Guten Tag,
ich, 34 Jahre, plage mich seit einer schweren Darm-OP im Januar dieses Jahres mit häufigen, für mich unangenehm als Zucken und Rumpeln wahrgenommenen Herzrythmusstörungen, insbesondere in Ruhe, gelegentlich aber auch nach körperlicher Anstrengung. Unter Belastung gehen sie hingegen zurück. In drei Langzeit-EKGs zeigten sich zwischen 500 und 3000 isolierte, aber polytope VES (aus zwei Zentren im rechten Ventrikel) und etwa die gleiche Anzahl SVES. Nach mehreren Echos und einem kürzlich durchgeführten Kardio-MRT gilt mein Herz aber als strukturell gesund, insbesondere Hinweise auf eine Myokarditis oder ARVD fanden sich nicht.
Die Diagnose lautete daher zunächst psycho-vegetative Störung, ggfls. in Zusammenhang mit Roemheld-Syndrom.
Beta-Blocker, Kalium-Magnesium-Präperate, Akupunktur und homöophatische Medikamente zeigten, wenn überhaupt, nur vorübergehende Wirkung, etwa im im Abstand von einem Monat flammten die Beschwerden immer wieder für mehrere Tage heftig auf.
Im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts wurde dann ein kurzfristig erhöhter Troponin-T Wert (0,04) und eine Borreliose festgestellt. Die Diagnose lautete nunmehr: Verdacht auf Borrelien-Karditis. MRT und spätere Blutwerte waren jedoch unauffällig.
Ich bekam Doxycyclin 200mg über 21 Tage. Aussetzer und Doppelschläge waren schon nach 2 Tagen komplett verschwunden! Kurz vor Ende der Therapie bekam
ich jedoch heftige Magenbeschwerden und musste zusätzlich Pantozol nehmen. Sofort waren auch die Extrasystolen wieder da.
Meine Fragen:
1. Wie sicher hängen die ES mit der Borrelien-Infektion zusammen ? Hat die Antibiotika-Therapie evtl. versagt und müsste man einen neuen Anlauf starten ?
2. Machen weiterführende Untersuchungen (Herzkatheter, EPU, Streß-Echo) oder der Brugada-Provokationstest, den mir ein Kardiologe zur Sicherheit vorschlug, irgendwelchen Sinn ?
3. Gibt es irgendein Medikament, welches ohne größere Nebenwirkungen die ES unterdrücken kann ?
4. Soll ich Ausdauersport (der mir eigentlich immer sehr gut tut) machen oder mich besser schonen ? Die Ärzte waren sich da uneinig...
Vielen Dank !
VES und Borrelieninfektion
Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage
Antwort
Eine Borelliose des Herzens zeigte sich hinsichtlich Rhythmus fast immer als sog. AV Block, nicht als Extrasystolen. Sehr selten sind auch Extrasystolen beschrieben worden. Fast immer bilden sich die Symptome spontan oder unter Antibiose zurück. Alles in allem habe ich also doch deutliche Zweifel am Zusammenhang mit den Borrelien. Allerdings könnten Sie unabhängig davon zu diesem Zeitpunkt eine Myocarditis durch Viren gehabt haben, die sehr wohl Extrasystolen auslösen kann. Solche Viren reagieren aber nicht auf Antibiotika.
Ich würde zur Zeit keine neue Antibiotika Therapie empfehlen.
Die weiteren Rhythmus Untersuchungen würde ich zunächst eher nicht als sinnvoll ansehen.
Es gibt spezifische Rhythmus-Medikamente, der Einsatz ist aber nicht ungefährlich, da diese Medikamente selbst Rhythmusstörungen auslösen können.
Wenn in angemessenem Abstand von dem positiven Troponin-Test unauffällige Herz Befunde im Labor, im Echo und im EKG aufgetreten sind, können Sie vorsichtig und mit ansteigende Dosierung wieder Ausdauertraining betreiben.
Gruß
C. Altmann
Hier der Text eines Übersichtsartikels
Cardiac manifestations of Lyme Borreliosis are relatively infrequent, occurring within weeks after the infectious tick bite (median of 21 days), and resulting at this stage from a direct borrelial infection of the myocardium, as indicated by reports of spirochete isolation from pericardium and myocardium. They may persist or appear in the late, tertiary phase of the illness, being then more likely due to infection-triggered autoimmunity. Lyme carditis typically presents with a fluctuating degree of atrioventricular block that spontaneously resolves in several days. Rarely, myocarditis may occur with or without pericardial involvement, in patients presenting with chest pain, ST depression or T wave inversion, mimicking an acute myocardial infarction, and various arrhythmias are reported, as well as pericardial effusion or heart failure. A complete recovery is usually observed, spontaneous or after antibiotherapy. Severe myocarditis or Pericarditis leading to death is exceptional. The diagnosis of Lyme carditis is based on the same association of clinical and laboratory features as in Lyme disease without cardiac involvement. But the occurrence of conduction disturbances in healthy young people suggests screening for other criteria of Lyme disease. The management of Lyme carditis does not differ from the treatment of Lyme disease without carditis and is mainly based upon the use of doxycycline or ceftriaxone.
Antwort
Vielen Dank, Herr Dr. Altmann !
Ich hatte auch den Eindruck, dass das mit der Borrelien-Karditis eher eine Verlegenheits-Diagnose war. Allerdings war es schon auffällig, wie drastisch die Symptomatik sich unter der Antibiose zunächst gebessert hatte. Gibt es dafür irgendeine plausible Erklärung ? Kann es sich um eine andere Infektion handeln, die das Herz (vielleicht auch nur mittelbar) beeinträchtigt ?
Was eine (virale) Myokarditis angeht, so sind innerhalb des letzten halben Jahres (seit ich die ES habe) bei mir 4 Echos, 3 Belastungs-EKGs und das Cardio-MRT gemacht worden, die allesamt unauffällig waren. Schließt das nicht eine Myokarditis nahezu sicher aus ? Kann eine solche überhaupt so lange andauern oder nachwirken ?
Der erhöhte Troponin-Wert ist vor ein paar Wochen eher zufällig (im Rahmen eines Blutbilds) festgestellt worden. Es ist dann zur Sicherheit nochmal ein Echo und ein EKG gemacht worden, wieder ohne Befund. Bei der Kontrolle der Blutwerte zwei Tage später war der Wert wieder normal. Der Arzt meinte, dass könnte mit der Borreliose zusammen hängen, aber auch gar nichts zu bedeuten haben.
Sind 20 Minuten Jogging zwei Mal die Woche in diesem Fall zu viel Ausdauersport ?
Antwort
Was auch immer Sie hatten, es gibt jetzt doch genügend Befunde, die eine gute gesundhietliche wiederherstellung des Herzens anzeigen. Von daher sehe ich keine Probleme bei dem angestrebten Trainingspensum, das durchaus gesteigert werden könnte.
Eine gute Erklärung für das Verschwinden der Extrasystolen kann ich Ihnen bei der geschilderten Konstellation nicht geben.
Gruß
C. Altmann
Antwort
Eine letzte Frage: Da mich die ES vor allem Nachts sehr, sehr quälen (an schlimmen Tagen kann ich ohne Beruhigungsmittel gar nicht erst einschlafen und werde zudem nachts häufig wach) wüßte ich gerne, ob es irgendein wirksames (!) Medikament gibt, dass man zumindest eine zeitlang oder im Bedarfsfall nehmen könnte und das von den Nebenwirkungen her nicht gleich lebensgefährlich ist. Wie gesagt, Betablocker haben keine Wirkung, durch den gesenkten Ruhepuls werden die ES sogar eher mehr. Kalium, Magnesium und Calzium haben auch keinen durchschlagenden Effekt. Gibt es ein Antiarrhythmikum mit geringem Risiko ?
Vielen Dank !
Antwort
Meist werden bei dieser Konstellation Betablocker verordnet, wobei ein zentral wirksamer Betablocker wie Propanolol gut dosierbar und auch zentral günstig wäre.
Echte Antiarrhythmika können bei sont gesundem Herzen theoretisch gegeben werden, aber damit ist der Kardiologe nicht glücklich.
Sonst beliben entspannungshelfer wie Meditation, Wärme, Alkohol(?), unter Umständen gelegentlich Sedativa.
Gruß
C. Altmann