Hallo Expertenrat,
ich bin männlich, 38 und habe in der Vergangenheit regelmäßig Sport (Joggen, Schwimmen, Fußball - Amateurbereich) getrieben. In meiner Jugend / Pubertät hatte ich eine Phase mit häufigen Extraschlägen in Ruhe. Damals habe ich fast keinen Sport gemacht und bin auch zu keinen Arzt gegangen - warum auch immer. Als ich sportlich aktiv wurde (mit 18 Jahren) waren die Extraschläge weg (zumindest fühlte ich diese nicht mehr). Als ich mit 23 Jahren beim Sport "Probleme" bekam, wurde zum ersten Mal ein Check Up gemacht. Ich konnte ab einer gewissen Herzfrequenz keine Leistung mehr bringen und musste das Tempo drosseln. Es wurde ein Linksschenkelblock diagnostiziert, welchen ich durch moderate Steigerungen des Trainingspensums "wegtrainieren" konnte. Bei künftigen Untersuchungen trat der Linksschenkelblock nicht mehr auf. Ich hatte eigentlich trotz meiner "Probleme" immer wieder viele Jahre Ruhe was Extrasystolen und Rhytmusstörungen anging. Jedoch leide ich nun seit Mai 2021 unter immer wiederkehrenden Problemen und befürchte sogar, dass ich mittlerweile eine Herzneurose entwickelt habe - weshalb ich mich auch ab Juli 2022 in eine Psychotherapie begeben werde. Im Mai 2022 war es, als ob plötzlich ein Blitz durch mein Herz schoß. Es fühlte sich nicht wie ein Extraschlag an - die kenne ich ja zu genüge. Ich dachte sofort an einen Herzinfarkt, da ich meinen Puls auch nicht mehr spührte und geriet in Angst. mir wurde Schwindelig, Sichtfeld wurde eingeengt etc. Nachfolgende Untersuchungen bei zwei Kardiologen waren ohne Befund. MRT und Herz-CT ohne auch ohne Befund, keine Stenosen keine Verkalkungen. Ein Kardiologe meinte im August 2021, dass er sich bei mir keine "Hintertür" offen lassen muss, da mein Herz völlig gesund sei und ich jede Sportbelastung vollziehen kann, die ich will. Nur treten die Rhytmusstörungen jetzt immer bei anderen Situationen auf und die Abstände werden kürzer. Seit ein paar Wochen ist es nun so, dass mein Herzrhythmus zu Beginn einer Trainingseinheit komplett aus dem Takt gerät, Es sind sehr häufige Extraschlägen, also Salven mit unregelmäßigen Puls. Diese Phase dauert auch länger, also zwischen 10 Sekunden und 3 Minuten. Ein Arzt meinte - ohne eine erneute Untersuchung gemacht zu haben, dass dies dennoch unbedenklich ist. Ich kann mir das nicht vorstellen bei den Beschwerden und bin langsam am Verzweifeln was mit mir nicht stimmt. Ich habe die Befürchtung das mein Herz dabei komplett aus dem Takt gerät und seinen Dienst quittiert. Ich will aber auch nicht immer gleich wieder zu einem Kardiologen rennen oder mich von den Beschwerden beeinflussen lassen, nur leider habe ich derzeit auch bei jedem Training Angst, dass diese Phase wieder kommt. Was könnte das sein? Ist es tatsächlich möglich das die Beschwerden psychosomatisch sind?
Herzrhythmusstörungen - immer wieder anders
Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam
Hallo Tipins,
Verzeihen Sie bitte unsere so späte Antwort.
Wir können das aus der Ferne natürlich nicht diagnostizieren. Tatsächlich ist es aber möglich, dass es sich dabei um psychosomatische Beschwerden handelt. Insofern und aufgrund Ihrer Vorgeschichte ist es durchaus angebracht, dass Sie eine Psychotherapie beginnen. Solche "Störungsbilder" lassen sich tatsächlich recht gut behandeln, wenn Ihre Motivation und Mitarbeit gegeben ist.
Trotzdem könnten Sie sozusagen schon vorarbeiten, bzw. sich auch absichern. Es könnte schon noch einmal sinnvoll sein, ein Langzeit-EKG anzufertigen, um genau eine solche Phase aufzuzeichnen.
Wir würden am ehesten davon ausgehen, dass sich zeigt, dass die Beschwerden unauffällig sind. Das wäre dann sozusagen eine Grundlage für die psychotherapeutische Behandlung (aber nicht die Einzige). Außerdem hilft es Ihnen, sich nochmal abzusichern. Sollte der Befund unauffällig sein, sollten Sie das aber auch akeptieren und es dann sozusagen "gut sein lassen" mit weiteren Untersuchungen.
Falls der Befund auffällig wäre, würde Ihnen natürlich Ihr Arzt sagen, wie es weitergeht.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam
Kommentar
Hallo mal wieder.
Ich dachte mir für ähnlich Betroffene melde ich mich mal wieder. Zudem hätte ich erneut Fragen an die Experten.
Meine Leidensgeschichte riss leider trotz Therapie nicht ab. Die jährlichen Kontrollen ergaben keine größere Auffälligkeiten dennoch ist es subjektiv immer ein wenig schlimmer geworden.
Gegipfelt ist das Ganze letzte Woche mit der Notaufnahme, da ich mitten in der Nacht Herzrasen bekam. Jetzt stehr aktuell der Verdacht auf AVNRT, welches durch eine EPU bestätigt und nach Möglichkeit gleich behandelt werden soll.
Ich hatte und habe immer wieder Phasen, in der mein Herz stolpert. Meist wenn ich mich hinsetze oder besonder hinlege, also am Abend wenn ich zu Bett gehe. Hier sind auch mal zwei oder drei Stolperer hintereinander dabei. Solche Stolperer lösten auch das Herzrasen aus.
Zudem habe ich relativ häufig Situationen, in denen mein Herz für kurze Zeit extrem unruhig läuft. Also entweder lange stolpert oder kurze Zeit sehr schnell schlägt. Diese Phasen dauern gefühlt ewig, realistisch max 20 Sekunden. Dann schießt mir Adrenalin durch den Körper und dadurch normalisiert sich das ganze.
Mein Problem: Keine dieser Phasen wurden aufgezeichnet. Nur das Herzrasen in der Nacht, weshalb nun der Verdacht auf AVNRT steht.
Mittlerweile bin ich mir sicher, dass an meinem Herzen was nicht stimmt. Es setzt ja nicht erst Panik ein sondern es fängt mit Herzbeschwerden an und dann kommt automatisch der Stress.
Es bleibt die Angst einfach mal so umzukippen, weil das Herz nicht mehr weiterschlägt.
Was könnten diese kurzen Phasen sein? Warum macht mein Herz das? Was kann die EPU alles feststellen? Warum stolpert mein Herz vor allem wenn ich mich Nachts ins Bett lege?
Dieses Thema zieht mir ziemlich viel Kraft und Lebensfreude
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam
Hallo Tipins,
Es tut uns leid zu hören, dass Sie weiterhin in dieser belastenden Situation sind. Die Symptome, die Sie beschreiben, sind verständlicherweise beunruhigend. Herzrhythmusstörungen, wie Herzrasen oder das Gefühl, dass das Herz „stolpert“, können sich oft sehr bedrohlich anfühlen.
Es ist jedoch ein positiver Schritt, dass nun der Verdacht auf eine AVNRT (atrioventrikuläre nodale Reentrytachykardie) im Raum steht, denn dies könnte eine Erklärung für Ihre Beschwerden liefern. Bei einer AVNRT handelt es sich um eine häufige Form der supraventrikulären Tachykardie. Hierbei entsteht ein „Kurzschluss“ im elektrischen Leitungssystem des Herzens, bei dem das Erregungssignal über den AV-Knoten (der normalerweise den Herzschlag von den Vorhöfen zu den Kammern weiterleitet) rückwärts fließt. Dadurch entsteht ein Kreislauf, bei dem das Signal im AV-Knoten wiederholt wird und das Herz schneller schlagen lässt.
Eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU) ist das geeignete Mittel, um dies zu überprüfen. Dabei werden die elektrischen Signale des Herzens aufgezeichnet und an gezielten Stellen ausgelöst, um den Ursprung der Störung zu finden. Diese Untersuchung ist nicht nur hilfreich zur Diagnose, sondern bietet auch die Möglichkeit, das Problem direkt zu behandeln.
Dass Ihr Herz vor allem beim Hinlegen „stolpert“, ist nicht ungewöhnlich und tritt auch bei gesunden Menschen auf. Wenn Sie sich hinlegen, verändert sich der Druck im Blutkreislauf. Das Herz muss sich schnell anpassen, da sich der Blutfluss plötzlich verändert, zum Beispiel weil kein Blut mehr nach oben gepumpt werden muss. Solche „Stolperer“ sind in diesem Zusammenhang oft harmlos und eher ein Zeichen dafür, dass Ihr Herz normal auf die geänderten Bedingungen reagiert.
Ob die von Ihnen beschriebenen kurzen Phasen wirklich durch eine AVNRT verursacht werden, kann durch die EPU geklärt werden. Es ist gut möglich, aber es könnte sich auch um normale Anpassungsmechanismen Ihres Körpers handeln.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam