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Astrazeneca und Abstand Impfung Biontech

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Coronavirus-Infektionen | Expertenfrage

31.03.2021 | 16:35 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr Leidel,

ich wende mich mit Fragen an sie die mich umtreiben. Ich hoffe Sie können mir diese beantworten, da sie selbst Vorsitzender der Stiko waren.

Zuerst meine Frage zu Abständen der Impfung.

War um ist man in deutschland von Seiten der Stiko und der Politik nicht so pragmatisch und mutig und impft wie in England oder von Prof Lauterbach vorgeschlagen mit 12 Wochen Abstand?  Laut Professor Lauterbach wäre man dann Ende Juni mit Erstimpfungen durch und würde dadurch unglaublich viele schwere Erkrankungen und Todesfälle vermeiden. Auch wenn leichte Erkrankungen etwas häufiger wären. Warum kann man da nicht mal pragmatisch vorgehen? Es geht doch  um Menschenleben. Ist Deutschland zu bürokratisch? Nur weil die Zulassung anders aussagt?

Die zweite Frage betrifft die Verwirrung um Astra. Soeben hat die EMA ausgesagt, dass es keine altersbedingten Todesfälle bzw Thrombosen sieht. Auch England hatte da bisher keine Aufflligkeiten.

Wissen wir Deutschen das wieder besser? Oder was stimmt denn nun?

Was ist denn die Folge? Auch die älteren Mitbürger haben nun Angst vor Astra  und sa gen diese Termine ab. Wenn das elektronsch vergeben wird, dann muss man nur oft genug absagen bis man zufällig Biontech Termin bekommt.

Das kann doch auch keine Lösung sein.

Ich hoffe sie können mir hier weiterhelfen. Sie hatten mir bisher immer sehr gut, verständlich und ausführlich geantwortet.

 

Alles Gute und frohe Ostern.

 

 

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Experte-Leidel
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01.04.2021, 12:50 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

Ihre Fragen verstehe ich gut, kann diese aber auch nur zum Teil beantworten. Die STIKO hat 2011 damit begonnen, ihre Empfehlungen Evidenz basiert zu entwickeln, also auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen "Beweise". Einzelheiten können sie auf der Website der STIKO nachlesen:

https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Aufgaben_Methoden/methoden_node.html;jsessionid=3F1927FBE21C3DE472CF0B42CEB98DC8.internet081

Diese Vorgehesweise hat auch international viel Zustimmung erfahren. Und sie ist sicher die beste Grundlage immer dann, wenn es "Beweise", also Evidenz, auch tatsächlich gibt. Fehlen diese Beweise, bleibt eigentlich nur die Besinnung auf den "Gesunden Menschenverstand".

Dieses Problem wurde vor vielen Jahren einmal (scherzhaft) in einer renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift (ich glabe, es war das "British Medical Journal") behandelt. Es ging um die Frage, ob es sinnvoll sei, beim Verlassen eines Flugzeugs in großer Höhe einen Fallschirm anzulegen. Die Frage ließ sich nicht entscheiden, denn es gab weder sog. "Doppel-Blind-Versuche" noch anderweitig vorhandene Evidenz.

Und beim Impfstoff von Astrazeneca gab es in den Zulassungsstudien zu wenig Probanden im Alter von über 65 Jahren. Das hat die EMA nicht gestört. Diese Europäische Zulassungsbehörde hat sich gesagt, dass ein Impfstoff, der von 18 bis 65 Jahre prima wirkt, dies höchstwahrscheinlich auch noch weiter tut. Der STIKO fehlten jedoch die Beweise. Und so hat die Begrenzung durch die STIKO dem ohnehin ungeliebten Impfstoff einen weiteren Makel angeheftet.

Das Problem der thromboembolischen Zwischenfälle ist grundsätzlich etwas schwieriger, weil es hier ja schließlich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit um eine u. U. tödliche Nebenwirkung des Impfstoffs geht. 

Nachdem bereits mehrere Kliniken jüngere Frauzen nicht mehr mit AstraZeneca impften und sich auch einige Bundesländer zu diesem Schritt entschieden hatten, hat auch die STIKO ihre Empfehlung geändert und empfiehlt nunmehr den Impfstoff von AstraZeneca nur noch für Personen ab 60 Jahren. Die Diskussionen, die bei uns darüber geführt werden, haben natürlich eine gewisse Berechtigung, auch wenn die EMA, Großbritannien, Österreich und andere mehr einen anderen Weg gehen.

Wenn dies nicht zu einer Verzögerung bei den impfungen führt, ist dieser Schritt ja auch vernünftig. Wenn sich dadurch allerdings die Impfungen verzögern, könnte der Effekt zu mehr Todesfällen (an Covid-19) führen als das bisherige Vorgehen.

Mit freundlichen Grüßen 

Dr. Jan Leidel

 

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