Sehr geehrte Damen und Herren,
erst einmal vielen Dank für Ihre Mühen, sich den Fragen in diesem Forum zu stellen. Ich (weiblich, 18) habe seit nun einem Jahr mit anhaltenden Verdauungsbeschwerden zu kämpfen, die mal abschwächen und mal stärker sind. Meine Hausärztin hat inzwischen aufgegeben, beim Facharzt habe ich einen Termin in drei Monaten.
Zu meiner Symptomatik:
Grundsätzlich habe ich Wechselstühle - Auf mehrere Wochen Verstopfungen folgen meist einige Tage Durchfall. Dazu kommen ein unangenehmes Druckgefühl im Unterbauch, das nahezu täglich direkt nach dem Aufstehen und abends auftritt, alternativ mit Blähungen. An sehr schlechten Tagen bekomme ich außerdem kaum Essen herunter, weil mir nach geringen Mengen schlecht wird.
Besonders beunruhigend sind für mich die Höhepunkte. Dabei bekomme ich plötzlich Schmerzen, die sich krampfartig alle paar Minuten durch den gesamten Bauch ziehen. Mir wird übel, manchmal erbreche ich mich infolgedessen. In allen Fällen ist mir bisher schwindelig geworden und dreimal bin ich sogar ohnmächtig geworden. Sobald die Krämpfe zu Stuhlgang geführt haben, meist ein bis zwei Stunden nach dem ersten Krampf, ist der Albtraum schlagartig vorbei. Solche Anfälle endeten immer mit Durchfall.
Aufgetreten ist das im Lauf des vergangenen Jahres sechsmal. Mal liegen Monate dazwischen, mal nicht einmal zwei Wochen. Viermal abends, einmal mittags, einmal morgens. Die einzige Gemeinsamkeit war, dass ich in der Stunde davor etwas gegessen hatte - Jedoch waren es stets Mahlzeiten, auf die ich weder davor noch danach so reagiert habe (bei der morgendlichen Attacke praktisch nur zwei Scheiben Toast).
Die bisherigen Ergebnisse:
Meine Blutwerte sind ständig unauffällig, inklusive der Marker für eine Zöliakie und Glutenunverträglichkeit. Meine vor 10 Jahren diagnostizierte Laktoseintoleranz konnte ebenfalls als Ursache ausgeschlossen werden, nachdem ich monatelang komplett auf Milchprodukte verzichtet habe.
Bei der Stuhlprobe war allerdings mein Calprotectin-Wert erhöht (450). Die anschließende Darmspiegelung brachte in unregelmäßigen Abständen leicht entzündete Darmabschnitte zutage. Tests auf CED fielen negativ aus. Daraufhin ging es zum MRT des Abdomens, wobei erneut nichts gefunden wurde. Ein gynäkologisches Problem wurde nach einer Untersuchung beim Frauenarzt von der Liste gestrichen.
Wegen des Verdachts eines Reizdarms (eine der ersten Vermutungen zu Beginn des Jahres) habe ich wochenlang Tabletten genommen, die keine Besserung gebracht haben. Inzwischen bin ich so ziemlich im Stadium der Verzweiflung angekommen, weil mir keiner mehr zu helfen weiß. Der Facharztbesuch steht im Dezember an.
Ferndiagnosen sind natürlich eine sehr unsichere Sache. Aber vielleicht fällt Ihnen ja etwas ein, was ein Arzt noch prüfen könnte. Mittlerweile nehme ich praktisch jeden Hinweis, den ich kriegen kann, mehr als dankbar an.
Mit freundlichen Grüßen
SoMaLu
Rezidivierende Verdauungsprobleme
Kategorie: Magen-Darm » Expertenrat Verstopfung | Expertenfrage
Antwort von Experte-Ohlert
Sehr geehrte Anfragerin,
sehr geehrter Anfrager,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte. Zunächst aber eine Vorbemerkung: Es erscheint mit wichtig darauf hinzuweisen, dass ich hier natürlich nur ganz allgemein zu den aufgeworfenen Themen Stellung beziehen kann.
Der Komplexität des Krankheitsbildes eines jeden einzelnen Patienten wird eine Stellungnahme im Rahmen einer "Internetkonsultation" sicherlich nicht gerecht.
Bitte verstehen Sie daher meine Ausführungen auch immer nur als "Denkanstoß" für die weiteren Gespräche mit Ihren behandelnden Ärzten.
Es wird letztlich "Bücherwissen" reproduziert und keinerlei individuelle Beratung in Bezug Ihr Krankheitsbild vorgenommen.
Dies wäre nach der Berufsordnung nämlich auch gar nicht zulässig.
Nun aber zu Ihrer Frage:
Ês ist in der Tat nicht möglich, einen konkreten Ratschlag zu einer offenen diagnostischen Frage zu geben.Aber ich möchte zwei Stichworte aufgreifen, nämlich zum einen die chronisch-entzündliche Darmerkrankung und zum anderen das Reizdarmsyndrom:
das Reizdarmsyndrom ist eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Dies bedeutet, dass es keinen spezifischen Marker oder kein spezifisches Symptom gibt, um die Diagnose des Reizdarmsyndroms mit Sicherheit zu stellen. Erst wenn „alles“ in Ordnung/ohne Befund ist, kann man von einem Reizdarmsyndrom sprechen. Es gehört also zu den sogenannten funktionellen Störungen. Beschwerden, ohne dass ein pathologischer Befund vorläge.
Leider gibt es auch keine in jedem Falle wirksame Behandlung. Die Vorstellung, dass die eine oder andere Pille mit Sicherheit Heilung oder Linderung bringen würde, trifft leider nicht zu.
Mit anderen Worten: in vielen Fällen muss man probieren, wellche Faktoren Beschwerde auslösend Beschwerde lindert oder unerheblich sind.
HinsichtlichDer Diagnostik von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erlebe ich immer wieder, dass erst eine geraume Zeit nach Auftreten von Symptomen die diagnostischen Marker (Dickdarmspiegelung, makroskopische Eindruck; feiingewebliche Untersuchung) so typisch sind, dass man die Diagnose mit Sicherheit stellen kann.
Leider ist es in der Medizin mitunter so, dass man nicht auf Anhieb die richtige Diagnose stellen kann, sondern erst im Laufe der Zeit die Parameter so deutlicch werden, dass man Klarheit bekommt.
Wie schon oben gesagt, ist dies kein Portal zu individuellen Beratung über das Wesen von Symtomen -
das gehört in die Hand des Arztes, der Sie vor Ort untersuchungen und beraten kann. Da Ihre Frage aber
genau in diese Richtung zielt, kann ich nur anraten, einen Arzt vor Ort aufzusuchen.
Besten Gruss
Dr. Peter Ohlert