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Bewertung möglicher Risikiosituationen

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

17.07.2020 | 12:32 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich würde mich freuen, wenn Sie folgende Risikosituationen einschätzen könnten:

1.) Im Krankenhaus in der Notaufnahme, bzw. von dieser ausgehend hin zu einer weiteren Abteilung, war eine Blutspur auf dem Boden. Nun hatte ich mich am Fuß verletzt (keine Wunde) und deshalb war ich Barfuß zunächst, bzw. gestützt unterwegs. Nur 2 Einstiche von einer Betäubung oben auf dem Fuß. Besteht hier schon ein Risiko? (vor allem HIV und Hepatitis B?), bei Hepatitis sollen ja schon kleinste Mengen reichen und diese auch (da der Virus unbehüllt ist) sich lange außerhalb des Körpers überleben?

Weiterhin habe ich daraufhin einen Schuh bekommen, bzw. hatte anderem Fuß den normalen Schuh. Wenn ich nun mit dem Schuh einen Teil der Spur berührt habe, besteht dann in Zukunft bei Berührung des Schuhs oder herumlaufens in der Wohnung eine Gefahr?

 

2.) Besteht eine Gefahr, wenn man auf dem Bürgersteig z.B. in eine Blutpfütze, Taschentuch mit Blut oder ein Pflaster tritt? (mit Schuhen). Diese Schuhe daraufhin ja anfasst, bzw. auch in der Wohnung herumläuft?

 

Grüße

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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17.07.2020, 15:30 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

wenn Viren wie HIV oder Hepatitis B (HBV), die sich vor allem im Blut befinden, außerhalb des Körpers antrocknen, verlieren sie ihre Fähigkeit zu infizieren. Sie können zwar theoretisch noch infektiös sein. Aber dazu müssten sie in einem geeigneten Lösungsmittel wieder in Lösung gebracht werden und und aktiv in eine Wunde oder drgl. gelangen. Viren können sich nicht selbstständig fortbewegen und so eine Infektion verursachen.

Also: Eine getrocknete Blutspur auf dem Boden ist kein Infektionsrisiko.

Flüssiges Blut kann demgegenüber, wenn es in eine Wunde gelangt, zu einer Infektion führen. Die Übertragung von geronnenem bzw. getrocknetem Blut über z. B. einen Schuh führt im Allgemeinen ebenenfalls nicht zu einer Infektion. Wenn das Blut aber flüssig ist, an den Schuh gelangt und man kurz darauf den Schuh mit dem Blut in eine offene Wunde reibt, könnte das möglicherweise zu einer Infektion führen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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18.07.2020, 16:24 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Eine kurze Rückfrage hätte ich noch:

Wie wird eine Wunde definiert?

also sind die zwei Einstiche der Betäubungsspritze schon eine Wunde oder gilt dies in diesem Zusammenhang füber größere offene Stellen aus denen eine größere Menge Blut austritt?

Experte-Leidel
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18.07.2020, 22:24 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend,

bei einer offenen Wunde besteht immer eine Verletzung der Haut und je nach dem, ob eine weitere Verletzung tieferer Strukturen vorliegt, wird zwischen einer einfachen oder komplizierten Wunde unterschieden. Unter einer einfachen Wunde versteht man eine oberflächliche Verletzung der Haut ohne eine Beteiligung tieferer Gewebestrukturen. 

Einstiche mit einer scharfen Nadel (Injektionen) verursachen im Allgemeinen keine wirklichen "Wunden". Der Stichkanal schließt sich realtiv rasch wieder und es besteht kaum die Möglichkeit, dass z. B. Fremdkörper, Keime oder drgl. eindringen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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21.07.2020, 20:42 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich habe hierzu noch ein paar Fragen, ich hoffe das ist okay:

1.) Also würden Sie die oben genannte Krankenhaussituation als keine Risikosituation sehen? (bzw. auch keine weiteren Handlungen als erforderlich sehen?)

2.) Ist für Sie als Arzt das Vorhandensein von Blut auf dem Boden im Bereich der Notaufnahme (bzw. von dort auf dem Weg zur Radiologie) nichts ungewöhnliches?

3.) Die Stiko, bzw. auch mein Hausarzt sagten, dass eine Hepatitis B Impfung in Deutschland nicht vorgesehen, bzw. empfohlen wird für Erwachsene (auch wenn diese, wie ich als Kind nicht geimpft wurden). Somit ist das Risiko generell eher gering in Deutschland, oder? Ich denke, dass, wenn diese nicht sinnvoll ist, ich diese auch nicht durchführen sollte, da diese sonst nur einen gefühlten Mehwert an Sicherheit hat.

Experte-Leidel
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22.07.2020, 11:59 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

zu 1.)

Ich war natürlich nicht dabei und habe weder das Ausmaß, noch die Frische der "Blutspur", noch die beiden Einstiche auf Ihrem Fußrücken gesehen. Aber nach Ihrer Schilderung halte ich dies in der Tat nicht für eine Risikosituation.

zu 2.)

Nein, ich halte eine längere "Blutspur" auf dem Boden eines Krankenhauses nicht für "normal". Und ich hätte das sicher angesprochen. Außerdem hätte ich es sicherheitshalber vermieden, die "Blutspur" zu betreten.

zu 3.)

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Hepatitis B im Erwachsenenalter für besonders gefährdete Personengruppen. Diese umfassen sowohl Personen mit Immundefizienz und anderen Erkrankungen, die einen besonders ungünstigen Verlauf einer HBV-Infektion bewirken können, als auch solche mit erhöhtem beruflichen Expositionsrisiko sowie erhöhtem nichtberuflichem Expositionsrisiko und Personen mit Reiseindikation.

Außerdem rät sie niemandem von der Impfung ab. Allerdings könnte es sein, dass ohne Vorliegen solcher Risikofaktoren die Versicherung die Kosten nicht übernimmt.

In Westeuropa sind etwa 1% der Einwohner chronisch mit Hepatitis B infiziert und damit die wichtigste Ansteckungsquelle. Außerdem wurden z. B. im Jahr 2018 4.516 Menschen in der Bundesrepublik als akut erkrankt und damit potentiell ansteckend gemeldet.

Die Impfung ist - abgesehen von den Indikationen der STIKO-Empfehlungen - sicher kein "Muss". Aber es spricht (abgesehen von den möglicherweise entstehenden Kosten) auch nichts dagegen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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