Sehr geehrter Herr Dr. Frommelt.
Seit etwa 4 Wochen habe ich Beine wie Blei, d.h. treppauf und Steigungen machen erhebliche Kraftprobleme beim Laufen (treppabwärts gibt es kein Problem) und das Beinüberschlagen funktioniert nur noch mit Hebeunerstützung der Hände.
Mittlerweile ist eine Kathederuntersuchung des rechten Beines ohne Befund durchgeführt worden (kein Verschluss) und auch das CT der Lendenwirbelsäule zeigte keine Auffälligeit (Bandscheibenvorfall ?). Nun soll eine Muskel- und Nervenmessung beim Neurologen durchgeführt werden. Wäre es nicht besser direkt in eine neurologische Abteilung eines Krankenhauses zu gehen (stationär) um Kopf, Karotis, Spinalkanal u.ä. durchchecken zu lassen?
Vielen Dank für Ihre Einschätzung.
Mit freundlichem Gruss. Manfred S.
Beine wie Blei
Kategorie: Neurologie » Expertenrat Schlaganfall | Expertenfrage
Antwort
Sehr geehrter Herr S.
kurz zu mir: meine Name ist Dr. Graf. Ich bin u.a. Neurologe und Oberarzt an der Klinik von Dr. Frommelt, der gerade nicht hier sein kann. Deswegen antworte ich auf Ihre Frage.
Wie auch immer man es sehen mag, zum Neurologen müssen Sie auf jeden Fall. Ob stationär oder ambulant vermag ich von hier nicht zu entscheiden. Wenn Sie im Zweifel sind würde ich mich einfach noch mal mit dem Hausarzt zusammensetzen. Der kann ja dann z.B. einen stationären Aufnahmetermin in einer Neurologie vereinbaren.
Alles Gute Ihnen und Grüße aus Niederbayern,
T. Graf
Antwort
Sehr geehrter Herr Dr. Graf,
zunächst einmal meinen herzlichen Dank, dass Sie sich meiner Anfrage angenommen haben.
Heute habe ich einen kurzfristigen Termin bei einem Ihrer niedergelassenen Kollegen bekommen.
Nerven- und Muskelmessung soll hier vorerst erfolgen.
Meine Beschwerden sind übrigens völlig schmerzfrei und zeigen in der beschriebenen Zeit völlig unveränderte Beschwerden, also weder Besserung noch Verschlimmerung.
Fast habe ich das Gefühl, dass der verantwortliche Nerv im Bereich der HWS geklemmt ist und somit die notwendigen Impulse einfach blockiert.
Ich werde Sie sehr gerne über den Fortlauf informieren.
Vielen Dank nochmals und beste Grüsse aus der Voreifel.
Manfred S.
Antwort
Sehr geehrter Herr Dr. Graf,
ich berichtete über die Kraftlosigkeit in Armen und Beinen. Parallel zu Ihrem Rat war ich zwischenzeitlich länger in der Neurologie.
Ich wurde sehr aufwendig untersucht und die Geräte- und Labordiagnostik gab wenig zunächst Aufschluss, da sich keine Auffälligkeiten zeigten. (MRT, CT, EMG, Nadel-EMG usw.)
Auffällig war bei NLG dass die efferenten Bahnen gestört waren.
Erste Diagnose Myopathie unklarer Genese.
Dann wurde zufällig ein kirschgrosser Tumor im unteren Lungenlappen gefunden. Ggf. könnte dieser ein neoplastisches Syndrom auslösen. Labardiagnostik von entsprechenden Antikörpern stehen seitens des Labors noch aus.
Nun wird der Tumor keilförmig entfernt und ich hoffe, dass die Kraft in den Beinen wiederkommt. Myasthenie ist nun diagnostiziert (gravis ???).
Danke für Ihren Ratschlag.
Manfred
Antwort
Hallo,
gut dass Sie so schnell reagiert haben. Wenn ich Ihre Zeilen lese bin ich mir immer noch nicht ganz klar, was die Ursache Ihrer Probleme ist. Sollte der Tumor in der Lunge die Ursache sein (was möglich ist) wäre es vermutlich keine Myasthenia gravis die SIe haben sondern eher ein Lambert Eaton Syndrom. Beides muss aber nicht zusammenhängen - kann sehr wohl. AUf alle Fälle wünsche ich Ihnen für das, was vor Ihnen liegt (OP, etc.) wirklich alles, alles Gute und würde mich ehrlich freuen wenn Sie sich bald wieder melden um mir z.B. zu bericten dass es Ihnen wieder gut geht.
Ganz liebe Grüße aus Niederbayern,
T. Graf
Antwort
Hallo Herr Dr. Graf,
die OP habe ich erstaunlich gut überstanden. Es wurde ein Hamartom von etwa 1,2 cm gefunden. Das 6. Lungensegment wurde somit keilförmig entfernt.
Leider fanden sich zwei ca. 2 cm grosse Lymphknoten, einer direkt an der Bronchialarterie. Bei beiden war der Inhalt sehr weich. Ein weiterer Lymphknoten mit festerem Inhalt wurde zusätzlich entfernt.
Die hieraus abgeleitete Histologie ergab leider einen Hinweis auf ein kleinzelliges, schnellwachsendes Bronchialkarzinom.
Dieser konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Man vermutet einen bisher sehr kleinen Tumor, womöglich in der Lunge.
(MRT und CT des Schädels zeigten vor etwa 2 Wochen keinerlei Auffälligkeiten)
Nun ist in der kommenden Woche wohl eine Skelett-Szintigraphie geplant.
Ebenso soll die ambulante Chemotherapie baldmöglichst beginnen.
Das Lambert-Eaton-Syndrom ist diagnostiziert (wie Sie es vermuteten), obwohl statt Inkrement neurophysiologisch Dekrement nachgewiesen ist.
Derzeit wird mit 40 mg Prednisolon therapiert. Bis vorgestern erhielt ich zusätzlich 4 x 60 mg Pyrodostigmin.
Hiernach wurde die Therapie auf 3 x 10 mg Diaminopyridin umgestellt, welches ich ebenso sehr gut vertrage.
Falls es die kommende Chemotherapie keine grösseren Schwierigkeiten macht, ist eine Plasmapherese vorgesehen, die mir zusätzlich bei den Problemen des LEMS helfen möge.
Wie schätzen Sie die Lage nach dieser Beschreibung ein?
Vielen Dank und herzliche Grüsse aus der Eifel.
Manfred S.
Antwort
Hallo,
freut mich von Ihnen zu hören.
Das mit dem kleinzelligen Bronchialkarzinom ist natürlich nicht erfreulich, aber der Vorteil den Sie haben ist, dass man es offensichtlich wirklich sehr frühzeitig entdeckt hat. Und dieser Zeitvorsprung ist enorm wichtig und günstig.
Wie ich die Sit. einschätze? Ich kann es ganz schlecht sagen. Ich finde auf jeden Fall, dass in Ihrem Fall alles optimal läuft: die Diagnostik und Therapie. Und alles recht frühzeitig, zügig und unkompliziert, oder? Und wenn ich Ihre mails lese habe ich den Eindruck Sie sind willensstark und ein Mann der Tat. Das sind in solch einem Fall sehr positive Eigenschaften.
Sie dürfen sich sicher sein, dass ich Ihnen weiterhin alles, alles Gute wünsche und mich auch weiterhin über mails von Ihnen freue.
Liebe Grüße aus Niederbayern,
T. Graf
Antwort
Sehr geehrter Herr Dr. Graf,
in der Zwischenzeit hat sich einiges getan. Gerne möchte ich Ihnen auszugsweise hierüber berichten:
In der Klinik wurde ich wegen des LEMS auf Diaminopyridin eingestellt. Dieses wurde vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen erwartungsgemäss verworfen. Der Einsatz als Orphan drug wurde dort nicht anerkannt - also die bekannten Einwände dieser Einrichtung, obwohl es neurologisch mit belegbar sehr guten Erfolgen in der Therapie von MS und/oder LEMS bereits breit in Deutschland´ s Kliniken eingesetzt und auch in der weiterführenden Literatur beschrieben wird.
Ebenso scheint es an entsprechenden Stellen unbekannt zu sein, dass Diaminopyridin über einen deutschen Hersteller zu beziehen ist. Dieses ergaben meine Recherchen.
Ihre Vermutung, dass in meinem Fall eine sehr frühe Diagnosestellung von Vorteil sein kann, bestätigte sich wohl:
Die Skelett-Szintigraphie zeigte eine kleine Weissfleckung im Brustbeinbereich. Die nachfolgenden MRT-Aufnahmen zeigten glücklicherweise jedoch keinerlei Auffälligkeiten !!!
Diagnose: kleinzelliges Bronchialkarzinom (unbek.,Sitz) mit mediastinaler Lymphknotenmetastasierung mit myasthenischem Syndrom, am ehesten LEMS.
TX , min. pN2, M0 (!!!)
Vom 7.8.bis 9.8. fand der 1. Zyklus der Chemoterapie statt. ( CEV ).
Dieses erlebe ich bis heute mit bester Verträglichkeit und Wohlbefinden.
Lediglich die Leukozyten (und Thrombozyten) veränderten sich erwartungsgemäss.
Waren die Leukozyten nach genau einer Woche nach Chemotherapie noch bei 5,9, fielen sie dann plötzlich auf 1,3 bis weiterhin auf 0,6.
Nach der Gabe von Neupogen erfolgte dann sofort ein Anstieg 1,3. Die Leukos werden in der kommenden Woche weiterhin kontrolliert. (Thrombozyten mit 120.000 konstant).
Tatsächlich kam es nach dem ersten Durchgang der Chemotherapie zur Besserung des LEMS.
Etwa 4 Tage später wurde die Beinmusulatur spürbar kräftiger. Vielleicht liegt es auch/oder an der unterstützenden Einnahme von 40 mg Prednisolon/die (?).
Anfang September startet dann der 2. Zyklus der Chemotherapie.
Ein asiatisches Sprichwort sagt: Wer den Tiger reitet, darf nicht absteigen.
Ich bin guter Dinge und werde Sie gerne über den Fortlauf informieren.
Die besten Grüsse nach Niederbayern.
Manfred
Antwort
Grüß Gott Manfred,
diesmal ist Herr Graf in Urlaub und ich habe Ihr freundliches Email erhalten. Herr Graf ist nächste Woche aus dem Urlaub zurück und ich werde ihm Ihr Email weiterleiten. Mich freut natürlich, dass wir auch mit unseren Nebenbeschäftigungen im Internet eine so freundliche Resonanz finden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Frommelt
Antwort
Hallo,
habe heute auf einem kleinen Umweg über Dr. Frommelt Ihre mail erhalten.
Erstens: es freut mich, dass Sie mich ein wenig auif dem Laufenden halten
Zweitens: es freut mich noch viel mehr, dass das, was Sie schreiben, bislang ja wirklich sehr positiv klingt und dass Sie mit einer sehr pos. Einstellung an die Sache drangehen. Es gibt sehr viele Leute die sagen, dass die Einstellung eines Menschen extrem den Verlauf beeinflusst. Insofern wünsche ich Ihnen wirklich, dass Sie sich Ihre pos. Einstellung bewahren und den pos. Verlauf so fortführen können.
Ihnen weiterhin alles Gute und ... ich bin gespannt auf die nächsten Neuigkeiten von Ihnen.
Liebe Grüße aus dem verregneten Niederbayern,
T. Graf