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ARBEITSSICHERHEIT

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Coronavirus-Infektionen | Expertenfrage

01.05.2020 | 01:26 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr Leidel,

Ich seit ca 8 Wochen im Homeoffice wegen Corona. Seit dieser Woche beginne ich wieder tageweise im Büro zu arbeiten.

Mir macht zu schaffen, dass die Kollegen keinen Abstand halten. 

Ich versuche zwar soweit als möglich Abstand zu halten. Es ist aber nicht immer möglich, bzw Kollegen unterschreiten den Abstand. Gestern saß ein Kollege wegen eines Problems 5 min bei mir.

Heute hatten wir Führungsrunde. Das war ein Meeting von 45 min. Zu sechst auf ca 10 bis 15m2.

Ich kam etwas später und war völlig überrumpelt. Niemand hatte Maske auf. Ich setzte dann leider deswegen auch keine auf. Habe mich dann zwar ca 1.5m weg ans gekippte Fenster gesetzt, aber ich befürchte Gesetz dem Fall jemand aus der Runde ist infektiös , dass ich trotzdem angesteckt sein könnte. Bei 6 Personen auf 10 bis 15m2.

Ich sprach mit einem Kollegen danach. Sie sehen das nicht so ernst. Bei uns im Landkreis sind seit 7 Tagen keine Infizierten gemeldet worden. Und das Leben muss weitergehen.

Was meinen Sie ? Ist das Lebensrisiko? Oder kann ich mich wehren ? Habe danach ein Blatt an meinem Schreibtisch im Großraumbüro angebracht mit Bitte um Abstand mind 1.5m.

Aber wie kann ich das dem Chef beim nächsten Meeting kommunizieren?  Ich befürchte ich habe berufliche Nachteile wenn ich mich wehre.

Oder gibt es rechtliche Festlegungen mit 1.5m. Ich lese immer nur von Abstandsgebot.

 

Was meinen Sie? Vielen Dank.

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01.05.2020, 01:28 Uhr
Antwort

Seit Wochen leben meine Familie wie Einsiedler und halten uns an alle Vorgaben . Unsere Kinder sind Zuhause.

Und kaum gehe ich wieder ins Büro steigt die Gefahr dermaßen, da sich niemand an die Regeln hält.

Ich bin scheinbar der einzige den es stört

Experte-Leidel
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01.05.2020, 13:17 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

das sind schwierige Fragen, die eigentlich auch die Kompetenz eines Arztes übersteigen.

Sie gehören zu den vielen Menschen, die das Risiko einer Infektion durch das neue Corona-Virus sehr ernst nehmen und alles tun möchten, um sich und Ihre Familie möglichst gut zu schützen.

Manche sehen das aber auch anders, unterschätzen das Risiko und verstehen nicht, warum sie überhaupt die aus gutem Grund getroffenen Maßnahmen einhalten sollen.

Es liegt auf der Hand, dass es da zu Konflikten kommen kann.

In Ihrem Landkreis, in dem seit 7 Tagen kein Fall mehr bekannt wurde, ist das Infektionsrisiko wahrscheinlich gering, aber es ist natürlich nicht Null. Sie können versuchen, mit Ihren Kollegen zu sprechen, und diese bitten, auf Ihre Besorgnis Rücksicht zu nehmen und die ja bekannten Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Dabei geht es ihnen wohl vernünftigerweise besonders um den Sicherheitsabstand und die ja bekannten Hygienemaßnahmen (Händewaschen, Husten und Niesen in die Armbeuge usw.). Das mit den Masken ist schwieriger. Die einfachen Mund-, Nasenschutzmasken schützen ihren Träger nur wenig. Aber wenn ein Infizierter eine MNS-Maske trägt, schützt er dadurch seine Umgebung. Es ist lästig und für manche Menschen mit Atemproblemen kaum möglich, einen ganzen Arbeitstag solche Masken zu tragen. Man kann sie aber auch nicht einfach immer wieder auf- und absetzen. Dann müsste man jedesmal die Hände mindestens gründlich mit Seife waschen und streng genommen auch die Maske wechseln oder zwischendurch desinfizieren.

Es kann sein, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen bei gutem Arbeitsklima Ihre Bitte respektieren. Dann sage ich Glückwunsch zu Ihrem Arbeitsplatz. Es kann aber auch sein, dass man Sie nicht ernst nimmt und sich über Sie amüsiert.

Dann müssen wir die rechtliche Situation ansprechen. Sie haben bei einer früheren Frage einmal Österreich erwähnt. Die dortige Rechtssituation kenne ich noch weniger als die deutsche. Aber es dürfte ähnlich sein.

Für Deutschland gibt es eine gute Zusammenfassung auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/sars-cov-2-arbeitsschutzstandard.pdf?__blob=publicationFile&v=1). Auch das Arbeitsschutzgesetz bietet Hinweise. Verantwortlich für den Arbeitsschutz ist grundsätzlich der Arbeitgeber, der das an Arbeitsschutzbeauftragte und drgl. übertragen kann.

Sollte es einen Betriebsrat geben, müsste dieser Sie unterstützen.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Ausführungen etwas helfen und wünsche ihnen viel Erfolg und natürlich Gesundheit.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

 

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01.05.2020, 22:59 Uhr
Antwort

Guten Abend Herr Dr Leidel,

 

Vielen Dank für ihre Ratschläge. Diese helfen mir sehr. Ich habe seit Jahren Angststörung  vor Krankheiten. Aber ganz gut im Griff gehabt, aber seit Corona ist es schlimmer geworden. 

Ich habe daher vor 3 Wochen such ein angstlösendes Medikament verschrieben bekommen.

Wirkt ganz gut.

Aber seitdem ich aus dem Homeoffice zurück bin und merke, dass die Abstände nicht eingehalten sind , bin ich doch wieder sehr nervös.

Seit einer Stunde kitzelt der Hals und ich muss ab und zu husten...

Das macht mich unglaublich nervös und ängstlich.

Mir ist bewusst, dass ich nicht bis zum Ende der Pandemie zu Hause bleiben kann und ich wieder auf Arbeit muss, aber das mit dem Abstand muss ich klären.

Zudem weiß ich, dass ich mit Mitte 40 kein Risikopatient bin. Habe keine Voerkrankung und bin nicht adipös.

Aber leider lese ich halt immer nur von den schwer erkrankten jungen Menschen. Ich weiß,  dass das egoistisch ist und es viel mehr Leute gibt die sich viel größere Sorgen machen müssen. Aber das ist wohl ein Zug meiner Angststörung. 

Die Zusammenfasdung des Bundesministeriums nehme ich am Montag mit zu meinem Chef und bitte ihn um Verständnis.

Alles Gute für Sie und Danke wieder einmal für ihre Hilfe.

 

Experte-Leidel
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02.05.2020, 12:09 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

danke für Ihre Rückmeldung. Dass die gegenwärtige Situation Ihrer Angst nicht gut tut, ist mir schon klar. Deswegen habe ich auch so ausführlich geantwortet.

Ich finde es gut, dass Sie Ihren Chef auf die empfohlenen und sicher sinnvollen Dinge wie z. B. Abstandsregelung ansprechen wollen. Und ich denke an einen Satz, der mir in diesem Zusammenhang im Gedächtnis ist: "Nur wer Angst hat, kann mutig sein." Im "Balance buch + medienverlag" ist ein Buch erschienen, das Ihnen vielleicht eine Hilfe sein könnte: "Hasenherz und Sorgenketten. Mein Leben mit der Angst".  Ich kann es jedenfalls empfehlen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und eine gute Gesundheit.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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