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Corona, Asthma und Cortison

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Coronavirus-Infektionen | Expertenfrage

14.03.2020 | 10:46 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

 

ich habe folgendes Problem: Seit meiner Kindheit habe ich allergisches Asthma (Hasel, Erle, Birke) – als Kind hatte ich auch (ich glaube zwei) Lungenentzündungen. Ich wurde seitdem mit verschiedenen cortisonhaltigen Sprays und auch Notfallsprays (wie Salbutamol) behandelt. In meiner Jugend hat sich das ganze tendenziell gebessert und ich konnte die meisten Jahre ganz auf das Cortison verzichten, das Salbutamol habe ich meist nur wenige Male in der Pollensaison gebraucht (wenn es etwa lange nicht geregnet hatte, windig und warum war). Im letzten Jahr hatte ich allerdings wieder, vor allem im April zur Hochsaison der Birke (die immer am schlimmsten von den drei Frühblühern ist), starke Atembeschwerden. Zunächst habe ich zwei bis dreimal täglich das Salbutamol benutzt (100 Mikrogramm jeweils), nachdem es sich deutlich gezeigt hat, dass das nicht dauerhaft ausreicht und sinnvoll ist, bin ich zu einem Arzt und habe mir ein Cortisonspray verschreiben lassen (Budesonid, 100 oder 200 Mikrogramm einmal täglich, bin mir bei der Dosierung unsicher). Das hat es ganz gut in den Griff bekommen und Mitte Mai habe ich es ohne Probleme absetzen können.

 

Angesichts von Corona bin ich vor etwa 10 Tagen zu einer Hausärztin gegangen und habe mir Budesonid (200 Mirkogramm, Dosieraerosol) und Salbutamol (100 Mikrogramm Dosieraerosol) verschreiben lassen. Sie meinte es wäre durchaus sinnvoll jetzt bereits mit dem Cortison anzufangen (das war zunächst auch mein Gedanke), dass meine Lunge bei einer möglichen Coronainfektion nicht schon durch das Asthma vorgeschädigt ist bzw. ich generell geschwächt bin. Seitdem nehme ich einmal täglich das Budesonid.

 

Jetzt schreibt das RKI allerdings: „Für Patienten mit unterdrücktem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht, oder wegen Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken, wie z.B. Cortison) besteht ein höheres Risiko [für einen schweren Krankheitsverlauf.]

 

Ich habe das Gefühl, ich befinde mich in einer ziemlichen Zwickmühle: Cortison nehmen und damit meine Immunabwehr (in der Lunge!) schwächen oder Asthma riskieren (welches dieses Jahr vielleicht keine oder nur minimale Probleme machen wird, das ist unklar) und damit die Lunge noch mehr Stress aussetzen. Können Sie mir weiterhelfen, wie schätzen Sie das Risiko der beiden Alternativen ein?

 

Ich habe bereits versucht beim Lungefacharzt deshalb einen Termin zu bekommen, aber das ging erst im Mai, bis dahin hat sich diese Frage ohnehin weitgehend (für dieses Jahr) erübrigt. Außerdem möchte ich deutlich sagen, dass die beschriebene Hausärztin mich und meine Krankengeschichte kaum kennt. Ich bin in den letzten Jahren oft umgezogen, sodass es in meinem Umfeld keinen Arzt und keine Ärztin gibt, bei der ich das Gefühl hätte, dass sie die Frage auf Basis meiner Krankengeschichte im Moment gut einordnen könnte.

Zum Schluss: Ich bin Mitte 20 und jenseits des Asthmas vergleichsweise fit.

 

Haben Sie vielen Dank, ich sende freundliche Grüße!

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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14.03.2020, 14:09 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag tree,

ach, wären doch alle Fragen an mich so vernünftig und so gut zu beantworten.

Das Budesonid wirkt örtlich, also dort, wo es aufgebracht wird. bei ihnen sind das wegen des Spays die oberen Atemwege. Bei einer solchen örtlichen Anwendung haben Corticoide praktisch keine immunsuppressive Wirkung.

Und sollte das Medikament durch irgendeinen Zufall einmal ins Blut gelangen, wird es sehr schnell in der Leber abgebaut.

Fazit: Nehmen Sie ihr Dosierspray. Ihr Risiko bei einer etwaigen Infektion mit dem neuen Coronavirus wird dadurch nicht erhöht.

Ihnen ein schönes Wochenende und bleiben sie gesund.

Dr. Jan Leidel

Experte-Leidel
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14.03.2020, 14:15 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

ich habe offenbar auf einen falschen Knopf gedrückt, weshalb das System noch eine antwort fordert. Das soll sie sein und jetzt schicke ich es ab.

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14.03.2020, 17:20 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Dr. Leidel,

dankeschön für die schnelle (und beruhigende Antwort). Falls Sie noch die Zeit für eine Rückfrage zum besseren Verstädnis finden: D.h. Immunsupression findet nie einfach lokal statt, sondern immer im ganzen Körper? Bisher hatte ich mir es so vorgestellt, dass meine Abwehrzellen in der Lunge dann geschwächt wären, was aber anscheiend nicht stimmt?

Ihnen auch ein schönes Wochenende!

Experte-Leidel
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14.03.2020, 18:06 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

ja, tree,

das immunsystem ist ein sehr komplexes System von Organen und verschiedenen Zelltypen. Vor Ort, also lokal, findet man die "Immun-Polizisten", Zellen, die sich in diesem komplexen System gebildet haben, eine gewisse Spezifität erhalten haben und vor Ort für Ordnung sorgen. Entstanden und geprägt worden sind sie in dem Netzwerk des immunsystems.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

Experte-Leidel
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16.03.2020, 21:56 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend tree,

der User  saison 20 hat mich auf folgende zumindest Ungenauigkeit bei meiner Antwort an Sie aufmerksam gemacht:

:Guten Tag Herr Dr. Leidel, ich habe noch eine Zusatzfrage zum Beitrag https://fragen.lifeline.de/expertenrat/frage/Expertenrat-Coronavirus-Infektionen/Corona-Asthma-und-Cortison?threadId=15115355. Ich befinde mich in einer ähnlichen Situation wie der Fragesteller und finde Ihre Antwort auch sehr beruhigend. Aber wie erklärt sich die erhöhte Infektanfälligkeit im Rachenraum bei der Verwendung von z. B. Budesonid? Resultiert diese nicht auch aus der Verminderung der lokalen Immunabwehr? Vielen Dank und freundliche Grüße.  

Hier meine Antwort an ihn:

Guten Abend saison 20,

Ihr Einwand ist berechtigt! ich habe da etwas zu kurz gedacht. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich in meiner bisherigen Tätigkeit (Schutzimpfungen) sehr vorrangig das Immunsystem als Ganzes gesehen habe. Bei einer allgemeinen immunsuppression kann es sein, dass Impfungen besser nicht erfolgen, weil das immunsystem den Schutz nicht entsprechend aufzubauen vermag. Bei einer lokalen Anwendung gibt es diese Einschränkung nicht.

Aber "vor Ort" können Corticoide tatsächlich die "Immunpolizei", also die Abwehrzellen vor Ort beeinträchtigen. Die Abwägung zwichen Absetzen des Corticoid-Sprays unter Inkaufnahme einer Verstärkung des Asthmas oder der Fortführung der ja nicht gerade übermäßigen Corticoid-Inhalation unter Inkaufnahme eines (vielleicht) höheren Risikos einer Infektion würde für mich aber dennoch im Sinne meiner Antwort ausfallen.

Das Asthma als möglicher Risikofaktor ist tatsächlich und real vorhanden. Ob eine Infektion (deswegen?) eher auftritt, ist spekulativ.

Also: Mein Rat an Sie bleibt bestehen, die Begründung muss ich wie vorstehend "nachbessern".

Mit freundlichen Grüßen - und bleiben Sie gesund

Dr. Jan Leidel

 

 

 

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Die wichtigsten Fakten zum Coronavirus im Überblick und der aktuelle Impfstatus in Deutschland →

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