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Hodenhochstand mit ungünstigem endokrinologischen Befund

Kategorie: Leben-Familie » Expertenrat Kinder- und Jugendmedizin | Expertenfrage

16.03.2022 | 12:30 Uhr

Hallo liebes Forum,

ich bin neu hier und melde mich aufgrund eines Problems bei meinem einjährigen Sohn. Ich hoffe ich schreibe an richtiger Stelle, da das Problem urologischer / chirurgischer Natur ist, aber eben bei einem Baby. Es geht um folgenden Sachverhalt:

Unser Sohn hatte bis zum ca. 5.-8. Lebensmonat beide Hoden an richtiger Stelle im Skrotum. Bei der U4 gab es keine Auffälligkeiten. Bei der U5 konnten die Hoden dann nicht mehr gefunden werden und sind nun auch nicht mittels Ultraschall zu finden. Vermutlich sind es Bauchhoden, beidseitig. Zunächst wurde uns das Prozedere so erklärt, dass man die Hoden runterholt, in der Leiste fixiert und nach ca. 6 Monaten dann noch weiter runter holt und im Skrotum fixiert. Dazu war die erste OP Ende Feb. geplant. Da wir uns leider kurz vor der OP mit Corona infiziert haben, musste diese verschoben werden und hätte eigentlich heute stattgefunden. Nun hat man aber für die Zwischenzeit noch eine endokrinologische Untersuchung empfohlen, welche auch durchgeführt wurde. Dies hat nun alles geändert und uns den Boden unter den Füßen weggezogen. Zwei Werte sind leider sehr gering ausgefallen: 

1) Inhibin B < 5 ng/ml
2) Anti-Müller Hormon (AMH) < 0.03 ng/ml

Aufgrund dieser Ergebnisse wurde die für heute geplante OP gestern Nachmittag kurzer Handabgesagt. Nun soll noch eine& HCG Stimulation zeitnah durchgeführt werden, bevor es ans operieren geht. Die Ärzte sagen, sie wollen dann in der OP erstmal schauen, dass sie die Hoden finden, ob irgendwelche offensichtlichen Probleme mit den Hoden vorliegen, diese vielleicht sogar verwachsen, tordiert oder entartet sind. Dann würde man situativ entscheiden wie man vorgeht. Eine Entfernung beider Hoden wurde nicht ausgeschlossen und sogar bereits als relativ wahrscheinlich bezeichnet. Man hat eine starke Vermutung der Torsion geäußert. Wir denken das eher nicht, da es keine der bekannten Anzeichen dafür gab und dann auch noch beide Seiten. Diese Schmerz hätte das Baby doch äußern müssen. Man wollte uns jedenfalls keine Hoffnungen machen bzw. diese aufgrund der Messwerte und dem Fakt, dass die Hoden nicht im Sack sind und nicht zu finden sind, bereits nehmen. 

Nun zu meinen Fragen und bitten um Hilfe / Erfahrungen:

1) Besteht irgendeine Option die kritischen Werte zu fördern, also zu behandeln? Bisher wurden uns keine Behandlungsmethoden genannt.
2) Ist diese radikale Maßnahme, dem Kind beide Hoden zu entfernen wirklich zwingend erforderlich? Man sprach vom Risiko einer späteren Entartung, falls man die nicht funktionsfähigen Hoden, sofern sie nicht tordiert oder anderweitig zerstört sind, runter in den Sack holt.
3) Macht es hier Sinn, weitere Meinungen einzuholen? Ich meine bei diesen Befunden. Zweitmeinungen sind immer gut, dessen sind wir uns bewusst. Wo findet man Koryphäen auf diesem Gebiet? Ich vermute solch ein Fall ist kein Tagesgeschäft. Leider drängt die Zeit massiv. Innerhalb von zwei Wochen werden wir vermutlich die Ergebnisse der HCG-Stimulation vorliegen haben und dann wird zeitnah die OP stattfinden. Schnell an fundierte Zweitmeinungen zu kommen oder überhaupt Gespräche zu organisieren ist ja heutzutage schon kaum möglich.  
4) Macht es Sinn die Ärzte zu bitten, dass die Hoden nach unten geholt werden, auch wenn sie nicht arbeiten (keine offensichtlichen Beschädigungen vorausgesetzt)? Kann es nicht sein, dass sich die Hodenfunktion im Laufe der Zeit normalisiert? Ich meine es ist ein Baby und er hat doch noch die komplette Entwicklung vor sich.

Gibt es irgendwelche Ideen / Hinweise, was wir noch machen können? Wie man es sich denken kann, sind wir sehr stark mit dieser Situation belastet. Daher sind wir für jede Hilfe sehr dankbar. 

Liebe Grüße
Jimbo


16.03.2022 13:07 – Beitrag von der Redaktion bearbeitet.

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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19.03.2022, 23:02 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jimbo,

Verzeihen Sie bitte unsere so späte Antwort.
Können Sie uns noch die Normwerte der Hormone mitteilen? Wenn wir es richtig verstehen, ist nur der AMH-Wert verringert, dafür allerdings deutlich.
Letztlich handelt es sich bei den Hormonen hier als Marker für die Hodenfunktion. Die Ärzte haben diese wohl so interpretiert, dass die Hodenfunktion gestört ist. Was die Ursache hierfür ist, ist offensichtlich nicht klar, der Stimulationstest soll hier nochmal etwas mehr Klarheit schaffen.
Wie Sie ganz richig bemerkt haben, ist so ein Befund selten, deshalb sollte wirklich gut abgewogen werden, was zu tun ist. Eine Möglichkeit wäre vielleicht auch eine humangenetische Vorstellung, um abzuklären, ob vielleicht ein bestimmtes Syndrom die Ursache ist.
Ansonsten ist eine Zweitmeinung sicherlich sinnvoll! Wichtig ist, dass eine möglichst spezialisierte Abteilung den Befund einordnet und das weitere Vorgehen plant. Hierzu sollten Sie sich vielleicht an eine Universitätsklinik wenden. möglicherweise ist eine hierauf spezialisierte Klinik aber nicht in Ihrer Nähe, deshalb könnte es nötig sein, dass Sie sicher verteilter erkundigen. Leider dürfen wir Ihnen keine Klinik empfehlen.
Aus unserer Sicht scheint eine genauere Untersuchung sinnvoll. Die Hoden aber auch nochmal im Bauchraum zu suchen und zu beurteilen scheint uns aber auch sinnvoll. Es wäre schon möglich, dass das Herunterziehen in das Skrotum den Hormonstatus auch wieder verbessert. Das sollte aber ein Arzt nach einer Untersuchung beurteilen.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitstem

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21.03.2022, 14:07 Uhr
Kommentar

Hallo Lifeline Gesundheitsteam,

vielen Dank für die Rückmeldung. Die Normwerte der Hormone sind Abhängig vom Tanner Stadium. Unser Sohn ist im Tanner 1. Nun ist es so, dass die Referenzbereiche je nach Labor variieren. Ich möchte hier Referenzbereiche angeben, die mir korrekt erscheinen:

Inhibin B
Jungen 0 bis 17 Jahre: 10 bis 352 ng/l  (oben ist ein Fehler; es ist ng/l)

AMH
Männer: 1,43 bis 11,6 ng/ml

Auf dem Befund der uns vorliegt wurde vermutlich ein höheres Tannerstadium hinterlegt, weshalb ich hier nicht die Referenzbereiche aus dem Befund aufführe. Dies hat man uns auf Rückfrage schon bestätigt. Leider sind beide Werte bei unserem Sohn dennoch sehr niedrig. Wir hoffen nun auch, dass es sich um ungünstige Werte infolge der ungünstigen Lage der Hoden handelt und sich diese nach einer Verlagerung wieder normalisieren. 
Wie Sie richtig schreiben, soll mit dem Stimulationstest nun weiteres Verständnis erlangt werden. Die Chromosomenanalyse hat einen unauffälligen männlichen Chromosomensatz (Karyotyp 46XY) ergeben. Eine weitere genetische Untersuchung soll ebenfalls durchgeführt werden. 

Ich habe bereits mit einigen Experten gesprochen. Wir sind in Betreuung einer Universitätsklinik. Eine weitere habe ich um Rat gebeten. Leider kann eine persönliche Vorstellung erst im Juni stattfinden.

Kann es sein, dass die Hoden bisher einfach ungünstigerweise nicht im Ultraschall gefunden wurden? Die Untersuchungen dauern ja immer nur wenige Minuten. Sind Ihnen Fälle von sekundären Bauchhoden bekannt? Wir haben die Hoden über Monate gesehen und auch der Kinderarzt hat sie getastet. Wir glauben einfach nicht, dass unser Kind eine doppelte Torsion hatte, wie man uns weis machen wollte. Es gab keine Indikatoren für solch ein schmerzhaftes Ereignis und wir haben unser Kind seit seiner Geburt stets bei uns gehabt. Ich habe gelesen, dass ein verkürzter Hodenstrang oder ein nicht / nicht ausreichend mitwachsender Hodenstrang zu einem sekundären Hochstand führen können. Ist es denkbar, dass diese Gründe zum Hochstand bis über die Leiste hinaus in den Bauchraum führen? Weiterhin Frage ich mich, ob man diesen beiden Hormonwerten in seinem zarten Alter so eine starke Aussagekraft zusprechen kann? Ist es nicht möglich, dass er ein "spätzünder" ist und zudem eben die Hochlage negativen Einfluss ausübt? Eine OP wird ganz sicher stattfinden. Zunächst warten wir nun die Ergebnisse der Stimulation ab.

Vielen Dank für jegliche Unterstützung und Hinweise

Jimbo

Lifeline Gesundheitsteam
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21.03.2022, 22:28 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Jimbo,

ja, genau, die Normwerte sind immer auch vom Labor abhängig, da verschiedene Messmethoden eingesetzt werden können und verschieden geeicht wird. Schade natürlich, dass die richtigen Normwerte nicht vorliegen. Trotzdem, der AMH-Wert ist wohl deutlich zu niedrig.
Dass die Chromosomenanalyse schon gemacht wurde, ist diagnostisch sehr wertvoll, das Ergebnis wohl ersteinmal beruhigend. Weitere Untersuchungen sind sicherlich sinnvoll.
Dass die Hoden erst immer tastbar waren und jetzt plötzlich nicht mehr auffindbar, ist tatsächlich sehr ungewöhnlich. Das Problem ist wahrscheinlich, dass niemand genau weiß, was jetzt los ist. Eine Theorie der Ärzte ist wohl, dass die Hoden nicht ausgebildet sind, weshalb das AMH so niedrig ist. Die von Ihnen genannte Erklärung ist aber auch eine Möglchkeit, dass die Hoden kein AMH mehr produzieren, da sie gerade irgendwie ungünstig liegen.
Eine doppelte Torsion wäre schon ein riesiger Zufall, das ist eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen.
Die Aussagekraft der Hormone ist tatsächlich da. Ob es sich aber um einen Bestimmungsfehler handelt, können wir auch nicht sagen.
Letztlich ist es wahrscheinlich nur möglich, anhand einer Operation herauszufinden, was wirklich los ist. Der Stimulationstest kann schon eine gewisse Richtung ergeben.
Leider hilft jetzt nur abzuwarten.

Wir drücken Ihnen die Daumen, dass alles gut verläuft - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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