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Verstopfung durch Tilidin

Kategorie: Magen-Darm » Expertenrat Verstopfung | Expertenfrage

15.07.2011 | 12:52 Uhr

Sehr geehrter Dr. Ohlert,

ich durch chronische Erkrankungen u. a. Tilidin 100 + 8 nehmen und habe dadurch schon seit langem mit hartnäckiger Verstopfung zu tun. Nun hatte ich auch schon eine Darmentzündung im Enddarmbereich und ca. 1 1/2 Jahre Blutungen, was dann nach Medikamenteneinahme endlich wegging. Aber mein Hausarzt hat mich da nie besonders ernst genommen, die Medikamente hatte mir mein Rheumatologe verschrieben. Nun war ich längere Zeit wegen was anderem in eine Klinik und dort hat man mir Macrogol gegeben gegen die Verstopfung, da ich ja auch immer wieder Schmerzen durch die Verstopfung habe und mir empfohlen, dies beizubehalten.

Das Macrogol kein herkömmliches Abführmittel und würde nicht schaden. Stimmt das?
Und wie sieht das aus? Darf mir der Arzt das auf Kassenrezept verordnen? Laut den Ärzten in der Klinik ja. Ich habe auch schon auf der Ausnahmeliste der KV nachgelesen, dort steht, bei Opioidbehandlung ja. Zählt nun das Tilidin dazu? Mein Hausarzt hat mir bei Nachfrage nämlich gesagt, er wüßte nur, das er das bei Morphium dürfe.
Da ich nun seit einigen Wochern wieder aus der Klinik bin und wieder immer öfter Blutungen bekomme, würde ich schon gern wissen, ob das Macrogol schädlich auf Dauer sein kann, oder ob es etwas anderes besseres gibt und ob der Arzt Abführmittel bei Tilidin auf Kassenrezept verschreiben darf.

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Bisherige Antworten
Experte-Ohlert
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19.07.2011, 06:31 Uhr
Antwort von Experte-Ohlert

Vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte. Zunächst aber eine
Vorbemerkung: Es erscheint mit wichtig darauf hinzuweisen, dass ich hier
natürlich nur ganz allgemein zu den aufgeworfenen Themen Stellung beziehen kann.
Der Komplexität des Krankheitsbildes eines jeden einzelnen Patienten wird
eine Stellungnahme im Rahmen einer Internetkonsultation sicherlich
nicht gerecht. Bitte verstehen Sie daher meine Ausführungen auch immer
nur als Denkanstoß für die weiteren Gespräche mit Ihren behandelnden Ärzten.

Nun aber zu Ihrer Frage:
auch eine länger währende Behandlung mit Macrogol steht derzeit nicht im Verdacht, wesentliche Darmschäden auszulösen, so dass zum Beispiel bei einer länger dauernden Einnahme von Opioiden die Einnahme dieses Stuhl regulierenden Medikamentes empfohlen wird.
Die in der Anfrage genannte Ausnahmeliste der KV beinhaltet im Zusammenhang mit Abführmitteln Opioide, die Betäubungsmittelverordnung unterliegen. Das hier angefragte Schmerzmedikament unterliegt dieser Verordnung aber nicht, so dass eine Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausscheiden dürfte.

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09.08.2011, 12:08 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Dr. Ohlert,

vielen Dank für Ihre Antwort. Aber wo steht, das diese Ausnahmeliste für Opioide, die der Betäubungsmittelverordnung unterliegen, gilt? Ich habe nichts darüber gefunden und selbst mein Hausarzt konnte mir jetzt dazu keine Auskunft geben, wo das stehen soll. Die Krankenkasse sieht ebenfalls keine Einschränkung in dieser Hinsicht, wo soll das stehen?

Im Gegenteil, ich habe die Frage mal so unter Google. im Internet eingegeben und u.a. Leitlinien zur Schmerztherapie gefunden, darin steht ebenfalls unter Medikamente der Stufe 2 Tilidin und als Begleitmedikamente eben u.a. Medikamente, falls erforderlich gegen Verstopfung oder Übelkeit, da diese durch Tilidin ausgelöst werden können. Sie dürfen wohl eben dabei verschrieben werden, da eben das Tilidin Verstopfung und Übelkeit als Nebenwirkung auslösen können und genau ist doch auch bei mir das Problem. Sonst bräuchte ich doch die anderen Medikamente überhaupt nicht. Und das Mittel gegen Übelkeit bekomme ich ja auch seit Jahren bereits auf Rezept ohne Problem.

Mich würde jetzt einfach mal interessieren, wenn Sie meinen, es dürfe nur bei Opioiden, die der Betäubungsmittelverordnung unterliegen veschrieben werden, wie sie darauf kommen und wo das dann steht. Anscheinend sind da ja selbst die Ärzte verschiedener Ansichten. Ist das jetzt etwa wieder so ein Fall, wo das Auslegungssache sein kann (gibt es ja heute anscheinend öfters).

Mit freundlichem Gruß

Doris Diekmann

Experte-Ohlert
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09.08.2011, 12:25 Uhr
Antwort von Experte-Ohlert

Die OTC-Ausnahmeliste ist vom GBA beschlossen worden und ist unter

g-ba.de/downloads/83-691-257/AM-RL-I-OTC-2011-06-09.pdf


veröffentlicht. Es handelt sich um eine abschliessende Liste, d.h. ähnliche Erkrankungen/Therapien werden nicht von der GKV-Verordnungsfähigkeit erfaßt. Leitlinien mögen den Rahmen der Therapie aufzeigen, sie ändern aber nicht die Verordnungsmöglichkeiten zu Lasten der GKV im Rahmen der OTC-Medikation.
Im Übrigen sei der Hinweis erlaubt, dass hier eine gastroenterologische Beratung stattfindet, keine Beratung zur Leistungspflicht der GKV .

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21.08.2011, 11:13 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Dr. Ohlert,

vielen Dank für Ihre Antwort, meine ursprüngliche Frage hatte ja auch medizinische Gründe (wie verträglich Magrogol bei Dauergebrauch), Nebenfrage war ob verschreibbar. Vielen Dank auch für Ihren Hinweis auf die Verordnungsmöglichkeiten:

Abführmittel nur zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neu-rogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbinden-der Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, Opiat- sowie Opioidthe-rapie und in der Terminalphase.

Das ist genau das, was ich von der Krankenkasse auch habe und wo weder ich noch der Herr von der Krankenkasse sehen, wo steht, dass das nicht für Tilidin (ist eindeutig ein Opioid) gilt, sondern nur für betäubungsmittelpflichtige Opioide.

Ich war aufgrund einer anderen Erkrankung noch nicht wieder bei meinem Arzt und habe noch nicht wieder mit ihm darüber gesprochen, bin aber jetzt schon gespannt, was er dazu sagt, ich werde die OTC-Ausnahmeliste der Krankenkasse jedenfalls mitnehmen. E
Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen dies wieder schreibe, aber ich bin einfach so verwundert, dass Sie mich jetzt auf die selbe Liste verweisen.

Mit freundlichem Gruß

Doris

Experte-Ohlert
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22.08.2011, 03:09 Uhr
Antwort von Experte-Ohlert

Tilidin ist zwar ein Opioid, wird aber in Deutschland als nicht Btm-pflichtiges Medikament nur in Kombinatin mit Naloxon vertrieben. Dieser opioid-Antaqgonist soll die opioidartigen unerwünschten Wirkungen des Tilidin kompensieren. Reines Tilidin ist Btm-pflichtig.
Da es bei der Verordnung von Abführmitteln ja um die Kompensation von pharmakologisch objektivierbaren unerwünschten Wirkungen geht, fällt die Einnahme von Tilidin/Naloxon-Kombinationen sicherlich nicht unter die Voraussetzungen der Ausnahmeliste.

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25.08.2011, 10:26 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Dr. Ohlert,

führt aber trotzdem wohl zu Verstopfung, jedenfalls auch bei mir, wurde ja auch in der Klinik in der ich war von den Ärzten in keiner Weise angezweifelt und wird mit dieser Ausnahmeliste dann ja wohl als verordnungsfähig auch nicht ausgeschlossen, jedenfalls sieht es ja noch nicht mal die Krankenkasse so. Außerdem steht Verstopfung als mögliche Nebenwirkung sogar auf dem Beipackzettel und ich hatte sie nicht vor der Medikamenteneinnahme. Wie können Sie sie dann als Nebenwirkung einfach so ausschließen, ich habe hier im Internet von vielen Patienten gelesen, die Tilidin nehmen und Verstopfung als Nebenwirkung bekommen haben.

Aber auf jedenfall vielen Dank für Ihre Hilfe, ich bin beruhigter, da Sie ja Magrogol auf Dauer als hilfreiches Medikament ansehen. Da ja die Krankenkasse ja gesagt hat, ich die Ausnahmeliste habe, kann der Hausarzt ja kaum noch was anderes sagen. Sonst werde ich die Krankenkasse anrufen lassen.

Mit freundlichem Gruß

Doris Diekmann

Experte-Ohlert
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29.08.2011, 05:03 Uhr
Antwort von Experte-Ohlert

die vorgestellte Anfrage bewegt sich mittlerweile mehr auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft als der Medizin. Es darf aber abschließend hinzugefügt werden, dass der Hausarzt nicht den Weisungen eines Kassen-Mitarbeiters unterworfen ist, sondern sich an die geltenden gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zu halten hat.

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07.09.2011, 02:32 Uhr
Antwort

Sehr geehrter Dr. Ohlert,

ja genau, da gebe ich Ihnen ja Recht und mehr möchte ich ja auch garnicht. Aber genau da liegt ja das Problem, es steht doch nirgends (und eben auch nicht in der amtlichen aktuellen Ausnahmeliste) etwas von betäubungsmittelpflichtige Opioide sondern lediglich Opioide. Und das ist doch dann wohl die gesetzliche Regelung an die auch Ärzte sich halten müssen/sollen.

Aber zu Ihrer Information, ich habe meinem Hausarzt die Kopie der Ausnahmeliste und den Ausdruck der Leitlinie zur Behandlung von chronischen Schmerzen mitgenommen, wo ja u.a. sogar empfohlen wird, als Begleitmedikation Medikamente gegen als Nebenwirkung auftretende - ausdrücklich auch bei Einnahme von Tilidin oder Tramal (bei Stufe 2) - Verstopfung zu verordnen. Er hatte dann kein Problem und sagte nur, dies sei ihm (angeblich?) nicht bekannt gewesen.

Im übrigen ist es ja leider auch für uns Patienten leider mittlerweile schon so, dass wir uns immer mehr mit dem Gebiet der medizinischen Rechtswissenschaft beschäftigen müssen, da wir immer wieder von Ärzten zu hören bekommen, sie dürften etwas nicht verschreiben/aufschreiben, was nicht so einfach gesagt, den Tatsachen entspricht. (Wenn es auf der anderen Seite durchaus zu verstehen ist - ist aber ein sehr langes Thema) Aber es kann eben nicht sein, dass Patienten dann regelrecht belogen werden, dann sollen die Ärzte einfach ehrlicher sein und sagen, sie wollen nicht oder warum sie gerade nicht können und dem Patienten aber auch sagen. Denn als Patientin ist mir inzwischen das Vertrauen abhanden gekommen - es geht nicht mehr darum, das für mich als Patient das wichtigste getan wird.

Wozu gibt es denn dann z. B. diese Ausnahmeregelung, wenn sie nach Möglichkeit von den Ärzten nicht erwähnt wird (ist von mehreren Mitgliedern unserer Selbsthilfegruppe die Erfahrung)

Mit freundichem Gruß

Doris Diekmann

Experte-Ohlert
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07.09.2011, 03:44 Uhr
Antwort von Experte-Ohlert

Tja, das ist wohl ein weites Feld. Schön, dass es sich in diesem Falle wohl zum guten gewendet hat, wenn ich Sie richtig verstehe.
Besten Gruss!

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