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Aerosolübertragung Tollwut

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

07.02.2022 | 11:23 Uhr

Hallo Dr. Leidel,

mit interesse verfolge ich Ihre Beiträge und war bis heute immer stiller Mitleser. Dennoch habe ich seit heute eine Frage, welche aber durch "googeln" nicht klären konnte.

Ich habe gelsen, dass Tollwutviren über Aerosole übertragen werden können, wie z. B. beim Präperator einer Fledermaus in Schottland 2002 über den Staub. Hintergrund wie ich gelesen habe ist, dass wohl geringe Mengen auf die Schleimhaut reichen sollen um eine Infektion auszulösen. Andere Quellen sagen wiederrum, das nur eine Fledermaushöhe mit tausenden infizierten Tieren ein Faktor ist.

Bitte klären Sie mich auf, besteht beispielsweise ein Risiko wenn ich bei meinem Mauerwerk Schlitze habe, in denen Fledermäuse leben, und die Luft nach Innen zieht.

Besteht denn prinzipiell im Winter die Möglichkeit mit einer Infizierten Fledermaus in Kontakt zu kommen, da die Tiere ja eigtl. Winterschlaf halten?

Vielen herzlichen Dank im Voraus für ihre Zeit 

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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07.02.2022, 11:50 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

ich war ohnehin gerade dabei, Ihre Frage von gestern zu beantworten.

Ja, es gibt sehr seltene bzw. exotische Übertragungsmöglichkeiten, die aber in der Realität eine äußerst geringe Rolle spielen. Ein weiteres derartiges Beispiel ist die Geschichte einer jungen Frau, die von einer Reise - ich glaube aus indien - zurüpckgekehrt war und aus unklaren Gründen starb. Ihre Organe wurden transplantiert. Und die Empfänger erkrankten und starben an Tollwut – bis auf einen, der zuvor gegen Tollwut geimpft worden war. Auch der 20 Jahre zurückliegende Fall des Präparators in Schottland hat sich m. W. nicht wiederholt.

Das RKI führt zu dieser Frage aus: "Darüber hinaus wurde die Möglichkeit einer nicht Biss-assoziierten Übertragung durch Aerosole in Einzelfällen beschrieben, wobei diese von der Virusmenge im Speichel sowie der Exposition von Schleimhaut abhängt. Die Viren überleben generell nur sehr kurze Zeit in der Umwelt (außerhalb des Körpers), wobei UV-Licht und Trockenheit einen zusätzlichen negativen Einfluss auf die Überlebenszeit haben." 

Also: Die Möglichkeit einer Übertragung durch Aerosole besteht, ist aber außerordentlich selten und wird im Allgemeinen garnicht als Ansteckung bemerkt, weshalb auch keine PEP durchgeführt wird.

Für Ihr angesprochenes Beispiel mit den Schlitzen im Mauerwerk sind mir konkrete Fälle oder Verdachtsfälle nicht bekannt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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07.02.2022, 11:58 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für Ihre ausführlich Antwort. 

Als Freund von Fakten, wie würden Sie persönlich so eine Situation einschätzen, sprich mit Fledermäusen am oder im Haus und möglicher LüftZüge in den Innenraum? Ist hier vorsorglich eine Tollwutimpfung empfohlen?

und Tiere die aktuell im Winterschlaf sind, sind ja "Tollwut frei" da von Infektion bis Tod ja max. Zwei Wochen vergehen. Kann man das so sagen?

Experte-Leidel
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07.02.2022, 13:16 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Leider überschätzen Sie meine Detailkenntnisse zur aerogenen Übertragungswahrscheinlichkeit der Fledermaustollwut. Ich kenne (abgesehen von dem Fall 2002 in Schottland) keinen Fall, in dem ein Mensch durch eine aerogene Übertragung an Fledermaustollwut erkrankt ist. Und ich habe auch keine zuverlässigen Informationen über die Dauer der Inkubation bei Fledermäusen.

Beim Menschen kann die Inkubation ja sehr lang sein, was unter anderem an der evtl. großen Entfernung von Infektionsstelle (Bissstelle) bis Gehirn liegt. 

Und ich kann nur wiederholen, dass mir keine Fälle einer Übertragung durch die von Ihnen beschriebene Situation bekannt sind.

Dies soll Sie aber keineswegs daran hindern, sich vorsorglich gegen Tollwut impfen zu lassen. das würde ja wahrscheinlich Ihre Sorge allgemein reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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07.02.2022, 13:40 Uhr
Kommentar

Ich schätze Ihre ehrliche und kompetente Meinung sehr. 
Eine vorsorgliche Impfung müsste ich dann aber ja bei mir, der Frau und den Kindern vornehmen lassen weshalb das Sachverhalt schwieriger ist 

Was würden Sie denn in meinem Falle machen, alle schnellstmöglich impfen (PEP?) oder das Thema als erledigt ansehen aufgrund der Situation?

Experte-Leidel
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07.02.2022, 13:49 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Ich würde mich freuen, wenn ich den unter Schutz stehenden Fledermäusen einen Unterschlupf gewähren könnte. Und ich würde meiner Familie Verhaltenshinweise für etwaige Kontakte mit Fledermäusen geben. Dabei wäre es mir vor allem wichtig, allen klar zu machen, dass man offenishtlich kranke, am Boden hilflos flatternde Fledermäuse nicht mit bloßen Händen anfassen darf, sondern nur mit Bissfesten Handschuhen.

Und wenn ich mit der Familie z. B. eine Reise nach Indien planen sollte, würde ich uns alle vorsorglich gegen Tollwut impfen.

Ihre Sorge würde ich nicht teilen, sondern dieses Thema als erledigt ansehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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