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Tollwut (Kratzer durch Hund)

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

12.06.2022 | 15:54 Uhr

Guten Tag,

ich war vor zwei Tagen am Freitag mit meinem Vater spazieren und bin dabei zwei Ukrainerinnen begegnet, die zwei französische Bulldoggen dabei hatten. Die beiden Hunde waren verspielt, sind an meinem Vater hochgesprungen und er hat sie auch gestreichelt.
Ich streichle generell keine fremden Hunde und bin weitergegangen und wollte abseits auf meinen Vater warten.
Leider haben beide Frauen die Hunde nicht bei sich an der kurzen Leine behalten und sie sind mir nachgelaufen. Einer der beiden ist an mir hochgesprungen und hat mich durch meine Baumwollleggings gekratzt.
Die Stelle war gerötet und die Haut leicht abgeschürft. Seit Samstagabend ist davon nicht mehr wirklich was zu sehen, die Haut wirkt wieder so gut wie intakt. Die Stelle hatte ich abgewaschen und desinfiziert. 
Das Thema Tollwut macht mir schon eine Weile Angst und ich bin auch ängstlich veranlagt. Bisher hatte ich eine solche Situation aber noch nie. Wahrscheinlich würden sich die meisten wegen des Kratzers nicht mal Gedanken dazu machen ... Es lässt mir aber leider keine Ruhe.
Die Einreisebedingungen für Tiere von Geflüchteten aus der Ukraine wurden ja gelockert und die Tiere müssen bei Einreise nicht gegen Tollwut geimpft sein und in der Ukraine ist Tollwut nicht ausgerottet. Das bereitet mir Sorgen. Denken Sie, dass ein Risiko besteht oder dass ich mir viel zu viele Gedanken mache?

Für eine Antwort wäre ich dankbar. 

Liebe Grüße
Yani

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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12.06.2022, 17:32 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

es ist richtig, dass in der Ukraine die Tollwut noch nicht gänzlich ausgerottet wurde. Es gibt noch vereinzelt Fuchstollwut. Das Risiko einer Begegnung mit einem nicht geimpften und infizierten Hund aus der Ukraine wird allerdings vom Referenzlabor  des Friedrich-Loeffler-Instituts als sehr gering (1 :  300.000) eingeschätzt und übnlicherweise sind die ukrainischen Hunde geimpft. 

Es wäre natürlich am besten, wenn Sie die Ukrainerinnen nochmals auf die Frage der Impfung ansprechen könnten. Zumal es ja auch für die beiden Ukrainerinnen und die übrige Bevölkerung wichtig wäre. 

Bei dem Kratzer, den Sie schildern, ist  das Infektionsrisiko sicher gering, aber eben nicht völlig ausgeschlossen.

Ich würde in dieser Situation mich wohl nicht impfen lassen. Aber wenn Ihnen das Risiko persönlich doch zu hoch erscheint, wäre es auch verständlich, wenn Sie sich eine Postexpositionsprophylaxe geben lassen würde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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12.06.2022, 18:14 Uhr
Kommentar

Lieber Herr Dr. Leidel,

 

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. 

Die beiden Halterinnen ausfindig zu machen, wird sicherlich schwer. :(

Wenn ich mich morgen bei meinem Hausarzt nochmal beraten lasse, ist es nicht zu spät für eine eventuelle Impfung, richtig?

Wird diese i. d. R. gut vertragen? Ich bin tatsächlich nicht so begeistert davon, aber von der Situation am Freitag immer noch total verunsichert ... 

Herzliche Grüße 

Yani

Experte-Leidel
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12.06.2022, 18:35 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Hallo Yani,

nein, morgen wäre nicht zu spät. Vielleicht zeigen Sie Ihrem Hausarzt meine Antwort auf Ihre Frage.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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12.06.2022, 18:37 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Leidel, 

 

das werde ich machen. Vielen Dank für Ihre Antwort! 

 

Liebe Grüße 

Yani

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13.06.2022, 19:05 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Leidel, 

 

ein kleines Update, wie schrecklich es heute bei den Ärzten gelaufen ist.

Meine Hausärztin ist im Urlaub, die Sprechstundenhilfe des Vertretungsarztes hat mir gesagt, dass ich mich an einen Tierarzt wenden soll ...

Die Sprechstundenhilfe des anderen Vertretungsarztes hat mir einen Termin gegeben, der Arzt wollte keine Entscheidung treffen und mich in die Infektiologie der Uniklinik schicken. Diese hatte nicht mehr auf. Also sollte ich in die Notaufnahme.

Dort hat man mir erklärt, dass ja nichts mehr zu sehen ist von dem roten Striemen und den Pünktchen, die wahrscheinlich die spitze Wolfskralle hinterlassen hat. Wenn da etwas wäre in Richtung Tollwut müsste der Bereich rot und entzündet sein, sagte mir ein junger Allgemeinmediziner. Und wenn er eine Behandlung einleiten würde, müsste die Stelle, wo der Kratzer war, aufgeschnitten werden und das Gewebe entfernt werden, die Stelle geimpft werden und dann noch weitere Impfungen erfolgen. Da da eh nichts sei, soll ich gehen. Dass man um eine Bissverletzung Immunglobuline gibt, ist mir bewusst. Was in meinem Fall ja gar nicht nötig wäre. Für mich klang das, als wolle er mir Angst machen, damit ich schnell wieder aus der Notaufnahme draußen bin. Kompetent erschien mir das nicht und ich war erschrocken darüber, wie sehr man belächelt wird und nicht mal die Situation richtig erklären durfte, weil man nicht zu Wort kam. (Das deckt sich mit der Erfahrung, als sie meinen Vater vor drei Jahren erst auf Drängen und der Weigerung, zu gehen, näher untersucht haben, weil wir einen Schlaganfall vermuteten, der dann tatsächlich auch einer war.) 

 

So viel zu meiner Ärzteodyssee und dass ich quasi so schlau bin wie davor und durch die Ärzte eher noch mehr verunsichert bin. Mehr als es aussitzen kann ich dann wohl nicht machen. 

Ihnen möchte ich für Ihre kompetente Antwort an dieser Stelle aber nochmals danken. 

 

Herzliche Grüße 

Yani

 

 

Experte-Leidel
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13.06.2022, 20:07 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Sie Ärmste,

tatsächlich war ja die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Infektion ohnehin außerordentlich gering, weshalb ich auch sagte, dass ich mich nicht impfen lassen würde. Aber es bleibt immer so ein klitzekleines Risiko übrig, weshalb ich Ihnen sagte, dass Sie sich - wenn Ihnen das Risiko zu hoch ist - sicherheitshalber noch eine PEP geben lassen. Die PEP schadet ja niemandem. Aber diese Aussagen, man müsse das Gewebe ausschneiden usw. sind natürlich wnig hilfreich.

Ich hatte gehofft, dass ein guter Hausarzt alter Schule Sie entweder erfolgreich beruhigt oder aber einfach eine PEP durchführen würde. Das hätte Ihnen nicht geschadet, Sie aber zusätzlich beruhigt.

Dass es wahrscheinlich unmöglich gewesen wäre, die beiden Ukrainerinnen ausfindig zu machen, ist mir klar, aber vielleicht hätte ja irgendeine Möglichkeit bestanden. 

Und falls Sie in den nächsten Tagen in der Zeitung lesen sollten, dass eine tollwütige französische Bulldogge getötet werden musste, ist es immer noch Zeit für die PEP. Wenn das Tier in 10 Tagen noch lebt, brauchen Sie sich keine Sorgen mehr zu machen. Aber das brauchen Sie meiner Meinung nach ohnehin nicht.

Alles Gute und

mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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15.06.2022, 19:28 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Leidel, 

ich konnte gestern noch telefonisch mit einem Arzt der Infektiologie der Uniklinik sprechen. Alles, was ich ja am Montag wollte, war eine zweite Einschätzung und ich bin immer noch schockiert über den Umgang damit. Der Arzt der Infektiologie war sehr nett, hat sich die Situation schildern lassen, hat Rückfragen gestellt und kam, wie ja eigentlich zu erwarten, auch zu Ihrer Einschätzung, dass das Risiko gering ist und ich nicht besorgt sein solle. 

Es geht einem nicht einfach aus dem Kopf, das Angsthirn leistet dabei wirklich ganze Arbeit, aber ich denke auch, sollte es einer der unwahrscheinlichen Fälle sein, würde man es wohl hier mitbekommen. Und vielleicht sehe ich die beiden Damen ja auch nochmal auf einem Spaziergang. Das wäre natürlich das Beruhigendste. :) 

Ich hatte über den Tierarzt der Gemeinde und über das Ordnungamt versucht, etwas herauszufinden, es aber schnell wieder aufgegeben. Der Datenschutz macht es ohne Anzeige bei der Polizei unmöglich. Vielleicht ist das ja eine nützliche Info für Mitlesende. 

Ich hoffe wirklich, das anderen verunsicherten Menschen in so einer Situation anders geholfen wird (Ihre kompetente Antwort natürlich ausgenommen - ich finde es fantastisch, dass Sie hier mit Rat zur Seite stehen). Aussagen, dass die Impfung nur am Tag der Verletzung helfe, dass Kratzer kein Risiko darstellen und die bereits beschriebenen Aussagen in meinem vorherigen Beitrag halte ich für sehr problematisch, immerhin sind es z. T. Falschinformationen und sollten nicht von Ärzt*innen verbreitet werden. Und leider wurde ich am Montag auch sehr belächelt, als ich von unserer Unterhaltung und den Informationen, die ich von Ihnen erhalten habe, erzählt habe. 

So, nun wünsche ich Ihnen einen schönen Abend und bedanke mich noch einmal herzlich für Ihre Auskunft und Ihre Zeit. 

Herzliche Grüße 

Yani

 

Experte-Leidel
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16.06.2022, 11:07 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Yani,

Es tut mir leid, dass Sie diese Erfahrungen von Inkompetenz und Gleichgültigkeit haben machen müssen.

Ich hatte, als ich sicherheitshalber eine Zweitmeinung empfahl, an einen empathischen und kompetenten Hausarzt gedacht und nicht geahnt, was Sie vor sich hatten.

Ich stelle mir gerade vor, ein Undercover-Journalist hätte Ihre Erfahrungen gemacht und würde einen entsprechenden Artikel schreiben.

Aber das Wichtigste: Die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich eine gefährliche Situation war, ist ganz außerordentlich gering. Und ein bischen ärgere ich mich doch auch über mich, dass ich nicht einfach geschrieben habe: Kein Risiko, nichts tun. Aber das ist natürlich aus der Ferne auch nicht ganz einfach.

Mit freundlichen Grüßen 

Dr. Jan Leidel

 

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