der Wohnung. Um diese Jahreszeit hat sie jedoch noch nie eine wahrgenommen. Den einen länglichen Strich hatte ich mir selbst erkratzt weil es so gejuckt hatte. Gebluten hat es nie am Fuss...es war eher gerötet.

Durch weitere Recherchen habe ich gelesen das in den USA schon einige Menschen mit TW infiziert worden sind, welche weder eine Fledermaus noch eine Wunde feststellen konnten. Ich frag mich ob das wirklich so ist, weil dann hat man ja garkeine Chance mehr. Ich war immer der Meinung es wird zumindest ein blutiger Kratzer benötigt um ausreichend Viren in den Körper zu bekommen.

Mein letzter Test über die Wirksamkeit meiner ersten TW Impfung im Jahr 2016 war im vergangenen Jahr (März 2018). Da war der Tether Wert noch ausreichend. Dennoch habe ich eine Auffrischimpfung erhalten. Mittlerweile habe ich schon Gedanken wie lange meine Inkubationszeit beträgt (weil Fuß und Schutzimpfung) und ob es mir noch ausreicht nach den 3 Wochen Urlaub 2 weitere Impfungen zu machen.

Allerdings befürchte ich das mich hier kaum ein Arzt ernst nehmen würde da ich keinerlei Beweis habe das jemals eine Fledermaus in meinem Zimmer gewesen ist. Rein Logisch kann ich mir natürlich nicht vorstellen das sich eine tollwütige Fledermaus in mein Zimmer verirrt...ich in dem moment mit dem Fuß aufgedeckt daliege u diese mich daraufhin beisst oder kratzt und davonfliegt. Dann denke ich mir wieder das wenn um die Jahreszeit eine Fledermaus aktiv ist, dann nur weil diese eben Tollwut hat und sich somit leichter in mein Zimmer verirren könnte.

Momentan verspüre ich wieder einen Juckreiz. Vllt aber ausgelöst durch die nervliche Anspannung. Hm...

Experte-Leidel
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14.02.2019, 17:32 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Marcelito,

ich kann Ihnen da leider auch nicht wirklich helfen. Und Ihre Recherchen machen die Angelegenheit für Sie auch nicht besser. Die Fälle aus den USA ohne bekannten Fledermauskontakt kenne ich nicht.

Ich habe ja versucht, Ihnen die verschiedenen Aspekte darzustellen. Es ist nach wie vor äußerst unwahrscheinlich, dass Sie tatsächlich durch den Kratzer einer Fledermaus infiziert wurden und sehr wahrscheinlich, dass Sie ohnehin noch einen guten Schutz haben. Aber absolute Sicherheit kann ich Ihnen natürlich nicht geben.

Also: Entweder lassen Sie sich noch zwei Spritzen geben (das sollte dann aber rasch geschehen) oder Sie lassen es bleiben (was ich tun würde). Dann sollten sie aber auch versuchen, einen Schlusstrich zu ziehen und nicht ständig weiter zu grübeln und zu recherchieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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17.02.2019, 16:33 Uhr
Kommentar

Hallo Herr Dr. Leidel,

da der Juckreiz wieder intensiver ist und jedoch immer fast nur morgens nach dem Aufstehen habe ich jetzt bemerkt das es sich um einen knochenhart und hautfarbenen Hubbel/Knoten handelt der stetig juckreiz auslöst und ich mir somit wieder 2 Wunden erkratzt habe.

Es sieht aus wie ein Überbein, jedoch das diese eigentlich keinerlei Juckreiz auslösen. Da selbst das RKI Juckreiz an der Kontaktstelle mit zb einer Fledermaus erwähnt, hab ich mich die Tage umso verrückter gemacht.

Nur gehe ich davon aus das bei einem Biss/Kratzer welcher vllt sogar schwer zu identifizieren ist, die Stelle nicht sofort nur juckt und dies dann ohne weitere Symptome am 7. und 10. Tag erneut.

Was auch immer diesen Juckreiz ausgelöst hat und immer noch tut, ich gehe jetzt zumindest davon aus das es keine Fledernaus gewesen ist. 

Ich danke Ihnen herzlichst für ihre Bemühungen und das sie so auf den einzelnen hier eingehen.

Beste Grüsse, Marcel

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