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Neu erworbene Anisokorie mit 36

Kategorie: Augen » Expertenrat Augenheilkunde | Expertenfrage

01.12.2023 | 08:32 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Thelen,

zunächst möchte ich mich für Ihr Engagement hier bedanken. Die Möglichkeit, hier eine Frage an einen Experten zu richten, ist wirklich sehr hilfreich.

Kurz zur Vorgeschichte:

Ich bin männlich und 36. In den letzten 2 Jahren hatte ich einige private Belastungssituationen (u.a. die Trennung von meiner langjährigen Partnerin) zu verarbeiten. Ich bin dadurch leider in ein tiefes Loch gefallen und habe durch eine "Crashdiät" 30 Kilogramm Gewicht abgenommen. Es entwickelten sich dann allerdings diverse psychosomatische Beschwerden. Erstmals in meinem Leben bekam ich ventrikuläre Extrasystolen mehrmals am Tag, die mich regelrecht über einen langen Zeitraum in Panik versetzten. Eine Kardiologische Abklärung (LZ-EKG, Belastungs-EKG, Herzecho (auch unter Belastung) konnte keine Ursache aufzeigen. Inzwischen treten die Extrasystolen fast gar nicht mehr auf. Auch meine zeitweise extremen Schlafstörungen haben sich deutlich gebessert. Ich schlafe nun zumindest wieder 6 Stunden am Tag, während ich vor den 2 Jahren durchaus 8 bis 9 Stunden geschlafen habe. Insgesamt gehe ich inzwischen davon aus, dass ich mein vegetatives Nervensystem überstrapaziert habe, wofür auch spricht, dass ich inzwischen unter einer Hypertonie mit gewissen Blutdruckschwankungen leide.

Nun zu meiner eigentlichen Frage:

Vor ca. 2 Wochen entdeckte ich bei einem Friseurbesuch plötzlich eine Anisokorie. Die Pupille meines linken Augen war fast doppelt so groß wie meine rechte. Sofort geriet ich wieder in große Panik und fuhr notfallmäßig zum Augenarzt. Dieser konnte meine Panik noch steigern, in dem er erklärte, dass er im letzten Jahr bereits bei 3 Patienten einen Hirntumor gefunden habe. Er war sich zudem nicht sicher, ob der linke Augenhintergrund einen schrägen Sehnerveintritt oder eine beginnende Stauungspapille aufweise. Ich geriet so in Panik, dass ich abends noch in die Augenklinik unserer Uniklinik fuhr. Dort wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, die alle ohne Befund blieben. Eine Stauungspapille konnte ausgeschlossen werden, ebenso alle weiteren relevanten Augenerkrankungen. Der Augeninnendruck konnte bei 18 ermittelt werden. Das Gesichtsfeld war unauffällig. Man stufte die Anisokorie, die man mit ca. 1 mm angab, als "physiologisch" ein. Die Beurteilung der Anisokorie war allerdings eingeschränkt, da ich ja morgens pupillenerweiternde Augentrofen beim Augenarzt erhalten hatte. Mein Hausarzt überwies mich dann auch noch zum Schädel-MRT, das ebenfalls keinen Befund zeigte. Eine Raumforderung konnte als Ursache ausgeschlossen werden. Ebenso konnten die Sehnerven dargestellt werden, die völlig unauffällig waren. Bis auf eine polypöse Schleimhautschwellung, die der Radiologe als diskret bezeichnete, gab es keine Auffälligkeiten. Lt. Augenarzt habe ich einen Fundus Hypertonicus Grad I.

Die Aniskokorie besteht unverändert. Ich habe zahlreiche Fotos durchgeschaut und kann ausschließen, dass die Aniskokorie schon früher bestand. Auf hunderten Fotos sind meine Pupillen absolut identisch. Bei hellen Lichtverhältnissen über Tag ist die Anisokorie oftmals nicht zu erkennen oder wirklich minimal. Gerade abends bei Dämmerlicht ist sie manchmal aber extrem, dann zeigt sich die linke Pupille doppelt so groß wie die rechte. Ich würde hier auch definitiv von über einem mm ausgehen. Ich habe keine Sehstörungen oder andere neurologische Probleme, mache mir aber extrem große Sorgen.

Kann eine "physiologische" Anisokorie tatsächlich im Laufe des Lebens erworben werden, muss diese also nicht bereits von Geburt an vorliegen? Soll ich die Anisokorie nun einfach "akzeptieren", nachdem die augenärztlichen Untersuchungen und das MRT unauffällig waren? Kann man dann wirklich sagen, dass soetwas auch durch Stress und das vegetative Nervensystem ausgelöst werden kann und es nun keinen Grund zur Annahme gibt, dass ich etwas "schlimmes" habe?

Zwei Hinweise: Ich habe vor ein paar Monaten eine Brille zur Korrektur einer geringen Sehschwäche (ca. -0,25 links und -0,5 rechts) bekommen. Mit dieser Brille war ich lt. Augenarzt wohl über Wochen "überkorrigiert", da die Brille links -1,0 und rechts -1,25 sowie eine geringe Hornhautverkrümmung korrigierte. Nach einigen Wochen Tragen hatten sich tägliche Kopfschmerzen eingestellt, die verschwanden, nachdem ich die Brille wieder abnahm. Dann zeigte sich in diesem zeitlichen Zusammenhang auch die Anisokorie erstmals. Gibt es hier einen Zusammenhang?

Darüber hinaus ist mir aufgefallen, dass ich einige Male meine Wohnung mit sogenannten "Allzweckputztüchtern" geputzt habe. Diese enthalten PHENOXYETHANOL und sind mit "stark augenschädigend" gekennzeichnet. Ich überlege, ob ich mir nach dem Putzen vielleicht in die Augen gefasst haben könnte. Gibt es hier einen möglichen Zusammenhang?

Ich bedanke mich sehr herzlich!!

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Bisherige Antworten
Experte-Thelen
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01.12.2023, 10:18 Uhr
Antwort von Experte-Thelen

Lieber Patient,

alle notwendigen Untersuchungen  wurden durchgeführt, alle ohne krankhaften Befund damit ist alles in Ordnung. Somit würde ich Ihre Anisokorie als harmlos einstufen.

Herzlichst Ulrich Thelen

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01.12.2023, 14:15 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Also würden Sie sagen, dass man eine physiologische Anisokorie auch neu erwerben kann, sie also nicht vom Geburt an vorhanden sein muss?

Schönes Wochenende!

Experte-Thelen
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01.12.2023, 14:46 Uhr
Antwort von Experte-Thelen

...zunächst einmal müsste festgestellt werden ob es sich wirklich um eine Anisokorie handelt oder ob wechselnde Lichtverhältnisse kurzfristig eine unterschiedliche Pupillenweite beeinflussen.....

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04.12.2023, 13:56 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Herr Dr. Thelen,

als Diagnose führt sowohl der Augenarzt als auch die Augenklinik aus: "diskrete Anisokorie L>R (1mm)"

Beim Befund vom Augenarzt steht außerdem noch "Swinging Flashlight links diskret positiv".

Jetzt war es einige Tage etwas besser. Heute morgen bin ich aus dem Bett aufgestanden und schaute in den Spiegel. Meine linke Pupille war wieder doppelt so groß wie die rechte, aus meiner Sicht deutlich mehr als 1 mm. Jetzt im Laufe des Tages sind wieder beide Pupillen gleich groß.

Es tut mir wirklich leid, dass ich nochmal frage, aber was kann denn die Ursache sein / was soll ich noch tun? Das MRT war ohne Befund, klar. Aber was ist mit schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen? Das ist definitiv neu! Soll ich es trotzdem einfach ignorieren? Ich bin hier gerade wirklich etwas hilflos.

Experte-Thelen
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04.12.2023, 14:31 Uhr
Antwort von Experte-Thelen

...wenn auch der neurologische Befund unauffällig war würde ich noch ein Horner Syndrom ausschließen lassen......

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04.12.2023, 15:36 Uhr
Antwort

Im Bericht der Augenklinik heißt es: "Kein Hinweis auf Horner, Pupillotonie, Oculomotoriusparese oder andere Ursachen einer Pupillenstörung."

Zum Neurologen will mich mein Hausarzt nicht mehr überweisen, da ja das MRT unauffällig gewesen sei.

Ich würde davon ausgehen, dass bei einem Horner-Syndrom die Anisokorie auch permanent vorliegen würde? Wie gesagt... es ist immer nur zeitweise. Vor allem morgens direkt nach dem Aufstehen oder abends zu späterer Stunde bei Dämmerlicht. Dann ist es aber oft sehr ausgeprägt... linke Pupille doppelt so groß wie rechte. Medikamente nehme ich keine.

Trotzdem frage ich mich natürlich, wie sowas plötlich entstehen kann und ob ich dann einfach damit leben soll/muss...

Nochmals herzlichen Dank.

Experte-Thelen
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05.12.2023, 07:20 Uhr
Antwort von Experte-Thelen

.....nachdem was alles untersucht wurde würde ich beruhigt sein....

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12.12.2023, 13:29 Uhr
Antwort

Lieber Herr Dr. Thelen,

es tut mir sehr leid, dass ich hiermit erneut um Ihre Hilfe bitte, aber ich schaffe es einfach nicht, mich zu beruhigen. Seit Tagen schlafe ich keine Nacht mehr durch, beobachte meine Pupillen permanent im Spiegel und mache mir solche Sorgen, dass ich regelrechte Panikattacken bekomme.

Hintergrund ist, dass mir kein Arzt eine Erklärung geben kann.

Ich kann ausschließen, dass die Anisokorie physiologisch ist. Sie ist (grad morgens nach dem aufstehen oder am späten Abend) häufig deutlich ausgeprägter als 1 mm. Ich werde inzwischen auch von anderen Menschen häufig darauf angesprochen, dass meine Pupillen unterschiedlich groß sind. Außerdem besteht sie erst seit ca. 5 Wochen - auf jedem Foto waren meine Pupillen früher gleich groß.

In der Augenklinik wurde kein Test mit kokainhaltigen Augentropfen durchgeführt. Man sagte mir nur, dass bei einem Horner-Syndrom das Augenlied "runterhängen" würde. Ist das richtig? Kann man das nur dadurch ausschließen und ist dadurch auch ein Tumor als Ursache eher unwahrscheinlich (wenn es kein Horner ist)?

Wenn ich "google", finde ich leider nur tödliche Ursachen, die mich nicht mehr zur Ruhe kommen lassen... auch wenn man einen Hirntumor durch das cMRT ausschließen kann, werden dort z.B. noch Lungen- bzw. Bronchialkarzinome, ALS, MS, usw. genannt.

Die einzige Erklärung, die ich habe: Ich habe über Monate eine viel zu starke Brille getragen. An dem Auge, an dem die Pupille immer größer ist, mit -0,75, Zylinder -0,25 und Achse 9. In der Augenklinik sagte man mir, dass ich gar keine Brille benötige. Nach mehreren Monaten bekam ich starke Kopfschmerzen (Druck auf der Stirn) sowie starke Stiche im Stirnbereich. Nach dem Absetzen der Brille verschwanden alle Beschwerden sofort wieder. Fast zeitgleich stellte ich die Anisokorie fest.

Ich habe auch das Gefühl, dass die Anisokorie in der Nahsicht größer ist als wenn ich in die Ferne gucke, also stärker wird, sobald ich vor mir in einen Spiegel schaue.

Ist es möglich, dass die Augenmuskeln dadurch so beansprucht wurden, dass daraus eine Anisokorie resultiert? Inzwischen trage ich die Brille schon 5 Wochen nicht mehr.

Hier mal ein Bild des Dauerzustandes meiner Pupillen:

https://c.gmx.net/@334719752725337594/GTvJSq26Syeo9QA76hbQmg/ROOT/ROOT

In bestimmten Situationen ist es noch ausgeprägter.

Ich mache mir leider so große Sorgen, dass etwas nicht stimmt...

Gibt es überhaupt irgend eine harmlose Ursache für eine plötzlich neu auftretende Anisokorie? Ich finde dazu in der Literatur nichts.

Ich danke Ihnen.

Experte-Thelen
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13.12.2023, 07:54 Uhr
Antwort von Experte-Thelen

...es bleibt Ihnen dann nur die Möglichkeit sich eine zweite Meinung in einer universitären Einrichtung einzuholen....

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