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Tollwut in Polen

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

07.10.2022 | 21:32 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

 

wir fahren dieses Jahr zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder zu Verwandten ins östliche Polen. Das Auswärtige Amt warnte Anfang das Jahres explizit vor vermehrt auftretenden Tollwut-Fällen in Polen.

Nun mache ich mir ein wenig Sorgen wegen der Tollwut. Ich habe eine kleine Tochter und sie spielt gerne im Freien, am liebsten im Wald hinter unserem Haus. Mir ist bekannt, dass Tollwut durch Bisse und Kratzwunden oder durch Kontakt von Wunden und Abschürfungen mit Speichel übertragen wird.

 

1. Ich frage mich aber, wie direkt muss der Kontakt mit Speichel sein?

 

2. Ist es möglich, dass ein Ast auf dem Waldboden mit infektiösen Speichel benetzt ist und man sich beim aufheben des Astes und einem Kratzer am Finger mit Tollwut infizieren kann?

 

3. Ist es möglich, dass man sich infizieren kann, wenn man im Wald in Speichel fällt und sich anschließend mit zerkratzten Händen den Dreck wegwischt?

 

4. Ist eine der oben beschriebenen Infektionswege auch in Deutschland durch Fledermäuse möglich?

(Wir haben in unserem Dorf eine kleine Mausohren-Kolonie im Kirchturm und diese Fledermäuse jagen vorzugsweise auf dem Boden. Es kann also Speichel auf den Waldboden kommen und wir gehen früh morgens mit unserem Hund Gassi. Der Speichel ist dann wohl relativ frisch.)

 

Vielleicht bin ich etwas zu ängstlich und mache mir zu viele Sorgen, weil es mein erstes Kind ist. Auch die Pandemie hat wohl ihre Spuren hinterlassen!

 

Vielen Dank für Ihre Mühe!

Mit freundlichen Grüßen

Katha

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Experte-Leidel
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08.10.2022, 14:00 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Katha Kowal,

ganz so einfach ist das mit der Tollwut nicht. Es muss schon ein direkter Kontakt zu einem tollwutkranken Tier vorhanden sein. Man unterscheidet drei verschieden gefährliche Kontakte mit einem tollwütigen Tier:

  1. Berühren/Füttern von Tieren, Belecken der intakten Haut: Kein Risiko einer Infektion.
  2. Nicht blutende, oberflächliche Kratzer oder hautabschürfungen, Lecken oder Knabbern an der nicht intakten Haut: Sicherheitshalber Impfung gegen Tollwut.
  3. Bissverletzungen oder Kratzwunden, Kontakt von Schleimhäuten oder Wunden mit Speichel: auf jeden Fall Tollwutimpfung.

Der Speichel ist nur gefährlich, wenn er von einem tollwutkranken Tier stammt.

Wenn irgendwo im Wald etwas ist, was wie Speichel aussieht, weiß man ja nicht, ob es wirklich Speichel ist und ob er von einem kranken Tier stammt.

Käme für Sie und ihre Tochter eventuell eine vorbeugende Impfung in Frage? 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

 

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08.10.2022, 15:30 Uhr
Kommentar

Vielen lieben Dank für die schnelle Antwort.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, besteht die Gefahr einer Tollwutinfektion nur bei direktem und unmittelbarem Kontakt mit dem Tier bzw. dessen Speichel. Das tollwütige Tier muss bei einem Kontakt immer anwesend sein. Also ist die Übertragung über Gegenstände, Kleidung oder auch auf dem Boden liegende Äste und Steine ausgeschlossen, weil es sich dabei, um einen indirekten Kontakt handelt.

Damit ist auch meine größte Angst obsolet und absurd, da der evtl. Kontakt noch indirekter ist:

Auf dem Boden liegender Ast mit Speichel, Ast mit Speichel schlägt an das Hosenbein, Speichel überträgt sich auf die Kleidung, unmittelbar oder kurze Zeit später berühre ich die Stelle mit meinen Händen, die kleine Kratzer haben und infiziere mich.

Sie haben mir sehr geholfen und ich bin auch beruhigt.

Eine vorbeugende Impfung für eine Woche Aufenthalt in Polen  scheint mir in Anbetracht ihrer Antwort nicht nötig. Aber wenn wir nächstes Jahr mehrere Wochen in Polen sind und auch Wandern gehen und in der freien Natur übernachten, ist die Impfung sicherlich sinnvoll.

Ich wünsche ein erholsames Wochenende.

Mit freundlichen Grüßen

Katha

Experte-Leidel
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08.10.2022, 17:33 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Katha Kowal,

ja, Sie haben mich richtig verstanden.

Natürlich gibt es immer mal außerordentlich seltene Fälle. Als Beispiel soll die Geschichte einer jungen Frau dienen. Sie hatte sich in Indien mit Tollwut infiziert und ist dort auch daran gestorben. 

Ihr toter Körper ist in ihr Heimatland überführt worden. Und weil niemand etwas von der Erkrankung wusste, wurden ihre Organe transplantiert. Sechs Menschen erhielten Organe der jungen Frau. Fünf sind an Tollwut verstorben, einer war früher geimpft und hat überlebt.

Und jetzt denken wir wieder an erfreulichere Dinge wie z. B. einen schönen Aufenthalt in Polen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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