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Chronische Analfissur

Kategorie: Innere Medizin » Expertenrat Hämorrhoiden | Expertenfrage

23.02.2023 | 17:23 Uhr

Liebe Experten,

nach nunmehr 8 Jahren ständiger auf und abs stehe ich vor meiner OP.  Der Chirurg, bei dem ich war, operiert ambulant und er schlug mir vor, eventuell Botox zu verwenden. Er meinte, es ist empfehlenswert, weil der Muskel entspannt und nicht verkrampft, was die Heilung verzögern könnte.

 

Wie sehen sie das ?

Hilft das Botox auch gegen Schmerzen ?

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23.02.2023, 17:35 Uhr
Antwort

Eine Frage hätte ich noch. Warum kommt es bei einer Fissur immer zu extremen Auf und Ab? Ein ganzes Jahr hatte ich enorme Probleme mit allem, was dazu gehört, jetzt ist, seit guten zwei Wochen wieder nichts zu spüren. Weder Enge noch Blut.

Experte Dr. Oetting
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23.02.2023, 18:20 Uhr
Antwort von Experte Dr. Oetting

Grundsätzlich muss zwischen der reinen Botox-Injektion zur Behandlung der chron. Analfissur und der Kombination von Botox und Operation unterschieden werden. Die Botox-Behandlung bei der chronischen Analfissur zeigt bessere Ergebnisse als die Nitro- oder Calciumantagonisten Therapie. Aber geringere Heilungsraten als die Operation. Man kann also eine Botox-Therapie als Versuch vor eine Operation setzen, sollte aber v.a. bei schon sehr lang bestehenden Fissuren keine zu großen Hoffnungen haben.

Bzgl. der Kombination von OP und Botox konnten bisher keine Studien einen eindeutigen Vorteil zeigen. Somit handelt es sich bei dem folgenden um einen "Expertenrat" und nicht um wissenschaftlich fundierte Fakten: Wenn ein Patient einen ausgeprägten Schließmuskelkrampf hat, dann bietet sich Botox tatsächlich "gefühlt" an, um die Heilungfsrate "gefühlt" zu verbessern. Hacken an der Botox-Therapie ist die erhöhte Rate an - normalerweise vorübergehenden - Kontinenzeinschränkungen. 

Eine Verbesserung der postoperativen Schmerzen würde ich nicht primär erwarten. Da ist es meiner Meinung nach wichtiger die Wunde im (!!) Analkanal von Anfang an mit entsprechenden Salben mit dem Finger und einem gut geformten - nicht zu flüssigen Stuhlgang - zu dehnen.

In der Hoffnung Ihnen geholfen zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ph. Oetting

Experte Dr. Oetting
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23.02.2023, 18:27 Uhr
Antwort von Experte Dr. Oetting

Warum eine chronische Analfissur nicht dauerhaft Beschwerden bereitet ist letzlich noch nicht geklärt. Möglicherweise hängt es mit begleitenden Entzündungen/Reizungen der Fissurwunde zusammen oder mit einer suboptimalen Heilung, die zwar die Beschwerden lindert, aber keine dauerhafte Stabilität bringt.

In der Hoffnung Ihnen geholfen zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ph. Oetting

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23.02.2023, 19:15 Uhr
Antwort

Guten Abend Herr Dr Oetting,

vielen Dank, dass sie sich die Zeit genommen haben, meine Fragen zu beantworten.

Bezogen auf das Botox, ging die Empfehlung nicht in Richtung alternative Behandlungsmethode seitens des Arztes. Er bezog sich auf den, zu dem Zeitpunkt der Untersuchung, sehr angespannten und verkrampften Muskel.

Leider bin ich an einem Punkt, wo ich nicht mehr weiter weiß.

Lange ging es hin und her, seit ca. 2 Jahren wird es immer anstrengender. Es geht von Fremdkörpergefühl bis ziepen, über brennen bis hin zu dem Gefühl, einer ständigen Entzündung, die ich mit mir rumtrage. Dazu gesellen sich Blutungen die inzwischen nicht mehr schmerzen und alle zwei bis drei Wochen in unterschiedlicher Intensität auftrete.

 

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23.02.2023, 23:09 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr Oetting,

mich würde interessieren, ab wann sie zu einer Operation raten. Ich war jetzt bei mehreren Chiruge und Proktologen.

Oft hörte ich das Wort Operation. Nur einer riet ab und meinte, dass er das nicht operieren würde. Letztes Jahr sagte mir einer, dass sich angeblich ein kleiner Fistelgang gebildet hätte. Zwei Monate noch davor, wo ich bei einem renommierten Proktologen war, stellte dieser, sogar schriftlich , fest, dass keine Indikation für eine Operation vorliege. Jetzt war ich, um mir noch eine Meinung einzuholen, weil die Beschwerden immer wieder aufflammten, bei einem neuen Chirugen. Er machte mit einem Instrument eine kleine Spiegelung und hielt fest, dass sich auf oder an der Narbe Polypen gebildet hätten. Von der davor diagnostizierten Fistel sprach er garnicht.Er riet mir zur Operation, weil man nicht wisse, was daraus entsteht. So habe ich es verstanden. Jetzt sitzte meine Verunsicherung richtig tief und ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. 

Experte Dr. Oetting
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24.02.2023, 09:19 Uhr
Antwort von Experte Dr. Oetting

Gehen die Probleme schon so lange, und ist die Analfissur das einzig krankhafte, was gefunden wurde und hat keine konservative Therapie bisher dauerhaft geholfen, dann würde ich Ihnen die Operation empfehlen. Mit und ohne Botox ist das die sicherste Methode, dass Sie Ihre Beschwerden los werden.

 

In der Hoffnung Ihnen geholfen zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ph. Oetting

Experte Dr. Oetting
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24.02.2023, 09:40 Uhr
Antwort von Experte Dr. Oetting

Laut Letlinien sollte eine akute Analfissur konservativ eine chronische - bei Scheitern der konservatoven Therapie - operativ behandelt werden. Nun ist die Frage was heisst akut und was chronisch. In den USA wird die Grenze zeitlich festgelegt: alles was älter als 6 Wochen (!) ist, ist chronisch. 

In Europa sprechen wir dann von einer chronischen Analfissur, wenn Zeichen einer Chronifizierung vorliegen. Das sind: ein hypertropher Randsaum (ein wulstartiger Narbenrand - kann man manchmal tasten), eine Vorpostenfalte (einem Hautläppchen am Aftereingang), ein hypertrophe Analpapille (einem polypenartigen Gebilde am innersten Punkt der Analfissur) und eine Analfistel (diese kann man meist nur bei einer Proktoskopie mit Verwendung eines kleinen Fistelhackens ertasten). 

Liegen ein oder mehrere dieser Zeichen vor - so wie offensichtlich bei Ihnen - ist die Wahrscheinlichkeit einer Heilung unter konservativer Therapie minimal und eine Operation empfohlen. 

Grundsätzlich handelt es sich aber bei einer Analfissur und Ihren sekundären Veränderungen um eine gutartige Erkrankung. D.h. Sie können sich operieren lassen um Ihre Lebensqualität zu steigern, müssen es aber nicht, da es kein Krebs ist und auch nicht zum Krebs wird.

Handelt es sich also bei den "Polypen" um die oben erwähnten hypertrophe Analpapillen, dann sind diese harmlos und bleiben harmlos.Sie können sich vergrößern und stören, bleiben aber gutartig. Sind das allerdings Polypen von der Schleimhaut des Darmes ausgehend, müssen diese auf jeden Fall entfernt werden, da diese zu Darmkrebs führen können. Eine hypertrophe Analpapille kann in der Regel jeder Proktologe von einem Darmpolypen unterscheiden. 

Der einzige Grund, wann bei einer chonischen Analfissur eine absolute Operationsindikation gegen ist, ist, wenn - auf Grund der Chronifizierung - eine Analfistel vorliegt, da eine Fistel immer mit der Gefahr eines Analabszesses und einer Blutvergiftung assoziiert ist. 

In der Hoffung Ihnen geholfen zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ph. Oetting

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24.02.2023, 11:42 Uhr
Antwort

Hallo vielen Dank, dass sie sich die Zeit nehmen mir zu antworten. Hier bekomme ich bald mehr Antworten als bei meinen ganzen Arztbesuchen. :) 

Die Narbe ist deutlich zu ertasten. Sie schmerzt auch, wenn ich gegendrücke. Das hält dann ein paar Minuten an. Eine Hautfalte ist ebenso zu spüren.
Das es chronisch ist, ergibt sich auch aus der Zeit, die das ganze jetzt schon besteht. Das sich daraus kein Krebs entwickeln kann, beruhigt mich. Das hat mir bis jetzt niemand gesagt. 
Ich tendiere aufgrund der ganzen Unstände, die OP durchzuziehen. Da es sehr oft geblutet hatte die letzte Zeit und ich eine panische Angst habe, dass sich daraus Fisteln bilden und es immer schlimmer statt besser wird. Das Risiko scheint mir zu hoch. Ebenso die Panik, wenn mal der Stuhlgang nicht so klappt, wie er soll,  die Fissur aufreißt.

Ich hoffe, dass es die richtige Entscheidung ist. Das 

Wie groß sind die Chancen, dass nach der Operation es wieder normal wird ? 

 

 

Experte Dr. Oetting
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24.02.2023, 18:29 Uhr
Antwort von Experte Dr. Oetting

Bei allem was Sie berichten erscheint mir die Operation die richtige Lösung für Ihre Beschwerden!

Natürlich gibt es in der Medizin nie 100%. Aber die Literatur gibt über alle Studien hinweg eine Heilungsrate um die 80% an, wobei ich gefühlt die Heilungsrate und Rate an Beschwerdefreiheit nach der Operation persönlich höher ansetzen würde. 

Andererseits ist es klar, dass eine Operation Narben hinterläßt. Eine narbenfreie Operation kann es nicht geben. Ich sage meinen Patienten immer: man kann ein Auto nach einem Unfall so reparieren, dass man es für ein Neuwagen hält, dass ist er aber nach dem Unfall nicht mehr. Mit anderen Worten: es gibt keine Garantie, dass es nach einer Operation wieder so ist wie früher, aber das Ziel ist in erster Linie ja auch Ihre Beschwerdefreiheit! Und die kann Ihnen die Operation wiedergeben.

In der Hoffnung Ihnen geholfen zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ph. Oetting  

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