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Extrasystolen und Pulsverhalten

Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage

16.05.2020 | 12:59 Uhr

Hallo liebes Ärzteteam,

ich habe ein paar Fragen rund um das Thema Herz-Kreislauf. Vorab muss ich dazu sagen, dass ich im Laufe des Frühjahrs eine Angststörung entwickelt habe und dadurch sehr auf meinen Körper fokussiert bin, insbesondere aufs Herz.

In diesem Zusammenhang habe ich auch einige Untersuchungen hinter mir. So wurden 3x EKG, 2x Blutuntersuchung, 2x Belastungs-EKG, 2x Herzultraschall und 1x Langzeit-EKG in diesem Jahr durchgeführt. Die Untersuchungen waren allen unauffällig, es wurde lediglich festgestellt, dass eine Herzklappe nicht zu 100% schließt, dies wurde jedoch als ungefährlich und weit verbreitet bezeichnet. Eigentlich solte ich also davon ausgehen, dass ich kerngesund bin.

Dennoch habe ich ein paar theoretische Fragen und hoffe, dass Sie mir hier eine Antwort geben können:

1. Seit etwa zwei Wochen merke ich meine Extrasystolen, zugegebenermaßen wohl auch daher, weil ich seit dem ersten Auftreten besonders darauf achte. Das war Anfang des Jahres noch nicht so. Im Langzeit-EKG hatte ich 92x SVES und 2x VES. Dazu die Frage, ist das eine Anzahl, die für einen Herzgesunden im normalen BEreich liegt, wie es bei vielen anderen auch vorkommt? Und ist es wirklich ausgeschlossen, dass Extrasystolen bei einer - wie in meinem Fall - umfangreichen Untersuchung gefährlich werden können?

2. Wenn ich Sport mache, sinkt mein Puls nach der Belastung innerhalb von 5 Minuten relativ zügig unter 100. Dann bleibt er jedoch, unabhängig von der Belastung, teilweise noch Stunden bei 75-80, obwohl mein Ruhepuls bei 60 liegt. Kann das normal sein und ggf. auch mit meiner Schilddrüsenunterfunktion zusammenhängen?

3. Ich stelle fest, dass bei Alltagssituationen wie Stehen und Duschen bei mir ein erhöhter Puls festzustellen ist, wenn ich ein oder zwei Stunden vorher Sport gemacht habe. Beim Stehen ist der Puils dann z.B. bei 100 statt bei 80. Liegt das daran, dass sich der Kreislauf noch nicht voll erholt hat und daher empfindlicher auf "neue" Belastungen reagiert?

4. Mir ist klar, dass der Puls gewissen Schwankungen unterliegt. Bei mir stelle ich fest, dass es Tage gibt, an denen ich in der Regel einen Puls von 60 habe und dieser bei Aktivität entsprechend ansteigt. Es gibt jedoch auch Tage, wo mein Puls eher im unteren 50er Bereich liegt und bei Aktivitäten wie Stehen, Gehen usw. deutlich weniger ansteigt, als an anderen Tagen. Ausnahme ist der Sport, da steigt der Puls stetig gleich an. Sind solche Unterschiede an verschiednen Tagen ebenfalls normal?

 

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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21.05.2020, 16:33 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

verzeihen Sie bitte die späte Antwort. Wir wollen gerne versuchen, Ihre Fragen so gut wie möglich zu beantworten.
1. Für die Beurteilung von Extrasystolen sind einige Dinge wichtig zu beurteilen, zum einen die Anzahl, die bei Ihnen völlig im Rahmen zu sein scheint, zum anderen aber auch, woher sie genau kommen, wie sie aussehen und ob sie sich untereinander unterscheiden oder nicht. Wenn Ihr Arzt alles als nicht besorgniserregend eingeschätzt hat, ist davon auszugehen, dass keine gefährliche Rhythmusstörung vorliegt und dass alles in Ordnung ist. Ein Hinweis auf gefährliche Extrasystolen ist normalerweise ziemlich eindeutig und wird von einem Arzt erkannt.
2. Was Sie hier beischreiben, ist tatsächlich normal. Der Körper benötigt zum einen natürlich nach dem Sport nicht mehr so viel Sauerstoff und Nährstoffe wie währenddessen, allerdings müssen trotzdem noch "Abfallstoffe" aus der Muskulatur abtransportiert werden. Außerdem ist eine gute Versorgung für die Regeneration wichtig. Bei einem guten Trainingszustand ist das also nach intensiverem Sport gesund.
3. Das kann auch damit zusammenhängen, dass der Körper anfängt, sich auf "Ausdauer" vorzubereiten, wenn Sie sich hinstellen und stehenbleiben. Auch das ist unbedenklich. Dass die Erholung noch nicht soweit ist, hängt damit zusammen, das ist richtig.
4. Hierfür kann es viele Gründe geben, z.B. auch, wie viel Sie getrunken haben, wie gut Sie regeneriert sind, wieviel Stress Sie haben, wie gut Sie geschlafen haben und vieles mehr. Solange der Bereich ca. der Gleiche ist, wie es bei Ihnen der Fall ist, ist das unbedenklich.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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28.05.2020, 15:25 Uhr
Kommentar

Hallo liebes Expertenteam,

vielen Dank erstmal für eure ausführliche Antwort! Zwei Rückfragen habe ich noch einmal, eine davon aus reinem Interesse.

1. Kann man ungefähr eine Aussage darüber treffen wieviele Extrasystolen im Durchschnitt bei einem gesunden Menschen auftreten? Diese Frage resultiert tatsächlich aus reinem Interesse, da ich mich vor kurzem mit Freunden, die ebenfalls bereits ein Langzeit-EKG absolviert haben, zu dem Thema ausgetauscht habe.

2. Aufgrund meiner Angststörung neige ich leider dazu, dass ich immer mal wieder am Handgelenk meinen Puls messe. Wenn ich dabei eine Extrasystole erwische, fühle ich entsprechend keinen Puls bzw. habe eine Pause von 2 Sekunden statt ansonsten einer.
Ist eine Extrasystole theoretisch so zu betrachten wie der einzelne Schlag eines Kammerflimmerns oder schlägt das Herz bei einer Extrasystole tatsächlich, nur dass der Schlag so schwach ist, dass er nicht tastbar ist? Ich frage mich nämlich immer, ob durch eine Extrasystole - gerade beim Sport - ein Kammerflimmern mit anschließendem Herzstillstand ausgelöst werden kann.

 

Danke im Voraus!

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30.05.2020, 10:35 Uhr
Kommentar

Eine kurze Ergänzung noch: Da ich mich so genau beobachte, war mir auch aufgefallen, dass mein Puls die ersten Schläge nach einer Bewegung einzelne Schläge ziemlich schnell ist.

Zum Beispiel wenn ich mich aus den Liegen aufrichten und auf einem Arm abstütze, sind anschließend die ersten vier oder fünf Schläge sehr schnell hintereinander ehe mein Herz seinen Puls "gefunden" hat.

Ich vermute, dass das daran liegt, dass es ein paar Schläge dauert bis das Herz merkt, auf was für eine Belastung es sich einstellen muss, korrekt?

Lifeline Gesundheitsteam
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30.05.2020, 14:32 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

klar, wir versuchen Ihnen gerne die Fragen zu beantworten.
1.: Da ist die Wissenschaft sich noch nicht so ganz einig, da Extrasystolen ja Risiko für Verschiedenes sein könnten. So müssen hierbei unterschiedliche Folgen untersucht werden. Verschiedene Autoren legen also erstmal einen Wert fest und schauen dann in einer Untersuchung im weiteren Schritt, ob der festgelegte Wert ein Risiko für das Untersuchte ist. Werte werden dann manchmal als Prozentwerte festgelegt. Ein Risiko ist in einer Studie zum Beispiel über 17% der Herzschläge, in einer anderen 16%. Das ist aber sicherlich ein ganz guter Richtwert Für einen "krankhaften" Wert. Bei einem Herzgesunden sollten also weniger auftreten. Einen festen Wert gibt es aber so gesehen nicht. 
2.: Eine Extrasystole ist normalerweise schon ein echter Schlag. Der Schlag kann auch ganz normal stark sein. Was aber meistens abläuft, ist ja, dass der Schlag kommt, bevor er eigentlich kommen sollte. Damit konnte sich das Herz noch nicht ganz füllen, weil es zu wenig Zeit hatte. Zwar ist der Schlag dann genau so stark, die ausgelöste Pulswelle wirft aber weniger Blut aus. Deswegen ist es am Handgelenk nicht so gut zu fühlen. Das ist ganz normal.
Theoretisch ist aber genau das, was Sie beschreiben, genau das Problem bei zu vielen Extrasystolen bei gleichzeitigen anderen Risikofaktoren. Diese Risikofaktoren kann man im EKG aber sehen. Beispielsweise kann es bei einem sog. Long-QT-Syndrom genau dazu kommen, dass eine Extrasystole dann in einem Bereich des Herzens auftritt, das schon wieder erregbar ist und sich dieser Teil des Herzens zusammenzieht, während der Restliche Herzmuskel das nicht tut. Dieser wird aber dann durch den nächsten regulären Schlag erregt, jetzt kann sich aber der erste Teil nicht zusammenziehen und so weiter. Dadurch kann es dann zum Herzstillstand kommen.
Nach Ihren Untersuchungen liegt aber dieses Syndrom bei Ihnen NICHT vor! Sie brauchen sich also keine Sorge machen. Die Werte, auch die Extrasystolen, deuten auf ein gesundes Herz hin.

Wir hoffen, wir konnten damit auch diese Fragen beantworten - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

Lifeline Gesundheitsteam
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30.05.2020, 14:36 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

noch zur Ergänzung: ja, so ca. ist es.
Hinzu kommt auch etwas, was oben schon beschrieben wurde: Ändern Sie die Belastung und auch die Lage des Körpers, kann es sein, dass auf einmal viel mehr oder viel weniger Blut zum Herzen kommt. Beispielsweise beim Aufstehen muss das Blut aus den Beinen plötzlich schwerer nach oben bis zum Herzen transportiert werden, es kommt erstmal weniger Blut an, das Herz pumpt erstmal schneller weniger Blut, bis auf einmal der Kreislauf wieder wie gewohnt kontinuierlich die gleiche Menge bringt und das Herz kann wieder die gleiche Menge konstant pumpen. Damit kann auch der Puls wieder langsamer aber dafür stärker werden.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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12.07.2020, 12:34 Uhr
Kommentar

Hallo liebes Expertenteam,

ich habe doch noch eine Frage zum Thema Extrasystolen.

Gelegentlich habe ich Phasen, in denen ich diese in Intensität und Häufigkeit der deutlich verstärkt wahrnehme.

Erstmalig war dies einen Tag nach Alkoholkonsum der Fall. Da hatte ich über einige Minuten das Gefühl, dass ich fünf oder sechs Extrasystolen pro Minute habe.

Zuletzt hatte ich auch an einem normalen Arbeitstag das Gefühl, dass die Extrasystolen schlimmer sind. Als ich dann am Handgelenk gefühlt habe, habe ich über etwa eine halbe Minute einen festen Rhythmus gespürt, auf zwei Normalschläge folgte jeweils eine Extrasystole. Nach den Aufstehen und durch die Wohnung gehen, war es wieder behoben.

Auch beim Sport merke ich die Extrasystolen häufiger, da jedoch immer nur einzelne.

Dazu muss man ehrlicherweise sagen, dass ich aktuell wieder stärker auf die Extrasystolen achte und diese generell wieder merke. Das war zuvor einige Tage, an denen die Selbstfokussierung nicht so stark war, nicht so. Darüber hinaus reagiere ich auch wieder ängstlicher und angespannter, wenn ich Extrasystolen bemerke.

Sind die oben genannten Beobachtungen unter meiner Vorgeschichte Inclusive Untersuchungen wirklich höchstwahrscheinlich ungefährlich? Gerade der feste Rhythmus (Je eine ES auf zwei normale Schläge) macht mir Sorgen, kann dies bei Herzgesunden vorübergehend ebenfalls vorkommen? Grundsätzlich würde ich davon ausgehen, dass eine schwere bzw krankheitsbedingte Rhythmusstörung eher dauerhaft festzustellen ist

 

Danke im Voraus und LG

Lifeline Gesundheitsteam
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15.07.2020, 19:19 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

es gibt tatsächlich eine Rhythmusstörung, bei der ein 2:1-Muster entsteht. Allerdings ist dieses Muster dann entweder dauerhaft vorhanden (Av-Block °), oder es ist harmlos. Harmlos ist es dann, wenn die Herzfrequenz niedrig ist.
Wenn im EKG keine Auffälligkeiten sichtbar waren, die auf einen AV-Block hindeuteten, ist nicht davon auszugehen, dass einer vorliegt. Nach den vielen Untersuchungen, die auch nicht veraltet sind, ist nicht davon auszugehen, dass eine Herzrhythmusstörung vorliegt. Wir können und dürfen aber über das Internet keine Diagnose stellen.
Bezüglich der vorliegenden Angststörung empfehlen wir Ihnen aber, einen Psychiater und/oder Psyschotherapeuten aufzusuchen. Eine Therapie ist wichtig, ein Psychiater kann eventuell medikamentöse Unterstützung anbieten.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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