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Wechseljahre dauern auch jenseits der 60 Jahre an?

Kategorie: Frauenheilkunde » Expertenrat Wechseljahre | Expertenfrage

21.02.2011 | 03:32 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Dossler,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Frauen auch jenseits der 60- also mit 65 Jahren oder noch älter unter Hitzewallungen leiden z.B. meine Mutter und diese ist 67 Jahre.
Demnach stimmt es also nicht, wenn uns die Bücher prophezeien, mit ca.54 Jahren sei alles überstanden.
Denn wenn ich es so sehe, ist es nie überstanden und die Symptome halten zeitlebens an. Als ob der Körper dieses Absinken der Hormone nie akzeptieren kann.

Kann die Hirnanhangdrüse nicht verstehen, dass die Eierstöcke ihre Arbeit eingestellt haben? Oder woran liegt es dass auch in höherem Alter noch Hitzewallungen und Schweissausbrüche auftreten?

Könnte man einer Frau, die noch nie naturidentische Hormone genommen hat helfen, wenn man ihr auch mit z.B. 65 Jahren diese Hormone gibt? Also Östrogengel + Progesteron?
Oder wäre das eher schädlich?

Die meisten nehmen ihr Schicksal so hin- leiden, versuchen es mit irgendwelchen Globulis.
Ist denn die Wirksamkeit von pflanzlichen Produkten z.B. Remifinin irgendwie bestätigt worden oder ist es eher ein Placeboeffekt den Frauen dann verspüren?



Ich danke Ihnen

MFG
Honigmelone

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22.02.2011, 11:21 Uhr
Antwort

Hallo Honigmelone,
ich gebe Ihnen recht: man wird tagtäglich irritiert.
Erinnern Sie sich an den Dioxin-Skandal vor kurzem?
Da wurde einem suggeriert, jedes eventuell belastete Frühstücksei sei hochgiftig und lebensbedrohlich und der Eierhandel brach völlig zusammen - dann kam vor ein paar Tagen die Meldung: selbst wenn Dioxin in den Eiern sei, könne man beruhigt und ohne Sorgen 3 Stück pro Tag essen, ohne sich zu vergiften.
Als seinerzeit 1976 das Dioxin-Unglück in SEVESO geschah, prognostizierten Wissenschaftler aller Länder spätestens nach 25 Jahren einen massiven Anstieg der Brustkrebserkrankungen in dieser Gegend : nichts dergleichen ist geschehen bis heute!
Unter Medikamentenherstellern herrscht der gleiche Kampf um Marktanteile wie in jedem Industriezweig.
Und in der Presse geht es ebenfalls darum, durch reißerische Artikel die Tagesauflage und damit den Umsatz zu steigern.
Und da würde dann ein Artikel: Rotklee verursacht bei männlichen Schafen Hodenkrebs (wobei es noch nicht einmal angegeben wird, wieviel die Schafe davon täglich fressen müssen)genügen, um Frauen, die garkeine Hoden besitzen und eine vergleichsweise geringe Menge eines Rotklee-Extraktes täglich einnehmen, dazu zu veranlassen, auf ein anderes Pflanzenprodukt einer anderen Firma zu wechseln, zu dem eventuell in einigen Monaten eine andere hochbrisante Meldung abgedruckt werden wird.
Ungeklärt bleibt meist der Wahrheitsgehalt des Artikels, die Übertragbarkeit auf den Menschen und wer denn die Zeitung mit diesem Artikel versorgt hat - nicht jede explosive Meldung kommt über Wikileaks, sondern es ist vorstellbar, dass manche Sensationsmeldung in Verbindung mit einem Briefumschlag voller Geldscheine einen Chefredeakteur privat erreicht.
Auch Buchautoren stehen unterliegen dem gleichen Problem:
bring ich ein Buch mit sensationellen Enthüllungen raus, dann wird sich eine Zeit lang kein Mesch für die heilkundigen Bücher einer Hildegard von Bingen (1098 - 1197) interessieren.
Ich habe viele Jahre in meiner Praxis bei meinen Patientinnen jährlich die Leberwerte bestimmen lassen (bis dies nicht mehr für Gynäkologen möglich war und in die Vorsorgeleistung beim Hausarzt oder Internisten überging) und ich kann mich nicht erinnern, je bei einer Frau, die Traubensilberkerze einnahm, pathologische Werte gefunden zu haben.
Das mag Zufall sein und widerspricht auch nicht dem veröffentlichten Artikel, dass lebertoxische Eigenschaften von der Traubensilberkerze ausgehen können; aber es beweist zumindest, dass diese leberschädigenden Eigenschaften ganz gewiss nicht die Regel sein können.
Ja, es ist schwer, sich heute überall zurecht zu finden; aber es gibt genug Möglichkeiten, seinen Mitmenschen das Für und Wider zu erklären und ihnen klar zu machen, dass sich jeder selbst entscheiden kann und soll.
Die Zeit, wo Mama entschieden hat, wann man über die Straße gehen durfte und wie tief die Mütze ins Gesicht gezogen wurde ist vorbei.
Und zum Abschluss noch einmal: jedes Medikament (und zu denen gehören pflanzliche Präparationen eindeutig dazu) kann Nebenwirkungen machen; denn ansonsten hätte es auch keine Wirkung.
Und Medikamente nimmt man nicht aus Spaß und Dollerei, sondern wegen einer Störung der eigenen Gesundheit.
Ja, der Weg des Beraters ist ein schwerer Weg, den Sie genauso gehen wie ich: auf diesem Weg seine Meinung zu ändern ist keine Charakterschwäche, wohl aber, auf seiner einmal gefassten Meinung ein Leben lang zu beharren.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
TomDoc

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22.02.2011, 14:14 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Dossler,

das haben Sie alles sehr treffend geschrieben. Velen Dank.

Ich persönlich finde es sehr schwer - in dem Wust an Informationen- den richtigen Weg zu finden. Schließlich möchte ich niemandem schaden- sondern meine Hilfe anbieten.

Ich bin kein Arzt- sondern eine Frau die sich zwar intensiv mit diesen Themen auseinandersetzt- abere oftmals eben an ihre Grenzen kommt. Leider wissen viele Frauen und auch Männer nur sehr wenig über ihren Körper- über Vitamine usw. - obwohl es teilweise sehr gute Berichte im TV gibt.
Und das erstaunt mich dann immer wieder- dass z.B Progesteron bei vielen Frauen ein unbekannter Begriff ist. Sie haben das noch nie gehört.

Ich habe miir gedacht- ich gehe nach meinem Geüfhl.Werde es genauso sagen wie es ist- dass es eben diese und jene Aussagen gibt.
Und dass ich somit auch nicht 100%ig sagen kann was nun auch richtig ist.

Was man auch nicht vergessen darf, diese diversen Mittel sollen ja uch schließlich vermarktet werden.
Hier hätte ich gleich wieder ene Frage. Werden denn diese pflanzlichen Produkte wie Remifinin und ähnliches verschrieben?
Oder ist das so wie bei pflanzlichen Hormonen, dass diees Produkte nicht patentierbar sind und somit auch selber zu bezahlen?

Es liegt mir wikrlich fern, irgendeinen Blödsinn zu verzapfen- Dinge , die nicht richtig sind.
Aber es ist sehr schwer und ich werde ständig mit Fragen konfrontiert.
Daher auch mein eigentlicher Thread über die Hitzewallungen im Alter.
Eine Freundin von mir - sie ist Neurologin- hat einmal zu mir gesagt, dass dies doch gar nicht sein könnte. Sie hätte so viele Frauen um die 65-70 Jahre, die immer noch unter Wechseljahrssymptomen leiden - vorwiegend eben unter Hitzewallungen.
Aber scheinbar ist des alles möglich- wenn unter Abklärung von anderern Gegebenheiten (Schilddrüse....Medikamente:,..)
nichts zu finden ist.

Für mich ist viele klar und einleuchtend- z.B. die hormonelle Veränderung während der WJ- aber vieles eben nicht (und das macht mich innerlich leicht reizbar- weil ich immer alles wissen möchte).

Und ich würde jederzeit auch meine Meinung ändern, wenn mir die Erklärung hierfür auch plausibel genug eerscheint und ich es nachvollziehen kann.
Oder auch nur, weil ich eine Richtung einschlagen muss um authentisch zur bleiben.

MFG
Honigmelone

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22.02.2011, 16:07 Uhr
Antwort

Hallo,
ich hatte sehr viele Patientinnen, die auch im höheren Alter Hormone einnahmen (z.T. auch nur, um die durch den natürlichen Alterungsprozess besonders betroffene Genitalatrophie zu vermeiden und weiter Spaß am Sex zu haben).
Die Tierwelt sieht Sex im Alter nicht vor, weil die Natur Sex nur im Zusammenhang mit Fortpflanzung und Erhaltung der Art geplant hat.
Die hormonelle Umstellung der Frau beweist eindeutig, dass im Alter Hormone nur noch bis hin zum Testosteron gebildet werden und dass aus dem Testosteron weitere Androgene gebildet werden, die bei manchen Frauen zum Teil erhebliche Einflüsse und Nebenwirkungen haben auf das Gefäßsystem, Haut und Haare etc.
Diese Nebenwirkungen lassen sich zur Zeit nur durch einen Ersatz der nicht mehr gebildeten Hormone ausgleichen.
Vielleicht wird es eines Tages möglich sein, nur die entsprechenden Enzyme zu geben, um zumindest diesen Alterungsprozess aufzuhalten.
Und vielleicht wird irgendwann gerade diese Pflanze entdeckt, die diese Enzyme enthält - wer weiß.
Auch wenn bei den meisten Frauen nach der Menopause ein steady state eintritt, also ein Stadium hormoneller Ruhe und Wohlbefinden wie bei einem Mädchen vor der Pubertät, so gibt es doch immer wieder auch Fälle, bei denen vasomotorische Probleme wie Hitzewellen und nächtliches Schwitzen sehr,sehr lange erhalten bleiben, wobei dies sicher eine Minderheit ist.
Alle Steuerzentren befinden sich im Hypothalamus, also im Zwischenhirn: Blutdruck, Körpertemperatur, Schlaf-Wachrhythmus, das Zentrum für Freud und Leid, die Libido.
Und im Gehirn finden ab einem gewissen Alter bei jedem Menschen arteriosklerotische Prozesse in den kleinsten Gefäßen statt, sodass die Feinsteuerung nicht mehr funktioniert (sozusagen die reaktive blitzschnelle Steuerung bis auf die 3. Stelle nach dem Komma), sodass der Körper nicht mehr so schnell oder sogar inadäquat reagiert (auch wir Männer haben Hitzewellen, Stimmungsschwankungen, Einschlaf- und Durchschlafstörungen, Haarausfall, Blutdruckprobleme, Störungen des Zuckerstoffwechsels, der peripheren Durchblutung, Gewichtszunahme und Änderungen der Körperform).
...
Ich bin überzeugt, dass das natürliche Progesteron, dem auch heute noch sehr viele Gynäkologen etwas kopfschüttelnd gegenüberstehen (vielleicht sogar immer noch die meisten???), in näherer Zukunft die größte Bedeutung in der HT zukommen wird.
...
Viel zu viele Menschen werfen nach wie vor pflanzliche Hormone in den gleichen Topf wie tierische oder gar menschliche Hormone. Dabei haben die außer einer gewissen chemischen Ähnlichkeit nichts miteinander gemein.
Pflanzliche Präparate sind deshalb nicht verschreibunsgpflichtig, weil die möglichen Nebenwirkungen vergleichsweise gering und überschaubar sind, sodass der Patient diese in Eigenverantwortung einnehmen kann.
Im Gegensatz dazu stehen die verschreibungspflichtigen Medikamente, für die der Arzt juristische Verantwortung übernimmt (auch für Wechselwirkungen, falls er die im Gespräch über die Verordnung nicht bedacht hat).
Übrigens: auch Aspirin und Ibuprofen waren einst verschreibungspflichtig.
Und: in Frankreich kann die Antibabypille ohne ärztliche Verschreibung frei gekauft werden.
...
Ich bezeichne den Weg unseres Lebens immer wieder als die Einbahnstraße unserer Endlichkeit.
Auch wenn wir uns auf einer Einbahnstraße befinden, heißt das nicht, dass wir die Orientierung verlieren müssen und es heißt ganz sicher nicht, dass diese Straße einfach nur bergab in die Katastrophe führt.
Wir sollten alle irgendwann lernen und begreifen, alles das gelassener zu sehen, was unabdingbar ist.
Wieviele hunderte Gespräche habe ich in meinem Leben geführt, als ich mich dem Thema Sterbebegleitung gestellt habe .... und wie unendlich viel habe ich von Sterbenden gelernt, denen ich keinen Rat geben konnte, sondern die mir einen Rat erteilt haben und mich teilnehmen ließen an einer Erfahrung, die mir erst bevorsteht.
Und wieviel Ruhe und Gelassenheit spüre ich heute in mir, seit ich mich selber immer intensiver mit diesem Thema, auf mich ganz allein bezogen, beschäftigen muss.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
TomDoc

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22.02.2011, 19:45 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Dossler,

dem ist nichts hinzuzufügen. Ich danke Ihnen vielmals.


Liebe Grüße
Honigmelone

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