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Indirekte Übertragung?

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

27.08.2017 | 19:37 Uhr

Guten Tag Herr Dr.,

folgendes ist passiert: vor 2 Wochen war ich in Serbien im urlaub. Ich bin zur Zeit schwanger und letztes Jahr hatte ich  im August eine pep inkl 5 mal rabipur bekommen. (Urlaub im Ausland, Kontakt zu Straßenhunden) 

so wie gesagt war ich vor 2 Wochen in Serbien und dies ist passiert:

ich war mit meiner Nichte außerhalb in so einem Gebirge um uns ein kloster anzuschauen. Als wir runterliefen hielt sie sich am treppengitter kurz fest. Danach fuhren wir in die Stadt zurück. ca 20-30 min später als wir in der Stadt angekommen sind, kratzte sie an melnem Oberarm eine kleine kruste ab und es blutete minimal. Ca 1-2mm. Nehmen wir mal an, (da in Serbien trotz impfköder 3-4 Füchse jährlich an Tollwut  erkranken und es dort an diesem felsen vielleicht auch fledemäuse gibt wie auch in der stadt (hab keine gesehen), wenn an dem treppengitter ein tollwütiges Tier hingespeichelt hat, meine Nichte reingreift und eine halbe Stunde später meine Kruste abkratzt, kann sie mich hier mit Tollwut infizieren???

temperatur betrug die ganze Zeit zwischen 30-40 grad. 

Ich lese in diversen Beiträgen dass eine indirekte Übertragung nicht auszuschließen sei und das macht mir Angst. wie schätzen Sie das ein? Ich möchte ungern schwanger nochmal impfen lassen. 

Bin ich eigentlich auch grundimmunisiert mit pep und 5 mal Rabipur, wie einer der eine normale grundimmunisierung erhalten hat? Bin ich nach genau einem Jahr denn noch geschützt? Oder ist dies durch meine Schwangerschaft geschwächt? 

Warum muss eigentlich nachgeimpft werden wenn man schon geimpft ist???

ich weiß nicht ob meine hormone mit mir durchgehen aber ich mach mir große Sorgen wegen meinem Baby. 

Ich hoffe auf eine Antwort 

danke Lana

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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28.08.2017, 09:35 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Lana,

 ich halte eine Infektion auf diesem indirekten Weg für ausgeschlossen. Außerdem haben Sie durch die Impfungen vor einem Jahr noch einen Schutz. Allerdings sollten Sie sich in einem Jahr noch eine Auffrischung geben lasse, die man - wenn Sie sich trotz allem Sorgen machen - auch trotz der Schwangerschaft jetzt schon vorziehen könnte. 

Nach dieser Auffrischung sollten Sie sich bei einem späteren Kontakt zu einem verdächtigen Tier sicherheitshalber zwei weitere Impfungen geben lassen. 

Aber wie gesagt, derzeit sehe ich kein Risiko. 

Ihnen wünsche ich alles Gute. Mit freundlichen Grüßen 

Dr. Jan Leidel

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28.08.2017, 10:40 Uhr
Antwort

Vielen Dank für die zügige Antwort. Also brauche ich jetzt während der Schwangerschaft keine Impfung durchführen und wenn es ein risiko gewesen wäre, bin ich ausreichend geschützt? Hab ich das richtig verstanden?

Darf ich Sie noch fragen, warum Sie hier ein Risiko ausschließen? Ist es weil die Menge zu gering wäre, da ich ja nichts feuchtes gespürt habe oder weil die viren an der Luft sterben!?

wie lange benötigen die Viren im Freien um abzusterben?

und noch eine Sache für die Zukunft interessiert mich, warum muss denn bei Risiko nachgeimpft werden, wenn man doch schon geimpft ist?

danke Lana

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28.08.2017, 15:19 Uhr
Antwort

Und noch eine Sache, bin ich als Schwangere genauso geschützt wie nicht schwanger? Also ich meine, ich bin nicht immunspuresiv?

Experte-Leidel
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29.08.2017, 09:37 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Lana,

die Tollwut wird in über 90% durch den Biss eines kranken Tieres übertragen. Dann folgen tiefere Kratzer mit Speichelkontakt zur Wunde und Belecken von Wunden oder Schleimhäuten. Eine indirekte Übertragung mag unter extremen Bedingungen möglich sein (z. B. größere Menge Viren in einer frischen Flüssigkeit, die in das Gewebe gelangt). Mir ist aber auch aus der wissenschaftlichen Literatur kein solcher Fall bekannt. Ein besonderer Fall war die Transplantation mehrerer Organe einer an Tollwut verstorbenen Frau auf verschiedene Empfänger (die Tollwut war nicht bekannt). Das hat verständlicherweise zu Infektionen geführt.

In Ihrem Fall hat Ihre Nichte ein Treppengitter berührt und sich daran festgehalten. Es ist wenig wahrscheinlich, dass in der Gegend ein tollwütiges selbst todkrankes Tier herumläuft, ohne dass dies bemerkt worden wäre. Und es ist wenig wahrscheinlich, dass dieses Tier nennenswerte Speichelmengen auf das Gitter aufgebracht hat. Für Fledermäuse gilt im Prinzip das Gleiche.

Die Viren verlieren an der Umwelt ihre Infektiosität. Eine genaue "Überlebenszeit" lässt sich nicht benennen. Je wärmer und trockener es ist und je mehr Sonnen- und UV-Strahlung vorhanden ist, um so rascher geht das, vor allem, wenn die Viren trocken an dem Metall oder sonstigen Material hängen und nicht durch eine eiweißhaltige Flüssigkeit geschützt sind.

Es ist praktisch ausgeschlossen, dass Ihre Nichte infektiöse Viren an ihrem Finger gehabt haben könnte. Es wurde eine bereits verkrustete kleine Wunde aufgekratzt, was zu einer geringen Blutung führte, durch die diese kleine Wunde eher weiter gereinigt worden wäre. 

Als Fazit halte ich eine Übertragung für ausgeschlossen. Nun bin ich weder Doktor Allwissend, noch kenne ich alle Einzelheiten dieses Vorgangs. Daher sollten Sie durchaus auch Ihren Hausarzt bzw. Ihre Hausärztin ansprechen. Und wenn diese das Risiko anders einschätzen sollten, wäre es richtig, zumindest die Auffrischung der PEP vor einem Jahr trotz der Schwangerschaft jetzt durchzuführen. Die heutigen Impfstoffe gegen Tollwut enthalten keine lebenden Erreger, sonder nur deren gereinigte Bestandteile. Sie sind sehr gut verträglich.

Zwar kann es in der Schwangerschaft zu einer gewissen Immunsuppression kommen, diese geht jedoch nicht so weit, dass der Schutz vor Ansteckung  aufgehoben würde.

Warum müssen sich bereits früher Geimpfte nochmals impfen lassen? Nach der Impfung bildet das Immunsystem Antikörper, die die Viren unschädlich machen können. Die Menge dieser Antikörper sinkt aber im Lauf der Zeit ab und kann u. U. nicht mehr nachweisbar sein  (das ist bei Ihnen eher nicht anzunehmen, da Ihre Impfungen ja erst etwa ein Jahr zurückliegen). Was aber bleibt, ist das "Immungedächtnis". Das Immunsystem "einnert" sich an die Viren und beginnt erneut mit der Bildung von Antikörpern. Das dauert aber etwas länger, Bei einer tatsächlichen Übertragung von Tollwutviren will man die Bildung ausreichender Antikörper-Mengen durch eine erneute Impfung ankurbeln und beschleunigen.

Ich selbst würde bei mir oder meiner Frau in diesem Fall nichts unternehmen. Aber es ist natürlich problematisch, alleine und aus der Ferne einen solchen Rat auszusprechen, auch wenn er gut begründet ist. Sie sollten deshalb durchaus auch Ihren Arzt ansprechen. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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29.08.2017, 11:52 Uhr
Kommentar

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich werde hier in diesem Fall nichts machen und auch nicht meinen Hausarzt konsultieren. Ich vertraue hier auf Ihre Einschätzung.

Selbst wenn ich nicht geimpft wäre, hätten Sie hier zur keiner PEP empfohlen, richtig???

Somit ist diese Sache für mich erledigt und ich danke Ihnen nochmals für Ihre Ausführlichkeit.

Alles Gute für Sie

Freundliche Grüsse

Lana

Experte-Leidel
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29.08.2017, 13:18 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Lana,

ja, das ist absolut richtig. Ich hätte in diesem Fall keine PEP empfohlen.

Alles Gute für Sie und Ihr Kind

Dr. Jan Leidel

 

 

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