Hallo liebe Experten,
ich kann leider gerade gar nicht einschätzen, ob mein Zustand behandlungsbedürftig ist oder nicht. Ich hoffe, Sie haben eine Einschätzung für mich. Deshalb ist der Text sehr lang, ich kann gerne nochmal eine Kurzfassung schreiben, wenn Sie möchten.
Im September fand ich heraus, dass meine Freundin eine Affäre hat und stürzte in ein tiefes Loch. Ich konnte nicht mehr schlafen, nicht mehr essen, musste den ganzen Tag daran denken, was meine Freundin getan hatte. Anfangs kam mir das noch wie Liebeskummer vor und ich konnte mich noch gut ablenken durch die Uni, doch Anfang Dezember wurde alles schlimmer und irgendwie anders. Ich konnte mich nicht mehr aufraffen in die Uni zu gehen, meine Gedanken drehten sich nicht mehr so sehr um den Betrug durch meine (nun Ex-)Freundin, sondern viel mehr darum, wie schlecht es mir geht, wie wenig lebenswert mein Leben ist und sowas. In dieser Zeit kam mir auch zum ersten Mal der Gedanke, dass ich vielleicht in eine Depression gerutscht sein könnte. Also ging ich zu dem Psychiater, der mich schon vor Jahren erfolgreich gegen eine Depression behandelt hat. Er hörte sich meine Geschichte an und schrieb mir wieder Citalopram auf, das mir schon damals geholfen hat, sowie Psychotherapie.
Beeinflusst durch Aussagen von Freunden, sowieso Foreneinträge ala "Wenn jeder mit Liebeskummer zum Arzt ginge, wo kämen wir denn dann hin" und "Das ist nur Liebeskummer, da muss man durch, das kann auch schonmal 1-2 Jahre dauern" und der Angst, dass eine erneute Einnahme eines Antidepressivums meiner Verbeamtung im Wege stehen könnte, löste ich das Rezept jedoch nicht ein, sondern besorgte mir Laif 900 in der Apotheke. Ca. 20-30 Tage später ging es mir auch tatsächlich besser, ich konnte wieder studieren, normal essen und mit meiner Freundin kam es zu einer Aussprache und wir wollten es wieder miteinander versuchen. Etwa eine Woche lang war ich sogar wieder glücklich. Lediglich mein Schlaf blieb schlecht - Durchschlafstörungen, sowie nur etwa 6-7 Stunden Schlaf, obwohl ich normalerweise 8-9 brauche. Das Johanniskraut nahm ich weiter und nehme es bis heute. Doch dann kamen mitte März neue Lügengeschichten meiner Freundin ans Licht und ich stürzte wieder in ein tiefes Loch aus Appetitlosigkeit, Verzweiflung, innerer Unruhe, Einsamkeit, keine Lust mehr zu irgendwas, nichts kann mich ablenken, ich wache morgens von dem Gedanken auf "Es geht dir so schlecht, es wird dir nie wieder besser gehen", unter die Dusche schaffe ich es nur, wenn ich Termine habe, Zähneputzen klappt nie vor nachmittags, ans Studieren ist gar nicht zu denken.
Ich schäme mich dafür, dass meine Freundin mich betrogen hat und fühle mich erniedrigt, deshalb kann ich nicht offen mit Freunden darüber sprechen. Aber sie wissen, dass ich Liebeskummer habe und sagen, das sei alles normal und ich muss da einfach durch und es verarbeiten. Ich weiß aber gar nicht, wie ich es verarbeiten soll. Sobald ich nur daran denke, kriege ich Panik vor der Zukunft, ich denke, ich werde nie wieder einem Menschen vertrauen können, doch das Leben erscheint mir so unendlich sinnlos ohne Liebe und Vertrauen. Ich habe das Gefühl, ich sei ein Spielball des Lebens und habe dem nichts zur Wehr zu setzen. Ist das wirklich so normal bei Liebeskummer? Ich hatte noch nie zuvor welchen (obwohl ich schon 30 bin) und kann es deshalb nicht beurteilen. Ich frage mich jetzt wieder, ob ich nicht vielleicht doch in eine Depression gerutscht bin.
Dagegen spricht, dass es mir ja wieder gut ging, als ich in der Zwischenzeit für eine Woche wieder mit meiner Freundin zusammen war. Depressionen sind ja eigentlich nicht beeinflussbar durch äußere Einflüsse, das unterscheidet sie von bloßer Traurigkeit, habe ich gelernt. Außerdem fühlte sich meine Depression vor ein paar Jahren doch etwas anders an, ich hatte auch viele Symptome, die ich heute nicht habe (zB Aufwachen um halb 5 morgens; keine Einflussnahmemöglichkeit auf meine Stimmung von außen).
Dafür spricht, dass ich so völlig Schachmatt gesetzt bin. Es ist doch nicht normal ,dass man bei Liebeskummer monatelang nicht studieren kann, oder? Und das soll noch 1-2 Jahre so wieiter gehen? Außerdem fühlte ich schon die ganzen letzten Jahre immer mal wieder Einbrüche meiner Stimmung und Energie. Immer mal wieder war ich für ein paar Wochen antriebslos, lustlos, scheinbar grundlos traurig, habe schlecht geschlafen. Ich bin da immer wieder herausgekommen, aber ich fand das Leben in den letzten Jahren nur noch anstrengend, ein einziger Kampf, der gekämpft werden muss, weil ich nunmal geboren wurde, nicht mehr lebenswert und habe mir immer gedacht, dass ich nochmal eine Therapie mache, sobald meine Verbeamtung durch ist. Ich hatte immer die Hoffnung, bzw den Glauben, dass es wieder besser werden wird, sobald ich eine Therapie gemacht habe und ich nur bis dahin durchhalten müsse. Diese Hoffnung habe ich aber jetzt nicht mehr - ich denke nur noch, dass das Leben ziemlich scheiße ist, Menschen böse und schlecht sind und man sich nur auf sich selbst verlassen kann und sollte - aber was ist das für ein Leben? Und anders als in den letzten Jahren ist dieses Gefühl auch viel tiefer und geht eben nicht nach zwei, drei Wochen wieder weg. Ich frage mich tagtäglich, wie ich das die nächsten 50 Jahre aushalten soll.
Ist das immer noch bloß Kummer? Oder schon eine echte, behandlungsbedürftige Depression? Vielleicht war ich schon die ganzen letzten Jahre auf dem Weg zurück in eine Depression und die Demütigung durch meine Freundin hat mir jetzt einfach den Rest gegeben?
Ich hoffe, mein Text ist nicht zu lang, um beantwortet zu werden und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Fips