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Sind Extrasystolen harmlos, wenn das Herz als "gesund" gilt?

Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage

09.09.2019 | 13:25 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Jonas und ich bin 33 Jahre alt. Ich leide an einer Panikstörung/Herzangstneurose. Alles begann vor etwa 6 Monaten mit einem hartnäckigen Infekt. Der Kardiologe konnte nach EKG und Ultraschall eine Herzbeteilung zunächst nicht ausschließen. Zwar waren Laborwerte völlig unauffällig, jedoch war die Pumpleistung im Ultraschall laut Kardiologe "grenzwertig" (52-55%). Aufgrund großer Aufregung hatte ich bei der Untersuchung eine Herzfrequenz zwischen 110 und 120. Der Kardiologe konnte daher nicht 100%-ig sagen, ob die Pumpleistung aufgrund der schwierigen Messung (hohe Herzfrequenz) so niedrig war oder aufgrund einer Entzündung. Er verordnete mir daraufhin 5 Wochen Schonung. Bei der Kontrolluntersuchung war seiner Meinung nach alles in Ordnung (Pumpleistung normalisiert, keine Störungen). Das Herz sei gesund. Leider hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt immer mehr in meine Herzangst hineingesteigert, sodass ich zum Zeitpunkt der Kontrolluntersuchung bereits einmal mit einer heftigen Panikattacke in der Notaufnahme gelandet war. Ich sprach mit dem Kardiologen über meine Angst und die von mir als sehr unangenehm empfundenen Extrasystolen (wie ein heftiger Schlag und ein mulmiges Gefühl, das durch den ganzen Körper geht). Er sagte, diese seien sehr wohl unangenehm, jedoch harmlos. Wir vereinbarten noch einen Termin zu einem Belastungs-EKG. Leider konnte mich die Entwarnung des Kardiologen nicht beruhigen und meine Angst wurde immer größer und damit auch die Extrasystolen. Auch das Belastungs-EKG konnte mir nicht nachhaltig helfen, obwohl es völlig unauffällig war. Ich entschied mich für eine Verhaltenstherapie, um an meiner Angst zu arbeiten. Inzwischen konnte ich einige Fortschritte erzielen, jedoch fällt mir auf, dass ich immer wieder mit großer Angst auf Extrasystolen reagiere, obwohl mir sowohl vom Hausarzt als auch vom Kardiologen mehrmals bestätigt wurde, dass ich mir wegen der Extrasystolen keine Sorgen machen brauche. Diese Botschaft hält leider immer nur sehr kurz an, da meine Angst immer wieder einen Weg findet, die Aussagen der Ärzte irgendwie zu relativieren oder in Frage zu stellen. Ich weiß, dass dies ein typisches Verhaltensmuster der Angststörung ist und dass ich dieses Problem in der Therapie angehen muss, trotzdem stellt sich mir immer wieder folgendes Problem:

Bei meinen bisherigen Untersuchungen (Ruhe-EKG, Langzeit-EKG) wurden keine oder nur vereinzelte SVES festgestellt. Ich spüre jedoch in unregelmäßigen Abständen (manchmal tagelang keine, dann wieder mehrere am Tag) sehr unangeneheme, von mir als besonders heftig empfunde Extrasystolen (vermutlich VES??), die in mir sofort die Angst hochschießen lassen. Zwar war es in der letzten Zeit so, dass mich diese heftigen Extrasystolen eher selten plagten, jedoch war die Verunsicherung sofort wieder da, vor allem weil diese nicht durch ein EKG aufgezeichnet wurden. Teilweise habe ich mehrere Tage keinerlei Probleme und dann erschreckt mich wie aus dem Nichts ein heftiger Extraschlag und die Angst ist sofort wieder da. Um meiner Angst entgegen zu wirken riet mir der Hausarzt dazu, mir einen Eventrekorder in einer Kardiologie auszuleihen, um damit unangenehme Störungen aufzeichnen zu können. Dies solle dabei helfen, letzte Zweifel auszuräumen. Mein Problem ist, dass die Zeit nicht ausreicht, um die Extrasystolen aufzuzeichnen, da der "Spuk" meistens vorbei ist, bevor ich den Rekorder aktivieren konnte. Somit scheint auch der Eventrekorder nicht wirklich dabei zu helfen, meine Zweifel auszuräumen... 

Nach dieser langen Vorrede meine konkrete Frage: Stimmt es, dass man auf Grundlage der durchgeführten Untersuchungen (EKG, Ultraschall, Belastungs-EKG) gewissermaßen ausschließen kann, dass Extrasystolen gefährlich werden könnten, auch wenn diese nicht direkt gesehen oder nachgewiesen wurden? Auf mehrmalige Nachfrage wurde mir von Hausarzt und Spezialist immer wieder gesagt, dass ich im Grunde beruhigt sein könne, da mein Herz gesund sei. Ich müsste keine weiteren Untersuchungen durchführen lassen. Trotzdem frage ich mich bei den unangenehmen Extrasystolen immer wieder auf's Neue, ob das immer noch ungefährlich ist...wenn ich mir dahingehend nur sicher sein könnte, glaube ich, dass mir der Umgang auch wesentlich leichter fallen würde. Mir persönlich wäre es am liebsten, einfach Abstand zu der ganzen Geschichte und den ständigen Untersuchungen und Arztbesuchen zu gewinnen und stattdessen an einem besseren Umgang mit diesen nervigen Stolperern zu arbeiten. Wäre da nicht immer wieder diese Ungewissheit....

Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich sehr freuen!

Herzliche Grüße Jonas

 

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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15.03.2020, 16:45 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jonas,

vorneweg: dass Sie es geschafft haben, sich selbst zu beruhigen und weitergelaufen sind, ist ein sehr guter Schritt. Therapeutisch haben Sie damit bereits einiges erreicht, das ist sicherlich gut.
Zum direkt daraufflogenden Absatz:Genau wie Sie sagen, im Moment besteht keine Indikation dazu, dass Sie eine körperliche Ursache haben, es sieh hauptsächlich wie eine Psychische aus.
Insofern besteht im Moment natürlich auch keine Notwendigkeit, unmittelbar erneut zu untersuchen.
Ein Kompromiss, den Sie mit Ihrem Arzt klären können, besteht evtl. darin, jährliche oder zweijährige Kontrolluntersuchungen durchzuführen. Eine Herzerkrankung entwickelt sich nicht so schnell, dass dann etwas übersehen würde. Vor allem, wenn Ihr Kreislauf so stabil ist, dass er so langes Laufen aushält,

Im Moment liest sich alles, was Sie schreiben, normal. Sie sollten sich keine Sorgen machen.

- Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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20.04.2020, 12:27 Uhr
Kommentar

Liebes Lifeline Gesundheitsteam,

zunächst einmal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich mich für Ihre letzte Antwort nicht bedankt habe. Ich habe mich natürlich (wie immer) sehr gefreut und weiß Ihren Einsatz sehr zu schätzen - vielen Dank!!

Da meine Herzangst nach wie vor sehr hartnäckig ist (mit Höhen und Tiefen), erarbeite ich zur Zeit in Absprache mit meiner Therapeutin eine Art Anti-Angst-Konzept, indem ich versuche, die schädlichen Gedanken, die meine Angst aufrecht erhalten, Schritt für Schritt zu eliminieren oder zumindest zu relativieren.

Hintergrund ist der folgende: Vor kurzem habe ich eine längere Episode (in etwa 15-20 Tage) erlebt, während derer ich weitgehend frei von (Angst-/Herz-)Symptomen war. Ich habe in dieser Zeit eigentlich weder in Ruhe noch unter Belastung Extrasystolen verspürt. Ich habe gemerkt, wie mein Vertrauen täglich ein wenig gewachsen ist. Dann aber hatte ich bei einer lockeren Ausdauer-Einheit eine Extrasystole, die mich sehr überrascht hat, da ich eigentlich entspannt war (keine von denen, die sich für mich so ganz furchtbar anfühlen, aber schon eine, die ich eben gespürt habe). Ich habe versucht, mich nicht beeindrucken zu lassen und habe die Intensität nochmal ein wenig erhöht, um mir zu beweisen, dass "alles gut ist". Es sind dann auch keine weiteren Extrasystolen aufgetreten. Trotzdem war die Verunsicherung anschließend zurück und dass in der Folge wieder vermehrt Extrasystolen aufgetreten sind, muss ich vermutlich nicht erwähnen.

Mir wurde dadurch erneut bewusst, dass ich offenbar nur dann Vertrauen in mein Herz aufbauen kann, wenn ich keine Extrasystolen spüre. Sobald diese jedoch auftreten (meistens reicht eine einzige pro Tag schon aus), setzen alle Zweifel wieder ein und das Angst-Karussel beginnt sich von Neuem zu drehen.

Nun zu meinen beiden Problemfeldern/Fragen:

1.) In diversen Beiträgen dieses Forums lese ich immer wieder, dass bei einem gesunden Herzen Extrasystolen (sowohl SVES als auch VES) ungefährlich sind und das unabhängig davon, ob sie in Ruhe oder Belastung auftreten - selbst dann, wenn diese mal gehäuft oder in komplexeren Formen in Erscheinung treten. Hat diese Aussage im wesentlichen immer noch Gültigkeit oder sollten Extrasystolen unbedingt angesehen werden, um sie als harmlos einstufen zu können? Denn in jüngeren Beiträgen hatte ich den Eindruck, dass diese Aussage ein wenig relativiert wurde, sodass meine Strategie, mich beim Auftreten von Herzstolpern immer wieder an diesen Satz zu erinnern und mich damit zu beruhigen, nicht mehr richtig greift....

2.) Selbst unter der Annahme, dass die Aussage unter 1 im wesentlichen noch als gültig anzusehen ist, merke ich, dass ich dann immer wieder daran zweifele, dass mein Herz überhaupt gesund ist (obwohl sich Kardiologe und Hausarzt nach meinen Untersuchungen darin einig waren). Dies hat den Hintergrund, dass in meinen Untersuchungen (Ultraschall, EKG, Langzeit-EKG und Belastungs-EKG) bis auf eine SVES nie Extrasystolen aufgezeichnet wurden, sodass ich immer wieder denke: dein Herz wurde nur als gesund eingestuft, weil keine Extrasystolen gesehen wurden...das sähe möglich anders aus, wenn dies oder jenes mal erfasst worden wäre. Anstatt also beim Auftreten von Extrasystolen zu sagen: "Dein Herz ist gesund, die Dinger können dir nichts anhaben", drehe ich den Spieß sogar um und deute die Extrasystolen als Zeichen einer Herzschädigung (als Folge der vermeintlichen Herzbeteiligung an einem Infekt von vor einem Jahr) und führe den entwarnenden Satz von oben für mich quasi ad absurdum...

Mein Hausarzt sagt, dass wenn der Kardiologe nach Herz-Ultraschall und Belastungs-EKG zu dem Schluss kommt, dass das Herz strukturell gesund ist, keine Notwendigkeit besteht, Extrasystolen, die außer Angst keine weiteren Symptome verursachen, weiter zu untersuchen und es im Gegenteil eher kontraproduktiv sein könnte, immer wieder zu untersuchen.

Daher zusammenfassend nochmals meine beiden Fragen:

1.) Kann man im wesentlichen (ich weiß, dass es keine Garantien gibt) davon ausgehen, dass Extrasystolen (in welcher Form auch immer) einem gesunden Herzen nicht schaden können?

2.) Kann ich mich darauf verlassen, dass mein Herz auf Grundlage der gemachten Untersuchungen auch ohne das Erfassen von Extrasystolen als gesund eingestuft werden kann?

Ich weiß, dass ich mich in vielen Punkten wiederhole, aber vielleicht würde es mir helfen, wenn ich bzgl. dieser beiden Punkte für mich nochmal etwas Klarheit bekommen würde, um irgendwie einen besseren Umgang mit Extrasystolen zu lernen, anstatt jedes Mal aufs Neue in Angst und Panik zu verfallen, wenn mal wieder Extrasystolen auftreten. Denn ich glaube kaum, dass diese eines Tages wieder komplett verschwinden, sodass eine wirklich Besserung meiner Situation eigentlich nur möglich ist, wenn ich lerne, mit Extrasystolen zu leben.


Herzliche Grüße 

Jonas

Lifeline Gesundheitsteam
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26.04.2020, 14:00 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jonas,

es freut uns natürlich sehr zu lesen, dass wir Ihnen mit unserer letzten Antwort offensichtlich helfen konnten.
Zu Ihren Fragen: Extrasystolen können dem Herzen nichts anhaben und kommen tatsächlich auch bei den meisten gesunden Herzen vor. Das ist ganz normal. Es ist sogar so, dass das Herz eine gewisse Dynamik auch bei einem ruhigen Puls hat, also nicht so rhythmisch schlägt, wie eine Uhr. Dies sieht man im EKG, ertasten kann man das kaum. Ein zu regelmäßiger Rhythmus wäre auch eher ein Zeichen für ein Schaden.
Im Rahmen dieser leichten Unregelmäßigkeiten kommt es dann selten aber manchmal zu Extrasystolen. Extrasystolen sind also, wenn Sie so selten sind, wie Sie es beschreiben, kein Zeichen von Herzkrankheit.
Zur zweiten Frage: Ja, es ist richtig, dass manche Extrasystolen abgeklärt werden sollten. Das ist ja aber bei Ihnen passiert und wenn man nur eine sieht bei so vielen Untersuchungen, kann man einerseits sagen, dass diese sehr selten auftreten, außerdem kann man beurteilen, wie diese eine ausgesehen hat und damit beurteilen, ob sie "ungesunde" SVES sind oder nicht. Das ist bei Ihnen passiert. Insofern: Ja, man kann Entwarnung geben. Ihre Extrasystolen sind "gutartig".

Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit nochmal weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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04.05.2020, 12:42 Uhr
Kommentar

Liebes Lifeline Gesundheitsteam,

ich möchte mich bei Ihnen für Ihre Antwort und die ausführlichen Erklärungen bedanken!

Ich glaube, dass ich inzwischen begriffen habe, dass Extrasystolen (egal ob SVES oder VES) nicht per se gefährlich sind und auch bei gesundem Herzen vorkommen können. Zudem weiß ich ja, dass es eben auch einige "externe" Faktoren wie Stress, Angst, Übermüdung, Elektrolytverschiebungen, Koffein, Alkohol, üppiges Essen usw. gibt, die das Auftreten von Extrasystolen begünstigen können. 

In den Momenten, wo ich Extrasystolen verspüre, versuche ich mich immer wieder daran zu erinnern. Das klappt mal besser, mal schlechter. Mein Problem ist einfach, dass ich nach wie vor nicht richtig gelernt habe zu akzeptieren, dass diese eben hin und wieder auftreten. Manchmal verspüre ich über Tage oder gar Wochen sehr wenig oder überhaupt nichts und dann tritt plötzlich (wie aus dem Nichts) eine sehr unangenehme Extrasystole auf und sofort setzen die Angstgedanken eine: "Was, wenn das doch eine gefährlich ES war (kurze Kopplung??)? Woher soll ich wissen, dass das harmlos ist? Warum tritt sie überhaupt auf...das war doch vorher auch nie der Fall! Muss ich jetzt doch wieder zum Arzt gehen?" usw....

Ich muss allerdings sagen, dass ich aktuell etwas Sicherheit und Vertrauen aus der Erfahrung schöpfe, dass ich nun seit einigen Wochen sehr regelmäßig Sport treibe (Ausdauer- und Krafttraining) und ich dabei zuletzt weder bei niedrigen, noch bei hohen Intensitäten (HF bis 180 S/min) Extrasystolen oder andere Probleme verspürt habe.  Da ich dadurch auch die Angst vor körperlichen Belastungen etwas reduzieren konnte, spüre ich unter sportlicher Belastung auch viel weniger Stress, sodass sich auch meine Herzfrequenz wieder normalisiert hat (und nicht sofort in die Höhe schießt). Das hilft mir doch ein wenig. 

Herzliche Grüße und auch Ihnen alles Gute in dieser für alle nicht ganz leichten Zeit!

Jonas

Lifeline Gesundheitsteam
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10.05.2020, 10:37 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jonas,

es freut uns natürlich sehr zu lesen, dass wir Ihnen offensichtlich weiterhelfen konnten! Klar ist es lästig, dass die Behandlung einer Angststörung langwierig ist und auch immer wieder von Rückschlägen begleitet wird. Aus dem Geschriebenen lässt sich aber entnehmen, dass Sie auf einem wirklich sehr guten Weg sind.
Deshalb wollen wir Sie natürlich motivieren, dranzubleiben. Machen Sie nur weiter damit! Auch, dass Sie sich sportlich betätigen ist sehr gut! Ihr Therapeut ist sicherlich froh, dass er einen Klienten wie Sie hat, der bereit ist, an sich zu arbeiten!
Bei weiteren Fragen sind wir natürlich gerne wieder für Sie da!

Alles Gute - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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15.05.2020, 14:03 Uhr
Antwort

Liebes Lifeline-Gesundheitsteam,

ich danke Ihnen sehr für Ihre Ermutigungen und habe ebenso das Gefühl, mich aktuell auf einem ganz guten Weg zu befinden. Ich mache weiterhin regelmäßig Sport und fühle ich mich zur Zeit (besonders bei lockeren Ausdauereinheiten) dabei auch sehr wohl. Aber wie Sie schon sagen: die Behandlung wird immer wieder von kleineren oder größeren Vorfällen/Rückschlägen begleitet. Da ich heute Morgen bei einem Krafttraining einen kleineren Rückfall erlebt habe, würde ich gerne auf Ihr Angebot zurückkommen und mich nochmals mit einer Frage an Sie wenden.

Und zwar bin ich heute mal wieder auf ein Phänomen aufmerksam geworden, das ich seit langem nicht mehr verspürt oder wahrgenommen habe. In der Entstehungsphase meiner Herzangst ist mir dieses Phänomen häufiger aufgefallen. Mit der Zeit ist es aber verschwunden oder ich habe gelernt, mich nicht mehr so sehr darauf zu konzentrieren (vermutlich eine Mischung aus beidem). 

Jedenfalls merke ich, dass mein Herz manchmal - vor allem bei schnellen Belastungs- oder Lagewechseln - gefühlt eine richtige Pause macht, also von einem recht schnellen Herzschlag kurz in einen sehr langsamen Herzschlag übergeht und sich dann wieder ein wenig normalisiert. Beispielsweise merke ich das, wenn ich mich aus einer Belastung (Bspw. HF bei 120/130 oder auch höher) heraus schnell in die Hocke fallen lasse, mein Herz nach einigen schnelleren Schlägen gefühlt einen Schlag auslässt und dann wieder etwas schneller schlägt. Je erregter ich bin (sowohl psychisch als auch physisch), umso deutlicher spüre ich dieses Phänomen. Ich muss allerdings sagen, dass mir dies länger nicht aufgefallen ist. Heute habe ich jedoch das Gefühl, dass mein Herz empfindlicher auf Belastungswechsel reagiert. Ich kann diesen Rhythmuswechsel reproduzieren/provozieren, indem ich aus dem Stand schnell in die Hocke gehe. Allerdings ist der Wechsel von schnell auf langsam nicht immer so abrupt. Ich kenne das auch aus Phasen mit großer Aufregung oder Angst, dass mein Herz sehr schnell schlägt, dann aber wenn ich mich bspw. hinsetze oder richtig tief einatme plötzlich diese Pause macht, ein paar mal sehr langsam schlägt und dann wieder etwas schneller - in etwa so: d-d-d-d-d-d-d---d--d--d-d-d-d...

Je nachdem wie schnell mein Herz vorher schlägt, umso krasser empfinde ich teilweise diesen Wechsel. Ich muss dazusagen, dass ich dabei bisher keinerlei körperliche Beeinträchtigung spüre und diese Rhythmus-Wechsel eigentlich im Zusammenhang mit körperlicher Belastung eigentlich nur bei einem recht abrupten Wechsel von Belastung auf Ruhe oder besonderen Positionswechseln auftreten.  Überhaupt darf man natürlich fragen, warum ich überhaupt so sehr in mich hineinhöre. Früher hatte ich das vielleicht auch schon, jedoch wäre es mir wahrscheinlich nie aufgefallen.

Ich bin dann im Anschluss an mein Krafttraining nochmal in eine lockere Ausdauereinheit gegangen und muss sagen, dass da wieder alles "normal" war. Die Herzfrequenz hat sich immer der Belastung angepasst und war bei gleichbleibender Belastung im aeroben Bereich auch sehr gleichmäßig (über 10 Minuten relativ konstant bei 142-144 S/min). Auch in Ruhe spüre ich diese Unregelmäßigkeiten eigentlich nicht (außer einer respiratorischen Arrythmie, die ja meines Wissens normal bzw. harmlos sein soll). Meine Ruhe-HF sinkt abends auf der Couch wieder auf 56 S/min.

Ich habe das Gefühl, dass ich diese Sprünge durch bestimmte Reize regelrecht provozieren kann. Trotzdem fühlt sich das irgendwie merkwürdig/bedrohlich an. Ich habe dabei nicht das klassische Gefühle einer Extrasystole, sondern lediglich die Empfindung, dass das Herz verglichen zum Grundrhythmus eine etwas längere Pause macht, bevor es gleichmäßig weiterschlägt. In meinem Langzeit-EKG stand etwas von "16-mal fehlender QRS-Komplex" (längster 1,7s nachts bei einer Grundfrequenz von 58). Die Ärzte haben nichts weiter dazu gesagt, außer dass eine solche Pause in der Nacht schon mal vorkommen kann und prognostisch ohne Bedeutung ist.

Meine Frage (nach der erneut langen Vorrede): Kann es sein, dass diese Pausen/Aussetzer einfach eine Reaktion auf den Belastungswechsel darstellen - das Herz also quasi mit einer Art kompensatorischen Pause den Rhythmus an die neue Belastung anpasst und dadurch gewissermaßen einen Schlag auslässt oder kann es sich dabei auch um potentiell gefährliche Erregungsstörungen handeln? Der rationale Teil in mir glaubt eher an ersteres, da ich dieses Phänomen aus der reinen Belastungsphase (oder auch dem Belastungs-EKG) nicht kenne, der ängstliche Teil in mir jedoch sieht sofort eine Veränderung, die ich vor meiner Erkrankung nicht kannte und befürchtet bedrohliche Herzrhythmusstörungen (AV-Block, Erregungsrückbildungsstörungen,...).

Können solche Veränderungen auch vegetativ bedingt sein? 

Vielleicht finden Sie nochmals Zeit, mir ein wenig weiterzuhelfen. 

Herzliche Grüße und alles Gute

Jonas

 

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15.05.2020, 14:08 Uhr
Antwort

Vielleicht ergänzend nochmal das "Schlagmuster", da es oben nicht gut zu erkennen ist:

d-d-d-d-d---d--d--d--d-d

Lifeline Gesundheitsteam
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21.05.2020, 15:00 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jonas,

was Sie beschreiben, ist ganz natürlich und Sie beschreiben es sehr gut.
Man kann sich gut vorstellen, wie das Herz ganz normal schlägt, es füllt sich und kontrahiert sich wieder, sodass das Blut ausgeworfen wird. Anschließend wird wieder Blut aus dem Körper (rechts) bzw. aus der Lunge (links) angesaugt und die Herzhälfte füllt sich wieder, erst der Vorhof, der es dann an die Kammer weitergibt.
Wenn Sie plötzlich die Lage wechseln, kann es beispielsweise sein, dass in der Hocke das Volumen insgesamt in den Beinen ansteigt, da die großen Muskeln kontrahieren. Die Gefäße werden zusammengepresst und das Blut "schießt" von unten nach oben zum Herzen. Das Herz wird dadurch z.B. mehr gedehnt, da es voller ist. Es braucht mehr Zeit, das plötzlich hinzukommende Blut an die Kammer zu leiten und sich zu kontrahieren. Wenn das dann geschafft ist, ist wieder alles wie vorher.
Es ist also ganz normal und völlig ungefährlich.
Ähnlich bzw. andersherum verhält es sich beim tiefen Einatmen, dabei wird der Brustkorb aufgedehnt, das Blut wird in der Lunge sozusagen kurz langsamer. Aber auch das ist völlig normal. Zusätzlich wird eine Auswirkung auf den Nerven, der das Herz versorgt, vermutet.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen hiermit weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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25.05.2020, 15:53 Uhr
Antwort

Liebes Lifeline Gesundheitsteam,

vielen Dank für diese ausführlichen und gut verständlichen Erklärungen. Diese Antwort hilft mir schon sehr, da sie gewissermaßen zu einem Gefühl, das ich hatte, eine medizinische Erklärung liefert. Überhaupt merke ich, dass es mir hilft, mit meinen Ängsten besser umzugehen, wenn ich ein wenig nachvollziehen kann, auf welcher medizinischen Grundlage Ärzte zu ihren Einschätzungen gelangen. Ich bin wohl leider nicht der Mensch, der sich mit der Aussage "Sie haben nichts" einfach so begnügen kann, wenn immer mal wieder Symptome auftreten, die sich eben nicht danach anfühlen. Da nützt es mir schon, wenn von fachmännischer Seite erklärt wird, dass es eben auch "harmlose" Ursachen für Phänomene gibt, die sich nicht so harmlos anfühlen.

Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe und wünsche Ihnen weiterhin alles Gute!

Herzliche Grüße

Jonas

 

 

Lifeline Gesundheitsteam
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27.05.2020, 13:42 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jonas,

sehr gerne, dafür sind wir ja da! Trotzdem freut es uns immer wieder, wenn wir ein so positives Feedback bekommen.
Bei weiteren Fragen und Anliegen sind wir natürlich gerne wieder für Sie da!

- Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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