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Uebertragungsrisiko

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

06.02.2019 | 23:34 Uhr

Guten Tag

Ich habe eine Frage zum Infektionsrisiko mit HIV. Das statistische Risiko zum Infektionsrisiko mit HIV liegt ja z.B. bei einer Stichverletzung mit einer Hohlnadel im medizinischen Bereich bei 0,3%. Wie verhält sich das Infektionsrisiko, wenn man ein geschwächtes Immunsystem hat (z.B. durch eine Erkältung). Wird das Infektionsrisiko dadurch erhöht? Wenn ja kann man das relativieren (z.B. 5-fach erhöht). Vielen Dank im Voraus für Ihren Expertenrat.

Freundliche Grüsse

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Experte-Leidel
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08.02.2019, 18:25 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Abend Fragender78,

Ihre Frage kann man so nicht wirklich beantworten. Grundsätzlich sind ungeschützte sexuelle Kontakte der wichtigste Übertragungsweg, gefolgt von der Aufnahme infektiösen Blutes durch gemeinsame Nutzung von Injektionsbestecken (z. B. beim Drogengebrauch) oder durch Verletzungen an infizierten Instrumenten oder Kanülen.

Wie hoch das Risiko in einem konkreten Einzelfall ist, hängt hauptsächlich davon ab, wie hoch die Viruslast bei der infektiösen Person ist, ob diese z. B. antiretroviral behandelt wird.

Eine Erkältung des "Empfängers" erhöht das Risiko wohl nicht, eine erhebliche Immunschwäche kann das Risiko erhöhen. Aber letztlich kommt es immer darauf an, wieviele infektiöse Viren vom Empfänger aufgenommen wurden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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10.02.2019, 13:05 Uhr
Kommentar

Guten Tag Herr Dr. Leidel

Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Ich würde zwar nicht sagen, dass ich eine HIV-Phobie habe trozdem kämpfe ich momentan mit einer Angst, die ich überhaupt nicht brauchen kann, da sie mich im Beruf und im Familienleben blockiert. Ich bitte Sie, mir deshalb zu helfen, da mich eine Antwort von einem Experten einfach am meisten hilft. Ich weiss das Uebertragungen in Alltagssituationen fast nicht möglich sind, trozdem bitte ich Sie folgenden Fall zu kommentieren.

Wenn eine Katze einen HIV-positiven Menschen kratzt und beisst und so möglicherweise mit Blutresten an den Krallen und Zähnen einen gesunden Menschen ebenfals kratzt und beisst, ist das ein Risiko?Folgende Faktoren würden dagegensprechen:
- Kratzer waren nur oberflächlich mit leichter Blutung
- Die Zeit zwischen dem gekratzt werden vonPerson 1 und Person 2 war nicht unmittelbar sondern es waren einige Minuten dazwischen.

Nun könnte ich aus diversen Internetrecherchen davon ausgehen, dass kein Infektionsisiko vorhanden ist, weil es nur eine oberflächliche Verletzung war. Was mich aber beunruhigt ist folgende Möglichkeit, welche in diesem Konkreten Fall zutreffen könnte und für ein Risiko sprechen würde:
- Die gekratzte HIV-positive Person 1 hat eine hohe Viruslast aufgrund einer akuten HIV-Infektion
- Die gesunde, nachher gekratzte Person 2 hat eine Erkältung und darum möglicherweise ein leicht geschwächtes Immunsystem
- Der Fall hat sich im Freien zugetragen, die Temparaturen lagen im Minusbereich, was gegen eine schnelle Inaktivierung der HI-Viren spricht

Das Problem ist, dass ich mich in diese Sache richtig hineinsteigere und keinen klaren Blick mehr habe. Wenn ich zum Beispiel lese, dass das Uebertragungsrisiko bei hoher Viruslast deutlich erhöht ist, kann ich nicht mehr zuordnen ob nun ein eigentlich unmöglicher Uebertragungsweg zu einem realistischen Uebertragungsweg führen kann. Entschuldigen Sie bitte wenn ich so viele Zeit von Ihnen in Anspruch nehme, aber eine klare Risikoeinschätzung von einem Fachmann würde mir sehr stark weiterhelfen.

Vielen Dank und freundliche Grüsse

Experte-Leidel
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10.02.2019, 15:27 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Fragender78,

der Fall, den Sie schildern, entspricht jedenfalls nicht den üblichen Übertragungswegen.

Die Erkältung der HIV-negativen Person erhöht deren Risiko nach meiner Einschätzung nicht. Wobei es aus naheliegenden Gründen natürlich keine entsprechenden Studien gibt. 

Ein tatsächlich unmöglicher Übertragunsweg kann durch eine hohe Viruslast sicher nicht möglich werden. Bei durchaus möglichen Übertragungswegen wird aber eine Übertragung durch hohe Viruslast wahrscheinlicher.

Ob die Katzenkralle mit einem kontaminierten Instrument wie z. B. einer Injektionsspritze verglichen werden kann, weiß ich nicht. Aber ich halte diesen Weg für sehr unwahrscheinlich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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23.02.2019, 11:11 Uhr
Kommentar

Guten Tag Herr Dr. Leidel

Wie ist das eigentlich mit der Stabilität des HI-Virus. Was man im Internet viel liest, ist das HI-Viren bei Austrocknung, also wenn zum Beispiel HIV-haltiges Blut antrocknet, die Viren inaktiv werden. Zum anderen liest man, dass bei tiefen Temparaturen also z.B. -5 Grad, das Virus viele Stunden bzw. sogar Tage infektiös bleibt. Es ist ja so, dass auch bei kalten Temparaturen Blut austrocknet. Ist das Virus dann auch bei solchen kalten Temparaturen inaktiv? Was zählt hier in Bezug auf die vorhandenen oder nicht vorhandene Infektiösität mehr, Austrocknung der virushaltigen Flüssigkeit, oder die tiefen Temparaturen?

Des weiteren hätte ich noch eine Frage zum Uebertragungsrisiko in Bezug auf die Viruslast. Kann man die Erhöhung der Viruslast mit der Erhöhung des Uebertragungsrisikos gleichsetzen. Also wenn die Viruslast im Blut z.B. durch eine akute Infektion 20 mal höher ist als in der latenten Phase, erhöht sich dadurch auch das Infektionsrisiko um den Faktor 20?

Besten Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Experte-Leidel
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24.02.2019, 17:20 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Fragender78,

Viren sind sehr merkwürdige Krankheitserreger. Ein Viruspartikel außerhalb einer lebenden Zelle (Virion) besteht aus der Erbinformation (entweder DNA oder RNA) und einer Eiweißkapsel. Mache Viren - wie z. B. das HI-Virus - verfügen zusätzlich über eine fetthaltige Außenhülle. Außerhalb einer lebenden Zelle können Viren sich nicht aktiv fortbewegen und auch nicht vermehren. Erst wenn sie von einer passenden lebenden Zelle aufgenommen wurden, kann die Vermehrung beginnen. Von der Zelle werden Hülle und Kapsel abgebaut und die frei gewordene Erbinformation "kapert" die Erbinformation der Zelle und zwingt diese dazu, neue Viren in großer Zahl zu produzieren.

Die Frage, wie lange Viren außerhalb von Zellen ihre mögliche Infektiosität behalten, hängt von vielen Faktoren ab wie z. B. Temperatur, Luftfeuchte, Sonnen- (UV-) Einstrahlung und anderem mehr. HIV kann z. B. seine theoretische Infektiosität unter für es günstigen Umständen tagelang behalten.

Das hat aber mit der tatsächlichen Ansteckungsfähigkeit wenig zu tun. Viren gelangen "aus eigener Kraft" nicht in den Körper. Sie finden sozusagen keine Eintrittspforte. Das gilt besonders, wenn Viren, die in Körperflüssigkeiten wie Blut oder Sperma enthalten sind, außerhalb des Körpers antrocknen. Von alleine können sie einen Körper nicht infizieren. Man müsste z. B. angetrocknetes Blut in einer Spritze wieder in Flüssigkeit lösen und aktiv jemandem einspritzen, um eine Infektion zu erreichen. 

Das wäre dann aber eher etwas für einen etwas abwegigen Krimi.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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17.03.2019, 21:39 Uhr
Kommentar

Guten Tag Herr Dr. Leidel

Besten Dank für die ausführliche Info. Wenn jedoch angetrocknete Blutreste in eine Wunde gelangen, könnten sich doch die HI-Viren in den trockenen Blutresten mit dem eigenen Blut verflüssigen. Wäre dann ein Infektionsrisiko gegeben oder ist das für ein realistisches Infektionsrisiko zu weit hergeholt.

Was mich noch interessieren würde ist, wie sich das HIV-Infektionsrisiko erhöht wenn eine Person eine hohe Viruslast hat, z.B. infolge einer akuten HIV Infektion. Kann man das beziffern, also z.B. bei einer Nadelstichverletzung mit HIV-positivem Blut, welche eine hohe Viruslast hat. In diesem Fall wird ja wahrscheinlich das durchschnittliche Infektionsrisiko nicht mehr bei 0.3% liegen. Korrespondiert das Infektionsrisiko mit der Erhöhung der Viruslast im Blut? Wenn also z.B. das Infektionsrisiko 0.3% einer Viruslast mit 10'000 Viren pro ml Blut entspricht, wäre dann das Infektionsrisiko bei einer Viruslast von einer Million pro ml Blut um das 100-fache erhöht?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort und mit freundlichen Grüssen

Experte-Leidel
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19.03.2019, 10:56 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Fragender78,

was Sie da konstruieren, ist sicher nicht der übliche Weg, wie eine HIV-Infektion zustande kommt. Ob es beim Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Zufälle in einem extrem seltenen Fall einmal auf diese Weise zu einer Infektion kommen könnte, kann ich natürlich auch nicht mit absoluter Sicherheit sagen.

Ein solcher Fall ist mir aus der wissenschaftlichen Literatur nicht bekannt, entsprechende Studien werden natürlich nicht durchgeführt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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