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Hep B Säugling

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

05.01.2020 | 18:27 Uhr

Hallo Dr. Leidel,

mich beschäftigt ein Vorfall, der bereits einige Jahre her ist. Nach der Geburt unserer Tochter vor 4 Jahren haben wir uns ein Krankenzimmer mit einer anderen frischgebackenen Mutter geteilt für 2 Tage. Die besagte Frau und ihr Mann waren aus Asien zugewandert, wo Hepatits B ja sehr häufig vorkommt. Zudem gab es diverse Auffälligkeiten bei ihr: Ihr Kaiserschnitt wurde beispielsweise ungewöhnlich früh gelegt (37+0). Laut ihrer Aussage lag es an der Beckenendlage, allerdings glaube ich auch nicht, dass sie mir von einer bestehenden Infektion erzählt hätte. Während den zwei Tagen entwickelte sie mysteriöserweise auch eine Stuhlinkontinenz mitten unter der Dusche und wirkte allgemein sehr anfällig. Da wir uns ein Bad teilen mussten, war ich froh, als die Entlassung nahte. Kurz bevor mein Mann mich abholen sollte, bin ich kurz ins Bad gegangen. Als ich rauskam, sah ich, dass die Frau mein Baby völlig ungefragt aus dem Bettchen genommen hatte und in den Armen hielt. Es habe angeblich geweint. Ich habe es stumm an mich genommen und war wirklich sauer über diesen Grenzübertritt. Seitdem geistert der Vorfall immer wieder mal in meinem Kopf herum. Gerade während dem Wochenbett hat man ja ständig Kontakt mit seinen potentiel ansteckenden Sekreten: Wochenblutung, Muttermilch und in dem Fall auch Stuhl. Angenommen, die Dame hat auf ihre Handhygiene nicht richtig geachtet, die Hand meines Babys berührt und mein Baby sich danach die Hand in den Mund gesteckt: Ist so eine Ansteckung möglich? Ich weiß, die Frage ist sehr theoretisch. Mein Kinderarzt hat mir leider nicht mal richtig zugehört und wollte von Blutabnahme auch nichts wissen. Ist das richtig so? Das RKI schließt eine Infektion über diesen Weg zumindest nicht völlig aus, wenn ich das richtig verstanden habe. Wie schätzen Sie das ein? Sollte ich auf einen Test verzichten und das ganze wirklich vergessen? Wären mittlerweile vielleicht sogar Symptome aufgetreten? Sie wurde zwar geimpft gegen Hep B, aber natürlich erst deutlich nach besagtem Kontakt. Vielen Dank und liebe Grüße

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Experte-Leidel
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06.01.2020, 15:54 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

Sie machen sich meiner Ansicht nach unnötig Sorgen. Es ist zwar richtig, dass vor allem in Südostasien mehr Menschen (5 bis 8 %) chronisch mit Hepatitis B infiziert sind als bei uns. Aber das bedeutet ja auch, dass über 90% nicht chronisch infiziert sind. Durch das, was Sie schildrn, wird Hepatitis B nicht übertragen. Selbst der Kontakt von Blut mit der intakten Haut führt nicht zu einer Ansteckung. Und über Stuhl wird Hepatitis B ohnehin nicht übertragen.

Wichtig erscheint mir auch, dass hier Schwangere nach der 32. Schwangerschaftswoche routinemäßig auf Hepatitis B getestet werden, um einem Risiko für das eigene Kind entgegenzuwirken (bei positivem Befund Impfung des Neugeborenen direkt nach der Geburt). Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies im vorliegenden Fall bei der anderen Mutter (oder bei Ihnen) unterblieben ist.

Sie schreiben, dass das RKI eine Infektion durch den von Ihnen vermuteten Infektionsweg nicht ausschließe. Welche Art der Übertragung meinen Sie konkret?

Ich würde dem Kinderarzt folgen und das Ganze wirklich vergessen. Nur am Rande und interessehalber: Wenn Kinderarzt und ich uns irren sollten (was ich für praktisch ausgeschlossen halte) und bei Ihrer Tochter tatsächlich eine  chronische Hepatitis B festgestellt würde - was würden Sie dann tun?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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06.01.2020, 18:02 Uhr
Kommentar

Hallo,

vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich schätze, dass mich diese Grenzüberschreitung damals einfach so sehr aus der Bahn geworfen hat. Daraus muss ein Rattenschwanz an Folgesorgen entstanden sein. 

Das RKI schließt zumindest eine Infektion über Speichel nicht aus. Ich dachte, vielleicht ist ein Speicheltropfen beim "schschsch"-Babyberuhigen ins Auge gekommen. Ja, ich sehe selber ein, dass das viele Wenns sind. Wenn mir mehrere Ärzte das gleiche sagen, bin ich auch gewillt, die Sorgen als unbegründet zu akzeptieren.

Zu Ihrer letzten Frage: Ich hatte irgendwo gelesen, dass man auch Hep B mit Interferon behandeln kann, wenn auch wenig erfolgreich. Ich weiß natürlich nicht, inwieweit das überhaupt theoretisch Sinn gemacht hätte. Allerdings war ich der Annahme, dass es immer besser ist, so etwas zu wissen, alleine schon, um eine Infektion dritter besser abwenden zu können oder auch um ggf. häufiger die Leberwerte zu kontrollieren. Ich nahm einfach an, dass Wissen immer hilfreicher ist als Nichtwissen. Aber  ich versuche mit dem Thema jetzt für mich abzuschließe und habe mir bereits für die Geburt für das Geschwisterkindes gegen erheblichen Mehraufwand ein Einzelzimmer in einer anderen Klinik gesichert. Nochmal brauche ich das nicht :) Vielen Dank und liebe Grüße

Experte-Leidel
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07.01.2020, 13:49 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag nochmal,

ja, ich verstehe Ihre Gedankengänge. Das RKI sagt ja zumindest, dass Hepatitis B-Viren im Speichel, in Tränenflüssigkeit usw. enthalten sein können, wenn auch in erheblich geringerer Konzentration als im Blut. Eine Infektion durch ein Speicheltröpfchen, das auf die Schleimhaut des Auges gelangt, ist sicher äußerst unwahrscheinlich.

Ihrer Aussage, dass Wissen hilfreicher sei als Nichtwissen stimme ich prinzipiell natürlich zu. Aber da nach menschlichem Ermessen eine Infektion hrer Tochter durch diese Situation nicht zu besorgen ist, würde ich nicht nachbohren, was ja für Ihre Tochter auch traumatisiernd sein könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel 

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