Lieber Herr Dr. Leidel!
Ich gehe davon aus, dass Sie meine Fragen auf Grund meiner Blutphobie nicht mit Freude beantworten! Trotzdem bitte ich Sie höflichst um die Einschätzung folgender Situation:
Meine Tochter wünschte sich schon länger Ohrringe. Wir haben uns extra einen Juwelier ausgesucht, der Einmalkartuschen verwendet, damit es zu keinem Infektionsrisiko kommen kann. Leider ist es blöd gelaufen und ein Ohrloch war tiefer als das andere - somit musste meiner Tochter ein weiteres Ohrloch "geschossen" werden.
1) Der Juwelier desinfizierte sich mit einem Tuch die Hände.
2) Er öffnete den schiefen Ohrstecker mit seinen Händen.
3) Dann drückte er meiner Tochter auch ein Desinfektionstuch auf die blutende Wunde, um das Blut wegzuwischen.
4) Danach zeichnete er mit einem Stift einen Punkt auf ihr Ohr (Positionierung)
5) und schoss ein neues Ohrloch weiter unten.
Was mich so störte war, dass er keinen Handschuh trug, als er die blutende Wunde meiner Tochter berührte - aber der Kontakt war sehr kurz, er hat lediglich den Verschluss vom Ohrring geöffnet und den Ohrring entfernt.
Meine Tochter ist gegen Hepatitis B geimpft. Aber bestand in dieser Situation eine Gefahr bzgl. HIV und Hepatitis C? Ich habe eben Bedenken, weil er keine Handschuhe trug, seine Hände "nur" mit einem Tuch desinfizierte und den Stift (den er bei allen Kunden verwendet) wenige mm unter der frischen Wunde verwendete.
Ich hoffe, Sie können mich beruhigen. Meine Tochter freut sich sehr über ihre Ohrringe - und ich würde mich gerne mit ihr freuen...
Infektionsrisiko?
Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage
Antwort von Experte-Leidel
Guten Tag, AB0002,
ixh verstehe, dass Sie gerne eine absolute Sicherheit hätten. Aber diee Sicherheit kann ich ihnen nicht wirklich geben. Allerdings halte ich es für ganz außerordentlich unwahrscheinlich, dass hier eine infektion hätte stattfinden können.
HIV-infizierte Personen sind hier pralktisch alle in ärztlicher Behandlung und haben eine sehr geringe Infektionslast. Und Menschen mit einer infektiösen HepC können ebenfalls auf diese Weise eine infektion kaum übertragen. Wir gehen davon aus, dass z. B. im ärztlichen Bereich, der hier am besten als Beispiel genommen werden kann, eine Infektion mit einer Wahrscheinlichkeit von < 1% hätte stattfinden können.
Wahrscheinlich hatte der Juwelier aber ohnehin kein HIV und keine Infektion mit HCV.
Machen sie sich keine Sorgen und freuen Sie sich an der Freude, die Sie ihrer Tochter geboten haben. Und wenn Sie die Unsicherheit nicht aushalten, sprechen Sie mit dem Haus- oder Kinderarzt/Ärztin über einen Test.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan Leidel
Antwort
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Eigentlich wollte ich versuchen, diese Sache schnellstmöglich zu vergessen - aber jetzt mache ich mir natürlich Gedanken!
Nur zum Verständnis:
ein mögliches Infektionsrisiko würde bestehen, wenn der Juwelier zufällig auch gerade geblutet hätte, und selbst HIV oder Hepatitis C hat, oder? Ich hoffe schon, dass er in diesem Fall die Finger von meiner Tochter gelassen hätte! Oder sehen Sie eher im Stift, mit dem ein Punkt auf das Ohr gemalen wurde, eine mögliche Gefahrenquelle? Oder bestand die Gefahr dahingehend, dass er möglicherweise schon von einem vorigen Kunden Blut unter dem Fingernagel hatte (falls er auch jemand anderen verstochen hat)?
Ich hätte auf das Tragen von Handschuhen bestehen sollen - aber ich habe mich in diesem Moment auf die Tuchdesinfektion seiner Hände sowie die Tuchdesinfektion der offenen Wunde verlassen...
Antwort von Experte-Leidel
Guten Tag AB0002,
ich hoffe, Sie können verstehen, dass ich Ihnen keine Garantie geben kann hinsichtlich einer infektion. Und mich nervt es, dass es dann heißt: kann ich mit 100 % iger Sicherheit davon ausgehen, ....
Nein, das kann ich nicht. Ich kann nur sagen "es ist sehr sehr sehr unwahrscheinlich dass ...
Was ich sagen kann, ist, dass es außerordentlich unwahrscheinlich oist, dass ein bestimmtes Ereignis eitritt. Und mehr Sicherheit kann ich ihnen nicht geben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan Leidel