Liebes Expertenteam, unsere dreizehnjährige Tochter hat seit ca. drei Wochen starken Haarausfall. Am Montag waren wir zur Blutentnahme beim Kinderarzt. Sie hatte vor ca. drei Monaten Influenza und die Kinderärztin schien insgesamt entspannt. Allerdings hat sie schon wirklich sehr viele Haare verloren. Da sie glücklicherweise sehr dickes und volles lockiges Haar hat, fällt es aber noch nicht für Außenstehende auf. Die ersten Ergebnisse waren unauffällig, die übrigen Ergebnisse kommen am Montag. Meine Tochter hat gestern wieder sehr geweint. Sie hat morgens, am Mittag und am Abend ihre Haare mit einem grobzinkigen Kamm ganz locker durchgekämmt und hatte bei jedem kämmen eine erhebliche Menge Haare in der Hand. Obwohl ich sie beruhigt habe, hat sie dann doch die Haare gezählt und war bei einem einmaligen Kämmen bei über 200. Hochgerechnet sind das dann ja allein durchs Kämmen schon über 600 Haare täglich und beim Waschen verliert sie noch deutlich mehr. Ich bin ihr gegenüber weiter gelassen und warte auf die Blutergebnisse am Montag. Aber auch bei mir wird die Sorge größer. Wie kann ein so extremer Haarausfall zustande kommen? Wenn ich versuche mich da ein zulesen und nach Lösungen suchen, lese ich immer nur etwas von 300 Haaren täglich, die bei starkem Haarausfall verloren gehen. Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen. Herzliche Grüße Anni

Extremer Haarausfall
Kategorie: Haut-Haar-Nägel » Expertenrat Haarausfall | Expertenfrage
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam
Hallo Anni,
Es ist absolut nachvollziehbar, dass Sie sich Sorgen machen – besonders, wenn Sie miterleben, wie sehr Ihre Tochter unter dem Haarausfall leidet. Umso wichtiger ist es, dass Sie ihr in dieser belastenden Zeit ruhig und unterstützend zur Seite stehen. Dass Sie sich gleichzeitig um eine medizinische Abklärung kümmern, zeigt, dass Sie sehr verantwortungsvoll mit der Situation umgehen.
Bitte bedenken Sie, dass wir aus der Ferne nur eine begrenzte Einschätzung abgeben können. Dennoch möchten wir Ihnen einige Hinweise mitgeben, die Ihnen helfen können, das Geschehen besser einzuordnen.
Nach schweren Infektionen wie einer Influenza kann es in der Folge zu einem sogenannten telogenen Effluvium kommen. Dabei geraten viele Haare durch die körperliche Belastung frühzeitig in die Ruhephase und fallen etwa zwei bis drei Monate nach dem auslösenden Ereignis vermehrt aus. Das ist zwar beunruhigend, aber in den allermeisten Fällen vorübergehend: Die Haarwurzeln bleiben intakt, und nach etwa drei bis sechs Monaten beginnt der Haarwuchs wieder ganz normal. Der zeitliche Zusammenhang, den Sie beschreiben, passt gut zu diesem Muster.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, auch mögliche Nährstoffmängel auszuschließen – insbesondere im Hinblick auf Eisen, Zink, Vitamin D und B-Vitamine. Diese Werte sind oft Teil einer erweiterten Blutuntersuchung. Falls sie bisher nicht erhoben wurden, empfehlen wir, dies gezielt nachzuholen.
Auch hormonelle Veränderungen können vorübergehend den Haarzyklus beeinflussen. Eine Kontrolle der Schilddrüsenwerte (TSH, fT3, fT4) ist daher sinnvoll. Angesichts des Alters Ihrer Tochter wäre auch eine Verbindung zur beginnenden Pubertät denkbar – hormonelle Umstellungen können mitunter ebenfalls Haarausfall verursachen. Dennoch halten wir die kürzlich überstandene Infektion aktuell für die wahrscheinlichste Ursache.
Warten Sie daher zunächst die noch ausstehenden Blutwerte ab. Falls der Haarausfall weiterhin anhält oder sich verstärken sollte, wäre eine dermatologische Abklärung sinnvoll – idealerweise bei einer Fachärztin oder einem Facharzt mit Spezialisierung auf Haarausfall.
Sie tun gut daran, Ihre Tochter weiterhin zu beruhigen und ihr Sicherheit zu vermitteln. Falls es ihr hilft, kann es auch sinnvoll sein, auf das Zählen der ausgefallenen Haare zu verzichten – diese Fixierung erzeugt häufig zusätzlichen Stress, der den Haarausfall sogar verstärken kann.
Zum Schluss noch ein kurzer Hinweis zur Menge der verlorenen Haare: Die häufig genannte Zahl von etwa 100 Haaren pro Tag ist lediglich ein Durchschnittswert. In bestimmten Lebensphasen oder unter besonderen Umständen – wie nach Infekten, bei hormonellen Umstellungen oder psychischer Belastung – kann dieser Wert deutlich überschritten werden, ohne dass dies automatisch krankhaft ist. Entscheidend ist nicht die Zahl selbst, sondern ob sich der Zustand im Verlauf wieder normalisiert.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

Antwort
Liebe Experten,
vielen lieben Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Danke auch für Ihr Verständnis und Ihre Empathie. Auch ich halte eigentlich den Infekt für verantwortlich - aber die Stärke des Haarausfalls ist leider durchaus beängstigend. Ebbt so ein telogenes Effluvium irgendwann etwas ab oder bleibt es über Monate gleich stark? Kann der von mir beschriebene starke Haarausfall tatsächlich auch über einige Wochen anhalten und dennoch nicht besorgniserregend sein?
Vielen Dank und herzliche Grüße
Anni
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam
Hallo,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung – wir freuen uns, wenn wir Ihnen ein Stück Sicherheit vermitteln konnten. Ihre Frage ist sehr berechtigt, denn das Ausmaß eines telogenen Effluviums kann in der Tat erschreckend wirken, auch wenn es medizinisch betrachtet in vielen Fällen harmlos verläuft.
Ein telogenes Effluvium beginnt oft 6–12 Wochen nach einem Auslöser, z. B. einem Infekt, und zeigt sich dann durch plötzlich verstärkten Haarverlust. Die gute Nachricht ist: Die Stärke des Haarausfalls nimmt in der Regel allmählich wieder ab, sobald der Haarzyklus sich normalisiert.
Allerdings kann es durchaus sein, dass der Haarausfall für mehrere Wochen gleich stark erscheint, bevor er merklich nachlässt. Das liegt daran, dass viele Haare gleichzeitig in die Ruhephase gewechselt sind und dann in einem ähnlichen Zeitraum ausfallen.
Auch ein starker Haarausfall über 4–8 Wochen hinweg ist in diesem Zusammenhang nicht ungewöhnlich und nicht automatisch besorgniserregend, solange
– keine weiteren Beschwerden auftreten,
– die Kopfhaut unauffällig ist,
– und keine Hinweise auf Mangelerscheinungen oder hormonelle Ursachen bestehen.
Es ist verständlich, dass Sie die Situation als belastend empfinden – Sie dürfen aber darauf vertrauen, dass sich die Haarfollikel in den meisten Fällen vollständig erholen. Erste feine Nachwuchshaare sind oft schon nach 2–3 Monaten sichtbar, selbst wenn das ursprüngliche Volumen erst nach vielen Monaten zurückkehrt.
Wenn Sie sich dennoch unsicher fühlen oder der Haarausfall länger als 3 Monate ohne Besserung anhält, empfehlen wir zur Sicherheit eine Blutuntersuchung beim Kinderarzt oder Dermatologen, um z. B. Eisen-, Zink-, Vitamin-D- oder Schilddrüsenwerte kontrollieren zu lassen.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit weiterhelfen und wünschen Ihnen viel Geduld und Zuversicht für die kommenden Wochen
– Ihr Lifeline Gesundheitsteam

Antwort
Liebes Lifeline Team,
Ich bedanke mich von Herzen für Ihre ausführliche Hilfe. Ich habe noch eine weitere Frage. Meine Töchter hatten als Babys und Kinder lange Milchschorf auf dem Kopf und auch nun hat die Älteste eine juckende Kopfhaut mit Schuppen. Kann hier ein Zusammenhang zum Haarausfall bestehen? Sind Schuppen immer ein Pilz? Ich habe am 15.5. einen Termin beim Hautarzt, der allerdings nicht auf Haare spezialisiert ist. Über eine Einschätzung Ihrerseits würde ich mich sehr freuen.
Herzliche Grüße
Anni
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam
Hallo Anni,
Die Frage ist sehr berechtigt – insgesamt ist der Zusammenhang zwischen Hautveränderungen der Kopfhaut und Haarausfall tatsächlich etwas komplexer.
Milchschorf sowie juckende oder schuppende Kopfhaut können unterschiedliche Ursachen haben. Einerseits kann eine Unverträglichkeit gegenüber bestimmten Haarpflegeprodukten vorliegen, andererseits kommen auch Hauterkrankungen wie eine seborrhoische Dermatitis oder eine milde Form der Neurodermitis infrage. Solche Veränderungen können durchaus einen Einfluss auf den Haarzyklus haben, da Reizungen oder Entzündungen die Haarwurzel mitbetreffen können. Ein diffuser Haarausfall wird dadurch jedoch in der Regel nicht ausgelöst.
Schuppen sind außerdem nicht automatisch ein Hinweis auf einen Pilz. Es handelt sich dabei um kleine, abgestoßene Hautzellen – ein ganz natürlicher Vorgang, der ständig abläuft. Sichtbar werden diese Schuppen meist erst dann, wenn der Prozess verstärkt auftritt, etwa bei sehr trockener Haut oder entzündlichen Veränderungen der Kopfhaut.
Dass Sie bereits einen Termin beim Hautarzt vereinbart haben, ist in jedem Fall sehr sinnvoll. Eine Spezialisierung auf Haarerkrankungen ist nicht zwingend erforderlich – die geschilderten Veränderungen lassen sich meist auch allgemeindermatologisch gut einschätzen. Im besten Fall kann auch gleich eine passende Behandlung empfohlen werden.
Bis dahin raten wir dazu, auf reizende oder stark parfümierte Haarpflegeprodukte zu verzichten und stattdessen ein mildes, medizinisches Shampoo aus der Apotheke zu verwenden, das speziell für empfindliche oder schuppende Kopfhaut geeignet ist. Lassen Sie sich hierzu am besten direkt in der Apotheke beraten.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam