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Ansteckung?

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

10.04.2018 | 12:09 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

mein Sohn erzählte mir gestern als ich ihn vom Kindergarten abgeholt habe, dass er eine tote Maus oder Ratte mit mit dem Finger berührt hatte. Die Kinder spielten draussen. Direkt danach noch im Freien haben die Kinder ein Eis gegessen und er hat sich die Finger abgeleckt. So erzählte er es mir als ich ihn drauf angesprochen habe ob er sich denn die Hände gewaschen hat. Und höchstwahrscheinlich rieb er sich auch die Augen, da er dies öfters macht. 

Ich rief den Kinderarzt an und dieser sagte dass hier eigentlich nichts passieren dürfte. (Bakterien, Viren, u.s.w.)

Nun habe ich gestern Abend den Fehler gemacht und habe gegoogelt und bin auf das thema Tollwut gekommen. Jetzt habe ich mich mit diesem Thema verrückt gemacht und sorge mich nun arg ob sich Mein Sohn mit Tollwut angesteckt haben könnte? Was sagen Sie als Experte dazu?

ich habe ja schon gelesen dass Deutschland tollwutfrei sei, außer bei Fledermäusen und importierten Tieren. 

Wenn nun auf der Maus/Ratte Speichel von einer tollwütigen fledermaus dran war oder von einem importierten tier und Mein Sohn da rein greift und sich dann die Finger in den Mund / Auge steckt, kann er sich dann mit Tollwut infiziere?

Hoffe auf eine Antwort von Ihnen da ich sehr beunruhigt bin. Hätte ich lieber das googeln sein lassen. 

Danke, freundliche grüsse

Dimitra

 

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Experte-Leidel
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10.04.2018, 12:21 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Didi 11,

ich bin der gleichen Auffassung wie der Kinderarzt. Durch dieses Ereignis ist sicher nichts Schlimmes geschehen. Es ist richtig, dass Deutschland frei von Tollwut bei landlebenden Tieren ist. Außerdem spielen Mäuse und Ratten ohnehin keine Rolle bei der Verbreitung der Tollwut. Und schließlich ist auf eine derart indirekte Art und Weise, wie Sie es befürchten, die Krankheit nicht zu übertragen.

Und ja, googeln ist, wenn es um einen selbst oder seine Kinder geht nicht ungefährlich, so hilfreich es andererseits auch sein kann.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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10.04.2018, 19:04 Uhr
Antwort

Guten Abend Herr Dr. Leidel,

Schön dass Sie mir geantwortet haben. Von Ihnen als Experten zu lesen beruhigt mich um einiges mehr. 

Wegen unserem Kinderarzt wollte ich nur sagen, dass er das allgemein auf Viren und Bakterien bezogen hat, also nicht auf Tollwut. Über Tollwut sagte er nichts. 

Wenn ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen darf:

1) es heißt ja, dass Mäuse und Ratten keine Rolle bei der Übertragung spielen. Damit ist ja ein lebendes Tier gemeint, richtig? Ein Nagetier welches beißt. Aber wie sieht es hier in dem Fall aus wenn das Tier bereits tot ist und Mein Sohn dieses anfasst und dann die Finger in den Mund nimmt? (Und im schlimmsten Fall an dem Nagetier Speichel dran war von einer tollwptigen fledermaus oder importiertes Tier?

2) die Maus oder die Ratte sind nicht als Übertrager relevant weil sie denn Biss nicht überleben würde, richtig? Aber ich habe ja gelesen dass Kadaver ansteckend sind. Wenn nun die Maus/Ratte wie auch immer an Tollwut verstorben ist, dann ist doch ihr Kadaver noch ansteckend, richtig?

3) warum wird eigentlich Ein Land als tollwutfrei bezeichnet, wenn es doch noch die FledermausTollwut gibt und eine Fledermaus ja auch so ein Landlebsäendes Tier anstecken könnte. Es sind ja fälle aus Dänemark bekannt wo Schafe von Fledermäusen angesteckt worden sind. 

4) Sie sagen dass auf so einem indirekten Weg die Tollwut nicht übertragen wird. Wo ist denn der Unterschied ob ein tollwütiges Tier meine Schleimhaut beleckt oder ich mit dem Finger mir den Speichel in die Schleimhaut reibe? Es ist doch das selbe. 

Ich hoffe Sie fragen sind nicht zu viel und wünsche Ihnen einen schönen Abend. 

Freundliche grüsse

dimitra 

Experte-Leidel
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11.04.2018, 10:40 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Morgen Didi11,

Vorrede:

Das Problem bei diesem Thema ist, dass es leicht zu einer Diskussion über "wahrscheinlich", "möglich", "sehr unwahrscheinlich", "praktisch ausgeschlossen" und "unmöglich" kommt. Wer vor etwas Angst hat, möchte absolute Sicherheit, die es aber leider zumeist nicht gibt. An dem Satz "nichts ist unmöglich" ist einiges dran.

Antworten:

1) Nur ein Tier, das selbst tollwutkrank ist, kann die Krankheit übertragen. Ein Grund dafür, dass Kleinsäuger wie Mäuse keine Rolle bei der Tollwutübertragung spielen, liegt darin, dass Mäuse den Biss eines Fuchses oder Hundes selbst nicht überleben. Jedenfalls gilt in der Wissenschaft, dass Kontakt zu Kleinsäugern kein Risiko einer TW darstellt. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt führt hierzu aus: "Nach Kontakt zu bzw. Bissverletzungen durch Kleinsäuger (z. B. Maus, Ratte, Eichhörnchen) und Hasen oder Kaninchen selbst in Tollwut-Endemiegebieten muss keine PEP (nachträgliche Impfung J.L.) eingeleitet werden.

2) Das alleinige Anfassen eines an TW gestorbenen Tieres führt "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" nicht zu einer Infektion.

3) Die Infektion eines Haus- oder Wildtieres mit Fledermaustollwut ist ein zumindest äußerst seltenes Ereignis. Mir sind auch nur die beiden Schafe aus Dänemark bekannt. Fledrmäuse, die TW übertragen, sind Insektenfresser und saugen nicht Blut an Tier oder Mensch wie Dracula. Das heißt: Eine solche Übertragung mag in sehr seltenen Einzelfällen erfolgen, ist aber nichts, womit man regelmäßig rechnen müsste.

4) In aller Regel erfolgt die Infektion durch den Biss eines selbst an Tollwut erkrankten Tieres kurz vor dessen Tod. Die Angaben in der wissenschaftlichen Literatur hierzu schwanken zwischen > 95% bis 99%. Beim Belecken der intakten Haut passiert "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" nichts. Anders ist das beim Belecken einer Wunde oder (eingeschränkt) Schleimhaut. Durch das unmittelbare Belecken wird natürlich wesentlich mehr Speichel und damit Virus übertragen als bei einem indirekten Kontakt (Berühren eines Kadavers mit dem Finger und anschließendes Reiben ins Auge). Auf diesem indirekten Weg ist die minimale Infektionsdosis in aller Regel nicht zu erreichen.

Fazit:

Wenn Sie mich fragen, ob Sie sich Sorgen um Ihren Sohn machen müssen, antworte ich mit Nein. Wenn Sie mich fragen, ob ich jegliches noch so kleine Restrisiko mit absoluter Sicherheit auschließen könne, muss ich passen. Es ist letztlich Ihre Entscheidung, ob Sie im Vertrauen auf jemanden Fachkundigen dessen Rat folgen oder ob Sie aus ihrem Sicherheitsbedürfnis heraus doch eine postexpositionelle Impfung Ihres Sohnes durchführen lassen wollen. Das kann und will ich Ihnen natürlich nicht untersagen. Allerdings könnte es durchaus sein, dass Sie niemanden finden, der dies auch macht.

Und damit sollten wir diese Diskussion beenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 



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11.04.2018, 12:45 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

natürlich weiß ich dass es im leben für nichts 100% gibt und ich habe auch nicht mit Ihnen diskutiert. 

Es waren lediglich Fragen die sich mir gestellt haben, und die ich von Ihnen als Experten gerne annehme. 

Wenn ich noch 2 Sachen fragen darf:

1) Sie sagten irgendwas von PEP (Impfung danach). Wie meinen Sie das, dass ich niemanden finde der das macht? Raten Sie dazu das zu machen oder wie verstehe ich das? Sie sagen ja dass Sie kein Risiko hier sehen und ich mir keine Sorgen machen brauche, oder?

2) nochmal wegen den Nagetieren: es wird ja nichts unternommen wenn ein Nagetier beißt, da dies ja wenn es gebissen worden wäre von einem tollwütigen Tier, diesen Biss nicht überleben würde. 

So nur im Falle, dass dieses Tier totgebissen wurde (von tollwütigem Tier) und sich tollwütiger Speichel an diesem Nagetier befunden hat äußerlich und Mein Sohn diesen Speichel anfasst ubd sich dann die Finger ableckt, besteht hier dann kein Risiko da indirekt? Also kann hier dann keine Übertragung zu 99% stattfinden? Verstehe ich das so richtig. 

So nun habe ich keine weiteren Fragen mehr und werde Sie auch damit nicht mehr belästigen :)

ich danke dass es jemanden wie Sie gibt, der überhaupt auf solche Fragen fachmännisch antworten kann. 

ich wünsche Ihnen alles liebe, Dimitra

Experte-Leidel
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11.04.2018, 13:32 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Dimitra,

1) Wäre Ihr Sohn von einer Fledermaus gebissen worden oder im Ausland von einem verdächtigen Tier, würde ich dringend die sog. PEP empfehlen. Das ist die sog. Wutschutzbehandlung nach einer möglichen Infektion. Sie besteht aus fünf Impfungen und der Gabe eines Antiserums. Im vorliegenden Fall empfehle ich diese PEP ausdrücklich nicht. Aber ich könnte und wollte sie Ihnen natürlich nicht verbieten, wenn Sie weiterhin Zweifel haben sollten. Ich hatte nur angedeutet, dass sie - falls Sie trotz allem eine solche Behandlung durchführen lassen möchten - möglicherweise Schwierigkeiten haben werden, hierfür einen Arzt zu finden.

2) Nein, ein solches indirektes Risiko besteht nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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11.04.2018, 20:22 Uhr
Antwort

Ich danke Ihnen. 

Da ich ja nicht dabei war und Mein Sohn noch klein ist weiß ich halt nicht sicher welches Tier tatsächlich da tot gelegen hat. Wenn es eine tote tollwütig Fledermaus gewesen ist und irgendein sekret an ihr klebte, besteht trotzdem immernoch kein Risiko richtig? Da ja indirekt wenn er nach der Berührung die Finger in den Mund nimmt?

wie wahrscheinlich ist es dass im März / April eine tote fledermaus am Boden liegt?

so jetzt aber bin ich fertig und habe keine weitern fragen mehr. Danke und alles Gute für Sie Herr Doktor. 

Freubdliche grüsse Dimitra

Experte-Leidel
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11.04.2018, 21:54 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Dimitra,

nein, nein und nochmals nein. Ich sehe keinerlei Risiko.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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14.04.2018, 09:33 Uhr
Antwort

Guten Morgen Dr.,

ich habe mich mal interessehalber hier durchgelesen. Jetzt habe ich mal nur eine allgemeine Frage an Sie:

Wieso haben Sie vielen Fragenden geschrieben, dass auf indirektem Weg eine Übertragung praktisch ausgeschlossen ist oder dass auf einem indirekten Weg keine Übertragung stattfinden kann? Mir schrieben Sie auch dass eine indirekte Übertragung so nicht erfolgen könnte und Sie kein Risiko sehen, dies aber nicht ausgeschlossen werden kann?!

Kann man nun eine indirekte Übertragung definitiv ausschließen oder nicht?

Und was ist in der literatur ser Grund, warum man es nichts als Risiko indirekt sieht? Weil es einfach nicht vorgekommen ist oder weil es spezielle Gründe dafür gibt?

Wie kann man das nun verstehen?

Danke für Ihre Zeit und wünsche ein schönes Wochenende 

Dimitra

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14.04.2018, 09:36 Uhr
Kommentar

Korrektur: 

Sorry Sie schrieben SO GUT WIE:

Indirekte Übertragungen wie in den von Ihnen genannten Beispielen sind ebenfalls so gut wie ausgeschlossen.


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14.04.2018, 20:27 Uhr
Antwort

Und wieso schrieben Sie dies wenn Sie doch hier absolut kein Risiko sehen. Das verstehe ich nicht und irgendwie verunsichert mich das:

oder ob Sie aus ihrem Sicherheitsbedürfnis heraus doch eine postexpositionelle Impfung Ihres Sohnes durchführen lassen wollen.

 

So eine impfung führt man doch nur durch wenn ein tatsächliches Risiko bestand, wie z.b. Fledermausbiss oder im Ausland vom Strassentier gebissen! So ist es doch aus medizinischer Sicht oder? Deswegen kann ich nicht nachvollziehen warum Sie hier die Impfung erwähnt haben?! Man impft ja nicht einfach nur so.

 

Diskussionsverlauf
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