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Total-Op und Entfernung der Eierstöcke

Kategorie: Frauenheilkunde » Expertenrat Wechseljahre | Expertenfrage

26.11.2007 | 06:41 Uhr

Hallo Herr Dr. Dossler,
ich bin 66 Jahre alt und hatte vor 7 Jahren eine Total-Op. wegen eines sehr großen Myoms in der Gebärmutter. Nach der OP hat man mir gesagt, daß die Eierstöcke direkt mit entfernt wurden und auf meine Nachfrage warum hieß es: In meinem Alter, also
mit 59 Jahren, würde man die Eierstöcke immer mit entfernen, da man sowieso einen Bauchschnitt machen mußte. Für mich war das eigentlich kein Argument, aber sie waren nun mal weg, was sollte ich machen? Nun aber zu meinen heutigen Fragen: Ich hatte bereits vor der OP viele Jahre eine Hormonersatztherapie gemacht, weil ich massive Wechseljahrsbeschwerden hatte und noch berufstätig war. Nach der OP bekam ich ein anderes Präparat - nur Östrogene - und seit einem Jahr nehme ich Gynokadin Gel morgens 2 Hübe, außerdem ca. 2 x pro Woche Oekolp forte Ovula, damit die Vaginalschleimhaut nicht zu trocken wird. Ich fühle mich ganz gut dabei, habe aber in den letzten Jahren einige Kilos zugenommen (wiege 73 kg bei einer Größe von 1,66 m), vor allem an Bauch, Hüften, Nacken und leider auch im Gesicht. Ich habe mein Essen ganz umgestellt und versuche, wieder einige Kilos zu verlieren. Meine Libido hat leider auch sehr nachgelassen, das macht mich und meinen
Mann auch nicht gerade glücklich. Bei meinem letzten Besuch beim FA hatte ich versucht, mit ihm darüber zu sprechen, er hat mich aber leider ziemlich schnell verabschiedet. Reicht diese Behandlung für mich und muß ich mich damit abfinden, dass im Alter eben alles nachläßt? Oder könnte man etwas ändern?
Für eine Antwort danke ich Ihnen im voraus.
Mfg. Marianne

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26.11.2007, 07:11 Uhr
Antwort

Hallo Marianne,
ich greife einen Satz aus Ihrem Brief und aus dem Zusammenhang heraus: *Reicht diese Behandlung für mich* - bei einem so unsensiblen Arztverhalten reicht es wirklich!
Es ist nicht erst seit ein paar Wochen bekannt, dass die Eierstöcke bis ins höchste Lebensalter noch Funktionen haben.
Bei keinem Mann käme man auf die Idee, wenn man ihn an der Prostata operiert, auch prophylaktisch beide Hoden wegzunehmen.
beim Mann bezeichnet man diese Operation als KASTRATIOn und bei der Frau nennt man das *bilaterale onkoprophylaktische Adnektomie* und erzählt ihr, man entferne beide Eierstöcke und mache das, weil sie die ja eh nicht mehr brauche und damit sie später keinen Krebs an den Eierstöcken bekommt.
Versuchen sie mal, einem Mann die Entfernung der Hoden damit zu erklären, dass er dann am Hoden keine Krebs bekommen würde.
Fehlen tut Ihnen ganz sicher das Testosteron, wenn ihre Libido verschwunden ist. Das ist zumindest bereits ein Punkt, der heute gesichert ist, das in den Ovarien bis ins höchste Alter Testosteron gebildet wird. Ihr Körper wird aber stattdessen ein anderes, hoch potentes aber die Libido *killendes* Testosteron bilden, das DHT=Dihydrotestosteron, und das ist mit verantwortlich für die Umverteilung, Zunahme und Veränderung Ihres Körperfettes.
Das teilen sie aber auch mit Frauen, die mit erhaltenen Eierstöcken in die WJ kommen.
Sinnvoll wäre auf jeden Fall, so seltsam es klingt, eine Hormonanalyse: ANDROSTENDION, DHEA, Testosteron und SHBG (über das SHBG habe ich heute schon mal einen Brief geschrieben), falls das labor das DHT bestimmen könnte, wäre das super.
Dass nach einer Total-Op ein östrogenpräparat gegeben wurde, entspricht immer noch dem Standard und die meisten Frauen kommen auch damit gut zurecht. Aber eben nicht alle.
Da nach Kastration der Libidoverlust an erster Stelle steht, wurde speziell für Frauen nach *chirurgisch ausgelöster Menopause* ein Testosteronpflaster entwickelt = INTRINSA.
Leider verdanken wir es einem Geniestreich der Gesundheitsreform, dass dieses medikamnet zum *Lifestyle-medikamnet* erklärt wurde, also nicht auf Kassenrezept ausgestellt werden darf. Ich halte das zwar für eine Riesensauerrei
, kann aber nichts dran ändern. Und Ihr Frauenarzt darf, auch wenn er es noch so gut mit Ihnen meint, nicht verschreiben.
Aber mit Ihnen über die Problematik reden, das wäre das Mindeste, was man verlangen könnte.
Möglicherweise würde bereist dieses Pflaster, zusätzlich zum östrogen, das sie weiternehmen sollten, ihre Probleme , wenn nicht lösen, so doch bessern.
Intrinsa kostet (Privatrezept) ca. 50 ? und enthält 8 Pflaster, von denen 2 pro Woche verbraucht werden.
Mit freundlichen Grüßen
ihr
TomDoc

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27.11.2007, 06:53 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Dossler,
ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre ausführliche Antwort.
Ich hatte mir schon so etwas ähnliches gedacht, war mir aber nicht sicher, da in meinem Bekanntenkreis viele Frauen ohne Gebärmutter sind, aber ich wüßte keine, bei der auch die Eierstöcke entfernt wurden. Insofern nützen mir Gespräche über dieses Thema mit diesen Frauen nicht viel. Nach reiflicher Überlegung habe ich mir vorgenommen, mir demnächst einen Termin bei meinem jetzigen Gynäkologen geben zu lassen und dann zu versuchen, deutlicher mit ihm sprechen. Wenn er dann wieder abblockt, werde ich mir einen anderen Arzt suchen müssen. Leider ist die Auswahl nicht groß. da ich auf dem Land wohne. Einige Fragen hätte ich allerdings noch: Ist es richtig, dass ich die Östrogene lebenslang nehmen muß um mich wohl zu fühlen? Ist Ihnen ein Testosteron-Pflaster mit dem Namen
Tibolon v. Organon (habe ich in einer Illustrierten gelesen!) auch bekannt und haben diese Testeronpflaster massiven Einfluß auf Pickel, Haarausfall und Körperbehaarung?
Herzlichen Dank im voraus!
Ihre Marianne

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27.11.2007, 08:14 Uhr
Antwort

hallo marianne,
fangen wir mit dem TIBOLON von Organon an: Die Substanz, Tibolon, ist als LIVIELLA von Organon im Handel und stammt ursprünglich aus der Osteoporosetherapie.
Als Pflaster ist es mir nicht bekannt.
LIVIELLA hat vor 2-3 Jahren negative Schlagzeilen in den USA gemacht, nachdem bekannt wurde, dass es offensichtlich das Brustkrebsrisiko (entgegen den Angaben im Beipackzettel) erhöhen soll.
LIVIELLA ist keine Hormonersatztherapie, auch nicht im weitesten Sinne.
Es ist m.E. ein sinnvolles Medikament bei Osteoporose gefährdeten Frauen ohne familiäres Brustkrebsrisiko.
TIBOLON ist hormonchemisch dem Testosteron sehr verwandt und kann möglicherweise einen positiven Effekt auf die Libido entfalten (das wird zur Zeit untersucht).
Haarausfall, Pickel und Zunahme der Körperbehaarung sind ein Hinweis darauf, dass im Blut hohe DHT=Dihydrotestosteron-Konzentrationen herrschen müssen. Möglicherweise ist bei Ihnen das SHBG erniedrigt (Sie sollten das unbedingt testen lassen).
Einige der häufigsten Nebenwirkungen von Tibolon sind: Haarausfall, Pickel, Überbehaarung am Körper.
Östrogene(vor allem Östrogen-Tabletten) erhöhen die SHBG-Bildung in der Leber und verbessern damit die Bindung und Neutralisierung des freien Testosterons und DHT.
INTRINSA (reines Testosteron) sollte also mit Östrogenen kombiniert werden - ob lebenslang, möchte ich nicht unbedingt sagen, das hängt davon ab, wieviel Ihnen Libido und Sexualität im höheren Alter bedeuten werden.
Dagegen hätte ich nichts.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
TomDoc

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