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Blutspuren an Serviette (HIV)

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

17.02.2020 | 18:16 Uhr

Lieber Herr Dr. Leidel,

in der Vergangenheit bin ich durch einen Unfall mit fremden Blut in Kontakt gekommen und musste u.a. einen HIV Test durchführen. Der Test war glücklicherweise negativ, aber seitdem bin ich bei allen Themen, die mit Blut zu tun haben viel aufmerksamer. Bitte haben Sie Verständnis.

Aus dem Grund sind mir an den Händen meiner Bedienung im Fastfood-Restaurant rissige Hautstellen aufgefallen, die entweder offen waren oder kürzlich geblutet hatten. Es ist zwar kein Blut geflossen, aber rote Wunden waren sichtbar.
Sie hat mein Essen in eine Tüte gepackt. Dabei sind die Servietten, die sie eingepackt hat, über ihre betroffenen Hautstellen gestrichen.
Ich habe mir in dem Moment nicht viel dabei gedacht, habe meinen kleinen Burger gegessen, der ja eingepackt war, und nach 2 Minuten war ich fertig und habe mir wegen Soßenresten den Mund mit der Serviette kräftig abgerieben.

Ich weiss nicht, ob an der Serviette Blutspuren waren, denn als ich darüber nachgedacht hatte, war es schon zu spät. Ich habe mich seit dem o.g. Vorfall in meiner Vergangenheit zu Ansteckungswegen bei HIV informiert und meine Lippen waren prinzipiell heil, ausserdem sind die äußeren Lippen meines Wissens keine Schleimhäute. Ich kenne mich leider nicht aus, ob 2 Minuten (in der Tüte) reichen, damit evtl. vorhandene HIV Viren an der Serviette inaktiv werden können, oder ob das kräftige Reiben der Serviette an den Lippen überhaupt Viren ins Gewebe bringen konnte.

Können Sie mir bitte Ihre Einschätzung als Experte geben?

Vielen herzlichen Dank

K

 

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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18.02.2020, 12:27 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag kausrp,

das sind so Fragen, die eigentlich kaum wirklich seriiös beantwortet werden können. Selbst Sie, der Sie ja dabei waren, sind unsicher, ob tatsächlich frisches, flüssiges Blut an der Serviette war. Sie haben recht damit, dass das Äußere der Lippe keine Schleimhaut darstellt, sondern von nicht verhornendem Plattenepithel überzogen ist.

Aufgrund Ihrer Schilderung halte ich eine Infektionsmöglichkeit zumindest für  äußerst unwahrscheinlich. Und ich wäre - wenn ich mir Ihre Schilderung zu eigen mache - keine Sekunde beunruhigt. Wenn Ihnen das reicht, können Sie die Angelegenheit vergessen. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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18.02.2020, 21:50 Uhr
Kommentar

Lieber Herr Dr. Leidel,

danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, mir zu antworten. Ihre Antwort hat mir bereits geholfen.

Wenn Sie erlauben, hätte ich trotzdem gerne noch 2 Fragen gestellt, um ähnliche Situationen in Zukunft besser einschätzen zu können, und weil es mich wirklich interessiert:

1. Wenn Blut an der Serviette war, kann es meiner Meinung nach auch nicht viel mehr als die Menge eines Tropfen gewesen sein. Kann dieser in der Praxis nach ca. 2 Minuten überhaupt noch infektiös sein oder würde man das Blut dann schon als am Papier angetrocknet ansehen, selbst wenn getrocknete Blutreste per Reibung an die Lippen kommen würden?

2. Man sagt, dass HIV beim Kontakt mit Luft bzw. Sauerstoff schnell inaktiv wird. Wie ist das zu verstehen? Gilt dass dann bei ständiger Zufuhr frischer Luft oder auch z.B. für die Serviette in der Papiertüte? Um beim oben genannten Tropfen zu bleiben, ist mir leider nicht klar, was unter "schnell" zu verstehen ist.

Danke im Voraus für Ihre Antworten. Ich glaube, dass sie sehr hilfreich sind, weil Sie es schaffen, mit Ihrer Erfahrung sehr konkret auf die Fragen der Menschen hier im Forum einzugehen.

Nochmals vielen Dank

K

 

Experte-Leidel
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20.02.2020, 17:23 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag kausrp,

wie schon bei der ersten Frage tue ich mich etwas schwer, weil viele nicht eindeutig definierte Faktoren berücksichtigt werden müssen. das geht natürlich schon damit los, dass Eerreger, die im betrachteten Blut gar nicht enthalten sind, natürlich auch nicht übertragen werden können. Es muss also die Person, mit deren Blut man in Kontakt kommt, mit HIV (oder Hepatitis B oder C) infiziert sein müssen. Konzentrieren wir uns wie in Ihrer Frage auf HIV.

Der nächste Punkt ist die Frage der Viruslast, also der Anzahl infektiöser Viren im Blut. Die meisten HIV-Infizierten wissen um ihre Infektion und sind in Behandlung. Die modernen Behandlungsmöglichkeiten führen zu einer enormen Verringerung der Virenzahl im Blut, so dass viele von ihnen gar nicht mehr infektiös sind.

Zu Ihrer Frage Nr. 1: Virushaltiges Blut, das außerhalb des Körpers geronnen und angetrocknet ist, überträgt die Infektion nicht mehr. Das hängt mit Frage 2 zusammen: Viren sind ohnehin nicht "aktiv". Sie werden auch von den meisten Wissenschaftlern nicht als Lebewesen angesehen, da sie sich weder selbst aktiv fortbewegen können, noch über einen eigenen Stoffwechsel verfügen. Viren sind "verpackte Erbinformation", die, wenn sie in den Körper gelangen, von Körperzellen aufgenommen werden und das genetische Material der Zelle "kapern" und zwingen. neue Viren zu produzieren. Und was angetrocknet ist, kann vom Körper nicht mehr einfach so aufgenommen werden.

Davon muss man die Frage unterscheiden, wann die Erbinformation des Virus inaktiviert oder "zerstört" wird. das hängt von vielen Faktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, UV- oder Sonnenstrahlung usw. ab. Im Labor kann man das unter kontrollierten Bedingungen untersuchen und nach verschiedenen Zeitspannen unter definierten Umgebungsbedingungen die Viren wieder in Lösung bringen und damit z. B. Zellkulturen zu infizieren versuchen. Aber das hat mit dem wirklichen Leben kaum etwas zu tun.

Fast alle Menschen, die sich mit HIV infiziert haben, hatten die bekannten sexuellen Kontakte oder (seltener) "klassische" Blutkontakten. Das, wovor Sie Angst haben kommt ganz, ganz selten vor.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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20.02.2020, 17:42 Uhr
Kommentar

Noch einmal danke, dass Sie sich die Zeit für diese ausführliche Antwort genommen haben.

Mit freundlichen Grüßen

K

Experte-Leidel
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20.02.2020, 17:44 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

gerne geschehen.

Alles Gute

Dr. Jan Leidel

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