Hallo,
bevor ich mich wieder abmelde, möchte ich noch ein paar eigene Erfahrungen schildern. Hier fragen sich ja viele in der Prä- oder Perimenopause, ob das jetzt immer so weiter geht mit den Beschwerden und ob eine ernsthafte Krankheit dahinter steckt. Sicher ist es bei jeder anders, aber vielleicht interessiert es ja als Fallbeispiel.
Und vorweg: Ja, es wird wieder besser!
Seit den 2010er Jahren bin ich heftig in den Wechseljahren, wahrscheinlich aber schon viel länger, denn es war ein sehr schleichender Prozess. Dann aber deutliche Veränderungen wie Zyklus kürzer, größere Lücken, Regelschmerzen stärker, Regel schwächer, starker Mittelschmerz tagelang, zwei Wochen PMS mit Depri, Schwitzen, Brustspannen, Blähbauch, Depressionen, schlechte Laune… Damals habe ich mit Progesteroncreme von Biovea angefangen und Speicheltests in Serie gemacht.
Der Höhepunkt der Beschwerden mit einigen Monaten krank zu hause war tatsächlich rund um die letzte Blutung, das weiß ich im nachhinein. Jahrelang hatte ich mehr als ALLLE Beschwerden, die auf der Liste mit den 34 Symptomen stehen (außer Zungenbrennen und Blase). Das war auch die Zeit der Panikattacken, Krankheits- und Todesängste, Notaufnahmen, endlosen Arzttermine bei Fachärzten aller möglichen Disziplinen. Immer auf der Suche nach einer Ursache/Diagnose und einer LÖSUNG. Die Zeit, wo man verzweifelt, wenn es wieder nur unauffällige Laborwerte gibt, die die Beschwerden nicht erklären (oder man fängt an, geringste Abweichungen als Krankheit hochzustilisieren). Übrigens auch die Zeit, in der ich alternativen Behandlern das Geld in den Rachen geschmissen habe. Genützt hat alles letzten Endes nichts. Ich bin eigentlich körperlich gesund - aber leider ist diese schöne Nachricht in dieser schlimmen Phase nicht zu mir durchgedrungen.
Inzwischen sind jedoch viele Beschwerden einfach wieder verschwunden, manche dauern an, aber ich bewerte sie nicht mehr über (nein: das Kribbeln in den Unterschenkeln ist kein Anzeichen für MS ….). Worüber ich sehr dankbar bin, ist, dass das Gehirnschwappen und die Konzentrationsstörungen weitgehend verschwunden sind. Lange hatte ich totale Angst, meine geistigen Fähigkeiten zu verlieren. Der jahrelange Dauerschwindel ist wieder weg, ebenso die Panik und Platzangst (Bus, Bahn, Kino ging nicht mehr …).Auch die Todesängste abends im Bett sind wieder auf ein normales Maß zurückgegangen. Herz und Blutdruck haben sich beruhigt. Ich bin nicht mehr so weinerlich und den Stimmungsschwankungen ausgesetzt. Selbst der Haarausfall ist zurückgegangen.
Was negativ bleibt: heftige Gewichtszunahme, Taille weg, manche Nahrungsmittel vertrag ich nicht mehr, Sodbrennen, trockene Augen/Nase -> Schnarchen, kaum noch Libido, zeitweise Anlaufschwierigkeiten/ Schmerzen in Füßen und Rücken v. a. beim Aufstehen („wie eine alte Frau“) an die ich mich aber mittlerweile gewöhnt habe, Schmerzen in den Fingergelenken (erträglich, kein Rheuma ), manchmal Bluthochdruck, Wetterfühligkeit und Sonnenempfindlichkeit, Geräusch- und Geruchsempfindlichkeit sind stärker geworden. Die Belastbarkeit ist insgesamt geringer als früher.
Seit einigen Jahren mache ich eine niedrig dosierte HET (Utrogest/Gynokadin) und nehme diverse Vitamine (D, B), Eisen, Magnesium, Selen, Omega3, viel Baldrian und Weißdorn, einige homöopathische Mittel. Ernähre mich schon immer vegetarisch, keine Drogen, keine Zigaretten, kein Alkohol (vielleicht zeigt das jetzt im Alter seine positiven Effekte).
Was habe ich gelernt (oder versuche ich zu lernen)?
Mehr als die Medikamente hilft mir, meine Bedürfnisse und Instabilität zu akzeptieren und nicht die Maßstäbe anderer an mich anzulegen (keine leichte Übung). Mir ein „dickeres Fell“ zulegen und versuchen, deshalb keine Schuldgefühle zu haben. Einige Dinge gründlich zu verändern, damit ich wieder besser in mein Leben passe bzw. mein Leben zu mir. Alte Geschichten mithilfe einer Therapie aufzuarbeiten, denn die Wechseljahresbeschwerden sind zum Teil Symptome für ganz was anderes. Es ist schon ein bestimmter Typ Frau (da schließe ich mich ein), die besonders unter den Wechseljahren leiden. Und: nicht die Patientinnenrolle zu sehr zu pflegen; versuchen, docj irgendwie am Leben teilzunehmen (nein, ich werde beim Lidl an der Kasse nicht tot umfallen…). Im Rückzug ins private, alleine zu Hause wird das Gedankenkreisen und die Angst nur noch stärker. Das belastet auf Dauer selbst die beste Beziehung - und auch Männer haben ihre Probleme mit dem Älterwerden.
Nicht auf Ärzte zu vertrauen: die Einweisung wegegn Schlaganfallverdacht, die Lumbalpunktion wegen Verdacht auf MS und die verzweifelte Suche nach anderen Diagnosen wie Fibromyalgie oder Rheuma war der traurige Höhepunkt einer Schulmedizin, die nicht in der Lage ist, Wechseljahre zu erkennen… Aber die kostenlosen Dinge, die auch das schulmedizinische System bietet, zu nutzen: Schmerztherapie, psychosomatische Reha, Psychotherapie. Sich davon die Dinge bewahren, die mir guttun und die auch Zuhause weiter machen. Und mir mein persönliches Mantra vorsagen, wenns mir schlecht geht (klappt leider noch nicht immer…).
Nicht zuletzt eine gewisse Demut. Und auch mal loslassen können: dem Körper trotz dem Sch..., den er in den Wechseljahren veranstaltet, zu vertrauen und generell nicht alles interpretieren und konktrollieren wollen. Eine für mich sehr schwere, aber mittlerweile auch irgendwie befreiende Erfahrung.
Bis heute habe ich unendlich viele Dinge ausprobiert, habe sehr viel gelesen und bin durch die vielen Untersuchungen auch mit so manchen Nebenbefunden konfrontiert worden – das hat sehr viel Energie gekostet, aber mitterweile habe ich so mein Ding gefunden. Ob ich nun deshalb gelassener bin, weil ich weiß, ich hab nichts schlimmes … kann ich nicht sagen. Genauso, wie man irgendwann mit seinen Kindern nach der Pubertät wieder normal und dann auch erwachsener reden kann, merke ich nun, daß sich schlichtweg mein Denken verändert hat. Was Hormone nicht alles bewirken…!
Also Ladies, es kommen wieder bessere Zeiten – aber es heißt nicht umsonst WechselJAHRE.
Ich habe auch nicht gedacht, dass es so lange dauert und so heftig ist. Frau kommt da nicht mit einer einfachen Patentlösung durch und es gibt auch kein Zurück zu einem idealisierten früheren Zustand. Es ist einfach ein Entwicklungsprozess, für den Körper und Seele viel Zeit brauchen. Dann kommt ein neuer Abschnitt, vielleicht mit neuen Rollen und neuen Möglichkeiten ...und manchmal fühlt sich das schon ganz gut an.
Viele Grüße und alles Gute!