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Schweiz Fledermaus Tollwut

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

13.08.2019 | 15:51 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

 ich habe eine Sorge bezüglich Tollwutinfektion. Sie werden merken, dass ich bezüglich dieses Themas etwas empfindlich bin, aber ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die folgende Situation beurteilen könnten.

Ich war vor drei Wochen in der Schweiz und habe auf dem Dachboden in einem Bettenlager einer Berghütte auf 2690 Metern bei offenem Fenster übernachtet. Am nächsten Morgen hatte ich plötzlich einen merkwürdigen Kratzer am Unterarm: In einer linie abwechselnd kleine nicht tiefe  "Einstichslöcher" und kleine rote striche als verbindung zwischen diesen. Mein Freund meint, das könnte ein Dorn an einem Strauch gewesen sein, aber ich kan mich an keinen Dornenstrauch erinnern und der Kratzer war morgens plötzlich da (bzw da habe ich ihn entdeckt). Nun habe ich die Sorge, dass Nachts eine Fledermaus in das Zimmer geflogen sein könnte und mich gekratzt haben könnte... Es waren zwar noch andere Leute im Zimmer (halt ein Bettenlager)  die lagen aber relativ weit von mir und meinem Freund weg und es gab viele dunkle Ecken, in denen sich eine Fledermaus hätte verstecken können... .

Der Kratzer ist dann relativ schnell verheilt und hat sich nicht entzündet aber wir sind wir den ganzen darauffolgenden Tag im Tshirt durch die pralle Sonne gewandern - vielleicht hat das eine Entzündung des Kratzers verhindert (Ein tierbiss/kratzer würde sich doch eigentlich enttünden?

Eine Woche nach dem Vorfall konnte man von dem Kratzer zumindest nicht mehr viel erkennen, nur blass, so dass mein Hausarzt mich nicht impfen wollte , er meinte auch es wäre sehr unwahrscheinlich dass das eine Fledermaus gewesen ist... . dann habe ich ihn ca 1 1/2  wochen nach der Entdeckung des Kratzers erneut konsultiert und dann hat er mir vorgeschlagen, so zu tun als wäre tatsächlich so gewesen und hat mir eine Impfung verschrieben, von der ich die erste noch am selben Tag bekommen habe. Die zweite bekam ich eine Woche später, also letzten Freitag, Und die nächste soll ich nächsten Montag bekommen.

Dadurch war ich erstmal beruhigt, aber dann habe ich gelesen, dass eine Postexpositionelle Impfung eigentlich 5 Impfungen vorsieht, dass mich diese Impfungen also gar nicht schützen, den Kratzer betreffend...

Es fällt mir gerade schwer, mich mit der Unwahrscheinlichkeit des Ereignisses zu beruhigen, da ich zudem gerade leicht erhöhte Temperatur habe (37,6) und nicht genau weiß woher diese stammt...

Was meinen Sie dazu? Wissen Sie zufällig, ob es auf 2690 Meter überhaupt Feldermäuse gibt?

Könnten Sie mir vielleicht Ihre Einschätzung der Situation geben? Ich wäre mehr als Dankbar!!!

Viele Grüße

Miri

 

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13.08.2019, 16:17 Uhr
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Der Kratzer war längs der Elle also aussen am Unterarm - kann eine Fledermaus überhaupt so kratzen?

Experte-Leidel
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13.08.2019, 17:52 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Miri,

haben Sie in der Nähe der Berghütte überhaupt Fledermäuse gesehen? In einer Höhe von 2.700 m kann es zwar noch Fledermäuse geben (Hypsugo savii, die Alpenfledermaus). Aber diese Glattnasenfledermaus kommt nicht überall vor. Und ich weiß nicht, welche Rolle sie bei der Übertragung der Infektion überhaupt spielt.

Es ist eigentlich sehr unwahrscheinlich, dass eines dieser scheuen Tiere in einen Raum mit mehreren Menschen fliegt. Und diese tTere beißen oder kratzen nicht einfach so, sondern versuchen, schnell wieder fort zu kommen. Aber letztlich weiß ich natürlich auch nicht, was diesen Kratzer verursacht hat. Und ich kann auch Ihre Frage, ob Fledermäuse in dieser Weise kratzen können, nicht beantworten.

Dass der Kratzer rasch verheilte, ohne sich zu entzünden, ist ja eigentlich schön, sagt aber nichts Zuverlässiges über seine Entstehung aus.

Ich halte es also aus mehreren Gründen für sehr, sehr unwahrscheinlich, dass es sich wirklich um eine Kratzwunde durch eine Fledermaus gehandelt haben könnte. Und ich wäre an Ihrer Stelle wahrscheinlich erst gar nicht auf die Idee mit der Fledermaus gekommen. TW-Infektionen eines Menschen durch Fledermäuse sind sehr, sehr selten. In Deutschland ist seit über 50 Jahren kein einziger Fall bekannt geworden und in ganz Europa war der letzte Fall meines Wissens 2002 in Schottland.

Es ist richtig, dass Ihr Hausarzt keine postexpositionelle Prophylaxe (PEP) durchgeführt hat, sondern eine vorbeugende Impfung. Die PEP besteht aus 5 Impfungen an den Tagen 0 - 3 - 7 - 14 und 28, wobei die letzte Impfung heute oft gar nicht mehr durchgeführt wird. Zur PEP hätte eigentlich auch noch die Gabe eines Antiserums gehört. Wahrscheinlich hat auch Ihr Hausarzt eine Infektion für völlig unwahrscheinlich gehalten.

Warum Sie jetzt etwas Temperatur haben, weiß ich aus der Ferne natürlich auch nicht. Aber ein Hinweis auf eine entsprechende infektion ist das nicht.

Und ich möchte nochmal betonen, dass ich es für sehr, sehr unwahrscheinlich halte, dass Sie wirklich von einer Fledermaus gekratzt wurden. Nichts spricht dafür.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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14.08.2019, 08:52 Uhr
Kommentar

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel, vielen Dank für Ihre Antwort!

Nein Fledermäuse gesehen habe ich dort nicht, ich habe aber auch nicht nach ihnen ausschau gehalten, ich war ab der Dämmerung drinnen. Ich komme auf Fledermaus, weil ich im Vorfeld schon etwas Angst vor Ihnen hatte...

Mein Hausarzt hat auf Nachfrage gesagt, dass er mir die 3 Impfungen verschrieben hat, weil ich kein Tier gesehen habe und es auch nur ein oberflächlicher Kratzer war.

Der kratzer war so oberflächlich aber auch wieder nicht, die striche haben eine dünne Kruste bekommen und die Punkte waren weißlich - ist das normal bei Kratzern, wie sie zb von Dornen stammen könnten?

Und ich habe keine Fledermaus gesehen, aber ich habe ja auch geschlafen - oder würde man bei einem Kratzer in der Nacht aufwachen?

Der Hausarzt meinte auch, dass die drei Impfungen trotzdem schützen können, weil sich die Antikörper durch die Impfung meist schneller bilden, als der Virus sich ausbreitet - stimmt das?

Wie lange ist denn im Durchschnitt die Inkubationszeit, also wann könnte ich beruhigt sein, wenn bis dahin keine Erkrankung aufgetreten ist? Oder kann man irgendwie abklären, ob eine Infektion vorliegt , damit ich die nächsten Wochen keine Angst haben muss?

Vielen Dank nochmal im Voraus

Mit freundlichen Grüßen

Miri

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14.08.2019, 09:28 Uhr
Antwort

Mein Hausarzt hatte, bevor er mir die Impfung verschrieben hat, Blut abgenommen um eine Serologie zu machen (wenn das so geschrieben wird) . Das war ca eine woche nachdem ich den Kratzer entdeckt hatte. Ein paar Tage später war ich dann nochmal da und dann habe ich die Impfung bekommen. Ich habe nachgefragt und bei der Serologie wurden keine Antikörper gefunden - das ist aber kein sicherer HInweis, dass eine Infektion vorliegt oder?

Und jetzt, wo ich geimpft bin, kann man die Serologie nicht wiederholen, da durch die Impfung Antikörper gefunden würden oder?

Hätten Sie wie mein Arzt in meinem Fall auch keine PEP durchgeführt bzw würden Sie die jetzt auch nicht mehr machen?

 

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14.08.2019, 09:30 Uhr
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 Entschuldigen Sie : Ich meinte `kein sicherer Hinweis, dass keine Infektion vorliegt`

Experte-Leidel
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14.08.2019, 09:40 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Miri,

je länger ich über die Situation nachdenke, desto unwahrscheinlicher scheint mir die Fledermaustheorie. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass in dieser Höhe eine Fledermaus in eine Almhütte fliegt, ausgerechnet Sie herauspickt und grundlos kratzt. Hinzu kommt, dass die aller- allermeisten Fledermäuse ja nicht infiziert sind. Außerdem wären Sie mit höchster Wahrscheinlichkeit aufgewacht.

Die Inkubationszeit der TW beträgt im Allgemeinen 3 bis 8 Wochen, selten wesentlich kürzer und gelegentlich wesentlich länger. Eine sichere Labordiagnose gibt es nach Aussage des Robert-Koch-Instituts in Berlin bei Lebzeiten nicht. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

Experte-Leidel
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14.08.2019, 09:47 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Hallo nochmal,

die Antikörperbestimmung besagt nur, dass Sie über keinen immunschutz verfügten.

Ich hätte bei mir selbst keine PEP durchgeführt und bei Ihnen diese ebenfalls für unnötig gehalten.

Sagen Sie sich immer: "Da war kein Tier, folglich auch kein Risiko."

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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14.08.2019, 10:25 Uhr
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Vielen Dank Herr Dr Leidel!!! Das beruhigt mich etwas! Eine letzte Sache hatte ich noch vergessen - Eine Woche nach dem Kratzer war ich wieder zuhause und bin seit langen wieder jeden Tag längere Strecken Fahrrad gefahren - und dabei hatte ich leichte Schmerzen im Arm, allerding ein wenig auch im Arm ohne Kratzer - das hat auch meine Angst bestärkt, das da was gewesen sein könnte - aber es könnte natürlich auch von ungewohnten Fahrrad fahren gekommen sein... das verändert Ihre Einschätzung nicht?

Mit freundlichen Grüßen


14.08.2019 15:59 – Beitrag von der Redaktion bearbeitet.

Experte-Leidel
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14.08.2019, 10:53 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Nein, das ändert überhaupt nichts. Die leichten schmerzen im arm hatten sicher nichts mit dem Kratzer und Ihren Sorgen zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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14.08.2019, 11:21 Uhr
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Ok vielen vielen Dank! Eine letze Nachfrage noch : Ich fand die Schmerzen im Arm schon ungewöhnlich, da ich eigentlich ganz fit bin und eigentlich vom Fahrradfahren noch nie Muskelkater oder ähnliches bekommen habe, und dann jetzt ausgerechnet nach diesem Urlaub ... aber Sie meinen trotzdem, dass das wahrscheinlicher ist, das die Schmerzen von einer Belastung durch das Fahrradfahren oder ähnliches kommt?  Ich hatte halt eine 2 Wöchige Fahrrad-Pause in der ich meine Arme eigentlich gar nicht belastet habe- kann danach so was auftreten?

Freundliche Grüße

MIri

 

 

 

Experte-Leidel
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14.08.2019, 12:10 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Miri,

warum die Arme schmerzten, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass dies ganz sicher nichts mit der von Ihnen befürchteten Infektion zu tun hatte.

Ihnen alles Gute

Dr. Jan Leidel

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14.08.2019, 13:08 Uhr
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Vielen Dank Herr Dr Leidel! Nur eins noch: Abends habe ich mein Handy und Portemonnaie unter ein Holzbrett neben dem Bett auf den Boden gelegt - dort war es zu dunkel um drunterzuschauen es war zu nah an der wand. Ich glaube morgends beim herausnehmen des Handys hat mich etwas gekratzt aber ich war noch sehr verschlafen- könnte sich dort nicht vielleicht eine Fledermaus versteckt haben?

Experte-Leidel
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14.08.2019, 13:23 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Ach Miri, jetzt überfordern Sie mich. Ich bleibe dabei, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass eine Fledermaus die Nacht in diesem Raum mit mehreren Menschen verbracht hat. Ob sie sich, wenn sie das aber aus irgendeiner Abartigkeit heraus doch wollte, unter diesem Brettchen versteckt haben könnte, weiß ich nicht. 

Sie sollten das Grübeln beenden und wir sollten diesen Dialog, der Sie sicher immer wieder aufregt,auch besser beenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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14.08.2019, 14:25 Uhr
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Danke, ich verstehe ,dass Sie mir nicht absolute Gewissheit geben können und nicht mehr Beruhigung leisten können, als Sie schon getan haben. Dürfte ich trotzden noch eine allerletzte Frage stellen? Und zwar ob es denn , wenn man wie ich nachträglich dreimal geimpft wurde, dann noch vorkommt, dass es bis zum Ausbruch einer Erkrankung viel länger als 8 Wochen dauert?

Vielen dank nochmal für Ihre ausführlichen Antworten!!!

Freundliche Grüße

Miri

 

Experte-Leidel
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14.08.2019, 21:05 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Miri,

ob sich die Inkubationszeit durch eine vorbeugende Impfung verlängert, weiß niemand. Es ist ja auch verständlicherweise nicht möglich, entsprechende Studien an vielen Freiwilligen durchzuführen.

Ich bin Arzt, der den Menschen, die sich an ihn wenden, helfen möchte. Aber ich bin auch Wissenschaftler. Ich bin wirklich davon überezeugt, dass das Ereignis in der Hütte kein Risiko für Sie bedeutete. Und gerne würde ich Ihnen auch sagen, dass auch eine ganz normale vorbeugende Impfung noch nach einem tatsächlichen Risikokontakt einen guten Schutz bedeutet. Das kann vielleicht auch so sein, ist aber leider nicht zuverlässig.

Alles, was ich zu Ihrer Situation sagen kann, habe ich gesagt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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16.08.2019, 11:58 Uhr
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Ohje, ich hatte gehofft, dass eine vorbeugende Impfung eine längere Inkubationszeit eher verhindern könnte - also dass man nach ca 8 Wochen sicher sein könnte, dass auch nichts mehr kommt, weil dann genügend Antikörper duch die Impfung im Körper vorhanden sind. Wird also eher eine längere Inkubationszeit vermutet (Also gab es Fälle in denen eine Vorbeugende Impfung durchgeführt wurde, und sehr viel später noch tollwut aufgetreten ist)?. Wie lange kann das Virus denn im menschlichen Körper überleben? Und wie lange schützt denn die vorbeugende Impfung? Kann es sein dass die krankheit ausbrechen kann, wenn der Impfschutz nachlässt? Dass ich also immer rechtzeitig den Schutz auffrischen muss?

Ich habe immernoch eine Restsorge, weil ich meine, in der Nacht etwas am Arm gespürt zu haben (einen Schmerz), aber nicht geguckt habe, ob da etwas ist, weil ich keinen aufwecken wollte... (es war auch sehr dunkel)

Wenn Sie ein letztes mal antworten würden, wäre ich sehr dankbar!!!

Freundliche Grüße, Miri

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