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Tollwut durch indirekte Ansteckung möglich?

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

01.05.2018 | 23:41 Uhr

Sehr geehrter Dr. Leidel,

 

mit Interesse habe ich Ihre Beiträge zum Thema Tollwut gelesen und fühle mich (fast) ausreichend informiert. Da meine beiden Söhne (11 und 15 J.) eine Reise nach Rumänien mit einer Pfadfindergruppe planen und wir trotz Impfempfehlung der Organisatoren (wollen sich natürlich absichern) unsere Kinder nicht impfen, sondern sie durch Verhaltensregeln entsprechend schützen wollen, wäre mir die Beantwortung folgender Fragen eine große Hilfe.

1. es wird behauptet, durch indirekte Ansteckungsszenarien auch Tollwut bekommen zu können, z.B. durch Kot, Einatmen von Stäuben usw.. Gibt es solche (abwegigen) Absteckungswege?

2. man weiß dass durch Speichel das Virus übertragen wird, indem es durch die Haut (Wunde) oder eben auch über die Schleimhäute eindringt. Anscheinend jedoch nicht über die Einatmung oder Essen/Trinken. In der Nase und Mund sind jedoch Schleimhäute. Ist dies über einen solchen Weg dann doch möglich?

3. handeln wir fahrlässig nicht zu Impfen, weil wir denken durch Fernhalten von jeglichen Tiere das Risiko praktisch ausschliessen zu können?

4. bei Verdacht auf Ansteckung (durch doch einen Biss usw.) müsste unserer Sohn sofort entsprechend behandelt werden: hat er durch die fehlende prophylaktische Impfung die gleiche Heilungschance (wenn Wunde versorgt und die Impfungen sofort durch geführt werden) oder einen Nachteil? Wann wäre zeitlich gesehen die entsprechende Behandlung zu spät (z.B. trotz sofortiger Rückreise)?

Mit der Beantwortung dieser Fragen wäre mir sehr geholfen, herzlichen Dank schon mal!

Viele Grüße

Fungi

 

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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02.05.2018, 13:50 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Fungi,

1.) Am ehesten erfolgt eine Ansteckung durch den direkten Biss eines tollwutkranken Tieres. Auch das unmittelbare Belecken einer Wunde oder Schleimhaut durch ein solches Tier kann zu einer Infektion führen. Je indirekter der Kontakt ist, um so unwahrscheinlicher wird eine Infektion. Durch Kot, Einatmen von Stäuben oder drgl. ist eine Übertragung nicht möglich.

2.) Es muss eine genügende Menge an infektiösem Speichel in eine Eintrittspforte gelangen. Und ich habe Mühe mir vorzustellen, dass jemand so viel Viren wie beim direkten Belecken durch Einatmen oder Verschlucken von Speicheltröpfchen aufnehmen kann. Ich kenne jedenfalls keine Fälle, in denen eine Infektion auf diesem Weg erfolgt wäre.

3.) Nein, das halte ich nicht für fahrlässig. Das Auswärtige Amt empfiehlt eine Tollwut-Impfung für Rumänien "bei Langzeitaufenthalt oder besonderem Risiko". Das Centrum für Reisemedizin "bei vorhersehbarem Umgang mit Tieren bzw. bei Trekkingreisen durch das Landesinnere unter einfachen Bedingungen oder bei Langzeitaufenthalten.

Ich gehe davon aus, dass kundige Betreuer die Gruppe begleiten und dass der Aufenthalt nur wenige Wochen dauert.

4.) Auch bei einer vorherigen Impfung sollten im Falle einer Bissverletztung (bzw. des Beleckens von Wunden oder Schleimhäuten) durch ein verdächtiges Tier noch eine postexpositionelle Behandlung mit zwei Impfungen erfolgen. Der noch nicht zuvor Geimpfte braucht darüber hinaus ein Antisrum und - je nach Impfschema - ca. 5 Impfungen. Ein "zu spät" gibt es bei der postexpositiuonellen Tollwutimpfung nicht bzw. erst, wenn die Krankheit ausgebrochen ist. Allerdings wird die Sicherheit des Erfolgs mit der Zeit geringer.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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03.05.2018, 00:46 Uhr
Kommentar

Lieber Herr Dr. Leidel,

herzlichen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Sie haben sehr weiter geholfen.

Viele Grüße 

fungi

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