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Angst vor der Ersteinnahme von MTX

Kategorie: Knochen-Gelenke » Expertenrat Gelenkbeschwerden/Rheuma | Expertenfrage

23.09.2008 | 08:33 Uhr

Sehr geehrtes Expertenteam,

bei meinem letzten Besuch in der Rheumaklinik, wurde mir geraten meine Rheumatherapie ( derzeit 2 X täglich Rantudil Retard mit 1 X tägl. Omepracol ) um das Medikament MTX 15 mg wöchentlich zu erweitern. Übergangsweise soll ich für 8 Wochen Prdenisolon mit 10 mg einnehmen.

Diese Medikation wurde mir angeraten, da ich seit Jahren Morbus Bechterew habe und seit Anfang des Jahres wieder Probleme mit einer Begleitathritis bekommen habe. Vor Jahren hatte ich immer mal wieder Probleme mit Schmerzen in den Füßen, die dann nach einiger Zeit von alleine wieder weg gingen. Danach hatte ich teilweise über Jahre ruhe.

Vor ca. 6 Wochen wurde diese Therapie besprochen und sollte nun von meiner Allgemeinärztin verschrieben werden. Da ich noch gegen verschiedene Krankheiten geimpft wurde, sollte ich die Therapie nun am 01.10. beginnen.

Zunächst habe ich mich nicht getraut, mir die Packungsbeilage vom MTX näher anzusehen, da ich sehr schnell vor möglichen Nebenwirkungen Angst habe. Da mir die Ungewissheit keine ruhe gelassen hat, habe ich mir die Packungsbeilage dennoch angeschaut. Besonders die Hinweise auf einen plötzlichen Tod unter dieser Therapiemit MTX ( auch wenn dies wohl nur sehr selten vorkommt ) und die Hinweise, dass die Blutabnahmen nicht jede schwerwiegende Nebenwirkung erkennen lassen machen mir panische Angst.

Hinzu kommt, dass meine Beschwerden seit ca. 8 - 10 Wochen deutlich geringer geworden sind und ich mich frage, ob es zum jetzigen Zeitpunkt Sinn macht, das zusätzliche Risiko durch dieses Medikament einzugehen. Vielleicht gehen die Schmerzen ja wieder für einen längeren Zeitraum zurück. Genauso frage ich mich, ob es für mich nicht doch besser ist, eher mal ein paar schmerzen auszuhalten, als in der Angst vor diesen Nebenwirkungen zu leben.

Ich denke, dass ich mit diesen wirklich starken Ängsten nicht alleine bin. Daher denke ich, dass sie schon einige Erfahrung haben. Daher würde mich interessieren, ob sie bei solchen Ängsten nicht doch eher von der Einnahme abraten, oder zumindest den Aufschub für sinnvoll halten.

Vielen Dank im voraus !

Schönen Gruß
Daniel

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24.09.2008, 04:32 Uhr
Antwort

Lieber Daniel,

ich habe CP und werde seit Mai 2007 recht erfolgreich mit MTX behandelt. Ich habe recht wenig Nebenwirkungen, v.a. keine die Lebensbedrohlichen. Spritzen vertrage ich besser als Tabletten - da wurde ich umgestellt. Ich habe größtenteils mit Übelkeit und Bauchweh zu kämpfen. Die Übelkeit bekämpfe ich mit einer Einnahme von MCP-Tropfen direkt vor dem Spritzen. Dann spritze ich das MTX zur Nacht, d.h. die größte Übelkeit verschlafe ich dann. Das Bauchweh geht mit einer Bettflasche auf dem Bauch auch gut weg.

Ich würde mir an Deiner Stelle nicht so viele Gedanken über das MTX machen. Aus rechtlichen Gründen müssen halt alle Nebenwirkungen im Waschzettel stehen. Es heißt ja nicht, daß die auch bei Dir auftreten. Noch dazu wird zu Therapiebeginn ja sehr engmaschig überwacht (ich hatte am Anfang jede Woche Kontrolle beim Doc mit Blutabnahme), da bemerkt man auch gleich wenn was ist. Alle Medikamente können Nebenwirkungen haben, selbst Aspirin. Wie gesagt, ich würde mir nicht so viele Gedanken machen. Das MTX wird ja schon jahrelang gegen Rheuma eingesetzt und man hat gute Erfahrungen damit.

Ich wünsche Dir alles Gute
Viele Grüße & Gute Besserung
Brini

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25.09.2008, 09:57 Uhr
Antwort

Hallo Daniel!
1. Beipackzettel in Deutschland sind leider weniger für Patienten und mehr zur juristischen Absicherung der Pharmafirmen geschrieben. In 25 Jahren Rheumatherapie habe ich unter MTX noch nie von einem plötzlichen Tod gehört und auch kein mir bekanter Kollege hat so was gesehen. MTX ist im Gegenteil zu anderen Rheumamedikamenten ein sehr sicheres nebenwirkungsarmes und gut führbares Medikament. Da es wirkt hat es natürlich Nebenwirkungen.

2. Die wesentlichen Nebenwirkungen sind: Schleimhautablösung, Blutbildungsstörung, Erhöhung der Leberwerte, Übelkeit, Schwindel, Polyneuropathie und sehr selten Lungenfibrose. Manchmal kann auch eine Gefäßentzündung auftreten. Alle anderen Nebenwirkungen sind extrem selten und können auch unter jedem anderen Medikament, sogar unter harmlosen Kopfschmerzpillen auftreten (auch der plötzliche Tod). Wie schon Asterix
sagte: Es kann einem auch der Himmel auf den Kopf fallen.

3. Da zwischen der Therapieempfehlung und dem geplanten Therapiebeginn offensichtlich eine deutliche Beschwerdebesserung eingetreten ist, muss natürlich keine Therapieintensivierung stattfinden.

4. Sie als Patient entscheiden, welche Krankheitsfolgen und Risiken Sie gegen welche Therapiewirkungen und Risiken abwägen wollen. Im Fall einer Beschwerdebesserung sollten Sie vor Therapieänderung den Rheumatologen neu kontaktieren.

5. Auch für uns Ärzte ist die Therapie immer gegen die Nebenwirkungen, den Krankheitsspontanverlauf und mögliche Wirkungen abzuwägen.

Herzliche Grüße
Dr. Sylvia Meske

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26.09.2008, 11:15 Uhr
Antwort

Vielen Dank für Ihre umfangreiche Stellungnahme.

Gerne würde ich Ihnen aber dennoch eine weitere Frage stellen. Beruhigend ist Ihre Antwort in dem Sinne, dass MTX generell ein nebenwirkungsarmes Medikament ist und die Angaben in der Packungsbeilage eher äußerst selten vorkommen.

Da Sie aber auch einzelne Nebenwirkungen erwähnten, die ich persönlich vom Risiko nicht einschätzen kann würde mich insbesondere nähere Angaben zu Blutbildungsstörung und der Polyneuropathie interessieren.

1. Blutbildungsstörung.
Ist dies eher als harmlos anzusehen, bzw. ist ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch die regelm. Blutkontrollen auszuschließen ? Als Anmerkung: Mein Großvater hat früher regelm. Diclofenac verschrieben bekommen. Durch dieses Medikament ist das Knochenmark geschädigt worden und sein Körper konnte keine Blutplättchen mehr produzieren, so dass er an den folgen gestorben ist. Dies ist bei einer späteren Autopsie heraus gekommen. Familienangehörige sollten daraufhin dieses Medikament meiden. Besteht daher durch MTX für mich ein erhöhtes Risiko, dass mir auch so etwas passieren könnte, oder ist dies durch die Blutkontrollen ausschließbar ? Ich weiß leider nicht, inwieweit bei meinem Großvater Blutkontrollen durchgeführt wurden. Durch diese Vorgeschichte, ist meine Angst vor Medikamentennebenwirkungen halt erhöhter, auch wenn mir klar ist, dass ich wenn nicht gerade jetzt, irgendwann schon mit weiteren Medikamenten behandelt werden muß.

2.Polyneuropathie
Dies ist ein Begriff mit dem ich nichts anfangen kann. Was habe ich hier darunter zu verstehen, wie hoch sind hier evtl. Gesundheitsrisiken ?

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir auch diesmal so ausführlich Antworten würden. Wahrscheinlich ist meine Angst nicht wirklich gerechtfertigt, da die Risiken als eher harmlos anzusehen sind, daher bin ich auf Ihre Meinung sehr gespannt.

Schönen Gruß
Daniel

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02.10.2008, 08:50 Uhr
Antwort

Hallo Daniel!

Unter MTX müssen regelmäßig Blutbildkontrollen durchgeführt werden. Der Arzt sieht dann, ob sich eine Blutbildungsstörung entwickelt, kann frühzeitig das Medikament absetzen, dann erholt sich das Knochenmark wieder. Es gibt in der Tat genetisch bedingt höhere Empfindlichkeiten auf Medikamente, meist hängt das mit der Arzneientgiftungsfähigkeit der Leber zusammen, die genetisch sehr differieren kann. Ob Sie MTX - empfindlich sind, kann durch einen Gentest ermittelt werden. Bei familiär bekannter Problematik ist so ein Test u.U. auch durch die Kasse abgedeckt, das müsste aber vor Durchführung des Testes nachgefragt werden. Die Gabe von Folsäure zur Behandlung mit MTX ist u.a. auch Standart zur Vermeidung von Blutbildungsstörungen.
Eine Polyneuropathie ist eine Schädigung feinster Gefühlsnerven und führt zu Gefühlsstörungen der Haut, manchmal auch zu Schmerz und Bewegungsstörungen.
Diese Nebenwirkung entwickelt sich sehr langsam und selten, ist leider nicht rückgängig zu machen. Daher ist unter MTX die Entwicklung einer Hautmisempfindung ernst zu nehmen und sofort vom Nervenarzt untersuchen zu lassen.

Herzliche Grüße
Dr. Sylvia Meske

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02.10.2008, 20:13 Uhr
Antwort

Vielen Dank für diese hilfreichen Informationen !

Ich werde den Therapiebeginn zunächst noch verschieben und nächste Woche zunächst ein Gespräch mit meiner Allgemeinärztin führen, die mir dieses Medikament letztendlich verschrieben hat. Ihre Informationen werde ich dann mit ins Gespräch bringen.

Seit ca. 3 - 4 Tagen habe ich jetzt am ganzen Körper einen leichten Juckreiz. Kann dies auch mit den Rantudil Retard Tabletten, bzw. mit dem Omepracol zusammenhängen ? Diese Medikamente nehme ich allerdings jetzt schon ca. 1,5 Jahre. Da meine Ärztin im Moment im Urlaub ist und ich zunächst nicht zum Vertretungsarzt gehen wollte, habe ich mir heute aus der Apotheke ein Antiallergikum gekauft. Ansonsten hatte ich mit Allergien bisher weniger Probleme, bis auf eine leichte Neurodermitis am Afterbereich.

Ich hoffe, dass dies keine Anzeichen für etwas ernsteres sind, da im Internet bei dem Suchwort Juckreiz ja auch gleich wieder Schlagwörter wie Leber und Nierenprobleme auftauchen, die ja auch durch diese Tabletten ausgelöst werden können. Die Blutabnahme in der Rheumaklinik ende August war aber unauffällig.

Vielleicht haben sie auch hier einen Rat. Ansonsten wünsche ich ein schönes Wochenende.

Schönen Gruß
Daniel

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07.10.2008, 10:56 Uhr
Antwort

Hallo Daniel!

Prinzipiell kann eine Allergie auf beide Medikamente auch nach längerer Einahme erstmalig auftreten. Gerade Neurodermitiker sind ja leider bzgl.
Allergieentwicklung etwas eher empfänglich als Menschen ohne Neurodermitis.
Wenn möglich, würde ich zu einer Einnahmepause raten. Allerdings kann der Juckreiz natürlich auch durch jedes andere beliebige Umweltallergen ausgelöst sein, z.B. eine Cremegrundlage, ein Waschmittel usw. Haben Sie da was Neues ausprobiert?
Unter Langzeitmedikation, egal mit was, muss der Hausarzt eigentlich regelmäßig Blutbild, Leber - und Nierenwerte testen, um die Entwicklung eines schweren Schadens zu vermeiden. Ich denke, Ihre Hausärztin hat das getan. Juckreiz bei Leber - und Nierenschäden ist eine Spätfolge dieser Leiden, dann hat man meist vorher schon andere Probleme, ich halte es daher für unwahrscheinlich, dass der Juckreiz eine Medikamentenwirkung auf Leber bzw. Niere bei Ihnen ist.

Herzliche Grüße
Dr. Sylvia Meske

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