Sehr geehrter Dr. Pingsmann,
ich bin langsam echt ratlos und brauche dringend Hilfe!
Ich bin 28, w,studiere auf Lehramt und stecke grad mitten im Examen, was erheblich unter meinen Schmerzen leidet... hier mein Problem:
seit November 2010: Nacken und Schulterverspannungen (mein Nacken ist stocksteif, mein Kopf fühlt sich an wie eine Tonne und ich habe dadurch Probleme am Schreibtisch zu sitzen, außerdem kann ich so auch nicht mehr ruhig schlafen > mein neues orthopädisches Schaumstoffkissen nützt da auch nicht viel)
Mitte November: hinzu kommt nun mein rechtes Handgelenk, das auf einmal total weh tut, wenn ich ganz normale Bewegungen mache, nachts schmerzt mein ganzer Arm und inzwischen wird es auch ab und an mal taub.
>der erste Orthopäde bei dem ich war schickte mich mit Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall in der HWS zum MRT und verschrieb mir Massagen, die leider nichts brachten.
Mitte Januar 2011: Befund des MRTs: geringe osteochondrotische Impression des Duralsacks HWK 4/5, erklärt wurde mir das so: an besagter Stelle an der HWS verschleißt der Knochen bzw der Wirbel und wölbt sich nach außen und drückt auf den Nerv.
Der 1. Orthopäde hat das alles abgetan, mir Novaminsulfon für 10 Tage mitgegeben und gesagt, ich solle Sport machen. Um eine Überweisung zur Physio musste ich ihn schon fast anflehen.
Nach einer Woche habe ich beschlossen zu einem zweiten Orthopäden zu gehen, weil ich den Zustand kaum noch ausgehalten habe... Die Schmerzmittel machten mich nur dösig und der Schmerz war immer irgendwie noch präsent.
Der zweite Orthopäde zweifelte das MRT auch an, hat mein Problem jedoch wenigstens versucht zu behandeln. Er war der Überzeugung, dass ich eine Blockade habe und dass das nicht nervlich ist. Ich kann nicht genau sagen, was er da mit mir gemacht hat, jedenfalls hat er an mir gedrückt und mich getaped. Danach war ich 3 Tage lang fast schmerzfrei, meine Nacken und Schulterverspannungen hatten sich gelöst, mein Handgelenk tat nicht mehr weh und meine Kopschmerzen waren auch weg. Nur mein rechter Oberarm zwickte etwas.
Bei der Physio drückte die Therapeutin dann 20 Min. an meinem Hinterkopf an einer Stelle rum, direkt danach hatte ich wieder meine Kopfschmerzen und am Tag danach wieder Schmerzen im Rücken.
Der Orthopäde hat nun wieder versucht, das ganze zu lösen, allerdings hat es diesmal nichts geholfen. Ich habe wieder meine Kopfschmerzen und merke, wie sich hinten alles wieder verspannt und spüre auch meine Handgelenksschmerzen wieder...
Der Arzt meinte, meine Muskulatur sei halt noch geschwächt und deswegen wäre der Schmerz wiedergekommen.
Meine Frage nun: kann das wirklich sein, dass das keine nervliche Ursache hat? Es fühlt sich nämlich genau danach an, nach einem nervlichen Reiz. Wieso zweifeln alle das MRT an? Und, was soll ich jetzt machen? Ich muss noch das ganze Jahr mit Prüfungen durchstehen, mit dem Problem habe ich da aber meine Zweifel, wie das gehen soll.
Liebe Grüße,
Sema
Osteochondrotische Impression des Duralsacks HWK 4/5?
Kategorie: Knochen-Gelenke » Expertenrat Rückenschmerzen | Expertenfrage
Antwort
Sehr geehrte Sema,
ich danke für Ihre sehr ausführliche Mail vom 27.01.2011.
Sie haben ein sehr kompliziertes Problem. Aus meiner Sicht besteht dies darin, dass Sie einerseits bei der bildgebenden Diagnostik keine Erklärung für die schwere Bewegungseinschränkung und die starken Schmerzen haben, andererseits aber doch erheblich beeinträchtigt sind. Dies muss dazu führen, dass man entweder die Diagnose in Frage stellt, was Ihre Orthopäden ja auch getan haben, oder die Behandlung in Frage stellt. Typischerweise ist es sehr ungünstig, eine stark verspannte Muskulatur mit Massagen oder mehrminütigem Dauerdruck zu behandeln. Insofern ist es sehr gut verständlich, dass die Therapeutin mit lokalem Druck an Ihrer kopfnahen Nackenmuskulatur eine Verschlimmerung Ihrer Beschwerden herbeigeführt hat. Günstig scheint die sanfte Behandlung des zweiten Orthopäden zu sein. Ich rate daher, zunächst keinerlei Therapie, abgesehen von lokaler Wärme und Schmerzmitteln durchzuführen und gehe von einer deutlichen Besserung Ihrer Beschwerden aus. Weitere Beschwerden sollten Sie dann bei dem zweiten Orthopäden behandeln lassen.
Hierbei ist besonders wichtig, welchen körperlichen Untersuchungsbefund der Orthopäde bei Ihnen erhebt. Sollten hier tatsächlich starke Schmerzen ohne wesentliche Bewegungseinschränkungen vorhanden sein, ist auch an andere Ursachen zu denken. Dazu sollten Sie eine Standardlaboruntersuchung bei Ihrem Hausarzt durchführen lassen und mit dem Orthopäden besprechen, ob nicht eine nervliche Ursache in einer Hirnstörung besteht. Insgesamt halte ich jedoch eher ein so genanntes funktionelles Problem für verantwortlich. Funktionell bedeutet, dass keinerlei Strukturschaden entstanden ist, die Funktion hier Ihrer Nacken- und Schultermuskulatur aber erheblich beeinträchtigt ist.
Insgesamt sehe ich eine gute Prognose trotz Ihrer starken Beschwerden.
Mit freundlichen Grüßen und Wünschen zur baldigen Besserung
Dr. A. Pingsmann
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