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Fragen zu Tollwut

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

19.09.2019 | 14:05 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel, 

ich habe jetzt vieles zum Thema in diesem Forum gelesen und möchte Sie freundlich bitten, mir folgende Fragen zu beantworten bzw. Zusammenfassungen zu bestätigen. 

1. Eine vollständig geimpfte Person (also 3x Grundimmunisierung plus Auffrischung) ist grundsätzlich gut; wohlmöglich sogar sicher gegen Tollwut geschützt. Bei einem Biss würde die Person gleichwohl noch zwei Mal geimpft, da man in der Regel nicht weiß, wie hoch der Titer ist und kein Risiko eingehen möchte. Ist das richtig? 

2. Wenn die Person jedoch ihren Titer hat überprüfen lassen und dieser über 0,5 ist, muss nicht noch mal nachgeimpft werden, da ein Schutz besteht. Auch bei einem Biss in einem Risikoland wäre diese Person ohne weitere Impfungen sicher geschützt. Ist das so korrekt? 

3. Wenn ja, ist es ergo sinnvoll, den Titer vor einer Reise in ein Risikoland mit schlechter medizinischer Versorgung prüfen zu lassen. Ist das richtig? 

4. Gefahr besteht nicht durch das Berühren von Gegenständen, an die wohlmöglich ein krankes Tier gespeichelt hat. Richtig? 

5. Bekleidung, an die möglicherweise infektiöser Speichel gekommen ist, stellt keine oder kaum eine Gefahr dar. Ich denke grade daran, dass man irgendwo sitzt und ein Hund vorbei kommt und einem mal frech die Schnauze auf das Bein legt und dabei ein wenig sabbert. Ist mir zumindest schon ein paar Mal passiert. Man muss sich also nicht fürchten, wenn man eine Jeans trägt, die beschriebene Situation eintritt und man nicht gleich die Hose wechseln kann. Stimmt das so?

6. In einer solchen Situation wäre auch das Berühren des Tieres nicht gefährlich? Man muss sich ja eventuell irgendwie von dem Streuner "befreien" bzw. das Tier von einem wegschieben. 

7. In den meisten europäsichern Ländern, die als frei von Tollwut gelten (z.B. Urlaubsregionen wie Spanien, Portugal, griechische Inseln) würde man bei einem Biss durch ein freilaufendes, herrchenloses Tier nichts unternehmen. Wichtig wäre hier vor allem ein Schutz vor Tetanus. Korrekt? 

8. Tiere, die 10 Tage nach einem Biss oder Kratzer noch vergnügt durch die Gegend laufen, sind in der Regel nicht krank. Stimmt das? 

Ich danke für Ihre Bemühunge und verbleibe mi freundlichen Grüßen,

Hendrik 

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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19.09.2019, 16:44 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Hendrik,

"1. Eine vollständig geimpfte Person (also 3x Grundimmunisierung plus Auffrischung) ist grundsätzlich gut; wohlmöglich sogar sicher gegen  Tollwut  geschützt. Bei einem Biss würde die Person gleichwohl noch zwei Mal geimpft, da man in der Regel nicht weiß, wie hoch der Titer ist und kein Risiko eingehen möchte. Ist das richtig? "

Ja, richtig.

"2. Wenn die Person jedoch ihren Titer hat überprüfen lassen und dieser über 0,5 ist, muss nicht noch mal nachgeimpft werden, da ein Schutz besteht. Auch bei einem Biss in einem Risikoland wäre diese Person ohne weitere Impfungen sicher geschützt. Ist das so korrekt?"

Jein, zum einen ist ein Antikörper nicht für immer gleich hoch. 0,5 IE/ml gilt als die Grenze von Schutz. Wenn der Test einige Zeit her ist, kann er natürlich deutlich unter dieser Grenze liegen. Bei einem Titer, der kürzlich (z. B. vor weniger als einem halben Jahr) bestimmt wurde und deutlich über den 0,5 IE/ml lag, würde Ihre Aussage zutreffen. Wobei natürlich dazu kommt, dass es im Labor auch einmal eine Fehlbestimmung geben kann.

"3. Wenn ja, ist es ergo sinnvoll, den Titer vor einer Reise in ein Risikoland mit schlechter medizinischer Versorgung prüfen zu lassen. Ist das richtig?"

Das ist im Prinzip richtig. Und wenn man weiß, dass man in ein Land reist, in dem kein moderner Zellkultur-Impfstoff verfügbar ist, auch vernünftig. Ich selbst würde im Allgemeinen aber eher zu den zwei Impfungen an den Tagen 0 und 3 tendieren.

"4. Gefahr besteht nicht durch das Berühren von Gegenständen, an die wohlmöglich ein krankes Tier gespeichelt hat. Richtig?"

Ja, das ist prinzipiell richtig. Und mir ist aus der wissenschaftlichen Literatur kein Fall bekannt, in dem die infektion indirekt über Gegenstände erfolgt wäre. Aber ich kann mir auch Fälle vorstellen, in denen große Mengen infektiösen Speichels auf einen Gegenstand aufgebracht wurden und unmittelbar danach dieser Gegenstand z. B. in eine Wunde gerieben wird. Dann könnte es natürlich möglich werden. Das wäre aber ein wirklicher Extremfall.

"5. Bekleidung, an die möglicherweise infektiöser Speichel gekommen ist, stellt keine oder kaum eine Gefahr dar. Ich denke grade daran, dass man irgendwo sitzt und ein Hund vorbei kommt und einem mal frech die Schnauze auf das Bein legt und dabei ein wenig sabbert. Ist mir zumindest schon ein paar Mal passiert. Man muss sich also nicht fürchten, wenn man eine Jeans trägt, die beschriebene Situation eintritt und man nicht gleich die Hose wechseln kann. Stimmt das so?"

Ja, stimmt.

"6. In einer solchen Situation wäre auch das Berühren des Tieres nicht gefährlich? Man muss sich ja eventuell irgendwie von dem Streuner "befreien" bzw. das Tier von einem wegschieben. "

Ja, stimmt.

"7. In den meisten europäsichern Ländern, die als frei von Tollwut gelten (z.B. Urlaubsregionen wie Spanien, Portugal, griechische Inseln) würde man bei einem Biss durch ein freilaufendes, herrchenloses Tier nichts unternehmen. Wichtig wäre hier vor allem ein Schutz vor  Tetanus . Korrekt? "

Stimmt im Prinzip. Die zu Spanien gehörenden nordafrikanischen Exklaven Melilla und Ceuta gelten nicht als tollwutfrei. Und wer in den letzten 5 Jahren eine Auffrischimpfung gegen Tetanus erhalten hat, braucht wegen dieser Krankheit nichts zu unternehmen.

"8. Tiere, die 10 Tage nach einem Biss oder Kratzer noch vergnügt durch die Gegend laufen, sind in der Regel nicht krank. Stimmt das?"

Das stimmt ebenfalls, wobei es für Hunde und Katzen gilt. Für andere tiere weiß ich das nicht. Im Allgemeinen wird diese infektion durch ein bereiots offenbar krankes Tier übertragen. Aber Hunde und Katzen können schon einige Tage vor Ausbruch anstecken. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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