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Ursachen und Therapie von symptomatischen VES

Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage

18.02.2009 | 06:16 Uhr

Guten Tag !

Seit ca. einem Jahr leide ich unter einer plötzlich aufgetretenen und seither nahezu täglich vorhandenen, ausgeprägten Extrasystolie (VES und SVES).
Nachdem die Symptomatik sich zunächst laufend verschlechtert hatte, im März 08 noch 500 VES am Tag, dann 1200, schließlich 2500 VES im Juli, zudem polymorph (zwei unterschiedliche Formen aus dem rechten Ventrikel) und zusätzlich auftretende, kurze SVTs, wurde stationär eine umfangreiche kardiale Diagnostik durchgeführt (Echo, Ergometrie, Labor, Ruhe-MRT, Provokationstest), die aber ohne Ergebnis blieb. Eine akute Myokarditis, Klappenfehler, ARVD, Brugada-Syndrom und Schilddrüsenfunktionsstörungen wurden ausgeschlosssen. Es blieb der Verdacht auf eine abgelaufene Myokarditis, jedoch ohne Narbennachweis im MRT. Nachdem sich in einem letzten LZ-EKG im September 08 nur noch 1500 VES gezeigt hatten, empfahlen mir sowohl der Klinikkardiologe als auch mein Hausarzt, die Sache auf sich beruhen zu lassen und einfach eine zeitlang Rytmonorm zu nehmen. Außerdem solle ich mehr Ausdauersport machen.

Da ich über Antiarrhythmika schon viel beängstigendes gelesen habe, habe ich mich bisher nicht getraut das Medikament zu nehmen, auch wenn man mir gesagt hat, Propafenon sei relativ ungefährlich und gut verträglich. Gegen ektope Foki seien sonstige Antiarrhythmika wirkungslos. Ein vorheriger Therapieversuch mit Betablockern (Belok-Zok, Prent, Nebilet) brachte tatsächlich keinen Erfolg, da die ES überwiegend in Ruhe auftreten (bei schnellem Puls, insbesondere unter Belastung gehen sie meistens - wenn auch nicht immer vollständig - zurück) und durch den niedrigen Puls eher noch verstärkt wurden.

Woher weiß der Kardiologe so genau, dass es sich nur um ektope Foki handelt ? Können das nicht auch Reentry-Mechanismen sein (zumal im letzten LZ-EKG offenbar auch Couplets zu finden waren) ? Sollte man deshalb nicht noch weitere Untersuchungen fahren (EPU, Herzkatheter) ? Mich beunruhigt auch, dass die ES sich ständig verändern. Manchmal habe ich minuten- oder sogar stundenlang gar keine, dann wieder über einen längeren Zeitraum mehrere pro Minute. Manchmal sind es einzelne Schläge mit Pause, manchmal zwei oder drei schnelle Schläge hintereinander ohne Pause, in letzter Zeit auch öfter 2:1 Extrasystolie bis zu einer Minute Länge (vor allem nachts). Sind diese Veränderungen unbedenklich oder sprechen sie evtl. für chronische Abläufe, zB. im Rahmen einer chronischen Myokarditis oder einer beginnenden KHK ? Ich bin 34, Nichtraucher, schlank, aber genetisch stark vorbelastet (Vater und Großvater mit starker Arteriosklerose). Sollte eine KHK nicht zumindest vor der Einnahme von Rytmonorm defintiv ausgeschlossen werden ? Sollte ich weiterhin regelmäßig zum Kardiolgen gehen (wurde mir nicht ausdrücklich empfohlen). Wenn ja, in welchen Abständen ?

Im Rahmen der Behandlung wurden auch psychische und psychosomatische Ursachen diskutiert. Sind solche Ursachen bei dieser Sachlage überhaupt denkbar, bzw. wahrscheinlich ?

Können das RVOT-VES sein ? Kann man die eventuell abladieren ?

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20.02.2009, 11:33 Uhr
Antwort

Ich sehe mehrere Problemfelder:

Pulsdefizit:
Führen die ES zu zusätzlichen oder zu fehlenden Herzschlägen (gemessen am Handgelenk), beides ist möglich. Das letztere ist schlimmer, weil der effektive Puls am Verbraucher sich ruckartig vermindern könnte.

Effekte der Medikamente:
Man muss unterscheiden:
a)Verlangsamt das Medikament nur das System, d.h., alle ES bleiben, alles wird nur langsamer?
b) Oder werden ES verhindert, da verlangt man aber eine Zehnerpotenz, also mindestens 90% Reduktion.
c) Leben Sie mit der Tablette wirklich subjektiv besser??
wenn a) eintritt oder b) unter 90% Effekt und wenn c) nicht eintritt, hat das Meidkament aus meiner Sicht eher keinen Sinn.

Gefahr KHK:
Ein subjektiv maximaler Ergometrietest kann diese Fragen beantworten. Wenn hier kein Problem auftritt und noch besser die ES ab sagen wir 175 Watt verschwinden, dann wäre für mich die Harmlosigkeit erwiesen > keine Coro.

Reentry:
Couplets sind kein Zeichen einer Reentrybahn.

Was können Sie haben?
In Berlin und in Marburg werden FÄlle wie Ihrer mit Biopsie untersucht, um Viren im Herzmuskel zu finden. Es gibt dafür auch experimentelle Behandlungen. Aber ich persönlich würde das bei mir nicht machen lasse, weil bei gutem Ventrikel und zweifelhaftem Langzeitergebnis der Gewinn nicht eindeutig sichtbar ist.
Gruß
C. Altmann

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21.02.2009, 10:37 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Altmann !

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Zum Pulsdefizit: Ich habe zwar auch ES mit Pausen, jedoch sind diese idR ziemlich kurz (<1 Sek). Zu hämodynamischen Beeinträchtigungen ist es noch nie gekommen. Die EF des linken Ventrikels lag lt. MRT bei 71%.

Zu den Medikamenten: Unter Betablocker wird insbesondere der Puls bei mir sehr langsam, vor allem unter Prent, was am stärksten wirkt. Hierdurch nehmen insbesondere Doppelschläge und 2:1 Extrasystolie stark zu. Deswegen habe ich es wieder absetzen müssen. Rytmonorm habe ich wie gesagt noch nicht ausprobiert, da ich Angst vor den proarrhythmischen Wirkungen habe. Halten sie dies für unbegründet ?

Meine letzte Ergometrie war im September 08. Bei 175 Watt hatte ich einen Puls von 180, damit war der Test beendet. Während des Tests inkl. Erholungsphase hatte ich genau eine VES. In einem früheren Belastungs-EKG sind allerdings auch schonmal mehr VES aufgetreten. Beim Sport merke ich so gut wie nie Extrasystolen.

Im Labor hatte ich erhöhte Werte für Cytomegalie und Ebstein-Barr-Virus. Könnte das eine Erklärung sein ? Sollte man dann nicht doch besser behandeln ? Wird das Herz sonst auf Dauer geschädigt ? In welchen Abständen sollte ich welche Kontrolluntersuchungen machen ?

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14.08.2013, 08:21 Uhr
Kommentar

Hallo Jörg,
es ist zwar schon 4 Jahre her, aber wie haben sich denn Deine VES entwickelt ?
Ich hab seit 10 Jahren wenige und seit einer Woche täglich 100 bis 1000 VES. Laut Kardiologen nicht zu behandeln, Betablocker helfen kaum mehr.

Danke,
Gerd

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21.02.2009, 22:12 Uhr
Antwort

Bei Verschwinden oder Nicht-Auftreten der ES unter stärkerer Belastung wäre für mich die Harmlosigkeit der Extrasystolie erwiesen.
Die Virus Werte sind doch wahrscheinlich IgG Antikörper , das sagt gar nichts. Ich sehe bei der von Ihnen geschilderten Konstellation keinen Handlungsbedarf.
Gruß
C. Altmann

Experte-Schaps
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17.08.2013, 13:12 Uhr
Antwort von Experte-Schaps

Guten Tag,

da sich die Indikation zur Behandlung der von Ihnen genannten Herzrhythmusstörungen im Sinne von harmlosen Extraschlägen nicht auf die Menge dieser, sondern eher auch die dadurch ausgelösten Symptome, bezieht, sehe ich in Ihrem Falle keinen Grund zu einer behandlung oder weiteren Abklärung mit im Einzelfall komplikationsträchtigen Eingriffen, wie zum Beispiel einer EPU.
Des Weiteren sehe ich eigentlich keinen grossen Nachteil in der medikamentösen Behandlung dieser VES mit einem Betablocker. Diese Therapieform ist lange etabliert und sehr bewährt und auch sehr nebenwirkungsarm. Zuerst könnte man allerdings einen Therapieversuch mit einem hochdosierten Magnesium-Kalium-Präparat, welches die Anzahl der VES auch signifikant reduzieren kann, versuchen.

"Mit herzlicher Gruß",

Ihr

Klaus-Peter Schaps

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