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Corona-"Mischimpfung"

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Coronavirus-Infektionen | Expertenfrage

23.04.2021 | 07:52 Uhr

Sehr geehrter Dr. Leidel,

ich wurde Ende Februar mit AstraZeneca geimpft. Nächste Woche ist der Zweitimpftermin und man sagte mir schon, da ich unter 60 bin, dass man nun einen mRNA-Impfstoff bekommt. 

Verstehe ich das richtig: egal, welchen Impfstoff man bekommt (Vektor- oder mRNA-Impfstoff),werden Teile des Spike- Proteins in den Körper "geschleust". Nur der Transportweg ist was anderes. Demzufolge müsste ja die Wirksamkeit dieselbe sein, wie als wenn man jeweils beide Impfungen vom selben Typ bekommt?

Und noch eine andere Frage. Wie verhält es sich bei den mRNA-Impfstoffen und allergischen Reaktionen? Ich habe eine chronische Urtikaria und Angioödem, die Ursache hierfür ist unbekannt. Kann es sein, dass ich deshalb eher auf den Impfstoff reagieren könnte (ich habe gehört, dass eventuell der (PEG)-haltige Lipidnanopartikel (Hilfstoff) das auslösen kann. 

Könnte man dann einfach vorsorglich eine Fexofanandin-Tablette (die ich sonst für meine Erkrankung nehme) nehmen? Oder kann das auch die Impfreaktion herabsetzen, wie das bei vorbeugenden Paracetamol passieren kann?

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Experte-Leidel
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23.04.2021, 14:37 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

es ist richtig, dass sowohl die Vektor-Impfstoffe als auch die mRNA-Impfstoffe zu einer immunreaktion gegen die Spikeproteine des Virus führen.

Beim Vektor-Impfstoff werden direkt Spikeproteine eingeschleust, die das Immunsystem als "fremd" erkennt und Antikörper sowie dagegen gerichtete Immunzellen bildet.

Beim mRNA-Impfstoff werden nicht die kompletten Spikeproteine eingeschleust, sondern der "Bauplan" (die mRNA) für diese Proteine. Der Körper des Geimpften produziert dann die Spikeproteine und es geht weiter wie bei den Vektor-Impfstoffen.

Insofern stimmt es, dass die immunantwort des Körpers gegen die gleichen Proteine gerichtet ist. Und Sie haben recht damit, dass die erzeugte immunantwort weitgehend gleich ist.

Warum es bei den mRNA-Impfstoffen (sehr selten) zu schwereren allergischen Reaktionen kommen kann, ist noch nicht komplett geklärt. Wahrscheinlich spielt dabei tatsächlich das sog. "PEG" (Polyethylenglykol) eine Rolle. Diese Substanz ist zwar in vielen Kosmetika und auch Lebensmitteln enthalten. Aber - wie gesagt - schwere allergische Reaktionen sind äußerst selten, was nicht so richtig zusammenpasst. Ich würde vor der Impfung auf Ihre Urtikarianeigung hinweisen. Ich habe keinen Hinweis darauf finden können, dass die Einnahme von Fexofanandin die Wirksamkeit der Impfung reduzieren könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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27.04.2021, 09:58 Uhr
Kommentar

 

Sehr geehrter Dr. Leidel,

folgenden Artikel habe ich gerade gefunden: "das Gesundheitsministerium in Frankreich beschliesst eine dritte Impfung mit einem mRNA-Impfstoffs für Menschen mit starker Immunsuppression (nach Transplantation solider Organe, kürzlich durchgeführter Knochenmarktransplantationen, Dialysepatienten, Patienten mit Autoimmunerkrankungen unter starker immunsuppressiver Therapie).

Durch frühzeitiges Impfen sollten diese Patientengruppen geschützt werden. Der Impfstoff scheint jedoch bei Menschen nach Organtransplantationen, die sich einer Anti-Abstossungs-Behandlung oder einer Dialyse unterziehen, weniger wirksam zu sein. So ergab eine Studie der Johns Hopkins, dass nur 45% der geimpften Immunsupprimierten Antikörper bildeten. Die verbleibenden 55% haben eine negative Serologie.

In den letzten Wochen hat die „Société frankophone de transplantation“ 33 transplantierte und zweifach geimpfte Personen identifiziert, die trotz Impfung mit SARS CoV2 infiziert wurden. Von denen wurden mindestens 8 wegen einer schweren Form von Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert, drei starben.

Die Conseil d'orientation de la stratégie vaccinale (COSV) empfiehlt für das weitere Vorgehen bei Transplantierten, Immunsupprimierten und Dialysepatienten unter anderem:

  • die Vorrangige Impfung ihrer Angehörigen, die unter einem Dach leben
  • eine dritte Dosis des routinemäßigen mRNA-Impfstoffs, vier Wochen nach der zweiten Dosis oder so bald wie möglich
  • es muss sicher gestellt sein, dass die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die sie behandeln, selbst geimpft sind
  • Durchführung quantitativer AntiS-Serologien vier Wochen nach der 2. und 3. Dosis
  • Entwicklung klinischer Studien zur Bewertung verschiedener Ansätze zur Stärkung des Impfstoffs
  • betroffenen Patienten müssen unverzüglich über die von ihnen eingegangenen Risiken und die Empfehlungen informiert werden.

Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem, die demzufolge trotz einer doppelten Impfung teilweise einem, wenn auch reduzierten Risiko für einen schweren Covid-19 - Verlauf ausgesetzt sind, ist die Aussicht auf eine weitere Impfung eine große Hoffnung.

Betroffene sollten zum eigenen Schutz ihre Zahl der Antikörper ca. 3-4 Wochen nach der zweiten Impfung testen lassen."

Das verunsichert schon wieder. Meine letzte Infusion mit Rituximab ist am 06.08.2020 gewesen. Der Nephro sagte mir Ende März bei meinem Termin, dass beim Impfen die Immunantwort herabgesetzt sein kann. Also wäre ja lt. seiner Aussage möglich, dass die B-Zellen noch nicht so da sind, wie normal? Das verunsichert wirklich, zumal ich ja nun ein Astrazeneca/Biontech-Mischkandidat werde...Sollte ich wirklich mal nach der 2. Impfung 4 Wochen danach einen Antikörper-Test machen lassen? 

Experte-Leidel
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27.04.2021, 14:14 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

Impfungen bei Immunsuppression sind immer ein gewisses Problem, da ja gerade das immunsystem geschwächt wird, das andererseits den Impferfolg sicherstellen soll.

Die europäische Zulassungsbehörde (EMA) hat keine Kontraindikation der zugelassenen Impfstoffef ür Menschen unter immunsuppression ausgesprochen. Allerdings wird in den Produktinformationen darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit der Impfstoffe bei Menschen mit Immunschwäche oder unter Immunsuppression geringer ist.

Eine Empfehlung wie in Frankreich ist in Deutschland bisher nicht ausdrücklich ausgesprochen worden. Aber natürlich besteht das Problem auch hier.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat ihre Empfehlungenfür die medizi­ni­sche Versorgung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der SARS-CoV-2-Pandemie aktuali­siert. Diese Aktualisierung ist wahrscheinlich auch für sie hilfreich:

COVID-19-Impfung: Abstand zu Rituximab wahren

Aufgrund seiner über Monate anhaltenden immunsupprimierenden Wirkung ist Rituximab, welches als Infusion in halbjährlichen bis jährlichen Abständen verabreicht wird, auch der einzige Wirkstoff, bei dem die DGRh-Experten besondere Vorkehrungen bei einer Impfung gegen SARS-CoV-2 empfehlen.

Die Impfung sollte frühestens vier, besser sechs Monate nach einer letzten Gabe von Rituximab erfolgen“, sagte Christof Specker, Direktor der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie des Kli­nikums Essen-Mitte und Sprecher der COVID-19-Kommission der DGRh. Vorher verabreichte Impfungen zeigten nur eine stark abgeschwächte Wirkung.

Da Ihre letzte Behandlung mit Rituximab jetzt 8 Monate her ist, sollte eine jetzt geplante Impfung eigentlich eine gute Wirkung zeigen.

Unabhängig davon spricht m. E. nichts dagegen, wenn Sie mit einem Mindestabstand von 14 Tagen zur Impfung (kann auch mehr sein) eine Antikörperbestimmung durchführen lassen. Das können Sie ja mit Ihrem Hausarzt besprechen.

Unabhängig von all dem kann ich mir gut vorstellen, dass das Auftreten von Virusmutanten ein Grund für eine zusätzliche dritte Impfung mit einem angepassten Impfstoff (geht bei mRNA-Impfstoffen relativ leicht und schnell) sein könnte.

Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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28.04.2021, 09:45 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel, 

genau am 06.08.2020 habe ich die letzte Infusion Rituximab bekommen. Am 24.02.2021 hatte ich dann die Impfung mit Astrazeneca und gestern, am 27.04.2021 die 2. Impfung mit Biontech. 

Wenn ich jetzt die Empfehlung der Gesellschaft für Rheumatologie sehe, müsste es ja mit den 6 Monaten richtig sein, denn diese waren ja am 06.02.2021 rum? Also ist dahingehend schon alles richtig gelaufen?

Bis wann spätestens sollte man einen Antikörpertest im Blut machen: also frühestens nach 2 Woche und spätestens?

Vielen Dank. 

Experte-Leidel
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28.04.2021, 14:07 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

nach 1 bis 2 Wochen bilden sich die Antikörper. danach fallen sie langasm wieder ab. Nach unterschiedlich langen Zeiten (mehreren Monaten) verschwinden sie dann auch wieder. Und wenn sie verschwunden sind, wurde der Test zu spät durchgeführt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. jan Leidel 

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04.05.2021, 09:00 Uhr
Kommentar

Sehr geehrter Dr. Leidel, 

ich habe soeben folgenden Artikel gefunden: 

- Auszug aus Artikel entfernt- Also sollte man sich mit Ocrelizumab, Rituximab...nicht in falscher Sicherheit wiegen? Nun habe ich dazu noch eine Verständnisfrage: Wenn man, wie z.b. von der Gesellschaft für Rheumatologie empfohlen mindestens 6 Monate nach der letzten Infusion impft, ist dann trotzdem zu erwarten, dass die Impfreaktion beeinträchtigt ist? Das wiederum würde erklären, warum ich diesen Infusionspass 2 Jahre nach letzter Infusion mit mir führen muss?

Sollte es generell Auffrischimpfungen geben, was ich denke, dann muss man ja wieder diese 6 Monate warten, ehe man überhaupt impfen sollte. Das wird unter diesen Medikamenten problematisch. Wie das dann außerdem noch funktionieren soll: ich musste schon wochenlang wegen einer Pneumokokken-Impfung hinterherrennen. Alles weg. Der Hausarzt durfte auch nichts aufheben für so einen Fall, dann habe ich mehrere Apotheken anrufen müssen, ob sie noch Pneumokokken-Impfstoff haben, vorher mit der Grippeimpfung derselbe "Spaß".....Was soll das werden?  :oops:  Man hat ja dann zwischen den Infusionen nur bestimmte Zeitfenster... Ich verstehe auch nicht, warum man nicht hätte die Impfung aufheben können, ich habe sie auch hier im Kühlschrank einzeln als Spritze verpackt?

 

 


17.05.2021 14:02 – Beitrag von der Redaktion bearbeitet.

Experte-Leidel
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07.05.2021, 17:44 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend,

zunächst möchte ich mich für die verzögerte Antwort entschuldigen. Aus noch nicht ganz geklärten Gründen habe ich den üblichen Hinweis auf Ihre Frage nicht erhalten (und ich selber durchforste das Forum nicht regelmäßig).

Aber jetzt zu Ihrem Anliegen: Beim Pneumokokken-Impfstoff hat es tatsächlich längere Lieferengpässe gegeben. Die genauen Gründe kenne ich auch nicht. Aber es ist ja gut, dass Sie letztlich geimpft werden konnten.

Hinsichtlich der Impfung gegen Covid-19 kann ich natürlich auch nicht zaubern. Der interessante Artikel aus JAMA geht ja offenbar nicht konkret auf den Abstand zwischen letzter Suppressions-Behandlung und impfung ein. Ich würde hier zunächst einmal den Rheumatologen hierzulande trauen (besser kann ich es ja auch nicht wissen).

Und Sie können sicher davon ausgehen, dass die Abstände zwischen den weiteren Auffrischimpfungen nicht mit der Stopp-Uhr geplant werden.  Es wird sicher möglich sein, da vernünftige zeitliche Abläufe zu schaffen. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

Diskussionsverlauf
Corona: Welche Symptome sind möglich?

Die wichtigsten Fakten zum Coronavirus im Überblick und der aktuelle Impfstatus in Deutschland →

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