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Sehr wechselhafte Extrasystolen

Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage

19.08.2021 | 11:34 Uhr

Hallo liebes Expertenteam,

ich habe seit einiger Zeit Probleme mit Herzstolpern, welches phasenweise sehr wechselhaft auftritt.

Ich hatte letztes Jahr auch bereits die gängigen Untersuchungen (Ultraschall, EKG, Ergometrie) und mir wurde gesagt, dass ich mir um meine Pumpe keine Sorgen machen muss.

Habe über meinen Hausarzt auch letztes Jahr und auch Anfang dieses Jahr jeweils ein Langzeit-EKG gemacht. Es wurden jeweils Extrasystolen festgestellt (letztes Jahr 90x SVES, 2x VES. Dieses Jahr keine Angabe), ansonsten aber keinerlei Auffälligkeiten. An beiden Tagen habe ich die Extrasystolen quasi nicht gemerkt, jedoch habe ich insbesondere beim ersten Langzeit EKG auch keinerlei Fokus darauf gehabt.

Dies hat sich in der Zwischenzeit geändert und ich habe immer wieder einen starken Fokus auf die Extrasystolen. Daher nehme ich diese verstärkt war, erst wenn mehrere Tage in Folge mit wenig bis keinen ES folgen, verliere ich den Fokus langsam und spüre die ES dann auch nicht mehr, bis die nächste stärkere Episode kommt.

Mit den wechselhaften Phasen meine ich genau das. Teils über mehrere Wochen, nehme ich die ES quasi nicht wahr. Dann sind aber teils immer Tage dabei, wo ich diese verstärkt wahrnehme. An solchen Tagen nehme ich die ES dann immer wieder vereinzelt über den Tag hinweg wahr, vereinzelt auch beim Sport.

Dann gibt es aber auch vereinzelte Tage, wo ich insbesondere im Liegen auf der linken Seite, teils auch mehrere Extrasystolen in der Minute wahrnehme. Wenn ich dann aufstehe oder mich aufsetze, hört es dann auch auf und sobald ich mich hinlege, geht es wieder los mit Extrasystolen, teils auch in einem Rhythmus, dass kurzfristig jeder dritte Schlag eine ES ist. An ganz extremen Tagen merke ich dann auch mehrere ES beim Spazierengehen, wo ich sonst nie ES merke.

Zuletzt hatte ich solche Phasen verstärkt an Tagen, nachdem ich Alkohol getrunken habe. Nun ist mir klar, dass Alkohol solche ES auslösen kann, bis vor kurzem war das aber nach Alkohol nie der Fall.

Aufgrund der obigen Erläuterungen komme ich nun zu meinen Fragen:

1. Grundsätzlich ist mir klar, dass Extrasystolen bei gesundem Herzen ungefährlich sind und vermutlich - auch in der Form wie bei mir oben beschrieben - bei vielen Leuten vorkommen, nur dass diese es nicht wahrnehmen. Ist es denn definitiv so, dass bei organisch gesunden Herzen nichts passieren  kann, auch bei komplizierteren Formen von ES und der Häufigkeit wie oben?

2. Gibt es irgendwelche Tipps, wie man besser damit umgehen kann? Tromcardin nehme ich schon, das hilft Mal mehr, mal weniger. Leider empfinde ich die ES - trotz der scheinbar nicht bestehenden Gefahr - als extrem unangenehm und gerate teils in ein Vermeidungsverhalten. Das heißt, dass ich keine  Kaffee trinke, obwohl ich Lust habe oder lieber ungemütlich aufrecht auf dem Sofa sitze, statt mich entspannt hinzulegen.

3. Gibt es ggf. ein Merkmal, an den man erkennen kann, dass die ES vermutlich nicht mehr ungefährich sind, sondern krankheitsbedingt? Ggf. daran, dass diese dann den kompletten Tag mehrmals die Minute auftreten oder das diese beim Sport dauerhaft auftreten?

4. Können die ES auch lagebedingt und vor allem psychisch bedingt vorkommen? In diversen Situationen, z.B. nach dem Genuss von Kaffee oder beim liegen auf der linken Seite, warte ich quasi schon auf die Extrasystolen, kann dies ggf. Ein Faktor für das Auftreten sein? Und gibt es generell eine Erklärung dafür, warum die Häufigkeit von Extrasystolen phasenweise so variiert?

5. Sind einzelne Stolperer tatsächlich auch beim Sport in Ordnung? Wenn ich beim Sport einzelne ES merke, hemmt mich das nämlich immer ein wenig uns ich konzentriere mich mehr aufs Herz als auf den Sport

Entschuldigen Sie, dass es so umfangreich geworden ist. Ich bin mit meinen Sorgen auch in therapeutischer Behandlung, brauche aber nochmal eine theoretische Erklärung zu den oben genannten Themen, vor allem weil ich mir einen erneuten Arztbesuch sparen will.

Danke schonmal!

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Bisherige Antworten
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22.08.2021, 10:05 Uhr
Antwort

Noch ergänzend zu 1.):

Kann man davon ausgehen, dass bei nahezu jedem Menschen einmal mehrere Extrasystolen in der Minute auftauchen würden, wenn man jedem dauerhaft ein Langzeit EKG anlegen würde?

Lifeline Gesundheitsteam
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22.08.2021, 14:32 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

Das entscheidende Kriterium ist, dass sie bereits ganz durchgescheckt worden sind und alles unauffällig war. 
Eine kurze Erläuterung: Extrasystolen sind ja nur dann Extrasystolen, Wenn es zu einem unregelmäßigen Herzschlag aufgrund einer unkontrollierten Erregung kommt. Es kann aber auch zu ganz plötzlichen Frequenzänderungen kommen, die sich wie eine Extrasystile anfühlen, ohne dass das unkontrolliert ist. Und tatsächlich, Auslöser hierfür sind in den meisten Fällen Änderungen im Blutstrom zum Herzen. Und solche treten genau bei Lageänderungen oder im Liegen auf, können aber auch beim Sport ausgelöst werden, abhängig von der durchgeführten Übung. Es kommt auch in solchen Fällen dazu, dass bei einem Herzschlag auf einmal sehr viel Blut ausgebrochen wird, was sich unangenehm anfühlt. Das ist aber nicht gefährlich. Insofern ist wirklich davon auszugehen, dass sie sich keine Sorgen machen müssen, gerade wenn alle Befunde bisher unauffällig waren. 
Das macht es ein bisschen schwer, ihren Zusatz zur ersten Frage zu beantworten. Bei fast allen Menschen würde man wahrscheinlich Extrasystolen in einem bestimmten Ausmaß feststellen. Ob es sich aber wirklich um Extrasystolen bei ihnen handelt, können wir aber nicht sagen.
Ähnlich können Extrasystolen auch psychisch ausgelöst werden. Der Mechanismus ist etwas komplizierter, im groben geht es aber um ein Wechselspiel zwischen dem Stress– und dem Entspannungsnervensystem. 
Was kann man also dagegen tun? Die gute Nachricht ist natürlich, dass man aus rein körperlich medizinischer Sicht nichts dagegen tun muss. Das Problem ist eher ein psychisches. Und hier ist die eigentliche Behandlungsform eine Verhaltenstherapie: grob gesagt geht es darum, mit dem Wissen im Hintergrund, dass die Extrasystolen ungefährlich sind, sich abzutrainieren, auf diese so genau zu achten. Das mag paradox klingen, ist aber tatsächlich als Behandlungmittel der Wahl. Hierbei könnte sie am ehesten ein Psychotherapeut unterstützen, falls sie das wünschen. 
Die Gefährlichkeit von Extrasystolen lässt sich leider wirklich nur anhand von Untersuchungen einschätzen. Andere Marker gibt es nicht.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam 

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24.08.2021, 15:11 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für die Antwort und erst einmal vielen Dank für das Angebot hier generell! Auch danke für die Hinweise, ich werde weiterhin daran arbeiten, dass ich den Fokus von den Extrasytolen auf andere Dinge verlege!

Dennoch noch einmal ergänzende Fragen:

- Wie erwähnt, habe ich ab und an Episoden, in denen ich über einen kurzen Zeitraum sehr viele Extrasystolen verspüre, zum Beispiel zuletzt beim Liegen auf der linken Seite. Da habe ich dann - bestätigt durch Tasten mit dem Finger - vorübergehend alle 4-5 Sekunden eine ES gespürt. Wenn ich die Lage dann aber ändere, hören die ES auch direkt wieder auf. Kommt sowas durchaus auch bei Herzgesunden, also vermutlich auch anderen Leuten, einfach mal vor, also das über einen kurzen Zeitraum mehrere ES in so kurzer Zeit vorkommen?

- Was wäre aus Ihrer Sicht ein Anlass, um die ES nochmal neu beim Arzt kontrollieren zu lassen? Grundsätzlich würde ich diesbezüglich davon ausgehen, dass eine Kontrolle ratsam ist, wenn die Anzahl der ES deutlich zunimmt. Das Problem ist jedoch, dass ich teils einige Wochen beschwerdefrei bin, dann jedoch solche Phasen wie oben beschrieben verspüre. In den darauffolgenden Tagen bin ich dann wieder so fokussiert, dass ich wieder sehr viele ES am Tag merke, was ist ja dann vom Empfinden automatisch eine Erhöhung der Anzahl darstellt. Ist es hier ggf. sinnig, wenn ich mir vornehme, dass ich 1x jährlich ein Langzeit-EKG zur Kontrolle mache und ansonsten nur dann zum Arzt gehe, wenn zusätzlich zu den ES weitere Symptome wie Schmerzen/Schwindel dazukommen? Zumindest gehe ich mal davon aus, dass sich am Herzen nach einer Untersuchung ohne Befund, nicht allzu schnell etwas negatives entiwckeln sollte, gerade in jungem Alter.

- Über Recherchen im Rahmen meiner Angsterkrankung habe ich gelesen, dass es auch "gefährliche" ES gibt, wenn diese in die vulnerable Phase der Repolarisation fallen. Ist dies generell so gültig oder gilt das eher für Menschen, die bereits vorgeschädigt sind? Oder anders gefragt, würden solche ES beim Herzgesunden tendenziell eher durch das Herz "aufgefangen" werden?

Danke nochmal im Voraus!

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24.08.2021, 22:28 Uhr
Kommentar

Ergänzend möchte ich noch darauf hinweisen, dass in meiner gesamten Familie (Eltern, Großeltern, Geschwistern, Onkels/Tanten) kein einziger Fall mit schwerwiegenden Herzproblemen bekannt ist. Dies sollte mir dich eigentlich noch weitere Sicherheit geben, oder?

Lifeline Gesundheitsteam
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25.08.2021, 16:24 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

ja, das von Ihnen vorgeschlagene Vorgehen scheint schon ganz sinnvoll zu sein. Kontrollen in so einem Abstand sind okay, sollten Sie in Ihrem Angstempfinden nicht bestärken und Ihnen immer wieder Sicherheit geben können. D.h., Untersuchungen stattfinden lassen, wenn sie zusätzliche Symptome spüren oder eben jährlich.
Die beschriebenen Symptome, also Extrasystolen im Liegen, können auch bei herzgesundenPersonen vorkommen, da es sich dabei, wie schon gesagt wohl gar nicht um echte Extrasystolen handelt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass es in ihrer Familie keine bekannten Fälle gibt.
Gefährliche Extrasystolen gibt es tatsächlich. Diese zeigen sich aber auch im EKG. Nachdem bei ihnen alles so unauffällig ist, ist absolut nicht davon auszugehen, dass bei Ihnen gefährliche Extrasystolen vorliegen.
Herzlichen Dank für Ihr Lob. Das motiviert uns sehr, weiterzumachen.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam 

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