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antiandrogene Therapie in Wechseljahren

Kategorie: Frauenheilkunde » Expertenrat Wechseljahre | Expertenfrage

17.07.2011 | 09:39 Uhr

Sehr geehrter Dr. Dossler,

ich schreibe im Namen meiner Mutter, sie ist 58 Jahre alt und leidet seit einigen Jahren an den Wechseljahren.

Erst machte sich das nur mit dem ausbleiben der Regel, später auch mit starken Hitzewallungen, schlechtem Schlaf, einer welkeren Haut und vor allem Haarausfall im Frontkopfbereich bemerkbar.

Sie ging zum Hautarzt um Störungen im Haarwachstum feststellen zu lassen, dieser machte einige Untersuchungen und kam zu dem Ergebnis dass es sich um einen androgen-bedingten Haarausfall handelt.
Sollte sie sich dazu entscheiden Hormone gegen die Wechseljahrsbeschwerden einzunehmen, sollte sie unbedingt darauf achten dass das Gestagen andtiandrogen ist.

Meine Mutter ging daraufhin zu ihrer Frauenärztin, welche ihr sehr widerwillig eine Kombination aus Gynokadin Tabletten (2mg Estradiol)
und 5mg Androcur verschrieb.
Sie sprach allerdings die Warnung aus, man solle besonders das Androcur keinesfalls zu lange einnehmen.

Unter der Kombi-Therapie wurden die Hitzwallungen weniger und der Haarausfall hörte sogar gänzlich auf, was schon mal ein guter Erfolg war.

Allerdings bemängelte meine Mutter dass sie trotz böser Hormontherapie keine weiteren positiven Effekte wie zb. eine bessere Haut (fester, fülliger) feststellen konnte.
Außerdem hatte sie die Warnung der FA im Ohr, man dürfe Androcur nicht zu lange einnehmen.

Da meine Mutter nicht 100prozentig zufrieden war, riet ihr die FA tastächlich erst ein mal mit beiden Hormonen zu pausieren.

(Was ich überhaupt nicht verstehen kann, ich habe eher darauf getippt dass die antiandrogene Wirkung 5mg scheinbar ausreicht, da sie keinen Haarausfall mehr hatte, aber vielleicht die 2mg Estradiol zu wenig für sie waren?)

Nun litt meine Mutter in den letzten Monaten ohne Hormone wieder verstärkt an Hitzewallungen, schlechtem Schlaf, und auch wieder an Haarausfall.

Sie ging zur FA, fragte nach einer antiandrogenen Hormontherapie und bekam Wellnara verschrieben.
Diese Tabletten haben grade mal 1mg Estradiol und 0,04mg Levonorgestrel was nochdazu gar nicht (oder kaum) antiandrogen wirkt.
Meine Mutter konnte das aber in der Praxis ohne Informationen aus dem Internet nicht beurteilen.

Wenn dieses Wellnara nicht helfen würde, so meinte die FA, könnte sie ihr noch etwas anders (stärker antiandrogenes) verschreiben, dann würde sie allerdings ihre Blutung wieder bekommen.

Meine Mutter möchte natürlich nicht dass ihre Blutung mit 58 wieder einsetzt und ist jetzt total verunsichert.

In einem anderen Beitrag habe ich von Ihnen gelesen dass sie in solchen Fällen eine Kombination aus Androcur und Gynokadin in Form eines Gels empfehlen.
Wäre diese Kombination für meine Mutter empfehlenswerter als die erste Kombination die sie damals einnahm, aus Gynokadin Tabletten und 5 mg Androcur?
(Welche sie beide ohne Pause durchnahm).

Und könnte in den Gynokadin Tabletten für sie zu geringe Estradiol Dosierung Schuld sein dass sie über die Hitezwallungen hinausgehend keine positiven Veränderungen wie zB. eine besser Haut (die sie Jahre zuvor immer hatte), bekam?

Ansonsten ist meine Mutter übrigens total gesund, sie nimmt auch keine anderen Medikamente.

Ich würde mich sehr über einen Ratschlag von ihnen freuen,

ganz lieben Dank,

Marina

(PS. ich habe Ihnen noch eine eigene Frage in einem alten Titel vom 14.7 Muttermund, gestellt, könnten Sie da vielleicht einen Blick drauf werfen? Nochmals ganz vielen Dank!)

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18.07.2011, 07:35 Uhr
Antwort

Hallo Marina,
das erste, was ich Ihrer Mutter raten würde, wäre ein Wechsel des Frauenarztes; denn das Gestagen in Wellnara hat wirklich alle möglichen Wirkungen, bloß keine antiandrogene (es ist schließlich selber ein Testosteron-Derivat).
Und Androcur ist weiß-Gott nicht das einzige im Handel befindliche Antiandrogen (es ist nur das am stärksten wirksame).
Es gibt einige andere sehr gut wirkende antiandrogene Fertigpräparate, die sogar monophasisch sind, sodass Ihre Mama nicht befürchten muss, wieder die Regel zu bekommen.
Diese Kenntnis darf eigentlich bei jedem FA vorausgesetzt werden.
Der Rat, jetzt 2 Jahre ohne HT durchzuhalten, entbehrt jeder Logik.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
TomDoc

ps: ich pflege alle Briefe durchzulesen und zwar in der Reihenfolge, wie die bei mir eintreffen; also werde ich auch Ihren Brief noch finden und beantworten ;-)

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18.07.2011, 09:12 Uhr
Antwort

Vielen Dank Herr Dr. Drossler,

muss meine Mutter unter der Wellnare Einnahme bzw. dem darin enthaltenen Gestagen, von dem sie schreiben es sei selber ein Testosteron-Derivat, nun befürchten dass sich ihr androgener Haarausfall verstärkt?
Sie nimmt die Tabletten erst seit ein paar Tagen und spürt natürlich noch keine Wirkung feststellen.

Wenn sich der Haarausfall durch das Levonorgestrel verstärken könnte, würde meine Mutter die Tabletten sofort absetzen, denn der Haarausfall ist ja ihre größtes Problem.

Und ist ein Kombipräparat aus Östrogen und Gestagen immer die erste Wahl, und erst wenn diese Therapie nicht ausreicht wechselt man zu einer Therapie aus bspw. Gynokadin (als Gel oder Tablette) und Androcur?

Bzw. ergänzt Angeliq erst mal mit reinem Östrogen aus Gynokadin?

Gibt es neben Angeliq und Lafamme noch weitere antiandrogene Kombinationspräparate,
und können diese beide auch monophasisch ohne Pause eingenommen werden, damit es trotz vorhandener Gebärmutter zu keinen Blutungen mehr kommt?

Und könnten Sie mir noch eine dritte Frage beantworten,
hat Gynokadin Gel (oder ein anderes Östrogen Gel) einen Vorteil gegenüber (Gynokadin) Tabletten?

Ich würde mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen,

vielen lieben Dank,

Marina

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18.07.2011, 10:24 Uhr
Antwort

Hallo Marina,
ob Ihre Mutter unter dem Wellnara Beschwerden bekommt, kann ich auch nicht vorhersagen; aber es sollte eigentlich für einen einigermaßen hormonell informierten FA nicht logisch sein, einer Frau mit einer Hyperandrogenämie ein Nortestosteron-Derivat zu verordnen.
Androcur ist nicht das Antiandrogen der ersten Wahl; aber es ist m.W. das stärkste Antiandrogen.
In dem sehr bekannten Präparat CLIMEN für die Wechseljahre ist Cyproteronacetat enthalten ist (es ist allerdings ein zweiphasiges Präparat und enthält nur 1 mg CYPROTERONACETAT)
Lafamme enzthält ein Antiandrogen und ist ein Einphasenpräparat, Angeliq enthält das Gestagen Drospirenon, ein Spironolakton-Derivat (stammt aus der Behandlung bestimmter Nierenkrankheiten und hat neben entwässernden auch antiandrogene Effekte).
...
Jede transdermale oder auch transvaginale oder rektale Anwendung hat den Vorteil, dass der sog. first-pass-effect der Leber umgangen wird, durch den alle Medikamente, die oral eingenommen werden, bereist vor dem eigentlichen Wirkungseintritt zum Teil abgebaut werden. Diese Abbauprodukte=Metaboliten haben z.B. bei den Hormonen andere Wirkung als das Hormon selbst
Ihr
TomDoc
TomDoc

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19.07.2011, 11:14 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Dossler,

vielen dank für ihre ausführliche und aufklärende Antwort!

Wenn ich das so lese, dann würde ich mich an Stelle meiner Mutter wohl für eine transdermale Östrogen Therapie entscheiden.

Entspricht 1mg Estradiol oral eigentlich ungefähr der Wirkung im Körper von 0,050mg Estradiol transdermal?

Diese Angabe habe ich im Internet gefunden, als es darum ging wie hoch die jeweilige Menge Östrogen sein muss um Osteoporose vorzubeiuen. Wird das über die Haut tastsächlich so viel stärker aufgenommen? 1mg zu 0,050mg Wirkstoff ist ja ein ganz schöner Unterschied...

Leider habe ich gelesen dass man nur entweder das Östrogen oder das Gestagen transdermal anweden kann, also muss das antiandrogen Gestagen in dieser Variante oral gegeben werden.

Als antiandrogene orale Einzelpräparate stehen so weit ich das herausgefunden habe nur 3 Gestagene zur Wahl,

Dienogest (2mg in Visanne)
Chlormadinon (Chlormadinon 2mg fem)
Cyproteronacetat (zB. Androcur)

Sie schreiben Cyproteronacetat wäre nicht das Mittel der ersten Wahl aber das potenteste.

Dies habe ich auch schon häufiger gelesen, - was sind aber eigentlich die Nachteile des Cyproteronacetats im Vergleich zu Dienogest oder Chlormadinon? (Außer dass Androcur meist höher dosiert wird)

Und würden sie als ersten Versuch eher Dienogest oder Chlormadion als antiandrogene Therapie bei androgenem Haarausfall empfehlen?
In Haarausfall-Foren habe ich häufiger über Androcur und Chlormadion gelesen als Dienogest, wobei Chlormadion als harmloserer Alternative zu Androcur empfohlen wurde...

Ganz lieben Dank,

Marina

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20.07.2011, 12:22 Uhr
Antwort

Hallo,
bitte schicken Sie mir doch mal den Link zu dieser Verteilungsangabe.
Ich habe keine Unterlagen dazu.
Ich weiß nur, dass beim Progesteron oral etwa 60% resorbiert werden, während vaginal nahezu 100% resporbiert werden (solange die Schleimhäute intakt und eine gute Durchblutung der Vagina gesichert ist.
Die sehr speziellen Fragen, die Sie zu den Androgenen stellen, kann ich im Detail nicht beantworten.
Bitte fragen Sie hier unseren Lifeline-Hormonexperten Prof. Dr.Bohnet, der Ihnen dies wissenschaftlich erklären kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
TomDoc

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20.07.2011, 21:40 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Dossler,

auf dieser Seite (etwa in der Mitte) findet sich eine Tabelle in der angegeben ist in welcher Form Estradiol verabreicht werden kann und welche Menge bei welcher Form erforderlich ist um die Knochendichte zu erhalten:
(Siehe Link 1 )

Ich habe dann allerdings auf einer Unterseite auf der Produkte zur transdermalen Estradiol Applikation aufgelistet sind : (siehe Link 2)
gelesen dass zB.

1g Estreva® Gel 0,1% = Estradiol 1/2 H2O 1,0325 mg enthält, was 1mg Estradiol entsprechen soll

und
1g Gynokadin® Gel = Estradiol H2O 0,62 mg enthält, was 0,6 mg Estradiol entsprechen soll.

Kann man diese Gels eigentlich individuell so dosieren dass man bspw. auf 2mg Estradiol kommt?

Die beiden Gels werden so weit ich das verstanden habe zB. auf dem Oberarm aufgetragen, nicht vaginal.
Auf der oben angegebenen Seite steht das vaginal verabreichtes Estradiol nicht vor Osteoporose schützt.
Wird vaginal verabreichtes Estradiol auch in der Kombitherapie mit Gestagenen eingesetzt, oder ist das eher eine Ergänzung?

Dann habe ich noch eine andere Frage,
meine Mutter nimmt jetzt seit ca. 10 Tagen diese Wellnara Tabletten mit 1mg Estradiol und 0,04mg Levonorgestrel.

Das das nicht das optimale Medikament ist, da es nicht antiandrogen wirkt hatten wir ja bereits besprochen,
allerdings leidet sie seit 4 Tagen wieder ganz besonders stark unter Hitzewallungen und nächtlichem schwitzen, fast schlimmer als vor der Hormongabe.

Könnte das an dem nicht antiandrogenem Gestagen liegen, oder würde das eher dafür sprechen dass 1mg Estradiol für sie nicht ausreichend sind?

Ganz lieben Gruß und vielen Dank,

Marina

1) http://www.hormonsprechstunde.com/html/hormontherapie__ht_.html
2) http://www.hormonsprechstunde.com/html/transdermale_applikationen.html

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21.07.2011, 11:23 Uhr
Antwort

Hallo Martina,
alle Werte und Angaben, die Sie lesen und finden, sind statistisch errechnete Durchschnittswerte.
Dann ist es ja nicht so, dass jede Frau die völlig gleiche Östrogendosierung benötigt.
Dann ist bei der Hormonresorption über die Haut bedeutungsvoll, ob eine Frau normal-, über-, oder untergewichtig ist.
Die Resorption hängt auch von der Hautdurchblutung ab und vom Feuchtigkeitsgehalt und sogar von der Außentemperatur.

Das ausschließlich zur vaginalen Anwendnung vorgesehene Östrogenpräparat VAGIFEM dient laut Hersteller auch der Osteoporoseprophylaxe!

Wir sollten uns jetzt nicht noch weiter in die Tiefen des medizinisch-akademischen Internet versenken, denn dann besteht die Gefahr, alles wirklich dadurch schwer zu machen, dass Jedes und Alles auf die sog. Goldwaage gelegt wird.
Solche Spezialfragen kann Ihnen vielleicht unser Hormonexperte Prof. Bohnet beantworten, der ja von Haus aus Endokrinologe ist.

Für die Beschwerden Ihrer Mama habe ich nur die mögliche Erklärung, dass dies durch die komplette Hormonumstellung bedingt ist. Hinweis auf zuviel von diesem oder zuwenig von jenem kann ich daraus nicht ableiten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
TomDoc

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