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Hepatitis-Phobie

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

01.07.2019 | 23:53 Uhr

Lieber Herr Dr. Leidel!

 

Ich bitte noch ein letztes Mal um Ihre Einschätzung. Meine Hepatitis-Phobie ist entstanden, weil ich im Internet immer wieder von mikroskopisch kleinen Blutmengen, die mit freiem Auge nichtmal sichtbar sind sowie von Mikroverletzungen (wobei auch schon rissige Haut ausreichend sein soll) gelesen habe. 

 

Da ich ein kleines Baby daheim habe, weiss ich nicht wie ich mit indirekten Kontakten über Gegenstände bzw. Drittpersonen umgehen soll.

 

Beispiele: 

Die Kassiererin im Supermarkt blutet und berührt die Milchpackung. Ich verräume diese Milchpackung daheim und streichle danach die Händchen meines Babys. Dieses nimmt die Händchen dann in den Mund (Schleimhaut).

 

Der Paketfahrer hat sich verletzt. Er übergibt mir ein Paket mit einem sichtbaren Blutfleck. Ich nehme das Paket so entgegen, dass der Fleck mein Tshirt berührt. Danach nehme ich mein Baby auf, es kommt mit seinen Händchen genau an der besagten Stelle am Shirt an und kratzt sich später an der Wange auf.

 

Ich sitze mit mehreren Personen sehr eng auf einer Bierbank. Mein Sitznachbar kratzt einen Pickel am Oberarm auf und blutet. Ich komme mit meinem Oberarm genau bei ihm an. Mein Baby berührt meinen Oberarm später mit dem Auge (Schleimhaut).

 

Mein Mann trinkt mit dem Nachbar ein Bier. Dieser hat sich ein Kretzerl aufgekratzt, blutet und reicht meinem Mann die Bierflasche, welche er im Trinkbereich hält (mit der Hand, mit der er sich gekratzt hat). Mein Mann gibt dem Baby danach ein Bussi.

Bestand hier für meinen Mann ein Risiko ??????

 

Wäre in solchen Situationen eine realistische Hepatitis-Gefahr für das Baby gegeben?????? 

 

Hat mein Baby nach der 2. 6-fach Impfung schon einen Hepatitisschutz, oder erst nach der 3. Impfung (Österreich)??????

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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02.07.2019, 14:48 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

Sie sollten unbedingt aufhören, im Internet Ihre Angst ständig neu zu befeuern.

Zur Übertragung der Hepatitis B brauchen wir zunächst einmal jemanden, der chronisch infiziert ist und eine hohe Viruslast im Blut aufweist. Das ist in Deutschlan statistisch bei 1 bis 2 pro 1.000 Personen der Fall, also eher sehr selten.

Dann brauchen wir einen relevanten Kontakt. Der ist bei den Speichelkontakten schon mal nicht gegeben. Ich kenne einen Fall, in dem ein Schüler seine Lehrerin blutig gebissen und dabei infiziert hat. Aber da der Schüler starkes Zahnfleischbluten hatte, war das wohl auch eher wieder ein Blutkontakt.

Unmittelbare Blutkontakte sind schon etwas problematischer. Auch da kenne ich einen Fall: Mehrere Jugendliche schlossen Blutsbrüderschaft. Sie ritzten sich Wunden am Handgelenk und rieben die blutenden Wunden aneinander. Einer der Jugendlichen hatte eine chronische Hepatitis B und an ihm infizierten sich mehrere der Jugendlichen.

Die Kontakte, die Sie beschreiben, sind nach meiner Einschätzung allesamt keine Risikokontakte. Die blutende kassiererin hätte schon selbst direkt Ihrem Baby in eine offene Wunde packen müssen, um es zu infizieren. Auf dem Umweg über die Milchtüte war das sicher nicht möglich. Und das gilt auch für die anderen geschilderten Ereignisse. Also allesamt keine realistische Gefahr.

Es kann durchaus sein, dass Ihr Baby nach der zweiten Impfung schon einen gewissen Schutz hat. Die dritte Impfung ist hauptsächlich für den Langzeitschutz wichtig.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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02.07.2019, 14:59 Uhr
Antwort

Nachtrag: die Sache auf der Bierbank lässt mir keine Ruhe mehr. Hat hier für mich ein Risiko bestanden? Auf meinem Oberarm war zwar keine Wunde sichtbar, aber ich habe sehr trockene Haut und wenn dann schon nicht sichtbare Hautläsionen ausreichen... Hätte es dabei zu einem längeren, intensiven Hautkontakt kommen müssen oder würde für Hepatitus B ein flüchtiger Kontakt mit dem blutigen Oberarm des Sitznachbarn ausreichen? 

 

 

Experte-Leidel
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04.07.2019, 11:32 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

es ist für mich erstaunlich, wie häufig Sie mit getrocknetem und auch frischem Blut in Berührung kommen.

Also: Viren in einer Körperflüssigkeit (z. B. Blut) verlieren Ihre Infektiosität außerhalb des Körpers, wenn sie eingetrocknet sind. Man müsste sie dann wieder in geigneten fFüssigkeiten auflösen und sich z. B. spritzen. Das macht aber kein Mensch.

Ich versuche, mir vorzustellen, wie das aussah mit dem aufgekratzten Pickel des Sitznachbarn auf der Bierbank. Lief das Blut den Arm herunter oder war es eher ein kleines rotes Blutpünktchen, wo zuvor der Pickel war?

Der flüchtige Kontakt trockener Haut mit einem aufgekratzten Pickel wird in aller Regel nicht zu einer Infektion führen. Wichtiger als der Kontakt Blut zu Haut (auch trocken oder rissig, was immer das bedeutet) ist für eine Infektion der Kontakt Blut zu Blut.

Was ich Ihnen hier versuche zu antworten, bezieht sich auf gesunden Menschenverstand und fachliches Wissen. Ich habe aber Mühe, mir diese (zugegeben etwas ekligen) Kontakte, die Sie offenbar häufiger haben, exakt in allen Details vorzustellen.

Also: Ich halte Infektionen durch die von Ihnen geschilderten Situationen für sehr unwahrscheinlich. Mit absolut letzter, 100%iger Sicherheit auszuschließen vermag ich sie aber natürlich nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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05.07.2019, 15:04 Uhr
Antwort

Geschätzter Herr Dr.!

Ich gebe Ihnen absolut Recht! Jeder rote Fleck ist bei mir automatisch gleich Blut. Scheinbar leide ich an einer richtigen Blutphobie! Und in solchen Situationen schaltet mein gesunder Menschenverstand leider komplett aus. Auch wenn der Kopf sagt "da kann nichts sein", überwiegen dann die Ängste. 

Daher wird es am besten sein, wenn ich mich gegen Hepatitis B impfen lasse. Wenn mein Baby den Impfschutz hat, werde ich auch beruhigter sein. Stimmt es, dass ein Baby im Falle einer Hepatitis B Infektion keine Symptome aufweisen würde, die Krankheit aber zu 90% chronisch wird? Wie würde man es denn dann bemerken? Erst Jahre später mittels Blubild?

Wie lange braucht ein Blutfleck eigentlich bis er getrocknet ist und somit nicht mehr infektiös sein kann? Und wenn sie von geeigneten Flüssigkeiten zum Auflösen sprechen, dann meinen Sie Flüssigkeiten vom Labor? Oder würde Blut auch durch Flüssigkeiten wie Wasser oder Getränke wieder infektiös werden? Ich beziehe mich hier auf das Beispiel der Bierflasche. Bestand für meinen Mann da ein Risiko, wenn das Blut auf dem Flaschenhals durch Speichel und Bier verflüssigt worden ist?

Tausend Dank für Ihre Geduld!!!!!!

Experte-Leidel
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06.07.2019, 11:17 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

dass Sie sich selbst auch gegen Hepatitis B impfen lassen wollen, ist wahrscheinlich eine gute idee. Zum einen kann es nichts schaden, zum anderen wirkt es ja vielleicht tatsächlich gegen Ihre Angst.

Es ist richtig, dass diese Infektion bei Säuglingen und Kleinkindern häufig ohne unmittelbare Symptome aber als chronische Infektion verlaufen kann. Das kann man bei einem entsprechenden Verdacht durch den Nachweis von Antigenen und Antikörpern im Blut nachweisen.

Gerinnung und Trocknung von Blutflüssigkeit gehen ziemlich rasch. Die Viren dann wieder in Lösung zu bringen, funktioniert nur mit geeigneten Flüssigkeiten, also eher "aus dem Labor". Die Verdünnung mit Speichel und Bier stellt eine infektiosität eher nicht wieder her.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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